
Laienspiel oderLaientheater, früher auchLiebhabertheater, bezeichnetTheateraufführungen durch nicht konventionell ausgebildete und meist nicht bezahlteDarsteller (Laien bzw.Dilettanten oderAmateure).
In Bezug aufmittelalterliches Theater wird der Ausdruck Laienspiel meist als Gegensatz zu Theaterformen verstanden, in denen Angehörige desKlerus auftraten. Der Laie hat in dieser Bedeutung kein Kirchenamt. In Abgrenzung zu kirchlichen oder höfischen Anlässen wird das bürgerliche Theaterspiel oftVolkstheater genannt. Die Bezeichnung früher Theaterpraktiken als Laienspiel ist problematisch, da der heutige Begriff die Existenz eines professionellen Berufstheaters voraussetzt.
Manche Definitionen unterscheiden zwischenLaienspiel undAmateurtheater. Letzteres nehme sich das Berufstheater stärker zum Vorbild, die Darsteller erhalten zum Teil sogar eine geringeGage, während Laienspiele zum Teil eigene Formen entwickelten. Eine Variante ist dasLiebhabertheater, bei dem die Laienschauspieler teilweise sogar dafür bezahlen, auftreten zu dürfen.
Veranstalter von Laienspielen im traditionellen Sinne sind oftHeimatvereine oderKirchengemeinden. Die Aufführungen finden nicht nur in Theatern statt, sondern auch in Gemeindesälen, Wirtshäusern, Kirchen oder der Schulaula. Die Anzahl der Aufführungen eines Laienspiels ist meist gering.
Laienbühnen seien das eigentliche „Nationaltheater“ Amerikas, behauptete der amerikanische TheaterwissenschaftlerHubert Heffner im Jahr 1936. Die aktive Teilnahme von Zehntausenden von lebenden Darstellern sei besser als das „Konservendrama“ des Kinos; das Handbuch, in dem Heffners Bemerkungen gedruckt wurden, wurde „eine Art Bibel des Laienspiels“ (a kind of Bible of amateur dramatics).[1]
Eine vermittelnde Stellung zwischen dem Laienspiel und kirchlichemBrauchtum nehmen die seit den 1980er Jahren von italienischen Immigranten in Deutschland begründetenProzessionsspiele ein, wie etwa dasBensheimer Passionsspiel oder entsprechende Aufführungen inStuttgart-Bad Cannstatt,Saarlouis oderUlm.[2]
Die Wurzeln des Laienspiels vor allem im ländlichen Bereich sind zum Teil in dengeistlichen Spielen des Mittelalters zu finden, die sich von ihren kultischen Funktionen gelöst hatten und überwiegend dem Zeitvertreib, der künstlerischen Betätigung und der stadtbürgerlichen Selbstdarstellung dienten. Bis zur Entwicklung eines Berufstheaters im eigentlichen Sinne in derRenaissance durch die Schauspieler derCommedia dell’arte wurden praktisch alle theatralen Aufführungen durch Laien bewerkstelligt. Außerdem sind geistliche Spielen nicht in derselben Kategorie wie Vergnügungen zu bewerten. InwieweitPassionsspiele,Krippenspiele oder ähnliche Aufführungen wie z. B.Johannesspiele zum Laienspiel gehören, lässt sich nur im Einzelfall entscheiden. Einige wenige spätmittelalterliche und frühneuzeitliche Spieltraditionen haben sich bis heute erhalten, etwa die schweizerischeFête des Vignerons.
Theater zurBildung statt zur Belustigung ist bis zum 18. Jahrhundert mehrheitlich Laientheater, ebenso wie die in höfische und städtische Feste eingebundenen Theaterformen. Der Beruf desSchauspielers wurde seit derfranzösischen Klassik zunehmend aufgewertet. DieWanderbühnen präsentierten oft Mischformen von Laientheater und professionellem Theater. Mit der Idee desNationaltheaters im 19. Jahrhundert, das ein festesEnsemble mit kanonischen Repertoire besitzen sollte, verlor das Laientheater seine beherrschende Stellung im bürgerlichen Milieu.
Die Aufführungen in denSalons des 18. und 19. Jahrhunderts sind nach den oben genannten Kriterien zwar als Laienspiel anzusehen, trotzdem erscheint der Begriff problematisch, ja anachronistisch, da seinerzeit nicht von Laien, sondern von Dilettanten oder Liebhabern (Amateuren) gesprochen wurde.
Ab Anfang des 20. Jahrhunderts entstanden in Deutschland zahlreiche Natur- undFreilichtbühnen, die dem Laienspiel starken Zulauf brachten. Eine Aufwertung des Volksbegriffes durch dieVölkische Bewegung, die zum Teil politisch instrumentalisiert war, gab auch dem Laientheater größere Bedeutung. Künstler wieAdolphe Appia,Émile Jaques-Dalcroze oder derReformpädagogeMartin Luserke mit der damals ersten undeinzigen Theaterhalle einer deutschen Schule (siehe auch:Schule am Meer aufJuist) speziell für das Laienspiel schufen Mischformen zwischen laienhaften und professionellen Theateranlässen.
Heute ist das Laienspiel im Vereinsmilieu weiterhin aktiv, aber auch professionelle Regisseure setzten Laien. Das Regie-Kollektiv Rimini Protokoll, etwa, setzt Laien ein, nennt sie aber „Experten des Alltags.“ Sie suchen Menschen aus gewissen Berufsgruppen (Bestattungsunternehmer, Flugbegleiter usw.) und setzen sie in entsprechende Rollen ein.[3]
Ein spezieller Anreger, Förderer, Herausgeber und Sammler war 1953 der Gründer des Laienspiel-Bundes (heute:Bundesarbeitsgemeinschaft Spiel und Theater),Rudolf Mirbt, der mit vielen seiner imBärenreiter-Verlag herausgegebenen Stücke einerseits viel „Volksgut“ gesammelt hat, andererseits aber auch viele Stoffe bewusstseinsbildend aufbereitete.
Aus dem Laienspiel heraus entwickelten sich gerade im bayerischen und österreichischen Bauerntheater immer wieder professionelle Gruppen (z. B.Exl-Gruppe in Tirol,Schlierseer Bauerntheater,Peter Steiner). Auch dasTheater Lindenhof im württembergisch-schwäbischenMelchingen hat sich aus einer Laienspielgruppe desFreien Theaters entwickelt. In einzelnen Stücken kommen dort noch Laiendarsteller auf der Bühne zum Zuge, etwa bei der Inszenierung des historischenMössinger Generalstreiks im bundesweit beachteten StückEin Dorf im Widerstand aus dem Jahr 2013.[4][5]
Das Laienspiel, im Englischen oftcommunity theater genannt, kann hybride Formen nehmen, wie etwa Sally Gordon in Los Angeles, die mit ihrem Firebird Theater Company von 1977 bis 1987 eine Mischung aus Kinder- und Volkstheater inszenierte. Die südkalifornische Initiative adaptierte Mythen, Volksmärchen, klassische und eigene Stücken und ging mit ihnen auf Tournee. Die Aufführungen fanden in Schulen, Museen und Bibliotheken, auf Festivals, in Theatern, Gefängnissen und Seniorenzentren und sogar an Arbeitsplätzen für körperlich und geistig behinderte Erwachsene statt. Bei den meisten Produktionen kamen Live-Musik, Tanz, Masken und eine Form der Publikumsbeteiligung zum Einsatz.[6]
Ursprünge vor dem 20. Jahrhundert haben im deutschsprachigen Raum u. a. folgende Laienspiele:
Deutschland
Österreich
Schweiz