EinLichtschutzgebiet (englischdark sky place,DSP) ist einLandschaftsschutzgebiet, in dem nächtlicheDunkelheit alsSchutzgut betrachtet wird und das bereits vor sehr geringfügigerLichtverschmutzung („Lichtsmog“) geschützt wird.
Beispielhafte Namen solcher Schutzgebiete sind etwaDark Sky Park,Dark Sky Preserve,Starlight Reserve,Starlight Oasis bzw.Sternenlicht-Oase,Starlight Theme Park,Starry Sky Park oderUrban Star Park. Im Deutschen werden Lichtschutzgebiete auch alsSternenpark ausgewiesen.
Lichtschutzgebiete dienen nicht nur der besseren Sichtbarkeit desSternhimmels und anspruchsvollerenSternführungen, sondern auch der inneren Ruhe und dem seelischenWohlbefinden.
Die Erkenntnis, dass mangelnde natürliche Dunkelheit ein wichtiger Aspekt desUmwelt- und Naturschutzes ist, ist jüngeren Datums. Sie kommt zum einen aus der Biologie, wo es besonders um die enorme Störung der Insektenpopulationen geht, die durch ihr lichtquellenfixiertes Schwarm- und Paarungsverhalten – ursprünglich vermutlich auf den Mond bezogen – nun schon seit fast zwei Jahrhunderten seit Aufkommen der künstlichenBeleuchtung völlig andere Lebensweisen entwickeln. Darin wurzelt das relativ junge Fachgebiet derScotobiologie (Dunkelheitsbiologie).[1]
Zum anderen ist sie ein wichtiges Thema derbeobachtenden Astronomie, für die der natürlicheNachthimmel existentielle Arbeitsgrundlage ist: Durch die Vermeidung und Reduktion von künstlichem Licht undStreulicht ist es bei wolkenlosem Himmel möglich, besonders viele selbstleuchtendeHimmelsobjekte zu beobachten. Anliegen ist es, die theoretischeFreisichtigkeit im Himmelsanblick, also die Begrenzung durch Lichtempfindlichkeit des Auges, und die Empfindlichkeitsgrenzen der jeweiligen Fernrohre auch tatsächlich ausnutzen zu können. Lichtschutzgebiete werden neben der astronomischen Beobachtung selbst auch für Bildung, Ausbildung und Öffentlichkeitsarbeit genutzt.[2] Daher wird Lichtverschmutzungs-Vermeidung besonders im Bereich der wissenschaftlichen wie auch der Hobby-Astronomie zusehends thematisiert.
Ein dritter Kontext istEnergiesparen, da die nutzlos verstrahlende Lichtmenge inzwischen weltweit gewaltige Ausmaße annimmt: Die Lichtverschmutzung ist die nicht für Beleuchtungszwecke nutzbare produzierte Lichtmenge, also der Beleuchtungsverlust.
Erst jüngsten Datums ist die Einsicht, dass nächtliche Dunkelheit -- insbesondere die Sichtbarkeit derMilchstraße -- allgemein ein schützenswertesKulturgut sein sollte, und auch einpersönliches Recht. Dies nicht nur im Sinne des Schutzes vor Belästigung durch Beleuchtung, sondern als allgemeinesMenschenrecht auf eine natürliche Ressource, dessen sich mittlerweile auch eine „Recht-auf-Dunkelheit“-Bewegung angenommen hat.
Schutzgebiete (IUCN) | ||||
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Jahr: Anz. | km² | |||
2000:002 | 0.029 | |||
2005:005 | 0.702 | |||
2010:025 | 9.634 | |||
2015: 100 | 133.323 | |||
2018: 169 | 184.547 | |||
IUCNWorld List |
Ausgehend von der Vorgehensweise, bodengebundene Großobservatorien vollständig weitab jeder Besiedelung zu errichten (Atacama,Mauna Kea u. a.) wurden optische Observatorien durch Schutzzonen vertraglich mit den Anrainern abgesichert, oft im Ausmaß mehrerer Dutzend Kilometer (Vertragsnaturschutz) – so etwa amMcDonald Observatory (Texas) über 90 Kilometer. Eine explizite rechtliche Grundlage erhielt die gesamten Inseln La Palma und Teneriffa 1988 (Ley del Cielo, für dieEuropäische Nordsternwarte, die bedeutendsten Großobservatorien Europas).
Es gibt international organisierte Vereinigungen, die die Einhaltung von entsprechenden Anforderungen überwachen und beurteilen,[3][4] wie zum Beispiel dieInternational Astronomical Union (IAU),[5] dieBritish Astronomical Association (BAA)[6] oder dasLight-Pollution Abatement Committee derRoyal Astronomical Society of Canada (RASC).[7]
Ein erstes dauerndes ausdrückliches Lichtschutzgebiet wurde 1999 in denTorrance Barrens als kanadischesDark-Sky Preserve eingerichtet, bis in die frühen 2010er waren an die 20 Schutzgebiete aufgrund des RASC-Programms innerhalb der nationalen Schutzgebiete ausgewiesen, die primär astronomische Schutzabsichten verfolgen, mit einer Fläche von etwa 58.000 km² (weit mehr als die ganze Schweiz).[8][9][10]Chile schützte 1999 mit denNorma Luminic seine Standorte für die Observatorien (ESO,CTIO-NOAO, u. a.m.). Auch in den USA entstanden in den späteren 2000ern einige solche Schutzgebiete, hier sind schon um die 17.000 km² deklariert.
Rechtliche Grundlagen zur Ausweisung eines Lichtschutzgebietes bestehen beispielsweise in Tschechien, dem Vorreiter in der europäischen Gesetzgebung zu Lichtverschmutzung, seit 2002[11] (ein Gebiet wurde aber erst 2009 grenzübergreifend mit Polen eingerichtet). Auch andere Staaten und Regionen beginnen, Lichtverschmutzungsschutz auf rechtlicher Basis zu verankern. Erste europäische Lichtschutzgebiete waren – nach den Kanarischen Inseln – derZselici Csillagoségbolt-park in Ungarn,[12] derGalloway Forest Park in Schottland[13] und der tschechisch-polnischeIzera Dark-Sky Park (Izerski Park Ciemnego Nieba/Jizerská oblast tmavé oblohy)[14] Ende 2009 (im Zuge der InitiativeDark Skies Awareness desInternational Year of Astronomy 2009 – IYA2009).[15]
Einen weiteren Aufschwung erlebte der Lichtschutz mit derDeclaration in Defence of the Night Sky and the Right to Starlight (La Palma Declaration; InitiativeStarlight 2007). Die UNESCO hatte eine Tagung auf derKanarischen InselLa Palma abgehalten, die alsUNESCO-Biosphärenreservat ausgewiesen ist und schon seit 1988 ein Gesetz für Lichtschutzmaßnahmen hat (Europäische Nordsternwarte). Dort wurde auch das Konzept der UNESCO-Starlight Reserves, entsprechend den Biosphärenreservaten, entwickelt.[16]Dort wurde 2009 dann dieStarlight Foundation (Fundacion Starlight) vomInstituto de Astrofísica de Canarias (IAC) gegründet.[17]2010 wurde eine Studie der IAU undICOMOS offiziell zur Kenntnis genommen, dass natürliches Himmelsdunkel auch prinzipiell ein Schutzgut im Rahmen desUNESCO-Welterbes ist.[18]
Neben der UNESCO erarbeiteten auch die ebenfalls 2009 gegründeteDark Skies Advisory Group (DSAG) der WeltnaturschutzunionInternational Union for Conservation of Nature and Natural Resources (IUCN) und im Laufe der 2000er Jahre dieInternational Dark-Sky Association (IDA) in Arizona (1988 begründet) Klassifikationssysteme.
In den 2010er Jahren gab es dann einen deutlichen Anstieg an Lichtschutzgebieten, umfangreichen im Ausmaß eines ganzen Landstrichs bis hin zu kleinen Beobachtungsplätzen.2013 gab es weltweit um die 50 von der IUCN klassifizierte Lichtschutzgebiete, mit einer Gesamtfläche von etwa 84.000 km². Ende 2018 waren es um die 170 Schutzgebiete, mit 184.500 km².
Allgemeine astronomisch-messtechnische Kategorien für die allgemeine Himmelshelligkeit sind beispielsweise dieBortle-Skala (scheinbare Helligkeit/Magnitude magastronomischer Objekte, die noch erkennbar sind), und die einschlägig üblicheUnihedron-Messung[19] (Angaben in Größenklassen/Quadratbogensekunden, mag/arcsec2). Sie dienen der Quantifizierung des natürlichen Dunkelheitspotentials eines Gebiets und der Qualität der Lichtschutzmaßnahmen. DieInternational Dark Sky Association (IDA) prämiert danach beispielsweiseGold,Silber undBronze.
In der höchsten Kategorie der Dunkelheit können bei klarer Sicht Sterne mit einerscheinbaren Helligkeit oberhalb von 6,8 mit bloßem Auge (durchschnittlich guter Sehkraft) erkannt werden,[20] das sind die etwa 6500 Sterne, die als im astronomischen Sinnefreisichtig („am Himmel gezählt“) gelten.
Das Konzept derStarlight Reserves der UNESCO, von derWHC (Welterbekommission) und derIAU (Internationale Astronomische Union) im Rahmen der InitiativeAstronomy and World Heritage und demMaB Urban Ecology Programm auf der Konferenz in La Palma 2007 erstellt, sieht folgende Gebietskategorien vor:[21]
Im Konzept der UNESCO wird einManagementplan gefordert, der Punkte wieKultur undBildung,astronomische Beobachtung,Umwelt undBiodiversität sowieIntelligenteBeleuchtung undLichtverschmutzung abdeckt.[22] Außerdem wird die Einrichtung einerKernzone (Core area) und einer umfassendenPufferzone empfohlen. In letztere sollten insbesondere auch die umliegenden Ansiedlungen miteinbezogen werden. Das Konzeptpapier enthält auch umfangreiche konkrete Angaben zu technischen Maßnahmen.[23]
In Bezug aufAstronomy sites beschränkt sich die UNESCO keinesfalls nur auf visuelle Astronomie, auchRadioteleskope bedürften vergleichbaren Schutzes vorElektrosmog[24] (Schutzzonen funktechnischer Anlagen, die meist dem Rundfunkrecht unterliegen).
Seit 2009 gibt es auch dieIUCN Dark Skies Advisory Group (DSAG) als Arbeitsgruppe derWorld Commission on Protected Areas (WCPA) der IUCN, die sich speziell um die Ausarbeitung von Kriterien und Ausweisung von Schutzgebieten kümmert. Die IUCN-DSAG hat bis 2013 46 Dark sky parks and reserves und 5 Dark sky communities („Lichtschutzgemeinden“) registriert. Sie befinden sich in Kanada, den USA, Neuseeland, Südafrika, Namibia, Großbritannien, Spanien, Tschechien, der Slowakei, Polen und Ungarn.[Q 1][9][25] Die Gesamtfläche (ohne die Gemeinden) beträgt etwa 84.000 km², was der Fläche ganz Österreichs, oder Niedersachsens und Nordrhein-Westfalens, entspricht.
Die von der IUCN Dark Skies Advisory Group ausgearbeitet Systematik umfasst folgende Kategorien (DSAG-Klassen, mit typischen Beispielen):[26]
Dieses System ist in das System derIUCN-Kategorien zum Naturschutzmanagement eingebunden.
Schon seit 2001 wird von derInternational Dark Sky Association (IDA) in Tucson, Arizona das PrädikatInternational Dark Sky Community (IDSC) für Lichtschutzgemeinden vergeben. UnterInternational Dark Sky Park (IDSP) undInternational Dark Sky Reserve (IDSR) firmieren die Lichtschutzgebiete, das Prädikat wird seit 2006 respektive 2008 in Form einer Zertifizierung auch inGold,Silber undBronze vergeben. Neuere Kategorien sindInternational Dark Sky Sanctuary (IDSS) undUrban Night Sky Place. Außerdem prämiert die IDA unterDark Sky Friendly Developments of Distinction diverse Maßnahmen zum Lichtschutz, die aber keine Lichtschutzgebiete im eigentlichen Sinne ergeben.
Bisher (Stand 2018) hat die IDA um die 100 Örtlichkeiten ausgezeichnet.
In Deutschland gibt es folgende Lichtschutzgebiete:
In Deutschland gibt es folgende Planungen für Schutzgebiete:[39]
In Österreich gibt es folgende Projekte:[43]
In der Schweiz gibt es folgende Planung für ein Schutzgebiet:
Chile hat – als zweites Land der Welt nach Spanien – schon 1999 ein Gesetz zum Lichtschutz erlassen, um die nördlichen Zonen als Standort für die Observatorien zu erhalten (Cerro Tololo – CTIO-NOAO,Las Campanas – LCO, Pachón –Gemini/SOAR,ESO inLa Silla,Paranal, zukünftigPachón – LSST,Las Campanas – GMT,Cerro Armazones – E-ELT). DieseNorma Lumínica[49] regelt eine Lichtschutzzone für die RegionenAntofagasta,Atacama undCoquimbo.Zuständig ist das dafür geschaffeneOficina de Protección de la Calidad del Cielo del Norte de Chile (OPCC).[50]
Kanada hat das weltweit umfassendste Programm zum Lichtschutz. Hier liegen heute (2013) 40 % aller Schutzgebiete mit an die 80 % der weltweit ausgewiesenen Gesamtfläche. Die Gebiete werden hauptsächlich von derRoyal Astronomical Society of Canada (Société royale d'astronomie du Canada, RASC/SRAC) ausgewiesen.
Spanien hat mit rund 30 Lichtschutzgebieten mit die meisten in Europa ausgewiesen.
Spezielleres: