László Moholy-Nagy:Selbstporträt (1918)Künstlersignatur László Moholy-Nagy
László Moholy-Nagy beschäftigte sich seit 1918 mit Malerei, davor studierte er von 1913 bis 1918 Jura. Nach der Niederschlagung derUngarischen Räterepublik siedelte er 1919 nachWien und 1920 nachBerlin über, wo er die FotografinLucia Moholy, geb. Schulz, heiratete. 1922 hatte er seine erste Einzelausstellung in derGalerieDer Sturm in Berlin. Enge Kontakte verbanden ihn mit anderen ungarischen Exilanten in Berlin, wieAlfred Kemeny,Ernst Kallai undLaszlo Peri.
1923 bis 1928 war Moholy-Nagy Lehrer am Bauhaus. Er folgte 1923Johannes Itten alsFormmeister der Metallwerkstatt und Leiter des Vorkurses desBauhauses inWeimar nach. Er lehrte dort und, nach dem Ortswechsel der Schule, inDessau. Moholy-Nagy war in dieser Zeit der bedeutendste Lehrer[4] am Bauhaus und prägte dessen Profil wesentlich mit. Ab 1924 gab er gemeinsam mitWalter Gropius dieBauhausbücher und die Zeitschrift bauhaus heraus. Zudem beschäftigte er sich mitTypografie,Fotografie undPlastik.Nach seinem Weggang vom Bauhaus 1928 gründete er in Berlin ein eigenes Atelier.Seit 1929 lebten er und seine Frau Lucia nicht mehr zusammen und ließen sich infolge scheiden. Im Winter 1931/1932 wurden Moholy-Nagy und die Schauspielerin und DramaturginSibyl Moholy-Nagy, geb. Pietzsch ein Paar. Die beiden heirateten 1932 in London; für beide war es die zweite Ehe.[5]1933 begann die Zusammenarbeit mit der Werbeabteilung des JenaerGlaswerks Schott & Gen, für die er eine neuartige Werbung für das vonWilhelm Wagenfeld gestaltete Hauswirtschaftsglas des Unternehmens schuf.
Nach derMachtübernahme der Nationalsozialisten suchte er Wege Deutschland zu verlassen. 1934 emigrierte er nachAmsterdam, 1935 nachEngland und 1937 in dieUSA. In Chicago gründete und leitete er dasNew Bauhaus und nach dessen Schließung 1938/1939 das NachfolgeinstitutSchool of Design.
László Moholy-Nagy und seine Frau Sibyl hatten zwei Töchter: Hattula (1933–2024) und Claudia (1935–1971).
Gestaltend und beratend vereinte er die ästhetischen Forderungen des Bauhauses mit den Bedingungen und Mechanismen der Produktwerbung. DasJenaer Glas wurde zum Inbegriff moderner Warenkultur. Moholy-Nagy erschuf ungegenständlich-konstruktivistische Plastiken, Gemälde, Fotografien und Grafiken. Moholy-Nagy war in den 1920er Jahren einer der wichtigstenFotogrammkünstler, er erarbeitete die theoretische und experimentelle Grundlage für die Etablierung dieser damals neuen Kunstgattung. Er prägte den Begriff derFotoplastik als Ausdruck für künstlerische fotografische Arbeiten, die aus der Kombination und Ineinanderschaltung verschiedener grafischer und anderer gestalterischer Elemente mit fotografischen Arbeiten entstehen.[6] Die Arbeit mit Licht und seiner Brechung, Fixierung und Reflexion prägten gleichermaßen sein Interesse an den neuen technischen Medien Fotografie und Film. 1925 erschienen seine programmatischen Überlegungen dazu in der Reihe derbauhausbücher unter dem TitelMalerei Fotografie Film. Im Jahr 1929 konzipierte er den programmatischen Eingangsraum der internationalen Werkbund-AusstellungFilm und Foto, in den Material und theoretische Überlegungen des Buchs eingingen.
Des Weiteren kreierte er mit anderen Künstlern des Bauhauses, u. a.Herbert Bayer, das erste deutsche Lifestylemagazin,die neue linie.
Relativ unbekannt ist sein Schaffen als Regisseur. Er drehte einige Stummfilme, aber auch den Ton-DokumentarfilmLobsters. Die Titel seiner Filme sindLichtspiel Schwarz Weiss Grau (1930),Marseille Vieux Port (1929),Berliner Stilleben (1931), undGrossstadtzigeuner (1932). Vor allem in den drei letzteren schafft es Moholy-Nagy, die Stimmung einzufangen und quasi die Musik visuell darzustellen. Durch eine klare Dramaturgie und für die Zeit relativ ungewöhnlich schnelle Schnitte und wechselnde Einstellungen lässt er beispielsweise die Feier der Sinti und Roma höchst spontan und lebendig erscheinen. Die Filme sind in Deutschland schwer zu bekommen, da offenbar sämtliche Rechte bei seinen Nachkommen in den USA sind.
Während seiner Zeit in London finanzierte sich Moholy-Nagy durch wechselnde Aufträge im Bereich der Schaufenster-Dekoration, Werbung als auch durch Film- und Fotoarbeiten. Seine Eindrücke der urbanen Metropole sind in Fotografieren festgehalten, die gemeinsam mit der Journalistin Mary Benedetta für das durch John Miles Ltd. beauftragte Buch „The Street Markets of London“ 1936 entstanden.[7]
László Moholy-Nagys älteste Tochter Hattula Moholy-Nagy (* 1933), eine Archäologin, gründete im Jahr 2003 zusammen mit ihren beiden Söhnen die Moholy-Nagy-Stiftung, die sich um den Nachlass ihres Vaters kümmert und verwaltet. Der Sitz derStiftung istAnn Arbor in den Vereinigten Staaten.
Zeitgemäße Typographie – Ziele, Praxis, Kritik. In:Aloys Ruppel (Hrsg.):Gutenberg Festschrift zur Feier des 25jährigen Bestehens des Gutenbergmuseums in Mainz. Gutenberggesellschaft, Mainz 1925, S. 307–317.
Malerei, Photographie, Film. (=Bauhausbücher. 8). Albert Langen Verlag, München 1925.
C. Müller:Typofoto. Wege der Typografie zur Foto-Text-Montage bei Laszlo Moholy-Nagy. (=Neue Bauhausbücher). Gebr. Mann, Berlin 1994,ISBN 3-7861-1720-9.
László Moholy-Nagy. Malerei Fotografie Film. (=Neue Bauhausbücher). Mit einer Anmerkung des Herausgebers und einem Nachwort von Otto Stelzer. 3. Auflage. Gebr. Mann, Berlin 2000,ISBN 3-7861-1465-X.
Gudrun Wessing:László Moholy-Nagy: Gestalter des bewegten Lichts. Weimarer Verlagsgesellschaft ein Imprint von Verlagshaus Römerweg, Wiesbaden [2018],ISBN 978-3-7374-0254-5.
Sören Fischer:Streifzüge durch eine Welt der Ungegenständlichkeit. László Moholy-Nagy, Theo van Doesburg, Max Bill. In: Sören Fischer, Dieter Scheid (Hrsg.):Konkret Kunst. Ausst.-Kat. Museum Pfalzgalerie Kaiserslautern, Kaiserslautern 2023,ISBN 978-3-89422-234-5, S. 8–25.
↑Aussprache Mohol-y-Nagy alsoˈmoholiˌnɒɟ und nicht wie normalerweise im Ungarischen für die Buchstabenkombination ly, da er seinen Namen nach dem Ort Mohol (heuteMol in Serbien) aussuchte, wo er einen Teil seiner Kindheit verbrachte.
↑Naef:László Moholy-Nagy: Photographs from the J. Paul Getty Museum. Hrsg.: Weston. The J. Paul Getty Museum, Los Angeles, California 1995,ISBN 0-89236-324-X,S.123 (google.com).
↑Meistermappe des Staatlichen Bauhauses 1923. Weimar 1923. Titelblatt.
↑Ann Lee Morgan:The Oxford Dictionary of American Art and Artists. Oxford Univ. Press 2007,ISBN 978-0-19-512878-9, S. 316.
↑L. Moholy-Nagy:fotografie ist lichtgestaltung. In:bauhaus. Heft 1, Dessau 1928, S. 9 – Mit Fotoplastiken meinte Moholy-Nagy nicht Skulpturen. Es entstehen in der Fotoplastik, so Moholy-Nagy, „aus der zusammenfügung von fotografischen elementen mit linien und anderen ergänzungen unerwartete spannungen, die über die bedeutung der einzelnen teile weit hinausgehen … denn gerade die ineinanderschaltung von fotografisch dargestellten geschehniselementen, die einfachen bis komplizierten überlagerungen formen sich zu einer merkwürdigen einheit … diese einheit kann in ihren ergebnissen erheiternd, ergreifend, niederschmetternd, satirisch, visionär, revolutionär usw. wirken.“