
Labraunda oderLabranda (altgriechischΛάβραυνδα, Λάβρανδα) ist einantikesHeiligtum desZeusLabraundos inKarien. Es liegt in der heutigen Südwesttürkei in derProvinz Muğla, etwa 14 Kilometer nördlich der StadtMilas, des antiken Mylasa, in den Bergen desBeşparmak Dağları, dem antiken Latmosgebirge. Die Reste deszyklopenartigen Mauerwerks des Heiligtums stehen rund 700 Meterüber Meereshöhe auf einer dem Tal halb abgewandten Plattform und ragen vor einer durch einen urzeitlichenBlitzeinschlag gespaltenen Felswand auf. Von Mylasa führte ehemals eine ausgebauteProzessionsstraße zur Anlage, die noch heute von der Stadt aus sichtbar ist.[1]
Der lokale Beiname des ZeusLabraundos geht auf das vorgriechische Wortlabrys zurück, derkultischen Doppelaxt, die in Labraunda sein Attribut war, aber bereits vor denKarern von denMinoern auf der Insel Kreta und denHethitern in Kleinasien verwendet wurde. In derkarischen Sprache wurde das „au“ inLabraunda getrennt gesprochen, mit betontem „a“ und fast lautlosem „u“. Bereits um 425 v. Chr. erwähnte der griechische GeschichtsschreiberHerodot aus dem benachbartenHalikarnassos, das Heiligtum als „Labraunda“.[2]

Vom Heiligtum sind noch die mächtigen Einfassungsmauern erhalten sowie auf gestaffelten Terrassen die Reste des zentralen Tempels des GottesZeus, des monumentalen Treppenaufgangs, derdorischen Eingangsgebäude, des alsOrakel dienenden Wasserbeckens der Quelle sowie des Säulenganges. Es gab hier keine Siedlung, nur Behausungen der Priester des Heiligtums und ihrer Arbeiter, Sklaven und Bauern. Außer den Grundmauern zahlreicher Gebäude finden sich einigeFelsengräber in der überragenden Felswand.
Die Blütezeit Labraundas alsHeiligtum deskarischen GottesZeus Labraundos war von 377 bis 344 v. Chr. in der Zeit deshekatomnidischen KönigsMaussolos und seines BrudersIdrieus. Es war durch eine 14 Kilometer lange, ausgebaute Kultstraße mit der damaligen Hauptstadt Mylasa (heute Milas) verbunden.
Die ältesten Teile Labraundas gehen bis auf das 7. Jahrhundert v. Chr. zurück. Die meisten der heute noch sichtbaren Bauten wurden unter Maussolos und Idrieus errichtet. Zehn Jahre nach Idrieus Tod wurde Karien 334 v. Chr. vonAlexander dem Großen erobert, nach dessen Tod hatte es in den Kriegen derDiadochenreiche wechselnde Herrscher, was zum Niedergang des örtlichenKultes führte; im Laufe der Zeit geriet er in Vergessenheit.
Koordinaten:37° 25′ 9,2″ N, 27° 49′ 9,9″ O37.41922222222227.819416666667
An der Stelle eines kleinenTempels aus dem Beginn des 5. vorchristlichen Jahrhunderts veranlasste König Maussolos 377 v. Chr. in Labraunda den Bau eines größeren Tempels ausMarmor, der nach einem weiteren Umbau 344 v. Chr. fertiggestellt wurde. Er war ein sogenannter Ringhallentempel (Peripteros)kleinasiatisch-ionischer Bauordnung mit je sechsSäulen an den Schmal- und acht Säulen an den Langseiten. Laut einer aufgefundenen Inschrift weihte Maussolos’ Bruder und Nachfolger Idrieus den Tempel demZeus Labraundos, der auch unter dem NamenZeus Stratios verehrt wurde. Der Tempel wurde vonschwedischenArchäologen von 1948 bis 1960 zusammen mit den umliegenden Anlagen ausgegraben und erforscht.[3]


Um die bis zu 3 Tonnen schweren Marmorblöcke auf den Berg (700 m hoch) zu transportieren, ließ Maussolos zunächst den 14 km langen Weg bis zur damaligen Hauptstadt Mylasa (heuteMilas) befestigen. Die grob vorbehauenen Blöcke wurden auf gezogenen Schlitten undGespannen von einem Steinbruch auf der anderen Seite von Mylasa herangeschafft und am Platz des Heiligtums weiter bearbeitet. Der größte Marmorblock misst 52 × 63 × 480 cm und dürfte 5,5 Tonnen wiegen. Im gesamten Heiligtum wurden 134griechischeInschriften gefunden, einige mit genauen Jahresangaben.[4]
Der griechische SchriftstellerPlutarch berichtete um 100 n. Chr. in seiner SchriftensammlungMoralia von einerDoppelaxt, die der griechische HeldHerakles der AmazonenköniginHippolyte abgenommen habe und die schließlich in der Zeit des sagenhaftenlydischen KönigsGyges (vermutlich um 650 v. Chr.) nachKarien gebracht worden sei. Hier habe Arselis, ein Gefolgsmann des Gyges, eine Zeusstatue anfertigen lassen, welche die Amazonenaxt in einer Hand gehalten hätte. Nach der angeblich lydischen BezeichnungLabrys für eine Doppelaxt habe er dem karischen Zeus den BeinamenLabraundos gegeben (andere Schreibweisen:Labrandeus, Labrayndus).[5][6] NachStrabon war die Statue aus Holz, also einXoanon, und der Name des Zeus warStratios.[7]Aelian schließlich sagt, dass das Zeusbild ein Schwert gehalten hätte.[8] Auf Münzen istZeus Labraundos immer mit Doppelaxt dargestellt.[9]
DieKarer verehrten ihren Hauptgott auch alsZeus Karios („Gott der Karer“) oderZeus Stratios („Gott des Krieges“); derantike römische Lehrer Aelian schreibt um 200 n. Chr., sie wären die ersten gewesen, die aus dem Krieg ein Geschäft gemacht und als bezahlte Soldaten (Söldner) gearbeitet hätten.[8]
Labraunda, berühmt für sein heilkräftiges Quellwasser, war auch der Ort eines Fischorakels: Diewahrsagenden „Medien“ schwammen in einem quadratischen Wasserbecken und konnten Fragen mit „ja“ oder „nein“ beantworten, abhängig davon, ob sie das angebotene Futter annahmen oder verweigerten (siehe auch dasFischorakel des Apollon im lykischen Sura). Die Fische sollen laut Älian goldene Halsbänder und Ringe getragen haben.[8]
37.41888888888927.820277777778Koordinaten:37° 25′ 8″ N,27° 49′ 13″ O