Geomorphologie

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Die Oberflächenform der Erde
Cono de Arita imSalar de Arizaro,Salta (Argentinien), eineSandstein-Formation.

DieGeomorphologie (vonaltgriechischγῆge, deutsch‚Erde‘,μορφήmorphé, deutsch‚Gestalt‘, ‚Form‘ undλόγοςlógos, deutsch‚Wort‘, ‚Lehre‘, ‚Vernunft‘) oderLandformenkunde ist ein Teilgebiet derPhysischen Geographie und untersucht die Formen und formbildenden Prozesse der Oberfläche nicht nur derErde, sondern auch jene desMondes, desMars und anderer Planeten. Hierbei gibt es Überschneidungen mit anderenGeowissenschaften wie derGeologie, derKartografie, derBodenkunde und derKlimatologie.

Inhaltsverzeichnis

Das Forschungsgebiet

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Die Geomorphologie untersucht die Zusammenhänge und gegenseitigen Beeinflussungen vonLithosphäre (vonaltgriechischλίθοςlíthos, deutsch‚Stein‘ undσφαίραsphaira, deutsch‚Kugel‘),Atmosphäre (von griechischἀτμόςatmós, deutsch‚Luft‘, ‚Dampf‘),Hydrosphäre (von griechischὕδωρhýdor, deutsch‚Wasser‘),Kryosphäre (vonaltgriechischκρύοςkrýos, deutsch‚Eiskälte, Frost, Eis‘),Pedosphäre (von griechischπέδονpédon, deutsch‚Boden‘) undBiosphäre (von griechischβίοςbíos, deutsch‚Leben‘). Diese werden im geomorphologischen Kontext zurReliefsphäre zusammengefasst.

Ein entscheidender Faktor für das Verständnis der Geomorphologie ist die Kenntnis des derzeitigenKlimas und seiner Ausprägungen in vergangenenErdzeitaltern. Die Veränderungen des Formenschatzes in Verknüpfung mit klimatologischen Veränderungen der jüngerenErdgeschichte werden von derKlimageomorphologie untersucht.

Die Untersuchung der feineren Gestaltung der Oberflächenformen durchexogene Prozesse (Abtragungsvorgänge) steht im Vordergrund, dieGeologie liefert wichtiges Hintergrundwissen vor allem für dieendogene Formbildung (Tektonik,Seismik,Vulkanismus).

Fachgebiete

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Die Geomorphologie umfasst unter anderem die fünf Teilbereiche:

Geomorphologische Karte

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Die Landschaftsinhalte (Relief, landschaftsprägende Prozesse, erdgeschichtliche Einordnung) können auf einer Geomorphologischen Karte (GMK) zusammenfassend dargestellt werden. DieDeutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) hat seit 1976 mit mehreren Forschungsprojekten die Entwicklung einer allgemeinen Methodik zur Erstellung einer GMK gefördert. Im Rahmen des GMK-Schwerpunktprogramms „Geomorphologische Detailkartierung in der Bundesrepublik Deutschland“ wurden bis 1985 für typische Landschaften Deutschlands exemplarisch eine größere Anzahl geomorphologische Kartenblätter in den beiden Maßstäben 1:25.000 (GMK25: 26 Karten) und 1:100.000 (GMK100: 8 Karten) mit Erläuterungen erstellt, so z. B. für Küstengebiete, glazialeJungmoränenlandschaften,Mittelgebirge undHochgebirgslandschaften, sowiefluvial geprägte Flusslandschaften. Die dabei entwickelte Methodik ist allgemein geeignet, geomorphologische Karten in allen Landschaftstypen der Erde zu kartieren.

Einen Überblick über das Gesamtprojekt gibt Stäblein, 1978.[1] Auchgroßmaßstäbige Karten, z. B. GMK 1:12.500 sind damit möglich und erlauben es dann, die Landschaftsformen und -prozesse noch detailreicher darzustellen. Grundlage einer Geomorphologischen Karte sind die wichtigsten Elemente derTopographischen Karte. Dazu kommen einzelne Informationsschichten in Form von Schraffuren, Symbolen sowie Flächenfarben.Hangneigungen,Substrate und Oberflächengesteine werden in Schraffuren dargestellt, dieMorphographie und Morphodynamik (Prozesse und Prozessbereiche, Wölbungslinien, Täler und Tiefenlinien sowie Einzelformen) durch Symbole. DieMorphogenese ist durch Flächenfarben dargestellt, dieHydrographie in Blau. Alle 34 geomorphologischen Karten aus dem GMK-Schwerpunktprogramm der DFG sind mit den Begleitbänden/Ergänzungsheften online verfügbar.[2]

Mit der entwickelten Methodik wird dem Geomorphologen ein Werkzeug mit klar definierten Richtlinien für die Kartierung in die Hand gegeben. Für dieLandschaftsplanung, die Einschätzung vonNaturgefahren oderGrundwasservorkommen können Geomorphologische Karten ein nützliches Hilfsmittel mit planerisch wichtiger Information sein.

Geschichte

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Alexander von Humboldt
Gemälde vonJoseph Stieler, 1843
John Playfair

Erste Ansätze und Gedanken zu Formenschatz und Formenbildung der Erdoberfläche wie Vulkanentstehung, Erdbeben, Küstenentwicklung sowie zu fluvialen Prozessen und Talbildung wurden, z. B. vonStrabon undSeneca, seit dem 6. Jahrhundert v. Chr. bereits in der Antike formuliert.[3] Während desMittelalters war der Fortschritt wie in den meisten Wissenschaften marginal.

Die Geschichte der Geomorphologie im heutigen Sinne reicht bis zum Ende des 18. Jahrhunderts zurück. Die neue Wissenschaft entwickelte sich aus den Anfängen der modernen Geologie. Frühe, unter heutigen Gesichtspunkten geomorphologische Fragestellungen bearbeiteten z. B.James Hutton undJohn Playfair (Glazialerosion, 1802),Charles Lyell, der Huttons Konzept desAktualismus weiterverbreitete, sowieAlexander von Humboldt in Veröffentlichungen über seine Südamerika-Expedition. Die Geomorphologie als eigenständige Disziplin existierte damals jedoch noch nicht. 1858 verwendetCarl Friedrich Naumann in seinemLehrbuch der Geognosie erstmals die Bezeichnung „Morphologie der Erdoberfläche“.[4] In der Folgezeit gaben Wissenschaftler wieAndrew Ramsay mit der ersten wissenschaftlichen Bearbeitung von fluvialen und marinen Abtragungsvorgängen sowieWilliam Morris Davis mit seinemErosionszyklus dem Forschungsgebiet neue Impulse.[4] In Deutschland taten sichFerdinand von Richthofen,Alfred Hettner undAlbrecht Penck hervor. Letzterer veröffentlichte 1894 in zwei Bänden das erste StandardwerkMorphologie der Erdoberfläche. Es wurde jedoch von der Fachwelt zunächst nur sporadisch beachtet und erlangte erst einige Jahrzehnte später größere Bekanntheit.[5] Weitere Vertreter der Geomorphologie in Deutschland warenWalther Penck, der Sohn von Albrecht Penck, sowieHeinrich Schmitthenner undJulius Büdel.

Literatur

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  • Frank Ahnert:Einführung in die Geomorphologie. 3., aktualisierte und ergänzte Auflage. Ulmer, Stuttgart 2003,ISBN 3-8001-2813-6. (UTB für Wissenschaft – Geowissenschaften, Geologie 8103).
  • Hartwig Böttcher:Zwischen Naturbeschreibung und Ideologie. Versuch einer Rekonstruktion der Wissenschaftsgeschichte der deutschen Geomorphologie. Geographische Hochschulmanuskripte 8, Ges. zur Förderung Regionalwissenschaftl. Erkenntnisse e.V, Oldenburg 1979.
  • Hartmut Leser, Klaus Rother:Geomorphologie. 2., verbesserte Auflage. Westermann, Braunschweig 1993,ISBN 3-14-160294-8.(Das Geographische Seminar).
  • Fritz Machatschek:Geomorphologie. Bearbeitet von H. Graul undC. Rathjens. 10., neubearbeitete und erweiterte Auflage. B. G. Teubner, Stuttgart 1973,ISBN 3-519-13400-4.
  • Alan Strahler, Arthur Strahler:Physical Geography. 2. Auflage. Wiley, New York NY u. a. 2002,ISBN 0-471-23800-7 (Deutsch: Alan H. Strahler, Arthur N. Strahler:Physische Geographie. 2., überarbeitete und ergänzte Auflage. Ulmer, Stuttgart 2002,ISBN 3-8001-2793-8.UTB – Geowissenschaften 8159).
  • Herbert Wilhelmy:Geomorphologie in Stichworten. 3 Bände(Hirt's Stichwortbücher),
    • Bd. 1: Berthold Bauer, Christine Embleton-Hamann:Endogene Kräfte, Vorgänge und Formen. Beiträge zur allgemeinen Geographie. 6. Auflage. Borntraeger, Berlin 2004,ISBN 3-443-03114-5.
    • Bd. 2: Berthold Bauer, Hans Fischer:Exogene Morphodynamik. Abtragung – Verwitterung – Tal- und Flächenbildung. 6., überarbeitete Auflage. Borntraeger, Berlin 2002,ISBN 3-443-03113-7.
    • Bd. 3: Christine Embleton-Hamann:Exogene Morphodynamik. Karstmorphologie – glazialer Formenschatz – Küstenformen. 6., neubearbeitete Auflage. Borntraeger, Berlin 2007,ISBN 978-3-443-03115-2.
  • Harald Zepp:Geomorphologie. Eine Einführung. 3., durchgesehene Auflage. Nachdruck. Schöningh, Paderborn u. a. 2004,ISBN 3-8252-2164-4. (UTB – Geographie 2164).

Medien

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  • Reinhard Zeese:Landformen der Erde. Ein digitaler Bildatlas. DVD, LEB, Brühl.

Weblinks

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Commons: Geomorphologie – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien
Wiktionary: Geomorphologie – Bedeutungserklärungen, Wortherkunft, Synonyme, Übersetzungen

Quellenverzeichnis

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  1. Geomorphologische Detailkartierung (Sammelband) zum Download
  2. Geomorphologische Karten (GMKdigital) zum Download
  3. Herbert Louis, Klaus Fischer:Allgemeine Geomorphologie. 4. Auflage. Walter de Gruyter, Berlin 1979, S. 3.
  4. abFrank Ahnert:Einführung in die Geomorphologie. 3. Auflage. Ulmer, Stuttgart 2003, S. 438.
  5. Frank Ahnert:Einführung in die Geomorphologie. 3. Auflage. Ulmer, Stuttgart 2003, S. 439.
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