Leere Menge
Dieleere Menge ist ein grundlegender Begriff aus derMengenlehre. Man bezeichnet damit dieMenge, die keine Elemente enthält. Da Mengen über ihre Elemente charakterisiert werden und zwei Mengen genau dann gleich sind, wenn sie dieselben Elemente haben (sieheExtensionalitätsaxiom der Mengenlehre), gibt es nur eine einzige leere Menge.
Die leere Menge ist nicht mit einerNullmenge zu verwechseln, welche eine Menge mit demMaß null ist. Eine solche Menge kann sogar unendlich viele Elemente enthalten.
Notation und Codierung
[Bearbeiten |Quelltext bearbeiten]Als Zeichen für die leere Menge hat sich das vonAndré Weil eingeführte[1] und vonNicolas Bourbaki verwendete Zeichen (ein durchgestrichener Kreis) weitgehend gegenüber anderen Notationen (wie oder)[2][3] durchgesetzt. Eine typographische Variante davon ist (ein durchgestrichenes schmales Oval). Vor allem in der Schulmathematik wird die leere Menge auch gern durch eine leere Mengenklammer dargestellt:. Dieses Zeichen wirkt einem Missverständnis entgegen: Die leere Menge ist nichtnichts, sondern eine Menge, die nichts enthält.
Das ∅ ist inHTML als∅
bzw. als∅
kodiert; inUnicode alsU+2205
und inLaTeX als\varnothing
. Alternativ gibt es in LaTeX das Symbol, das durch\emptyset
erzeugt wird. Nicht verwechselt werden sollte es mit dem ähnlich aussehendenDurchmesserzeichen ⌀, das alsU+2300
kodiert ist, oder dem skandinavischen BuchstabenØ (U+00D8
bzw.U+00F8
).
Leermengenaxiom
[Bearbeiten |Quelltext bearbeiten]Ein Axiom, das die Existenz einer leeren Menge fordert, wurde erstmals 1907 vonErnst Zermelo in derZermelo-Mengenlehre formuliert. Es wurde später in dieZermelo-Fraenkel-Mengenlehre ZF und andere axiomatische Mengenlehren übernommen. DiesesLeermengenaxiom lautet verbal:Es gibt eine Menge, die keine Elemente enthält. Die präziselogische Formel lautet:
Die Eindeutigkeit der leeren Menge folgt aus demExtensionalitätsaxiom. Die Existenz der leeren Menge folgt mit demAussonderungsaxiom aus der Existenz irgendeiner anderen Menge. In ZF, das imUnendlichkeitsaxiom die Existenz einer Menge fordert, ist das Leermengenaxiom damit entbehrlich.
Eigenschaften
[Bearbeiten |Quelltext bearbeiten]- Die leere Menge istTeilmenge jeder Menge:
- Jede Menge bleibt beiVereinigung mit der leeren Menge unverändert:
- Für jede Menge ist derDurchschnitt mit der leeren Menge die leere Menge:
- Für jede Menge ist daskartesische Produkt mit der leeren Menge die leere Menge:
- Die einzige Teilmenge der leeren Menge ist die leere Menge:
- Daraus folgt, dass diePotenzmenge der leeren Menge genau ein Element enthält, nämlich die leere Menge selbst:
- Für jede widersprüchliche Aussage oder nicht erfüllbare Eigenschaft gilt:
- , z. B. oder
- Damit ist die leere Menge insbesondere dieLösungsmenge einerGleichung oderUngleichung, die keine Lösung besitzt.
- Jede Existenzaussage über Elemente der leeren Menge, etwa
- „Es existiert ein x aus, sodass gilt …“
- ist falsch, denn es gibt kein Element, das die Bedingung erfüllen könnte.
- Jede Allaussage über Elemente der leeren Menge, etwa
- „Für alle Elemente der Menge gilt …“
- ist wahr, denn es gibt kein Element, für das die fragliche Forderung falsch sein könnte.
- Sei eine Menge und eine Abbildung. Dann ist die leere Menge.
- Die leere Menge ist die einzigeBasis desNullvektorraums.
- Die leere Menge ist definitionsgemäß in jedemtopologischen Raum zugleichabgeschlossen undoffen.
- Jede endliche Teilüberdeckung enthält die leere Menge, also ist die leere Mengekompakt.
- Ebenfalls per definitionem ist die leere Menge in jedemMaßraum einemessbare Menge und besitzt das Maß 0.
Die leere Funktion
[Bearbeiten |Quelltext bearbeiten]Die leere Menge ist insbesondere eine leere Menge geordneter Paare und damit eineAbbildung. Daher gibt es für jede Menge genau eine Abbildung
- ,
nämlich, die sogenannteleere Abbildung oderleere Funktion. Das kann man auch so formulieren:
- Die leere Menge ist dasAnfangsobjekt in der Kategorie der Mengen.
Im Gegensatz dazu gibt es nur für eine Funktion.
Kardinalität der leeren Menge
[Bearbeiten |Quelltext bearbeiten]Die leere Menge ist die einzige Menge mit derKardinalität (Mächtigkeit)null:
Sie ist daher auch der einzige Repräsentant derKardinalzahl 0 und derOrdinalzahl 0. Insbesondere ist sie eineendliche Menge.
Die leere Menge ist auch die einzige Menge, die durch ihre Kardinalität bereits eindeutig bestimmt ist. (Für jede andere Kardinalzahl ist die Klasse der Mengen dieser Kardinalität sogarecht.)
Literatur
[Bearbeiten |Quelltext bearbeiten]- Oliver Deiser:Einführung in die Mengenlehre. Die Mengenlehre Georg Cantors und ihre Axiomatisierung durch Ernst Zermelo. 3. Auflage. Springer Verlag, Berlin, Heidelberg 2010,ISBN 978-3-642-01444-4,doi:10.1007/978-3-642-01445-1.
Weblinks
[Bearbeiten |Quelltext bearbeiten]Einzelnachweise
[Bearbeiten |Quelltext bearbeiten]- ↑Deiser, S. 31.
- ↑Willard van Orman Quine:Set Theory And Its Logic. Belknap Press of Harvard University Press, Cambridge, USA 1963,ISBN 0-674-80207-1,S. 359 (HC) / 380 (PB) (englisch). – Hier: Seite 19.
Willard van Orman Quine:Mengenlehre und ihre Logik (= Logik und Grundlagen der Mathematik (deutsche Übersetzung).Band 10). Vieweg+Teubner Verlag, 1973,ISBN 3-528-08294-1,S. 264. – Hier:Seite 14. - ↑Akihiro Kanamori:The Empty Set, The Singleton, And The Ordered Pair. (Memento vom 1. Februar 2018 imInternet Archive) In:The Bulletin of Symbolic Logic. Bd. 9, Nr. 3, Sept. 2003, Seite 289 (Norbert Wiener zitierend).