Ludwig Levy


Ludwig Levy (*18. April1854 inLandau in der Pfalz; †30. November1907 zwischenEmmendingen undOffenburg) war eindeutscherArchitekt undHochschullehrer.
Leben
[Bearbeiten |Quelltext bearbeiten]Ludwig Levy wurde als sechstes Kind desjüdischen Textilhändlers Jonas Levy und dessen Ehefrau Barbara, geborene Machhol, geboren. Die Eltern führten ein Bekleidungsgeschäft in der Kronstraße 7 inLandau.[1]
Nach seiner Schulzeit in Landau studierte er ab 1870 amPolytechnikum Karlsruhe Mathematik und Ingenieurwesen. In den Ferien arbeitete er jeweils in verschiedenen Bausektionen der pfälzischen Eisenbahnen mit. Sein älterer Bruder Heinrich war hier als Ingenieur beschäftigt. Nach diesen ersten Erfahrungen änderte Ludwig Levy sein Studienfach und begann,Architektur zu studieren.[1] Levy übernahm nach beendetem Studium ab 1876 verschiedene Stellen bei Architekten, unter anderem beiRudolf Opfermann.[2] inMainz undMylius &Bluntschli inFrankfurt.[3][4] 1881 unternahm er eineStudienreise nachItalien. Im Frühjahr 1882 arbeitete er im Architekturbüro vonPaul Wallot in Frankfurt und war dort beteiligt am Entwurf desReichstagsgebäudes.[5] Im August 1882 erhielt Ludwig Levy den Auftrag für den Bau derSynagoge in Kaiserslautern und eröffnete er dort sein eigenes Architekturbüro. 1886 wurde er als Lehrer an dieBaugewerkschule Karlsruhe berufen (Antritt am 1. November 1886), wo er am 24. März 1888 zum Professor ernannt wurde. Er lehrte in den Bereichen Bauformen, Kostenberechnung und Bauordnung.[5] Ab 1902 war er Bautechnischer Referent im Ministerium des Innern. In Anerkennung seiner Leistungen wurde er 1902 durch dasBadischeInnenministerium zumBaurat berufen.[6]
Ludwig Levy war seit dem 8. Oktober 1890[7] mit Flora Levinger (* 7. August 1869 inKarlsruhe) verheiratet. Aus der Ehe gingen die Kinder Marie Babette (* 5. August 1891) und Erwin Walter, Bauingenieur, (* 18. Juni 1896 in Karlsruhe; † 18. Juli 1919 in Karlsruhe) hervor.[7]
Levy starb an einem plötzlichen Herzversagen, erst 53-jährig, am 30. November 1907 auf der Rückfahrt von einer Dienstreise vonFreiburg zurück nach Karlsruhe. Sein Grab auf demHauptfriedhof Karlsruhe ist beseitigt worden, vielleicht noch vor 1945.[7]
Seine Witwe Flora wurde am 22. August 1942 überStuttgart nachTheresienstadtdeportiert.[8] Dort starb sie am 23. April 1943 im Alter von 74 Jahren. Ihre beiden Kinder waren zu diesem Zeitpunkt bereits verstorben,[9] Enkelkinder gab es keine. Das beschlagnahmte Wohnhaus von Ludwig Levy in Karlsruhe wurde imZweiten Weltkrieg zerstört, sein Nachlass blieb bis heute verschollen.
Bauten
[Bearbeiten |Quelltext bearbeiten]Levys Wirken konzentrierte sich vor allem aufBaden, diePfalz, aber auch dasElsass, wo er vor allemSynagogen,Wohnhäuser, aber auchVereinsheime plante.
Ludwig Levys Werk weist ihn als Stilpluralisten aus und damit als typischen Vertreter desHistorismus. Er griff auf Formen desOrients, derRomanik,Gotik, der italienischen und deutschenRenaissance und desBarock zurück. Nur ganz vereinzelt ließ er bei Bauten nach 1900 auch florale Stilelemente desJugendstils einfließen.[10] Er trug damit dem Zeitgeschmack und den Vorstellungen seiner Auftraggeber Rechnung.[7]
Profanbauten
[Bearbeiten |Quelltext bearbeiten]- 1899–1911: Ministerialgebäude der Verwaltung der Reichslande Elsaß-Lothringen am Kaiserplatz (heute: Sitz derDirection régionale des Impôts, Place de la République) inStraßburg
- 1902–1903: Großherzogliches Bezirksamt (heute: Polizeipräsidium) inMannheim als Nachfolger von OberbauratAdolf Hanser
- Heil- und Pflegeanstalt in Wiesloch, heutePsychiatrisches Zentrum Nordbaden
- 1904–1907: Laborgebäude derLandwirtschaftlichen Versuchsanstalt Augustenberg in Karlsruhe (heute zum Landwirtschaftlichen Technologiezentrum [LTZ] Augustenberg gehörig)
- Großherzogliches Bezirksamt in Mannheim um 1905, heute Polizeipräsidium
- Luftaufnahme der Heil- und Pflegeanstalt Wiesloch, heute Psychiatrisches Zentrum Nordbaden
- Verwaltungsgebäude in Straßburg, heute Direction régionale des Impôts
Sakralbauten
[Bearbeiten |Quelltext bearbeiten]- Synagogen
- 1883–1886:Synagoge Kaiserslautern (im August 1938 zerstört)[11][12]
- 1892:Alte Synagoge in Pforzheim (1938 zerstört)
- 1893/94Alte Synagoge inLuxemburg (1943 zerstört)
- 1894–1896:Synagoge in La Chaux-de-Fonds (erhalten)
- 1895–1898:Alte Synagoge in Straßburg (1940 zerstört)
- 1897:Alte Synagoge in Barmen (1938 zerstört)
- 1899:Synagoge Baden-Baden (1938 zerstört)
- 1900/01:Synagoge (Winnweiler) (1938 zerstört)
- 1902Synagoge inRostock (1938 zerstört)
- 1905:Neue Synagoge in Bingen (1938 zerstört)
- 1905:Synagoge in Rastatt (1938 zerstört)
- 1912–1913:Alte Synagoge inThionville[13] (1940 zerstört)
- Synagoge Kaiserslautern, Zeichnung, um 1890
- Alte Synagoge Pforzheim um 1895
- Alte Synagoge Straßburg (Seitenansicht) um 1898
- Alte Synagoge Barmen um 1900
- Synagoge Baden-Baden um 1920
- Synagoge Winnweiler um 1900
- Neue Synagoge Bingen um 1925
- Synagoge Rastatt um 1910
- Alte Synagoge Thionville um 1920
- Kirchen
- 1884–1885: protestantische Kirche inOlsbrücken
- 1884–1885: protestantische Kirche inWeilerbach
- 1888–1889: protestantische Kirche inBexbach
- die protestantische Kirche vonMittelbach
- 1905–1907:protestantische Kirche in Siegelbach
sowie
- um 1885: katholisches Vereinshaus inKaiserslautern
- 1904: Reformierte KircheQueuleu (Metz)
- Protestantische Kirche Bexbach
- Protestantische Kirche Olsbrücken
- Reformierte Kirche Plantières Queuleu
Bauaufgaben im privaten Bereich
[Bearbeiten |Quelltext bearbeiten]Im Geburtsort Landau
[Bearbeiten |Quelltext bearbeiten]- ab 1884 neun Privathäuser an der Straße An 44, unter anderem: Villa Ufer, das Drillingshaus Nr. 23–27 für den Schwiegervater Michael Levinger, die Villa des Postexpeditors Carl Heilmann (abgerissen)
- Häuser in der Badstraße 1 und 4
- 1887 das Haus Schlossstraße 8 für die Weinhandlung Leon Levy Söhne
- 1891–1892 Villa Mahla, Marienring 8, für den Rechtsanwalt Norbert Mahla
- 1893:Villa Streccius, Südring 20, für den Notar Heinrich Streccius, heute Sitz des Kunstvereins Landau
- 1899 Wohnhaus Ludowicistraße 11 für seinen Bruder Heinrich Levy
- Villa Ufer
- An 44, Nr. 23–27 (Drillingshaus)
- Badstraße 4
- Schlossstraße 8
- Villa Mahla
- Villa Streccius
- Ludowicistraße 11
In seinem Wirkungsort Kaiserslautern und in der Pfalz
[Bearbeiten |Quelltext bearbeiten]- um 1885:Villa Ritter in Kaiserslautern
- 1886:Villa Böhm in Neustadt an der Haardt (heuteNeustadt an der Weinstraße)
- 1889: Levy-Tor inKirchheimbolanden:
Das sogenannte Levy-Tor ist einschmiedeeisernes Tor, das sich an der Nordwestecke desSchlossgartens befindet. Das zweiflügeligeneobarocke Tor ließ der damalige Besitzer des Schlosses, Friedrich Brunck, nach einem Entwurf Levys in derFrankfurter Werkstatt desKunstschmieds Franz Brechenmacher herstellen. Es ist aufwändig gestaltet mit Blumen und Früchten sowieRanken und von zweiSandsteinpfeilern mit bekrönendenVasen getragen. 2009 wurde das Tor restauriert und mit einem Schutzanstrich versehen. - 1890: Villa Lieberich-Merkel in Neustadt an der Haardt
- 1890: Burckshof inGimmeldingen[14]
- Kaiserslautern, Villa Ritter
- Neustadt a. d. Wstr., Villa Böhm
- Levy-Tor am Schloss Kirchheimbolanden
- Gebäude des Burckshofes in Gimmeldingen
In seinem späteren Wohnort Karlsruhe
[Bearbeiten |Quelltext bearbeiten]- das eigene Haus in Karlsruhe Reinhold-Frank-Str. 69 (früher: Westendstraße) und Nr. 67 für die Schwiegereltern Michael und Justine Levinger.[15] Dieses Haus steht noch, das eigene fiel demLuftangriff zum Opfer.
Literatur
[Bearbeiten |Quelltext bearbeiten]- Otto Böcher:Der Architekt Ludwig Levy (1853–1907). In:Mitteilungen des Oberhessischen Geschichtsvereins, Neue Folge.Band 77, 1992,S. 33–46,doi:10.22029/jlupub-3722.
- Christine Kohl-Langer:Ein Architekt, der Landaus vornehmes Stadtbild prägte. Ludwig Levy vor 140 Jahren geboren. In:Pfälzer Tageblatt, Nr. 89, vom 18. April 1994.
- Helmut Range:Ludwig Levy – ein bedeutender Architekt des Historismus in Südwestdeutschland. In: Fachbereich Architektur/
Raum- und Umweltplanung/ Bauingenieurwesen der Universität Kaiserslautern (Hrsg.):Festschrift Martin Graßnick aus Anlaß der Vollendung seines 70. Geburtstages. Kaiserslautern 1987,S. 117–128. - Jean Daltroff:La synagogue du quai Kléber de Strasbourg (1898–1941). I. D. L’Édition, Bernardswiller 2012, S. 15–31, 89 (französisch).
- Bernd Gölz:Auf dem Augustenberg: Der Laborbau und sein Architekt. In: Manfred Koch (Hrsg.):Blick in die Geschichte, Karlsruher stadthistorische Beiträge 2008–2013. S. 290–292.
Weblinks
[Bearbeiten |Quelltext bearbeiten]- Die Nassau-Weilburger in Kirchheimbolanden – Weilburger Nachrichten vom 16. Dezember 2009 über das Levy-Tor (Memento vom 22. Mai 2010 imInternet Archive)
Einzelnachweise
[Bearbeiten |Quelltext bearbeiten]- ↑abHelmut Range, 1987, S. 118.
- ↑Ludwig Levy. Institut für Pfälzische Geschichte und Volkskunde – pfalzgeschichte.de.
- ↑Helmut Range, 1987, S. 119.
- ↑Vor 150 Jahren: Ludwig Levy, ein bedeutender Architekt aus Landau, wird geboren, 10. Januar 2004.
- ↑abMartin Klemenz:Architekten und Baumeister – Kurzbiografien. In: Kulturamt der Stadt Kaiserslautern (Hrsg.):Schriften des Theodor-Zink-Museums. Schlote, Villen, Gartenlaube. Historismus und Gründerjahre in Kaiserslautern,Nr. 5. Kaiserslautern 2003,ISBN 3-936036-04-7,S. 60.
- ↑stille-zeitzeugen.de:Stille Zeitzeugen - Architekten (Memento vom 4. März 2016 imInternet Archive)
- ↑abcdOtto Böcher, 1992, S. 34.
- ↑Laura Kienzler und Saskia Sachweh, 11. Klasse Marksgrafen-Gymnasium: Levy, Flora. In: Gedenkbuch Karlsruhe. Stadt Karlsruhe, Stadtarchiv & Historische Museen, August 2012, abgerufen am 9. März 2024.
- ↑Gedenkbuch der Stadt Karlsruhe (voriger Beleg): Sie schrieb 1939 einmal, dass ihre beiden Kinder „an den Folgen des Ersten Weltkriegs verstorben seien“.
- ↑Katja Förster: Ludwig Levy. In: Stadtlexikon Karlsruhe. Stadt Karlsruhe, 2014, abgerufen am 9. März 2024.
- ↑„‘Zierde ihrer Stadt‘ – Die Synagoge von Kaiserslautern (1886–1938)“
- ↑Synagogen-Ausstellung der TU Darmstadt startet Tour durch USA
- ↑A. J. Kohn (Hrsg.):Zur Geschichte der Juden in Diedenhofen – Festschrift zur Einweihung der neuen Synagoge in Diedenhofen – 19. September 1913. Buchdruckerei G. Hollinger, Diedenhofen 1913,S. 36.
- ↑Hiltrud Funk:Von der Ziegelhütte zur "behaglichen" Villa - zur frühen Baugeschichte des Burckshofs in Neustadt-Gimmeldingen. In:Pfälzer Heimat. Band 73, 2022, S. 53–64.
- ↑Karlsruher Denkmalliste: Reinhold-Frank-Str. 67
Personendaten | |
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NAME | Levy, Ludwig |
KURZBESCHREIBUNG | deutscher Architekt und Hochschullehrer |
GEBURTSDATUM | 18. April 1854 |
GEBURTSORT | Landau in der Pfalz |
STERBEDATUM | 30. November 1907 |
STERBEORT | Karlsruhe |