Verwaltungseinheiten in der Größenordnung heutiger Landkreise waren imMittelalter dieGrafschaften. Diese verselbständigten sich durch die Erblichkeit des Grafenamtes immer mehr und führten untereinander oft Kriege um Gebiete und Erbfolgeregelungen. Seit derReichsreform im 15. und 16. Jahrhundert waren die vielen Fürstentümer und freien Städte desHeiligen Römischen Reichs weitgehend inReichskreisen zusammengefasst, die ähnlich groß wie heutigeBundesländer waren.
Im 17. und 18. Jahrhundert wurden in derMark Brandenburg und weiteren Teilen Preußens Verwaltungseinheiten herausgebildet, die alsLandrätliche Kreise bezeichnet wurden. Sie dienten unter anderem dem in Selbstverwaltung erfolgenden Steuereinzug beim grundherrlichen Adel und der Bevölkerung des „platten Landes“. Der im Kreis ansässige Adel wählte aus seiner Mitte ein Mitglied zum Landrat, der vom Landesherrn berufen bzw. bestätigt wurde. Neben dem Einsammeln der Abgaben und Weiterleitung an die Kriegs- und Domänen-Kammern waren die Landräte auch zuständig für die Organisation der Versorgung und Unterbringung durchmarschierender Truppenteile und möglichst gerechte Verteilung der Lasten auf alle Kreisinsassen. Nach und nach wurden die Landräte von den landesherrlichen Oberbehörden auch zur Vermittlung und Durchsetzung von Anordnungen und Vorschriften der Zentralverwaltung und als Sammelstelle für statistische Informationen aus dem Kreis in Anspruch genommen. Von 1816 bis 1818 wurden in den preußischen Provinzen durchgehend Kreise als untere staatliche Verwaltung eingerichtet (sieheGeschichte der Kreisbildung in Deutschland), im damaligenKurfürstentum Hessen (vonRinteln bis in die heutigen nördlichen Stadtteile der Stadt Frankfurt am Main) 1821, in den meisten deutschen Staaten jedoch erst Mitte des 19. Jahrhunderts bis 1886.
Im Lauf des Jahrhunderts übernahmen die meisten anderen deutschen Staaten das Prinzip der Kreiseinteilung, teilweise jedoch mit anderen Bezeichnungen, z. B.Amtshauptmannschaft (Sachsen),Bezirksamt (Baden, Bayern),Oberamt (Württemberg), Kreisamt (Anhalt, Hessen, Thüringen), Amt (Oldenburg) und Kreisdirektion (Braunschweig). In Preußen führten nur die Kreise die BezeichnungLandkreis, deren Kreissitz in einem entsprechenden Stadtkreis lag, damit der gleiche Ortsname nicht zu Verwechselungen führte.
Bis in die erste Hälfte des 20. Jahrhunderts gab es imDeutschen Reich rund 1000 Kreise bzw. entsprechende Verwaltungseinheiten der Unterstufe; im Prinzip sollte ihre Größe so bemessen sein, dass der Landrat zur entferntesten Gemeinde seines Kreises an einem Tag mit der Pferdekutsche hin- und zurückfahren konnte und ihm dort noch genügend Zeit zur Erledigung seiner Amtsgeschäfte blieb. Jedoch war der Größenzuschnitt der Kreise von Land zu Land recht unterschiedlich. Tendenziell waren die unteren Verwaltungsgebiete im dünn besiedelten Norden und Osten Deutschlands (Preußen, Mecklenburg, aber auch im dicht bevölkerten Sachsen) deutlich größer als in Süd- und Westdeutschland. Aufgrund von Einsparungsmaßnahmen im Gefolge derWeltwirtschaftskrise von 1929 reduzierte sich die Anzahl der deutschen Kreise spürbar, als eine Reihe kleinerer Verwaltungsbezirke aufgelöst wurde.
Die historische Übersicht weist die Bezeichnung für die Landkreise in den Ländern des Deutschen Reiches im Jahr 1938 aus.[1]
Diese Verwaltungsebene wurde alsLandherrenschaft bezeichnet. Die letzte wurde im Jahr 1938 aufgelöst. Die preußischen Gemeinden, die nicht kreisfrei waren, wurden imLandkreis Hamburg für ein Jahr zusammengefasst.
Bis 1934 wurde für diese Verwaltungsebene die BezeichnungOberamt genutzt. Das Oberamt in Stuttgart wurde alsAmtsoberamt bezeichnet. Sieben Stadtkreise gehörten zu den gleichnamigen Kreisen,Schwenningen zum Kreis Rottweil. Diese waren nicht kreisfrei.
Ende November 1938 erhielten die unteren Verwaltungsbezirke (außerhalb der preußischen Provinzen) nach § 1 Abs. 3 derDritten Verordnung über den Neuaufbau des Reichs (RGBl. I S. 1675)[2] mit Wirkung vom 1. Januar 1939 die einheitliche Bezeichnung „Landkreis“. Diesevorkonstitutionelle Bestimmung nach Maßgabe derArt. 123 ff.GG galt 1949 insoweit alsLandesrecht fort, als die BezeichnungLandkreise nicht dem Grundgesetz widerspricht, im Gegensatz zu den wesentlichen übrigen Bestimmungen der nationalsozialistischen Verordnung, die wegen Artikel 123 als grundgesetzwidrig gerade nicht fortgilt.
Bei seinem Urteil gegen die Einführung von fünf Großkreisen inMecklenburg-Vorpommern[3] im Jahr 2007 ließ sich dasLandesverfassungsgericht auch von den Fahrzeiten leiten: Landkreise müssten so gestaltet sein, dass es Kreistagsabgeordneten möglich ist, sich ehrenamtlich im Kreistag und in seinen Ausschüssen zu betätigen. Es sei zweifelhaft, ob sich die Abgeordneten in den größten der neuen Großkreise über die Verhältnisse in entlegenen Gebieten in zumutbarer Zeit eigene Kenntnis verschaffen können, um darüber zu befinden, ob man eine Straße bauen oder eine Schule oder ein Museum einrichten oder schließen solle.
Seit derGebietsreform in Mecklenburg-Vorpommern im September 2011 gehen von den in Deutschland bestehenden 294 Kreissitzen (eingerechnet die Sonderformen in Saarbrücken, Hannover, Aachen) noch 78 auf eine im alten preußischen Gebiet vor 1866 eingerichtete Kreisverwaltung zurück[4] und 80 auf bayerische Bezirksämter.[5]
Die Landkreise erheben zur Deckung ihres Finanzbedarfs eineKreisumlage von den kreisangehörigen Gemeinden und erhalten abhängig von der konkreten Ausgestaltung in ihremBundesland Geld im Rahmen deskommunalen Finanzausgleichs. Zur Verwaltung des Landkreises gibt es amDienstsitz desLandrats einLandratsamt (manchmal Kreisverwaltung oder Kreishaus genannt).
Der Landrat nimmt neben den kommunalen Aufgaben auch Aufgaben derunteren staatlichen Verwaltungsbehörde „als verlängerter Arm des Staates“ (Organleihe) wahr; er ist damit zuständig für den Vollzug von Kreis- und Staatsaufgaben. Im Fall derVollkommunalisierung werden diese Aufgaben von Landrat und Landratsamt nicht als untere staatliche Verwaltungsbehörde, sondern als übertragene Aufgabe vom Landkreis selbst ausgeführt. Er hat die allgemeineAufsicht und die Sonderaufsicht über die kreisangehörigenGemeinden und kann auch Leiter desSchulamtes, derKreispolizeibehörde oder anderer Behörden des Kreises sein.
Der Landkreis und diekreisangehörigen Gemeinden stehen zueinander in einem engen partnerschaftlichen Verhältnis. Sie teilen sich die Erledigung derjenigen Aufgaben, die von einerkreisfreien Stadt allein wahrgenommen werden. Aufgrund derEinwohnerzahl und der damit verbundenen unterschiedlichen Leistungsfähigkeit erledigen größere kreisangehörige Gemeinden zusätzlich Aufgaben, die für kleinere Gemeinden der Kreis wahrnimmt. Der Kreis nimmt sich also dann einer Aufgabe an, wenn die Leistungsfähigkeit der Gemeinde nicht ausreicht oder ein finanzieller Ausgleich zur Herstellung gleichwertiger Lebensverhältnisse im Kreis notwendig, aber auch wenn eine einheitliche Erledigung über Gemeindegrenzen hinweg erforderlich ist.
Einige kreisangehörige Städte erhalten in verschiedenen Ländern wegen ihrer Einwohnerzahl einen verwaltungsrechtlichen Sonderstatus, der mit der Übertragung weiterer Aufgaben verbunden ist. Das geschieht auf Antrag odervon Amts wegen, sobald die vorgeschriebene Einwohnerzahl erreicht ist. Diese unterscheidet sich von Land zu Land, wobei es auch Länder ohne Vorgabe gibt, etwaMecklenburg-Vorpommern undThüringen, in denen es sich um ehemalige kreisfreie Städte oder Städte mit der erforderlichen Finanz- und Verwaltungskraft handelt. DieSonderstatusstädte bleiben zwar kreisangehörig, tragen dann aber eine besondere Bezeichnung, z. B.Mittelstadt,Große Kreisstadt,Große selbständige Stadt,Mittlere kreisangehörige Stadt oderGroße kreisangehörige Stadt.
In Baden-Württemberg, Bayern, Sachsen und Thüringen gibt es den Titel „Große Kreisstadt“. Ihn tragen große kreisangehörige Städte, die eine vom jeweiligen Bundesland festgelegte Mindesteinwohnerzahl haben und gewisse besondere Verwaltungsaufgaben übernehmen, was sie von anderen Städten im Landkreis unterscheidet. Oft trifft dies für die Kreisstädte selbst zu, wie zum Beispiel in Sachsen, wo alle zehn Städte mit Kreissitz gleichzeitig Große Kreisstädte sind. Ferner trifft dies oft auf ehemaligekreisfreie Städte oder ehemaligeKreisstädte zu, die durch die Zusammenlegung von Landkreisen ihren Kreissitz verloren haben. Es gibt Landkreise wie denHohenlohekreis, in demKünzelsau (in Baden-Württemberg) Kreissitz ist, aber weniger als 20.000 Einwohner hat. Künzelsau kann deshalb nicht Große Kreisstadt sein.[6]
Zusammenschlüsse von Gemeinden unterhalb der Kreisebene
Dabei haben nicht alle Gemeinden eine eigene Verwaltung (Einheitsgemeinde). Viele arbeiten inVerwaltungskooperationen zusammen, um ihre Verwaltungsgeschäfte zu erledigen. Diese Gemeinden haben je nach Bundesland unterschiedliche Bezeichnungen, Eigenschaften und Kompetenzen.
Kreisfreie Städte gehören keinem Landkreis an. In Baden-Württemberg werden sie alsStadtkreise bezeichnet. Im Gebiet der kreisfreien Städte, die ebenfalls der zweiten kommunalen Ebene zuzuordnen sind, hat der Staat für den Bereich der allgemeinen inneren Verwaltung darauf verzichtet, eigene untere Staatsbehörden einzurichten.
Aufgaben, die in Kreisen das Landratsamt oder eine andere Behörde als untere Staatsbehörde erledigt, werden von der kreisfreien Stadt jedoch nicht als Staatsaufgabe, sondern alsgemeindliche Aufgabe im (vom Staat)übertragenen Wirkungskreis wahrgenommen.
Am 4. Juli 1964 wurde die StadtGöttingen durch die Eingliederung benachbarter Gemeinden erheblich vergrößert. Diese Gemeinden waren jedoch für das Überleben desLandkreises besonders wichtig. So entschloss man sich zwar, das zur Großstadt gewordene Göttingen in den Landkreis einzugliedern, aber mit Sonderrechten als kreisfreie Stadt zu versehen.
Am 1. Juli 1966 wurde die StadtSiegen durch die Eingliederung benachbarter Gemeinden erheblich vergrößert. Das Land Nordrhein-Westfalen orientierte sich am Göttinger Beispiel. Die Stadt wurde in denLandkreis Siegen eingegliedert und erhielt Sonderrechte, wie sie sonst nur kreisfreien Städten zustehen. Am 1. Januar 1975 wurde sie zwar erheblich vergrößert und zu einer Großstadt, aber zu diesem Zeitpunkt wurden mehrere Großstädte gebildet, die zu Kreisen gehörten oder ihre Kreisfreiheit verloren. Da Siegen nun kein besonderer Fall mehr war, verlor die Stadt die Sonderrechte.
Am 1. November 2001 wurden in derRegion Hannover die LandeshauptstadtHannover und ihr Umland organisatorisch zusammengeführt. In ihr wurden die Gemeinden des ehemaligenLandkreises Hannover und die Stadt Hannover zusammengeschlossen. Hannover hat dabei viele Rechte als kreisfreie Stadt behalten.
Zur Koordination und zur politischen Interessenvertretung sind alle 294 Landkreise in 13 Landesverbänden und auf Bundesebene imDeutschen Landkreistag (DLT) zusammengeschlossen. Dieser repräsentiert 74 % der Aufgabenträger, 68 % der Bevölkerung und 96 % der Fläche Deutschlands.
Der flächenmäßig größte Landkreis Deutschlands ist derLandkreis Mecklenburgische Seenplatte im Land Mecklenburg-Vorpommern mit einer Fläche von 5470,35 km². Das ist mehr als das Doppelte der Fläche desSaarlandes, das nur 2569,69 km² groß ist. Der flächenmäßig kleinste Landkreis ist derMain-Taunus-Kreis in Hessen mit einer Fläche von 222,39 km², damit ist er flächenmäßig kleiner als die direkt angrenzende kreisfreie StadtFrankfurt am Main, die 248,31 km² groß ist, und etwas größer als der flächenmäßig größte BerlinerBezirk Treptow-Köpenick mit 168,42 km².
Die einwohnerreichsten und einwohnerärmsten Landkreise Deutschlands waren am 31. Dezember 2024:
↑1 in Baden-Württemberg, 14 in Brandenburg, 2 in Mecklenburg-Vorpommern, 30 in Nordrhein-Westfalen, 11 in Rheinland-Pfalz, 5 im Saarland, 2 im Freistaat Sachsen, 9 in Sachsen-Anhalt, 4 in Thüringen
↑71 im Freistaat Bayern, 8 in Rheinland-Pfalz, 1 im Saarland
↑Die einzige Große Kreisstadt in diesem Kreis istÖhringen.