Lebenshaltungskosten sind in derVolkswirtschaftslehre undWirtschaftsstatistikAusgaben derPrivathaushalte für dieLebensführung.Auch wenn sie so heißen, Lebenshaltungskosten sind keineKosten, denn sie sind nicht unmittelbar durch den Einsatz vonProduktionsfaktoren entstanden. Es handelt sich vielmehr um diejenigen Ausgaben, die ein Privathaushalt im Rahmen seinesEinkommens bei ordnungsmäßiger Wirtschaftsführung fürErnährung,Wohnung,Heizung,Verkehrsmittel undkulturelle Bedürfnisse aufbringen muss.[1] Als Ausgaben wirken sie sich daher auf dieprivate Liquiditätsrechnung aus.
Zur Ermittlung der Lebenshaltungskosten verwenden nationale Statistikämter (in Deutschland dasStatistische Bundesamt, in ÖsterreichStatistik Austria, in der Schweiz dasBundesamt für Statistik) einen so genanntenWarenkorb. Hierunter wird in derPreisstatistik diejenige repräsentative Güterauswahl verstanden, die sämtlicheGüter undDienstleistungen des Geltungsbereiches des jeweils betreffendenPreisindex repräsentiert. Die Zusammensetzung des Warenkorbs wird im Regelfall nach fünf Jahren überprüft. BeimVerbraucherpreisindex befinden sich auf der oberen Ebene des Warenkorbs in Deutschland rund 650 veröffentlichte Güterarten wie beispielsweise:[2]
Die im Warenkorb vorhandenen Güter und Dienstleistungen werden nicht gleichwertig behandelt, sondern einerGewichtung unterzogen, die ungefähr denKonsumgewohnheiten eines Privathaushalts entspricht. Die Gewichtung wird nach dem Anteil einer bestimmten Güterart an den gesamtenKonsumausgaben eines Haushalts bestimmt. Da jedoch beispielsweise die Ausgaben für die (oft obligatorische)Krankenversicherung im Warenkorb fehlen, enthalten die Lebenshaltungskosten nicht alle Ausgaben für einen Haushalt.
Der Warenkorb setzt sich aus einer nach Art und Umfang mittelfristig gleichbleibenden Menge von Gütern und Dienstleistungen zusammen, um eine Veränderung der Konsumausgaben unabhängig von der Änderung der Konsumgewohnheiten bestimmen zu können.[3]
Die für den Warenkorb relevanten Konsumausgaben werden von einigen, als repräsentativ eingestuften Privathaushalten aufgezeichnet und vomStatistischen Bundesamt im monatlichen Turnus ausgewertet. Die Lebenshaltungskosten sind an sich statistisch nicht messbar, weil das Konsumniveau nicht allein von der Haushaltsgröße und dessen Einkommen abhängt, sondern auch von der Zusammensetzung des Haushalts nach beruflichen und sozialen Standards und von regionalen Lebensverhältnissen.[4] Um die unterschiedlichen Größen der Privathaushalte zu berücksichtigen, wird der Warenkorb unter anderem für einen 4-Personen-, 2-Personen-, Einpersonen-, Rentner- und Sozialhilfeempfänger-Haushalt ermittelt.
Berücksichtigt werden in der deutschen Preisstatistik unter anderem folgende Methoden zur Qualitätsbereinigung:[5]
So werden Mengenveränderungen durch die Angabe desPreises in Gramm oder Liter identifiziert, um eine verdeckteInflation zu berücksichtigen. Diese liegt vor, wenn zwar der Preis irgendeines Produktes gleich bleibt, sich die hierfür erhältliche Menge jedoch verringert hat (beispielsweise statt 100 Gramm nur noch 80 Gramm für 4,99 Euro).
Die volkswirtschaftliche Kennzahl der Lebenshaltungskosten wird bei der Berechnung derPreisindices (in Deutschland:Lebenshaltungskostenindex,Verbraucherpreisindex; in Österreich:Verbraucherpreisindex, in der Schweiz:Landesindex der Konsumentenpreise) verwendet. Auf Ebene derEU-Mitgliedstaaten wird vonEurostat einharmonisierter Verbraucherpreisindex nach EU-einheitlichen Regeln berechnet. Der Lebenshaltungskostenindex dient unter anderem alsWertsicherungsklausel beiDauerschuldverhältnissen wie derIndexmiete.
Lebenshaltungskosten sind imEinkommensteuerrecht Aufwand für den täglichen Bedarf desSteuerpflichtigen und seiner Familienangehörigen, die im Gegensatz zuBetriebsausgaben undWerbungskosten als „Aufwendungen der Lebensführung“ nicht abzugsfähig sind (§ 12 Nr. 1EStG) mit Ausnahme zugelassenerSonderausgaben (§ 10 EStG),außergewöhnlicher Belastungen (§ 33 ff. EStG) und Repräsentationsaufwendungen für betriebliche oder berufliche Zwecke.
Aus den monatlichen Veränderungen des Preisindexes ergibt sich dieInflationsrate (oderDeflationsrate), die in weiten Teilen der Wirtschaft als Entscheidungsgrundlage herangezogen wird. Mit der Inflationsrate wird die Erfüllung desStaatsziels derPreisniveaustabilität gemessen (Art. 127AEUV,§ 1StabG).
Verschiedene Güter- oder Dienstleistungsarten des Warenkorbs und damit der Lebenshaltungskosten wirken dann alsWerttreiber oderKostentreiber, wenn sie eine hohe Gewichtung besitzen wie beiEnergiekosten oderMietkosten. Erhöhen diese sich überproportional zur Inflationsrate, so erhöht sich dieKonsumquote eines Privathaushalts, ohne dass eine mengenmäßige Erhöhung des Konsums stattgefunden hat. Der Anteil der Konsumausgaben für Lebensmittel am Gesamteinkommen wird imEngelschen Gesetz desErnst Engel, der Anteil der Ausgaben für Wohnung (Wohnungsmiete undNebenkosten) imSchwabeschen Gesetz desHermann Schwabe und in derMietbelastungsquote berücksichtigt.
Zu den Spitzenreitern im Städtevergleich bezüglich Höhe der Lebenshaltungskosten gehören nach dem vomThe Economist herausgegebenencost of living indexZürich undSingapur (je Platz 1),Genf undNew York (je Platz 3),Hongkong (5),Los Angeles (6),Paris (7),Kopenhagen undTel Aviv (je Platz 8) undSan Francisco (10). Auf den letzten Rängen und somit die günstigsten Städten gehören demnachTripolis (171),Teheran (172) undDamaskus (173).[6]
Gegenüber den durchschnittlichen Lebenshaltungskosten 2018 über alle 26 EU-Staaten ergeben sich aufgrund der Datenlage des deutschen Statistischen Bundesamtes und desStatistischen Amtes der Europäischen Union folgende Abweichungen. (Mit im Vergleich sind die Lebenshaltungskosten im Bezug auf den EU-Durchschnitt der Nicht-EU-Staaten Island, Schweiz, Norwegen und Vereinigtes Königreich.)[7]
| Staat | Abweichung gegenüber dem EU-Durchschnitt[7] |
|---|---|
| Island | +56,1 % |
| Schweiz | +51,9 % |
| Norwegen | +47,7 % |
| Danemark | +37,9 % |
| Irland | +27,3 % |
| Luxemburg | +26,6 % |
| Finnland | +22,5 % |
| Schweden | +18,5 % |
| Vereinigtes Konigreich | +16,5 % |
| Niederlande | +12,1 % |
| Belgien | +11,1 % |
| Frankreich | +10,3 % |
| Osterreich | +9,6 % |
| Deutschland | +4,3 % |
| Italien | +0,6 % |
| Spanien | −7,5 % |
| Zypern Republik | −11,2 % |
| Portugal | −13,2 % |
| Slowenien | −15,1 % |
| Griechenland | −15,8 % |
| Malta | −17,8 % |
| Estland | −19,9 % |
| Lettland | −26,2 % |
| Tschechien | −29,2 % |
| Slowakei | −29,8 % |
| Kroatien | −31,8 % |
| Litauen | −34,3 % |
| Ungarn | −37,6 % |
| Polen | −42,6 % |
| Rumänien | −47,2 % |
| Bulgarien | −49,4 % |
Die Bewertung von Lebensstandards in vorindustrieller Zeit und erst recht die Umrechnung historischer Wertbezifferungen und Preise auf heutige Äquivalente erfordern höchst differenzierende Vorgehensweisen. Kein Maßstab gilt überall gleich: Unterschiede zwischen lebensnotwendigem und standesnotwendigem Auskommen, regional und zeitlich viel extremer als heutzutage schwankende Lebensmittelpreise und Arbeitslöhne oder ganz unterschiedlich zusammenstellbare Warenkörbe erschweren einen direkten Vergleich von Angaben aus historischen Quellen untereinander und mit heutigen Verhältnissen. Gleichwohl hat die sozial- und kulturgeschichtliche Forschung methodisch und quantifizierend versucht, sozialgeschichtliche Unterschiede und Entwicklungen darzustellen.[8]