Liberalerna Die Liberalen | |
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Parteivorsitzender | Johan Pehrson |
Generalsekretärin | Nina Larsson |
Stellvertretende Vorsitzende | Helene Odenjung Erik Ullenhag |
Gründung | 5. August 1934 |
Hauptsitz | Stockholm |
Ausrichtung | Liberalismus Wirtschaftsliberalismus |
Farbe(n) | Dunkelblau, Orange |
Jugendorganisation | Liberala ungdomsförbundet (LUF) |
SitzeReichstag | 16 / 349 (4,6 %) |
Mitgliederzahl | 18.100 |
Internationale Verbindungen | Liberale Internationale (LI) Zentrumsgruppe |
SitzeEU-Parlament | 1 / 21 (4,8 %) |
Europapartei | ALDE |
EP-Fraktion | RE |
Website | www.liberalerna.se |
Liberalerna (kurzL; deutschDie Liberalen; bis 2015Folkpartiet liberalerna, „Volkspartei Die Liberalen“) sind eine imschwedischenReichstag vertretenePartei. Sie erreichte in der jüngstenReichstagswahl 2022 4,6 Prozent der Stimmen und 16 von 349 Mandaten. Von 2006 bis 2014 beteiligte sie sich als Teil derAllianz für Schweden an der schwedischen Regierung. Seit 2022 sind die Liberalen in derMinderheitsregierung vonUlf Kristersson vertreten. Die Liberalen sindwirtschaftsliberal ausgerichtet und entschiedenproeuropäisch.
Die Partei hat ihre Wurzeln in älterenliberalen Strömungen, die für eineDemokratisierung des politischen Systems Schwedens eintraten. 1900 vereinigten sich mehrere Parlamentsfraktionen in derLiberalen Sammlungspartei, die sich 1902 mit der Freisinnigen Vereinigung(Frisinnade Landsföreningen) eine landesweite Wahlorganisation schuf. Die liberalen Regierungen unterKarl Staaff setzten sich für eine Parlaments- und Wahlrechtsreform ein, welche von einer sozialdemokratisch-liberalen Regierungskoalition unterNils Edén 1920 verwirklicht werden konnte.
Nach dem erfolgreichen Kampf gegen Privilegien der Oberschicht und monarchische Machtbefugnisse stellte sich eine gewisse inhaltliche Leere ein. Zusätzlich wurde die liberale Bewegung durch unterschiedliche Standpunkte in der Alkoholpolitik geschwächt. 1923 brach die Freisinnige Vereinigung auseinander: Die Mehrheit stützte dieAbstinenzbewegung und rief die Freisinnige Volkspartei(Frisinnade Folkpartiet) ins Leben; eine Minderheit sprach sich gegen ein generelles Alkoholverbot aus und sammelte sich in der Liberalen Partei(Sveriges liberala parti), die vorzugsweise in den Städten verankert war. Beide Parteien bildeten von 1926 bis 1928 die erste Regierung vonCarl Gustaf Ekman.
Erst 1934 vereinigten sich die beiden Richtungen wieder unter dem NamenFolkpartiet (deutsch Volkspartei). Die neue Partei gab sich ein marktliberales Programm und attackierte dieSozialisierungsbestrebungen derSozialdemokratie. Nach Ausbruch desZweiten Weltkriegs gehörte die Partei ab 13. Dezember 1939 zur Sammlungsregierung unterPer Albin Hansson. Sie agierte wenigerdeutschlandfreundlich als die anderen Parteien.
Unter dem ParteivorsitzendenBertil Ohlin hielten sich markt- und sozialliberale Ansätze die Waage. Der Wirtschaftsprofessor Ohlin befürwortete eine aktive Finanzpolitik im Sinne desKeynesianismus. Die Marktwirtschaft galt es jedoch entschlossen zu verteidigen. So betrieb die Folkpartiet seit Ende der 1940er Jahre gemeinsam mit den anderen bürgerlichen Parteien und Vertretern der Wirtschaft Opposition gegen dieplanwirtschaftlichen Initiativen der Sozialdemokraten. Besonders die steigenden Steuern wurden attackiert, die als zu hoch kritisierte Steuerlast schränke die Freiheit des Einzelnen ein und belaste die Volkswirtschaft im Ganzen.1948 trug diese Linie der Partei erhebliche Stimmenzuwächse ein. Auch1952 und1956 wurde sie souverän größte Oppositionspartei.
Mit dem wachsenden Wohlstand der 1950er Jahre und den Erfolgen Schwedens bei der Bekämpfung vonArmut lancierte die Partei den Begriffbottentrygghet (dt. Grundsicherheit). Der Staat solle nur für eine Grundabsicherung seiner Bürger sorgen, ihm ansonsten aber die Entscheidung überlassen, welche Versicherungen, Sparmodelle usw. er bevorzuge. Diese Gegenposition zur sozialdemokratischen Vision der „starken Gesellschaft“(Det starka samhället) basierte auf den sozialpolitischen Traditionen der Liberalen seitAdolf Hedin und den 1880er Jahren: Staatliche Fürsorge solle nicht den wohlorganisierten Interessengruppen zugutekommen, sondern nur den Schwächsten der Gesellschaft. Für sie prägte Ohlin schon 1937 den BegriffDet glömda Sverige (Das vergessene Schweden). Damit ergab sich eine inhaltliche Nähe zu denKonservativen, die man trotzdem mit dem Vorwurf unsozialer Kaltherzigkeit zu treffen versuchte.
In der zentralen Streitfrage der späten 1950er Jahre, ob die Zusatzpensionen des öffentlichen Dienstes auf alle Berufsgruppen ausgeweitet werden sollten, musste die Partei eine Niederlage einstecken. Zunächst war die Koalition aus Sozialdemokraten undBauernbund an dieser Frage zerbrochen. Bei der nun notwendig gewordenenNeuwahl 1958 verlor die wenig konstruktiv agierende Partei deutlich an Stimmen, wohl auch weil die liberalen ZeitungenDagens Nyheter undExpressen zuvor eine Kompromisssuche mit der Regierung angemahnt hatten. Trotzdem wurden 1959 die Verhandlungen abgebrochen. Der liberale AbgeordneteTure Königson kündigte daraufhin an, sich der Stimme enthalten zu wollen, um die sozialdemokratische Rentenreform nicht scheitern zu lassen. Am 13. März 1959 passierte das Gesetz die Zweite Kammer des Reichstages mit einer Stimme Mehrheit.
Nach diesem Rückschlag strebte die Partei eine Fusion mit derZentrumspartei (ehemals Bauernbund) an, um eine starke zentristische Alternative zu Sozialdemokraten und Konservativen zu bilden. Das Zentrum lehnte diese Idee jedoch ab. Die Frage der Regierungsbeteiligung wurde in den 1970er Jahren kontrovers diskutiert. Eine sozial-liberale Zusammenarbeit nach westdeutschem Muster fand nur bei einer Minderheit Unterstützung. Mehrheitlich hofften die Mitglieder auf eine bürgerliche Koalition. Dem Partei- und FraktionsvorsitzendenGunnar Helén gelang es, ein wirtschafts- und finanzpolitisches Einvernehmen mit Zentrum und Konservativen herzustellen.
1972 wurde ein neues Parteiprogramm verabschiedet. Auf dem Papier handelte es sich um eine klare Linkswendung. Dem Zeitgeist folgend wurde staatliche Steuerung befürwortet, wo marktwirtschaftliche Gesetzmäßigkeiten private Machtkonzentration, Umweltverschmutzung und wirtschaftliche Ungleichgewichte erzeugten. Die Wähler honorierten die widersprüchlichen Signale nicht. Bei derReichstagswahl 1973 verloren die Liberalen deutlich. Im Reichstag kam es zu einem Patt. In der Folge suchten die Liberalen die punktuelle Zusammenarbeit mit der sozialdemokratischen MinderheitsregierungOlof Palme. Erst unter dem neuen ParteivorsitzendenPer Ahlmark grenzte man sich wieder stärker nach links ab.
1976 erreichten die bürgerlichen Parteien die Mehrheit im Parlament. Die Partei beteiligte sich an der RegierungFälldin. Nach dem Zusammenbruch dieser Regierung bildeteOla Ullsten am 18. Oktober 1978 eine rein liberaleMinderheitsregierung, die bis zurWahl 1979 amtierte. Danach wurde sie von einer zweiten Koalitionsregierung Fälldin abgelöst. Nach dem katastrophalen Ergebnis derWahl 1982 übernahmBengt Westerberg den Parteivorsitz. Die Partei hielt an ihrer Zuordnung zum bürgerlichen Lager fest und konnte am15. September 1985 einen eindeutigen Wahlsieg feiern.
1990 wurde der Parteiname mit dem ZusatzLiberalerna (Die Liberalen) ergänzt. Das Grundsatzprogramm aus dem gleichen Jahr betonte die individuellen Freiheiten, ohne die traditionelle sozialstaatliche Linie aufzugeben. In der Praxis verlor diese aber zusehends an Bedeutung. Die Liberalen traten verstärkt als unternehmerfreundliche Partei auf. Von 1991 bis 1994 gehörten sie der bürgerlichen KoalitionsregierungCarl Bildt an. Diese ließ sich von der rechtspopulistischenNy demokrati tolerieren, was Bengt Westerberg nicht von scharfen Attacken gegen sie abhielt. 1994 verhandelte er mit den Sozialdemokraten über eine gemeinsame Regierungsbildung. Nach seinem Scheitern gab er den Parteivorsitz auf.
DieWahl 1998 brachte die Partei gefährlich nah an die Vier-Prozent-Hürde. In derWahl am 15. September 2002 konnte sie ihre Wählerstimmen fast verdreifachen. Im vorausgegangenen Wahlkampf hatte sie die Forderung aufgestellt, Zuwanderer sollten einen Sprachtest absolvieren, um die schwedische Staatsbürgerschaft zu erhalten. Das trug den Liberalen den Vorwurf ein, im Trüben zu fischen. ParteivorsitzenderLars Leijonborg entgegnete, ein Rassist, der die Partei wähle, müsse „dumm im Kopf“ sein.[1][2]
Seit 2004 ist die Partei Teil des bürgerlichen WahlbündnissesAllianz unter Führung derModeraten.2006 erlitten die Liberalen herbe Verluste. Eine mögliche Ursache wurde darin gesehen, dass sich einige führende Parteimitglieder der Partei Zugang zum internen Computernetzwerk der Sozialdemokraten und damit zu einer Reihe interner Dokumente verschafft hatten. Trotzdem gelang am 6. Oktober 2006 die Rückkehr an die Regierung.
Am 22. November 2015 änderte die Partei ihren Namen per Akklamation inLiberalerna. Die Parteiführung sah darin einen augenfälligen Schritt innerhalb eines Erneuerungsprozesses, an dessen Ende eine „liberale Reformagenda für die Zukunft“ stehe.[3] Einige Befürworter des Namenwechsels erhofften sich auch eine Distanzierung von den derzeit erfolgreichenpopulistischen Strömungen in Europa, z. B. derDansk Folkeparti.[4]
Bis 1968 Wahlen zur Zweiten Kammer. Angaben vonStatistiska Centralbyrån.[5]
Bei derEuropawahl 2009 verteidigten die Liberalen ihren Rang als drittgrößte Partei. Die meisten Kommentatoren führten den Wahlerfolg auf die Beliebtheit der SpitzenkandidatinMarit Paulsen und das entschlossen pro-europäische Profil der Partei zurück. Gewählt wurden auchOlle Schmidt undCecilia Wikström.2014 konnten nur Paulsen und Wikström ihre Mandate verteidigen, nachdem die Partei deutliche Verluste hatte verkraften müssen. Bei derEuropawahl 2019 verlor die Liberalerna dann die Hälfte ihres Stimmenanteils, somit zog nur noch die neue SpitzenkandidatinKarin Karlsbro in das Europaparlament ein.