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Kunst

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Der Titel dieses Artikels ist mehrdeutig. Weitere Bedeutungen sind unterKunst (Begriffsklärung) aufgeführt.
Sebastiano Ricci:Allegorie der Künste 1690–1694

Das WortKunst (lateinischars, griechischtéchne[1]) bezeichnet im weitesten Sinne jede entwickelte Tätigkeit von Menschen, die aufWissen,Übung,Wahrnehmung,Vorstellung undIntuition gegründet ist (Heilkunst,[2] Kunst der freien Rede). Im engeren Sinne werden damit Ergebnisse gezielter menschlicher Tätigkeit benannt, die nicht eindeutig durch Funktionen festgelegt sind.[3] NachTasos Zembylas unterliegt der Formationsprozess des Kunstbegriffs einem ständigen Wandel, der sich entlang von dynamischen Diskursen, Praktiken und institutionellen Instanzen entfalte.[4]

Kunst ist ein menschlichesKulturprodukt, das Ergebnis eineskreativen Prozesses.[5] DasKunstwerk steht meist am Ende dieses Prozesses, kann aber auch der Prozess bzw. das Verfahren selbst sein. So wie die Kunst im gesamten ist das Kunstwerk selbst gekennzeichnet durch das Zusammenwirken von Inhalt und Form.[6] Ausübende der Kunst im engeren Sinne werdenKünstler genannt.

Die ursprüngliche Bedeutung des BegriffsKunst wurde auf alle Produkte menschlicherArbeit angewandt (vgl.Kunstfertigkeit) als Gegensatz zurNatur, was beispielsweise beiKunststoff,Künstliche Ernährung,Künstliches Aroma,Künstliche Intelligenz ersichtlich wird.

Jedoch versteht man seit derAufklärung unterKunst vor allem die Ausdrucksformen derschönen Künste:[7]

Ausdrucksformen und Techniken der Kunst[8] haben sich seit Beginn derModerne stark erweitert, so mit derFotografie in der bildenden Kunst oder mit der Etablierung desComics als Verbindung bildender Kunst mit derNarrativität der Literatur. Bei den darstellenden Künsten, Musik und Literatur lassen sich heute auch Ausdrucksformen der Neuen Medien wie Hörfunk, Fernsehen, Werbung und Internet hinzuzählen. Die klassische Einteilung verliert spätestens seit den letzten Jahrzehnten des 20. Jahrhunderts an Bedeutung. Kunstgattungen wie dieInstallation oder der Bereich derMedienkunst kennen die klassische Grundeinteilung nicht mehr.

Etymologie und Wortgebrauch

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ÄgyptischesMumienporträt, 2. Jahrhundert n. Chr.

Kunst ist ein deutsches Wort. Bereits imAlthochdeutschen lautete eskunst (Pluralkunsti), imMittelhochdeutschenkunst (Pl.künste). Ursprünglich istkunst ein Substantivabstraktum zum Verbumkönnen mit der Bedeutung „das, was man beherrscht; Kenntnis, Wissen, Meisterschaft“. Die Redewendung „Kunst kommt von Können“ ist alsoetymologisch (dem Wortursprung nach) richtig. Zusätzlich wurde „Kunst“ inLehnbedeutung für den lateinischen Begriffars benutzt, z. B. im Bildungskanon derSieben freien Künste, inLebenskunst,Liebeskunst usw. Kunst bezieht sich in diesem Sinne grundsätzlich auf alles, was Menschen können und was von Menschen gemacht ist. Der entsprechende Gegenbegriff istNatur, wie in dem alltäglichen Gegensatzpaarnatürlich – künstlich.

Seit der Zeit derAufklärung wirdKunst hauptsächlich in einem engeren Sinne als Oberbegriff derÄsthetik verwendet, der dieKunstgattungen (bildende Kunst,darstellende Kunst,Musik undLiteratur) und ihre verschiedenen Stile und Strömungen zusammenfasst. Zugehörige Begriffe sind z. B.Kunstwerk,Künstler, künstlerisch.[9] Auf diesen Begriff geht der vorliegende Artikel näher ein.

Der BegriffKunst wurde und wird mithin gebraucht:

Als Gegensatz zu Natur
Schon beiAristoteles, vor allem aber im Gefolge derAufklärung und ihrem neuen Naturbegriff wirdKunst (gr. τέχνη,téchnē) als Gegensatz zuNatur (gr. φύσις,physis), als künstlich anstelle von natürlich verstanden. Heute verwendet man das Präfix Kunst- als Bezeichnung für „nicht natürliche“, also „künstliche“, Gegenstände und Materialien: Kunstpelz,Kunststoff,Kunstblume,Kunstherz, Kunstauge usw.
In diesem Sinne wurden auch alle Techniken, welche die natürlichen Elemente Wasser, Feuer, Dampf und Erde zähmten, steuerten und nutzbar machten, als Künste bezeichnet.
So bezeichnetWasserkunst zunächst die Anlagen derWasserversorgung undEntwässerung und später auchSpringbrunnen­anlagen.Dampfkunst beschreibt die Verwendung von Dampfdruck für allerlei industrielle Techniken wie etwa dieDampfmaschine. Diebergmännische Kunst dient der Ausbeutung von Bodenschätzen, und Vorrichtungen zum Fördern von Lasten werden imBergbau alsFahrkunst bezeichnet.
Im Sinne von Wissen, Erkennen, Erkenntnis, Einsicht
Ausgehend von derPhilosophie der Antike, beispielhaft die„Hebammenkunst“ desSokrates, wurde der BegriffKunst seit dem 16. Jahrhundert nicht nur zur Beschreibung eines Wissens gebraucht, der Begriff wird ebenso synonym fürPhilosophie, aber auch die(Natur-)Wissenschaften verwendet.
Im Sinne vonFertigkeit,Geschicklichkeit, Kunstfertigkeit und Handwerkskunst
Gemeint waren Fertigkeiten („fertig sein“ im Sinne von „ausgelernt sein“) innerhalb eines Fachgebiets sowie die Gesamtheit einer Fertigkeit (Fechtkunst,Reitkunst,Kochkunst,Heilkunst,[10]Rechenkunst,Schreibkunst,Lebenskunst) oder Tätigkeit (Flechtkunst,Töpferkunst), Sterbekunst als Synonym für die Tätigkeit einesBestatters,[11] erhalten als „Kunstfertigkeit“. Eine negativeKonnotation erhalten diese Künste, wenn damit geschickteTäuschungen gemeint sind (Diebeskünste, Verschönerungskünste,Schwarze Kunst,Verführungskunst oderZauberkunst). Aus dem Bedeutungsfeld der Verstellungen kommt auch das Adjektiv „gekünstelt“.
Im Sinne vonHandwerk undKunsthandwerk
Bis in das 18. Jahrhundert wurdeKunst, ausgehend vom altgriechischenTechne, auch alsSynonym für die Ausübung eines (technischen) Handwerks benutzt. Die dieses Spezialwissen (beispielsweiseFeuerkunst fürFeuerwerke herstellen,[12]Wasserkunst,bergmännische Kunst,Gartenkunst) Aufweisenden oder diese Künste alsMeister Ausübenden hatten den Titel einesKunstmeisters. Erhalten hat sich dieser Gebrauch in der Redensart „hergestellt nach allenRegeln der Kunst“ und im BegriffBaukunst. Im WortKunsthandwerk steckt heute noch das Handwerk, das mit der Hand erzeugteGewerk. MitKant lässt sich schließlich die Trennung der Begriffe konstatieren: „Im engern Sinne sind Handwerk und Kunst genau unterschieden, obwohl es an naher Berührung, ja Verfließen von beiden nicht fehlt [vgl.Kunstgewerbe]: die Kunst wird vom Handwerk unterschieden, die erste heißt freie, die andere kann auch Lohnkunst heißen.“
Im Sinne von Wissenschaft
Seit dem Altertum werden die Anfangsgründe der Wissenschaft als dieSieben Freie Künste bezeichnet, bestehend aus demTrivium (mitGrammatik,Rhetorik,Logik) und demQuadrivium mitArithmetik,Geometrie,Musik,Astronomie.
SeitLeibniz kennt man die Bezeichnung wissenschaftlicher Disziplinen als „Sprachkunst (Grammatica), Redekunst (Rhetorica), Messekunst (Geometria), Beweiskunst (Logica), Sittenkunst (Ethica), Sehkunst (Optica), Zergliederkunst (Anatomia), Scheidkunst (Chymia) u. a.“. Bald jedoch wird die Kunst von derWissenschaft unterschieden.Goethe meint dazu: „Kunst und Wissenschaft sind Worte, die man so oft braucht und deren genauer Unterschied selten verstanden wird, man gebraucht oft eins für das andere, und schlägt dann gegen andere Definitionen vor: ich denke, Wissenschaft könnte man die Kenntnis des Allgemeinen nennen, das abgezogene Wissen, Kunst dagegen wäre Wissenschaft zur That verwendet. Wissenschaft wäreVernunft, und Kunst ihrMechanismus, deshalb man sie auch praktische Wissenschaft nennen könnte. Und so wäre denn endlich Wissenschaft dasTheorem, Kunst dasProblem.“
Architektur:Frank Lloyd Wright:Fallingwater (1936–39)
Im Sinne vonschöne Künste
Kunst im heutigen, am häufigsten gebrauchten Sinn wurde begrifflich vor allem vonWinckelmann,Lessing,Herder,Goethe undSchiller geprägt. In ihren ästhetischen Schriften beschreiben sie die menschlichen Hervorbringungen zum Zwecke derErbauung alsKunst, sei es imTheater, in derLiteratur, in derMusik oder die Werke „bildender Künstler“, auf die sich der Begriff schließlich zunehmend verengt. So hat sich Kunst- auch als Präfix für Wortbildungen wieKunstausstellung,Kunstwerk,Kunstauktion usw. herausgebildet.

Geschichte des Kunstbegriffes

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Vorgeschichte

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Venus von Willendorf, ca. 25.000 v. Chr.

Die Kunst ist die dritte Stufe in der Evolution ästhetischer Praktiken.[13] In der ersten Stufe haben frühe Vertreter der Gattung Homo Gegenstände lediglich dekoriert, verziert oder auf andere Weise ästhetisch gestaltet. So lässt sich schon an 1,8 Millionen altenFaustkeilen nachweisen, dass diese unter ästhetischen Gesichtspunkten bearbeitet wurden.

Die zweite Stufe stellt die Herstellung vonSchmuck dar. Hier werden Gegenstände eigens zu dekorativen Zwecken hergestellt. Dazu gehören die durchlöcherten und mit Ocker eingefärbten, 80.000 Jahre alten Muschelschalen aus der südafrikanischenBlombos-Höhle und aus Marokko. Im Unterschied zu einer einfachen ästhetischen Dekoration hat Schmuck in der Regel eine symbolische Bedeutung und dient dazu, das Prestige seines Besitzers aufzuwerten.

Die ältesten Zeugnisse der Kunst sind noch einmal jünger und tauchen erst vor rund 40.000 Jahren auf. Beschränkt sich die symbolische Bedeutung von Schmuck auf den sozialen Status seines Trägers, geht der symbolische Gehalt von Kunst darüber hinaus. Insbesondere die figürliche Kunst verweist auf etwas Äußeres, sie stellt etwas dar oderbezeichnet etwas. Sie setzt nicht nur symbolisches Denken voraus, sondern auchFantasie, die Fähigkeit sich etwas vorzustellen, was im jeweiligen Moment nicht real präsent ist.[14]

Welche Funktion die frühe Kunst hatte, ob sie anfangs eine religiös-kultische oder eine profane Funktion hatte, ist unklar. Sowohl Malerei und Skulptur als auch Musik und Tanz treten bereits in der Altsteinzeit in Erscheinung. Zu denfrühesten Zeugnissen von Kunst gehören die knapp 40.000 Jahre alten Elfenbeinfiguren aus demLonetal sowie die Flöten aus demGeißenklösterle. Fast gleich alt sind Fels- undHöhlenmalereien inAustralien und Indonesien. Diese sind sogar älter als die hierzulande bekannteren Höhlenmalereien in Frankreich und Spanien, etwa aus derGrotte Chauvet.

Die altersgleichen Zeugnisse von Kunst in Mitteleuropa und in Australien sprechen dafür, dass der anatomisch moderneMensch (Homo sapiens) schon vorher, möglicherweise schon vor dem Verlassen Afrikas, zur Kunstherstellung fähig war, auch wenn archäologische Belege dafür bisher fehlen. Dafür spricht auch die handwerkliche Perfektion, die sich in den ältesten Kunstwerken von Beginn an zeigt.

Historisch entwickelten sich die Künste aus ihrem Beitrag zur materiellen Organisation von Kulten undRitualen. In der Frühzeit menschlicher Entwicklung ist das Auftreten von Kunst einer von mehreren Indikatoren für die Bildung vonBewusstsein und menschlichemDenken.Kunst bezeichnet in diesem Zusammenhang Verrichtungen oder Darstellungen (z. B.Musik,Bemalung), die keinen unmittelbaren Nutzen zurLebenserhaltung erkennen lassen.

Bei heutigenNaturvölkern lässt sich die frühe Kultfunktion von künstlerischen Ausdrucksformen ebenso studieren wie eineanthropologische Konstante: das Bedürfnis (sich) zu schmücken, das sich imOrnament zuerst herausgebildet hat. Diskutiert werden außerdem soziale Funktionen von künstlerisch bzw. ornamental gestalteten Artefakten wie Spangen,Fibeln, Waffen usw. in denClan­gesellschaften derUr- und Frühgeschichte. Damit fungiertKunst seit frühester Zeit auch alsDistinktionsmerkmal, wie es von der jüngeren Kunsttheorie und -soziologie diskutiert wird. Anthropologisch markiert Kunstproduktion vor ca. 40.000 Jahren (imAurignacien) den Übergang vomHomo sapiens zum „Homo sapiens intellectus“. Da die Vorgeschichte per definitionem eine schriftlose Epoche ist, gibt es keinerlei Überlieferungen eines zeitgenössischen Kunstbegriffs.

Altertum

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Ägypten, ca. 1422–1411 v. Chr.

Von den frühen bis zu den spätenantiken Kulturen, vom ägyptischenAlten Reich über dasklassische Griechenland bis zum spätenRom, sind eine Fülle von Kunstwerken erhalten: Architektur, Skulpturen, Fresken und Kleinkunst. Dass sie als solche bezeichnet werden, ist jedoch einAnachronismus, denn zur Zeit ihrer Entstehung galten Malerei und Bildhauerei nicht alsKunst, sondern alsHandwerk, ihre Erzeugnisse als Produkte von Handwerken, nicht aber Künstlern. DasTheater war bereits weit entwickelt und geachtet, aber wesentlich Bestandteil kultischer Handlungen.

Alsfreie Künste(artes liberales) wurden in der Antike jene Kenntnisse und Fähigkeiten bezeichnet, die einem freien Mann – nicht aber einemSklaven – zur Verfügung stehen sollten.Martianus Capella (um 400 nach Chr.) hat insgesamt sieben Künste in zwei Gruppen eingeteilt: dasTrivium beinhalteteGrammatik,Dialektik undRhetorik; dasQuadrivium umfassteGeometrie,Arithmetik,Astronomie undMusik. Von denSchönen Künsten im modernen Sinn war also allein die Musik in der Antike eine anerkannte Kunst. Niederes Handwerk waren dagegen diemechanischen Künste („artes mechanicae“), die mit der Hand ausgeführt werden mussten, worunter eben auch dieMalerei oder dieBildhauerei fielen. Malerei und Bildhauerei sowie die Heilkunst (in denAphorismen desHippokrates) wurden in der Antike aber auch als Kunst (téchne bzw.ars mechanica) und nicht als reine Technik (epistéme) angesehen.[15]

DerGegensatz (Antagonismus) vonKunst, die vorwiegend aus demGeist entsteht, undKunst, die manuell gefertigt werden muss, wird sich in der bildenden Kunst über 2.000 Jahre immer wieder anders manifestieren, vomParagone in derRenaissance (dem Wettstreit der Kunstgattungen, welche die edelste von allen sei) über dendeutschen Idealismus des 18. Jahrhunderts und seinen Anteil am modernen Kunstbegriff (der technisches Können nur noch als banales Werkzeug des Künstlers begreift, um seiner Idee Ausdruck zu verleihen) bis hin zurKonzeptkunst der 1960er Jahre, die die künstlerischeIdee gänzlich vom ausgeführten Gegenstand entkoppelt.

Mittelalter

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Philosophia et septem artes liberales – Illustration aus demHortus Deliciarum derHerrad von Landsberg (12. Jahrhundert)

Mit den Umbrüchen derVölkerwanderungszeit löste sich das antike Kunstleben in Europa so gut wie auf. Dermittelalterliche Kunstbegriff übernimmt jedoch das Schema derartes mechanicae wie derartes liberales, derfreien Künste des(philosophischen) Grundstudiums, die in den drei großenFakultätenTheologie,Jurisprudenz undMedizin vorausgesetzt wurden.

Der bildende Künstler ist nach wie vor Handwerker und inZünften wie alle anderen Berufe organisiert. Als Individuum tritt er selten in Erscheinung, dieSignatur eines Werkes ist unüblich. Auftraggeber für fast alle künstlerischen Produktionen – Malerei, Bildhauerei, Musik, Theater – ist dieKirche. In geringerem Maße lässt sich auch derfeudaleAdelAuftragsarbeiten liefern. Es entstehenprofane undsakrale Ausdrucksformen, Bildtypen, Musikformen und anderes.

Vertrat man in der Antike noch ein naturalistisches Menschenbild und versuchte, die Natur möglichst gut nachzuahmen, so definierte sichSchönheit im Mittelalter über den geistigen (religiösen) Gehalt einer Darstellung, wie er von denScholastikern als Schönheit Gottes erkannt wurde, die sich in der Kunst widerspiegeln sollte.

Frühe Neuzeit

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Der Stellenwert der bildenden Kunst und derArbeit des Künstlers ändern sich in derNeuzeit mit dem Übergang zu einerbürgerlichen Gesellschaft: Wo vorher meist im Auftrag vonKirche undAdel Werke geschaffen werden, wächst mit dem gebildeten Kunstsammler ein neuerRezipiententyp heran.[16]

Dieser Prozess beginnt zuerst in Italien mit der Frührenaissance und setzt sich ab Mitte des 15. Jahrhunderts in ganz Europa fort. Die Städte erstarken und mit ihnen die Kaufleute, die ihre neue Stellung in der Feudalgesellschaft mit Kunst demonstrieren. Der Künstler emanzipiert sich, entdeckt sich alsSubjekt, und schafft Werke, deren Hauptzweck nicht mehr die Vorstellung einesGlaubens­inhalts oder der Macht einesFürsten ist, sondern die fachkundige Debatte überEntwurf, Ausführung und Könnerschaft, undKünstler wird Beruf. So entstehen hochkomplexeikonografische Bild- und Architekturprogramme, die zu enträtseln eine Aufgabe für das Kunstpublikum wird. Es entsteht eine neue literarische Gattung:Ekphrasis, Kunstliteratur, Schreiben über Künstler und Kunst, undBetrachtung („Kunstgenuss“) als Bestandteil der künstlerischen Intention. Der nunmehrautonome Künstler denkt über seine Rolle nach, was in der bildenden Kunst imParagone öffentlich gemacht wird.

Die „Wiedergeburt“, die im BegriffRenaissance angesprochen wird, bezieht sich auf die erneute Anknüpfung an dieklassische Antike, auf deren Menschenbild und Naturbegriff die Kunstproduktion aufbaut. In der Musik und Literatur blühen profane Werke. DieReformation forciert die Schwächung der römisch-katholischen Kirche als wichtigstem Auftraggeber der Künstler, was auf demKonzil von Trient mit einem ausführlichen Gegenkonzept beantwortet wird. Die Notwendigkeit einer katholischenGegenreformation legt den Grundstock für die Explosion der künstlerischen Produktion in Musik und bildender Kunst imBarock.

Diente das Kunstwerk noch zu Beginn der Neuzeit dazu, sich „Merkwürdiges“ einzuprägen, so verlor es diese Funktion mit zunehmender Verbreitung desBuchdrucks. In der Folgezeit entsteht das Problem des ständigen „Neuheitsschwundes“ der Kunst: Sie muss seither immer wieder durch Innovationen überraschen. Damit wird sie zu einem autonomen gesellschaftlichen Subsystem.[17]

Aufklärung

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Literatur:Ludovike Simanowiz:PorträtFriedrich Schiller (1794)

In der zweiten Hälfte des 18. und am Anfang des 19. Jahrhunderts, im Zeitalter derAufklärung, begannen die gebildeten KreiseGemälde,Skulpturen undArchitektur sowieLiteratur undMusik als Kunst im heutigen Wortsinn zu diskutieren. Themen verbindend wurde dieÄsthetik in Abgrenzung zum Hässlichen als Kategorie zur Qualifizierung von Kunstwerken begründet.Freiheit wurde zum Ideal für Politik, Wissenschaft sowie für die sich allmählich als eigenständige Bereiche herausbildenden Gattungen Literatur und Kunst. Der handwerkliche Aspekt künstlerischen Schaffens verlor an Bedeutung. Mit dem deutschen Idealismus stand die Idee über dem Artefakt. Eine der wichtigsten Voraussetzungen für diesen Prozess war die durch die beginnendeindustrielle Revolution beschleunigteSäkularisierung.

Die Differenzierung zwischen Literatur und Kunst war das Ergebnis der kurz zuvor begonnenenLiteraturdiskussion, die sich nicht mehr mit allen geistigen Arbeiten befasste, sondern Romane, Dramen und Gedichte alsLiteratur in einem gewandelten Wortsinn zusammenfasste. Im Bestreben, ein größeres Publikum anzusprechen, wurde der TerminusKunst zunächst auf Gemälde und Skulpturen verengt, auf Gegenstände, die in denZeitungen undZeitschriften – den Journalen, die es seit dem frühen 18. Jahrhundert gab – vorgestellt und beurteilt wurden. Es entstand ein verbreitetesRezensions­wesen. Die BegriffeWerk,Original undGenie als Ausdrucksformen der Individualität desKünstlers wurden durchKant geprägt. Man unterschied zwischeninneren undäußeren Bildern. Innere Bilder waren zum BeispielSprache,Vorstellungen und dieIdeen, äußere hingegen Einrichtungsgegenstände, Bauwerke oder handwerklich gefertigte Produkte.

Dem Freiheitsgedanken gemäß ist der bildende Künstler nicht mehr einemAuftraggeber verpflichtet, sondern produziert unabhängig für einen neu entstehendenKunstmarkt. Damit wandeln sich zum einen die Themen, die statt religiöser undmythologischer Motive,Porträt undAllegorie nun zum Beispiel auch Schilderungen aus der Arbeitswelt des aufkommenden Industriekapitalismus umfassen. Zum anderen entwickeln sich individuelle Stile, die nicht zuletzt alsMarkenzeichen, modern gesprochen alsMarketinginstrument der konkurrierenden Künstler dienen. Auch Komponisten wieMozart verabschieden sich aus festen Anstellungen bei weltlichen oder kirchlichen Fürsten. Diese neue Freiheit ist mit entsprechenden Risiken verbunden, dasromantische Bild desverarmten Künstlers, verbunden mit demGeniebegriff sind die Folgen.

Moderne

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Bildende Kunst:Paul Cézanne: Selbstbildnis (1898–1900)

Die Aufklärung bereitete den Kunstbegriff derModerne vor. Emanzipierte sich am Ende des Mittelalters der Künstler zum autonomen Subjekt, so emanzipierte sich am Ende des barocken Feudalismus dasKunstwerk selbst und wurde autonom. Im Zeitalter von Maschinen, Arbeitsteilung und Automatisierung veränderte sich der Status von handwerklicher Tätigkeit in der Kunst. Kunst existiert nun nicht mehr in Funktionszusammenhängen, sondern allein aus sich heraus, wird zuL’art pour l’art. Die in Funktionszusammenhängen verbleibenden Kunstformen konstituieren sich unter dem neuen Oberbegriffangewandte Kunst für das Kunstgewerbe.

Während in derStilkunde die Stilepochenbezeichnungen nachträglich dem jeweiligen Kunstschaffen angehängt wurden, prägen nun die Künstler im Wechselspiel mit der neu aufgekommenenKunstkritik selber ihre Kategorien. Die zahlreichen, teils parallel entstehendenIsmen sind jetzt eher kurzzeitigeStil-Begriffe als Epochenkonzepte.

Die Bedeutung derFrauen in der Kunst nimmt zu.

Mit dem Beginn der Moderne beginnt zugleich der Antagonismus derGegenmoderne. Waren bis zur Aufklärung die Adressaten für Kunst nur ein sehr kleiner Kreis (der Klerus, der Adel, das reiche Bürgertum), so erweitert sich das Publikum mit der Entstehung des frei zugänglichen Kunstmarktes, den zu seiner Förderung veranstalteten öffentlichen Ausstellungen (Salons) und den in der Presse eröffneten Debatten über Kunst, der massenhaft verlegten Literatur usw. beträchtlich. Zugleich konzentrierte sich die künstlerische Auseinandersetzung sowohl in bildender Kunst wie der Musik oder Literatur immer stärker auf die Untersuchung der eigenen Entstehungsbedingungen. In dem Maße, in dem sich die Kunst selbst thematisierte (Metakunst), verlor sie das Interesse der breiten Schichten, denen sie alsAvantgarde eigentlich vorangehen wollte.

Blieben zuvor Konflikte um Kunst intern und waren beispielsweise patriotischer Natur (florentinischesDisegno contra venezianischesColore) oder eine Frage des Geschmacks (Rubenisten contra Poussinisten,Streit derAnciens et Modernes usw.), so verweigern nun ganze Teile der Gesellschaft der Kunst ihrer Zeit die Akzeptanz. Es entwickelt sich eineGegenmoderne, die ihre Ausdrucksformen in diversen der modernen Kunst entgegengesetzten Stilen sucht – z. B. durchneoklassizistische, anderehistoristische oder bewusstanachronistisch ausgerichtete Kunst. Dies kann als ein Protest gegen die Prinzipien moderner bzw. kontemporärer Kunst verstanden werden.

Über diesen Protest weit hinaus ging die Diffamierung der modernen Kunst imNationalsozialismus, der mit dem SchlagwortEntartete Kunst dieKlassische Moderne im Ganzen zu treffen versuchte und die sogenannteDeutsche Kunst mit brachialen Mitteln durchsetzte: durch Berufsverbote, höhnische Präsentationen wie in derAusstellung „Entartete Kunst“, bis hin zur Ermordung jüdischer Künstler imHolocaust. Ab November 1936 löste dasNS-Regime nach und nach alle Abteilungen der Kunst des frühen 20. Jahrhunderts in den deutschen Museen auf. In derSowjetunion entstanden in den 1920er Jahren die noch alsrevolutionär empfundenen AvantgardenKonstruktivismus undSuprematismus, mit Beginn desStalinismus gewann der anti-moderne Reflex die Oberhand und führte zumSozialistischen Realismus in Literatur, bildender Kunst und Musik.

Entsprechend den politischen Widersprüchen im Anschluss an die Phase desTotalitarismus seit den 1930er Jahren, entwickelte sich innerhalb der Moderne der ausgehenden 1950er Jahre als zeitgenössische Widerstandsbewegung oder Post-Avantgarde in den 1960er Jahren unterschiedliche Strömungen, sowohl in Zirkeln West- als auch Osteuropas, die sich gegen die Normierung infolge desKalten Krieges und Stalinismus in der Sowjetunion wandten und verwehrten. Sie knüpften dabei an die Tradition der Salons der Frühmoderne in den Metropolen an, hatten aber eine weiterführende und verbindend-vermittelnde Funktion. Durch die Brüche der Kriege in Europa und Asien während der 1930er und 1940er Jahre, gewannen diese infolge der staatlichen Reorganisation in den 1950er Jahren nur bedingt an Dynamik.

Diese gewaltsame, durch den Staat hervorgerufene Unterbindung moderner Spielarten der Kunst ist allerdings nicht mit der Unzufriedenheit einiger Bevölkerungsteile über zeitgenössische künstlerische Ausdrucksformen (vor allem in der Architektur) gleichzusetzen. Ein Nebeneinander verschiedener Stile ist heute weitgehend akzeptiert und schafft eine große künstlerische Bandbreite in der heutigen oftmals als liberalistisch verstandenenGlobalkultur und dem Paradigma der Gleichzeitigkeit, verursacht durch die technische Digitalisierung des Alltags.

Postmoderne

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Konzeptkunst:Art & Language:Mirror Piece (1965)

Diepostmoderne Anschauung von Kunst stellt zum Teil die Ideen von Freiheit, Originalität und Authentizität wieder in Frage, setzt bewusst Zitate anderer Künstler ein und verbindet historische und zeitgenössische Stile, Materialien und Methoden und unterschiedlicheKunstgattungen miteinander.Kunstbetrieb und Ausstellungsorte werden von einerMetaebene aus hinterfragt(White Cube). Die Grenzen zwischenDesign,Popkultur undSubkultur einerseits undHochkultur andererseits verschwimmen.

Zeitgenössische Kunst,[18]Kunst der Gegenwart und ähnliche Sammelbegriffe fassen gegenwartsbezogene Kunst nur sehr allgemein. Der BegriffKünstlerische Avantgarde ist für die seit Beginn der Postmoderne entstehende Kunst überholt,[19] da es inoffenen Gesellschaften und Kulturen höchstwahrscheinlich keine allgemeinverbindliche Richtung für eine Vorhut oder für Vorreiter geben kann. Daher wird der Begriff „zeitgenössische Kunst“ auch zur Umschreibung für künstlerische Arbeiten, Rauminstallationen oder prozesshafte Handlungen benutzt, die in der Gegenwart etwas so wahrnehmbar machen, dass sie kulturell bedeutend in die Zukunft wirken. Die in diesem Sinne freie und zeitgenössische Kunst ignoriert scheinbar alle Bedingungen, akademischen Regeln und Einteilungen, alle Kunststile, Kunstsparten und kulturellen Grenzen, während sie sich gleichzeitig die Freiheit nimmt, sie je nach künstlerischem Bedarf zu reflektieren, zu bearbeiten und zitathaft zu nutzen.

Derartige Kunst repräsentiert einSystem Kunst,[20] das sich aus dem Zusammenwirken von mehreren Instanzen, Diskursen, institutionellen Akteuren und etablierten Praktiken ergibt.[21] Zeitgenössische Kunst als global und interkulturell funktionierendes System vereint die Ursprünge in verschiedenen Kulturen,Kunstgeschichte zum theoretischen Fundament von Kunst, wobei für die abendländische Kunsttradition dieantike Philosophie als historische Basis besonders bedeutend bleibt. Auch zeitgenössische Kunst lässt herkömmliche Einteilungen, wie Malerei, Bildhauerei, Tanz, Musik, Theater usw. durchscheinen, zeichnet sich jedoch gerade durch ihre Thematisierung, Infragestellung, Überwindung, Erweiterung, interdisziplinäre Integration und Ironisierung aus. Heute stehenFotografie, Videoprojektion undVideo-Installation,Environment, Rauminstallationen,Happening undPerformance neben Malerei und Theater, während dieMedienkünste, darunter dieKinetik undLichtkunst u. a. sich ohnehin so verorten, wie es jeweils mediengerecht und sachdienlich erscheint.

Parallel zu dieser Entwicklung wurde Anfang der 1970er Jahre die Schnittstelle zwischen den zu diesem Zeitpunkt weitgehend getrennten Medien, im engen Verständnis des Kunstbegriffes, zwischen Malerei und Fotografie kunsthistorisch relevant durch Arbeiten der FotokünstlerPierre Cordier (Chimigramme),Paolo Monti (Chemigramm) undJosef H. Neumann (Chemogramme) geschlossen. Die Chemogramme von Josef H. Neumann schließen 1974 die Trennung von malerischem Grund und fotografischer Schicht, indem er sie, in einer bis zu diesem Zeitpunkt nie dagewesenen Symbiose, als nicht verwechselbares Unikat in gleichzeitiger malerischer und realer fotografischer Perspektive innerhalb einer fotografischen Schicht in Farben und Formen vereint.[22]

Ähnlich wie in der Wissenschaft erschließt sich das umfassende Verständnis der möglichen Bedeutungen von Werken und Arbeiten oft erst durch eingehende Beschäftigung mit dem künstlerischen Gegenstand. Es wird in verschiedenen Kontexten interpretiert, die sich je nach Betrachter und Leser, je nach Publikum und den in das Geschehen Einbezogenen, sowie je nach Interessen der Kritiker und anderen professionellen Vermittlern wandeln und unterscheiden. In derKunsttheorie wird der zeitgenössische Kunstbegriff intensiv diskutiert. Sie stellt dabei künstlerische Praktiken, Prozesse, Institutionen und Akteuren (Künstler,Rezipienten, Manager, Investoren/Käufer, …) sowie die Kunstwerke selbst ins Zentrum der Untersuchung.[23]

Voraussetzungen und Funktionen

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Mit der Frage, welche biologischen Grundlagen das Kunstbedürfnis des Menschen hat, bzw. welche psychologischen, soziologischen, ökonomischen und politischen Funktionen Kunst für denMenschen und dieGesellschaft hat, beschäftigen sich dieBiologie, dieKunstsoziologie, diePsychologie, dieRechtswissenschaft und dieKulturwissenschaften im Allgemeinen.

Biologie

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Ein Bild desSchimpansen Congo

Die rasante Entwicklung derBiowissenschaften hat dazu geführt, dass auch höherekognitive Leistungen des Menschen in den biologischen Disziplinen untersucht werden. Davon sind auch das künstlerische Gestaltungsbedürfnis und die ästhetischen Empfindungen nicht ausgenommen. Biologische Untersuchungen mit Bezug auf die Kunst finden insbesondere in derEvolutionstheorie und derNeurowissenschaft statt.

In der Evolutionsbiologie werden Verhaltensweisen in der Regel über einenSelektionsvorteil erklärt. Konkret bedeutet das, dass kunstbetreibende und kunstschätzende Menschen mehr Nachkommen zeugen müssten als die anderen. Ein derartiges Erklärungsmuster scheint in Bezug auf Kunst nicht unmittelbar einsichtig. Dennoch finden sich Kunstformen in allen historischen Epochen und Kulturbereichen, was darauf hinweist, dass ein Kunstbedürfnis biologisch gegeben und nichtallein ein Ergebnis sozialer Prägung ist. Für die biologische Verankerung des Kunstbedürfnisses können mehrere Erklärungen angeboten werden. Am wahrscheinlichsten ist die Kunst als Auswahlkriterium für die Partnerwahl. Diemenschliche Evolution ist durch eine Zunahme desGehirn­volumens und damit der kognitiven Fähigkeiten geprägt. Die Fähigkeit, Kunst zu produzieren, ist ein von außen erkennbarer Hinweis aufKreativität, welche auch in anderen Bereichen zu kreativen Lösungen führen kann. Menschen, die Zeit für Kunst hatten, hatten keine Probleme, die täglichen Bedürfnisse nach Nahrung und Sicherheit zu stillen, denn wer neben dem Alltag noch Reserven für primär sinnfreie Tätigkeiten wie Kunst hat, stellt damit seine Überlebensfähigkeit dar. Der Mensch als soziales Wesen hat viele Mechanismen entwickelt, um seine sozialen Gemeinschaften zu stärken. Auch die Kunst kann als Spender gruppenspezifischer Traditionen und Werte menschliche Gemeinschaften stützen. Eine ergänzende Hypothese geht davon aus, dass das Kunstbedürfnis ein Nebenprodukt (Epiphänomen) der Entwicklung anderer überlebensrelevanter, kognitiver Leistungen ist. Die Vorteile dieser kognitiven Fähigkeiten müssten demzufolge die Nachteile des Kunstbedürfnisses (Zeit, Material) übersteigen.[24]

Eine Bestätigung soziobiologischer Theorien durch Experimente ist nicht durchführbar, da Kreuzungsexperimente mit Menschen ethisch nicht vertretbar sind. Die Theorien müssen deshalb spekulativ bleiben. Insbesondere die Abgrenzung zum Kunstbedürfnis als Produkt der kulturellen Evolution ist schwierig.

Psychologie und Neurowissenschaften

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In der Psychologie wird der gestalterische Aspekt von Kunst durch die Kreativitätsforschung untersucht, der Wahrnehmungs- und Bewertungsaspekt durch dieexperimentelle Ästhetik.

Der Wert von Kunst wird zumindest in weiten Teilen im Ausdruck von Gefühlen gesehen.[25]

Die Bewertung eines künstlerischen Werks unterliegt unterschiedlichen Faktoren. Zum Beispiel führen Charakteristika des bewertenden Individuums (wie seine Persönlichkeit und seinGeschmack) zu unterschiedlichen Präferenzen. Eine Studie von über 90.000 Personen zeigte, dassPersönlichkeitsmerkmale wieOffenheit für Erfahrung starke Korrelate der Präferenzen für bestimmte Gemälde und für das Genießen von Besuchen inKunstgalerien sind.[26]

Die Bewertung von Kunst ist über verschiedene Epochen hinweg weder völlig übereinstimmend, noch völlig unabhängig voneinander: Bei der Bewertung des Lebenswerks vonRenaissance-Malern durch Kunsthistoriker aus über 450 Jahren beträgt derGrad der Übereinstimmung zwischen den Beurteilungen ungefährW = 0,5 (mögliche Werte: 0 bis 1).[27]

Es zeigte sich, dass derZeitgeist ebenso wie objektive Eigenschaften eines Werks, die nicht dem Zeitgeist unterliegen, eine Rolle für die Bewertung spielen. So wurde in einer Untersuchung von 15.618Themen aus der klassischen Musik die Bedeutung der objektiven Merkmale und des Zeitgeists untersucht. Sowohl die musikalische Originalität eines Themas relativ zu seinen zeitgenössischen Werken (dem Zeitgeist) als auch seine „absolute“ Originalität trugen in ähnlicher Größenordnung zur Popularität eines Themas bei.[28] Ähnliche Ergebnisse konnten auch für sprachliche Originalität gezeigt werden.[29] Auch der Kontext, in dem Kunst präsentiert wird, spielt eine wichtige Rolle bei deren Wahrnehmung.[30]

Auf biologischen Grundlagen stützen sich die Neurowissenschaften bei der Erforschung des Kunstbedürfnisses. Ziel ist dabei die Zuordnung künstlerischen Schaffens zu neuronalen Prozessen oder zu unterschiedlichen neuronalenArealen. Hinzu kommt die enormeHeterogenität künstlerischer Aktivität. Sie führt dazu, dass verschiedene künstlerische Leistungen sich mit unterschiedlichen neuronalen Prozessenkorrelieren lassen.

Psychoanalyse

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Sigmund Freud sah in der Kunst – wie in jeder kreativen Tätigkeit – eine Möglichkeit, den Trieb derLibido auf nicht-sexuelle Weise zusublimieren. In der Psychoanalyse ist aber auch der Begriff der „Unkunst“ geläufig und wird häufig öffentlich kontrovers diskutiert, z. B. wenn es darum geht zu zeigen, wie der Mensch seine Macht über Tiere ausübt. Das Museum in Wolfsburg zeigte zum Beispiel 2022 eine Darbietung vonDamien Hirst, in der Hunderte Fliegen in einem Glaskasten ausschlüpften und durch eine elektronische Fliegenfalle getötet wurden.

Der Kunstbegriff in umfassender Bedeutung

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Es gibt die schönen Künste, aber auch die Ingenieurskunst, die Kunst der Rede oder der Diplomatie, den Ballkünstler, und auf sehr vielen Gebieten den Künstler in seinem Fach. Was ist, in dieser umfassenden Bedeutung, aller Kunst gemeinsam – und was unterscheidet dann die Künstler in den jeweiligen Fächern voneinander? Kunst in diesem sehr weiten Sinn ist eine kreative Tätigkeit (und deren Ergebnis), die mit höchster Effizienz ausgeübt wird; dass also, gemessen an den eingesetzten Mitteln, mit dem Ergebnis eine möglichst große Wirkung erzielt wird. Bei vergleichbarer Wirkung erfährt nicht der höhere, sondern der vergleichsweise maßvollere Aufwand die höhere Wertschätzung als Kunst. Das bedeutet jedoch nicht, dass das Instrumentarium nur einfach und bescheiden sein müsste oder dass es für den Künstler immer einfach ist, zur einfachsten Lösung eines Problems oder zu den wirkungsvollsten Ausdrucksmitteln zu gelangen.

Die einzelnen Formen von Kunst unterscheiden sich aber in der Art der Wirkung, und diese hängt vom Sachgebiet ab. Das Ziel der Ingenieurskunst ist z. B. die tragfähige und solide Brücke, das Wesentliche am Essay ist die scharfsinnige Analyse, der Schwerpunkt der schönen Künste liegt vorwiegend im Wecken und Anregen von Gefühlserlebnissen. Man kann viele Tätigkeiten als Kunst im weitesten Sinn ausüben; die Kriterien dafür sindKreativität und Effizienz.

Rechtliche Stellung

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Kunst ist eine Erscheinung in jeder Kultur, Gegenstand sozialer Konventionen und – sofern eine Gesellschaft einRechtswesen entwickelt – ein Objekt derGesetzgebung. In demokratischen Ländern ist das Recht aufKunstfreiheit entweder in der Verfassung verankert oder im Rahmen derMeinungsfreiheit garantiert. In Staaten mit anderer politischen Organisation wird die Kunstausübung häufig reglementiert und/oder zuPropaganda­zwecken instrumentalisiert. Diktaturen setzen Kunst häufig gezielt dazu ein, das jeweilige Regime zu stabilisieren. Freierkünstlerischer Ausdruck wird einer Zensur unterworfen und mit Repressionen bedroht oder ihnen tatsächlich ausgesetzt. Aufgrund derartiger Repressionen produzieren Künstler dann kritische Werke nicht (Schere im Kopf), veröffentlichen sie nicht oder gehen in eineinnere Emigration. Einige Künstler verinnerlichen die staatlichen, sozialen und/oder religiösen Anforderungen und produzieren – aus Überzeugung oder aus wirtschaftlichen Zwängen –affirmative Werke.

Plagiate,Imitate und stark von anderen Künstlern beeinflusste Werke gab und gibt es in jeder Phase der Kunstgeschichte. Wenn der Produzent seine Vorlagen verbirgt, ist dies alsKunstfälschung ebenso strafbar wie eine Verletzung desUrheberrechts. Um eine solche Verletzung rechtlich fassbar zu machen, werden vom Gesetzgeber Kriterien eingeführt, die im Kunstbetrieb selbst keine Rolle spielen. So kann aus der Sicht des Urheberrechts ein Künstler ein Werk beispielsweise erst dann als sein Eigentum bezeichnen, wenn es eine ausreichendeSchöpfungshöhe erreicht hat. Diese setzt eine persönliche, individuelle und geistige (menschliche) Schöpfung voraus, welche eine durch die menschlichen Sinne wahrnehmbare Form besitzt (sieheWerkbegriff des Urheberrechts bzgl. der Schöpfungshöhe).

Die Kunstfreiheit ist in Deutschland ein durchArt. 5 Abs. 3Grundgesetz[31] geschütztesGrundrecht. Kunstwerke selbst können einerseits alsKulturgüter rechtlichen Schutz durch nationale und internationale Bestimmungen und Organisationen (UNESCO,Blue Shield etc.) genießen und andererseits auch rechtlichen Beschränkungen (Ausfuhrverbote etc.) unterworfen sein.[32]

Siehe auch

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Portal: Kunst und Kultur – Übersicht zu Wikipedia-Inhalten zum Thema Kunst und Kultur
Portal: Bildende Kunst – Übersicht zu Wikipedia-Inhalten zum Thema Bildende Kunst

Literatur

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Kunst und bildende Kunst allgemein

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Romantik

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Kunst und Arbeitswelt

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  • Friedrich Schnack:Die Welt der Arbeit in der Kunst. Schuler Verlagsgesellschaft, Stuttgart 1965,DNB454419473. (Kunst aus 38 Museen und Sammlungen in Europa, Russland und den USA – mit dem zeitlichen Schwerpunkt vomMerkantilismus bis zumIndustriezeitalter)

Außereuropäische Kunst

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  • Clifford Geertz:Dichte Beschreibung. Beiträge zum Verstehen kultureller Systeme. Frankfurt am Main 2002.

Kunst und Politik

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Philosophische Ästhetik und Kunstpraxis

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  • Theodor W. Adorno:Gesammelte Schriften. Band 7:Ästhetische Theorie. Suhrkamp, Frankfurt am Main 1970,ISBN 3-518-57083-8.
  • Georg W. Bertram:Kunst als menschliche Praxis. Eine Ästhetik. Suhrkamp, Berlin 2014.
  • Stephen Davies:The Philosophy of Art, Blackwell, Malden, MA. 2006.
  • John Dewey:Kunst als Erfahrung. (Übersetzung aus dem Englischen von Christa Velten, Gerhard vom Hofe und Dieter Sulzer); Suhrkamp, Frankfurt am Main 2021,ISBN 978-3-518-28303-5.
  • Noel Carroll:Philosophy of Art. A contemporary introduction, Routledge, London 1999.
  • Daniel M. Feige:Kunst als Selbstverständigung. Mentis, Münster 2012.
  • Annemarie Gethmann-Siefert:Einführung in die Ästhetik. Wilhelm Fink Verlag, München 1995,ISBN 3-7705-3059-4.
  • Gordon Graham:Philosophy of the Arts. An introduction to Aesthetics, 3. Aufl. Routledge, London 2005.
  • Hans Robert Jauss (Hrsg.):Die nicht mehr schönen Künste. Wilhelm Fink Verlag, München 1968.
  • Harry Lehmann:Gehaltsästhetik. Eine Kunstphilosophie. W. Fink, Paderborn 2015,ISBN 978-3-7705-5983-1.
  • Reinold Schmücker:Was ist Kunst ? Eine Grundlegung, 2. Aufl., V. Klostermann, Frankfurt a. M. 2014.
  • Martin Seel:Ästhetik des Erscheinens. Frankfurt am Main 2003.
  • Nina Zschocke:Der irritierte Blick : Kunstrezeption und Aufmerksamkeit. 1. Auflage. Wilhelm Fink Verlag, München / Paderborn 2005,ISBN 3-7705-4157-X.

Weblinks

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Commons: Kunst – Album mit Bildern, Videos und Audiodateien
Wikibooks: Kunst – Lern- und Lehrmaterialien
 Dateien: Kunst – lokale Sammlung von Bildern und Mediendateien
Wikiquote: Kunst – Zitate
Wikisource: Kunst – Quellen und Volltexte
Wikiversity: Annäherung an eine Kunstdefinition – Kursmaterialien
Wiktionary: Kunst – Bedeutungserklärungen, Wortherkunft, Synonyme, Übersetzungen

Einzelnachweise

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  1. Klaus Bergdolt:Bildende Kunst und Medizin. In:Werner E. Gerabek, Bernhard D. Haage,Gundolf Keil, Wolfgang Wegner (Hrsg.):Enzyklopädie Medizingeschichte. De Gruyter, Berlin / New York 2005,ISBN 3-11-015714-4, S. 177 f.
  2. Sönke Drewsen:Medizin – Wissenschaft oder Kunst? In:Würzburger medizinhistorische Mitteilungen. 7, 1989, S. 45–54.
  3. Niklas Luhmann:Die Kunst der Gesellschaft. Suhrkamp, Frankfurt am Main 1995.
  4. Tasos Zembylas: Kunst oder Nichtkunst: Über Bedingungen und Instanzen ästhetischer Beurteilung. Wien, 1997,ISBN 3-85114-315-9
  5. Stephen Farthing (Hrsg.):Kunst. Die ganze Geschichte. DuMont, Köln 2011,ISBN 978-3-8321-9385-0 (englisch:Art. The whole story. Übersetzt von Jens Asthoff). 
  6. Kunst, Artikel im Onlinelexikonwissen.de,Konradin Mediengruppe, Leinfelden-Echterdingen.
  7. Brockhaus Enzyklopädie. 21. Auflage. Band 16, Brockhaus, Leipzig 2006,ISBN 3-7653-4116-9, S. 93–94.
  8. Kunstlexikon Kunststile, Epochen & Events. Hatje Cantz.
  9. Kunst. In:Brockhaus. 21. Auflage. Band 16, 2006, S. 93–94.
  10. Jutta Kollesch,Diethard Nickel:Antike Heilkunst. Ausgewählte Texte aus den medizinischen Schriften der Griechen und Römer. Philipp Reclam jun., Leipzig 1979 (=Reclams Universal-Bibliothek. Band 771); 6. Auflage ebenda 1989,ISBN 3-379-00411-1, S. 187, Anm. 1 (zur Medizin als Kunst im Sinne von griechischtéchne mit dem Aspekt Kunstfertigkeit, der technischen Beherrschung eines Faches).
  11. Johann Paul Wolf:Die Feuerkunst als ein Bildniß der Sterbekunst: Bey Christlicher und ansehnlicher Leichbestattung. 1693.Google-Books
  12. Wolffgang Augustin Mayer:Lust- Lufft- und Feuer Kunst: auss welcher ohne sondern Costen und Mühe zuerlangen, wie man Schwürmer, gross- und kleine Ragetten, Pumpen und Masculen Stöcke, gross- und kleine, auch Ragetenwerffende Wasser-Kugeln, mit unterschiedenen Absätzen und Umbgängen, bereiten und zurichten solle. : Sambt denen beygefügten allerhand Materien, und ihren zusammen gesetzten ordenlichen Dosen, Gewichten und Massen. : Wie solches alles punctualiter auss denen beygefügten und vorgedruckten 38. Figuren zuersehen und zu erlernen. : Allen Liebhabern, und den Drähern sehr nutzlich. in Verlegung Mattheus Schultes, 1680(Google-Books)
  13. Gábor Paál: Was ist schön? Die Ästhetik in allem. S. 156–165. Würzburg, 2020,ISBN 978-3-8260-7104-1
  14. Thomas Junker: Die Evolution der Phantasie. Wie der Mensch zum Künstler wurde. Stuttgart, 2013,ISBN 978-3-7776-2180-7.
  15. Klaus Bergdolt:Bildende Kunst und Medizin. 2005, S. 177.
  16. Epochencharakter der Frühen Neuzeit: Fakultät für Geschichte und Kunst – Universität Leipzig
  17. Niklas Luhmann:Die Kunst der Gesellschaft. Frankfurt a. M. 1995.
  18. Informationen zuZeitgenössische Kunst, Akademie X: Lessons in Art + Life im Katalog derDeutschen Nationalbibliothek.
  19. Peter Bürger:Theorie der Avantgarde (1974). Wallstein Verlag, Göttingen 2017,ISBN 978-3-8353-3119-8. 
  20. Umstritten ist, inwieweit es sich um ein „selbstbestimmtes“ System handelt oder ob nicht auch der Kunstbetrieb und damit das „System Kunst“ vor allem ökonomischen Kriterien unterliegt. Vgl. z. B. Piroschka Dossi:Hype! Kunst und Geld. dtv, München 2007.
  21. Tasos Zembylas:Kunst oder Nichtkunst: Über Bedingungen und Instanzen ästhetischer Beurteilung. Wien, 1997, S. 15.
  22. Hannes Schmidt:Bemerkungen zu den Chemogrammen von Josef Neumann. Ausstellung in der Fotografik Studio Galerie von Prof. Pan Walther. In:Photo-Presse. Heft 22, 1976, S. 6.
  23. Tasos Zembylas: „Teil II: Kunstbegriffe“, in: Kulturbetriebslehre. Grundlagen einer Inter-Disziplin. Wiesbaden, 2004, S. 117–219, sowie Tasos Zembylas (Hrsg.): Artistic Practices. Social Interactions and Cultural Dynamics. London, 2014.
  24. Nils Seethaler:Diskrepante Erklärungsansätze in Ethnologie und evolutionärer Psychologie zum Phänomen der bildenden Kunst. In: Benjamin P. Lange, Sascha Schwarz:Die menschliche Psyche zwischen Natur und Kultur. Berlin 2015, S. 74–82.
  25. Neill, A.:Art and Emotion. In: Levinson, J. (Hrsg.):The Oxford Handbook of Aesthetics. Oxford University Press, Oxford 2003,S. 421–435. 
  26. Tomas Chamorro-Premuzic, Stian Reimers, Anne Hsu, Gorkan Ahmetoglu:Who art thou? Personality predictors of artistic preferences in a large UK sample: The importance of openness. In:British Journal of Psychology.Band 100,Nr. 3, August 2009,ISSN 0007-1269,S. 501–516,doi:10.1348/000712608x366867. 
  27. Victor Ginsburgh, Sheila Weyers:Persistence and fashion in art Italian Renaissance from Vasari to Berenson and beyond. In:Poetics.Band 34,Nr. 1, Februar 2006,ISSN 0304-422X,S. 24–44,doi:10.1016/j.poetic.2005.07.001 (elsevier.com [abgerufen am 21. September 2018]). 
  28. Dean K. Simonton:Thematic fame, melodic originality, and musical zeitgeist: A biographical and transhistorical content analysis. In:Journal of Personality and Social Psychology.Band 38,Nr. 6, 1980,S. 972–983,doi:10.1037/0022-3514.38.6.972. 
  29. Sven Form:Reaching Wuthering Heights with Brave New Words: The Influence of Originality of Words on the Success of Outstanding Best-Sellers. In:The Journal of Creative Behavior. Januar 2018,ISSN 2162-6057,S. n/a–n/a,doi:10.1002/jocb.230. 
  30. Susanne Grüner, Eva Specker, Helmut Leder:Effects of Context and Genuineness in the Experience of Art. In:Empirical Studies of the Arts.Band 37,Nr. 2, 2019,ISSN 0276-2374,S. 138–152,doi:10.1177/0276237418822896 (englisch,researchgate.net [PDF]). 
  31. Art. 5 GG. Abgerufen am 11. Dezember 2021. 
  32. Vgl. Arnold Nesselrath "Ohne Kunst keine Identität" in SZ vom 26. Juli 2015.
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