Kornbrand
Kornbrand, in Abhängigkeit vomAlkoholgehalt auch alsKorn bezeichnet, ist einalkoholhaltiges Getränk, das ausGetreide hergestellt wird und zu den klaren Bränden unter denSpirituosen gehört.
Ein Korn muss einenAlkoholgehalt von mindestens 32Volumenprozent haben. Ab einem Alkoholgehalt von 37,5 Volumenprozent darf die Bezeichnung Kornbrand verwendet werden.[1] Hier hat sich am Markt die BezeichnungDoppelkorn mit 38 Volumenprozent durchgesetzt.
Zur Herstellung sind nur die GetreidesortenRoggen,Weizen,Gerste undHafer sowie dasPseudogetreideBuchweizen zulässig. Die meisten Kornbrände basieren auf Roggen oder Weizen; Hafer und Buchweizen spielen kaum eine Rolle. Gerste wird vorwiegend verwendet, um das benötigteMalz für denMaischprozess zu gewinnen.
Historisches
[Bearbeiten |Quelltext bearbeiten]Korn wird wahrscheinlich seit dem 15. Jahrhundert inDeutschland hergestellt.[2] Sicher belegt ist die Existenz seit dem Jahr 1507: Aus einem auf dieses Jahr datierten Beschluss der StadtNordhausen geht hervor, dass eine Steuer auf Korn verhängt wurde.[3] Im Jahr 1545 wurde ein erstes Kornbrennverbot verhängt. Ein Dekret desMagistrats der Stadt Nordhausen verbot, Korn oder Malz für die Herstellung vonBranntwein zu verwenden. Historiker gehen davon aus, dass sich dieBierbrauer gegen die Kornbrand-Konkurrenz, die das Getreide verteuerte, zur Wehr setzen wollten.[2] Das Verbot wurde jedoch knapp 30 Jahre später – im Jahr 1574 – bereits wieder gelockert und schließlich vollständig aufgehoben, sodass das Brennen von Korn Ende des 16. Jahrhunderts zunehmend einen wichtigen Wirtschaftsfaktor darstellte. Im 17. Jahrhundert ging die Kornproduktion aufgrund des 1618 beginnendenDreißigjährigen Krieges und der damit verbundenen Getreide- und Malzknappheit stark zurück, erholte sich nach seinem Ende aber schnell wieder.[3]
Mitte des 19. Jahrhunderts wurden die Marktbedingungen für Korn schwieriger, da Alkohol ausKartoffeln deutlich günstiger gebrannt werden konnte. Teilweise – auch aufgrund des Aufkommens von Korngewürz, das Fremdstoffe kaschieren konnte – wurde daher Korn mit Kartoffelbrandgepanscht.[2] Gleichwohl gab es das erste Reinheitsgebot für das Brennen von Kornbränden bereits ab 1789. Die Verordnung der Stadt Nordhausen legte fest, dass wenigstens zwei Drittel Roggen und höchstens ein Drittel Gerste verwendet werden mussten.[3] Im 19. Jahrhundert entwickelte sich dann vor allem imRuhrgebiet die Kornbrenner-Industrie. Zu den bekanntesten Kornbrennern gehörte unter anderem der Vater des späteren ReichskanzlersOtto von Bismarck, der seit 1799 eine familieneigene Brennerei besaß. Im selben Zeitraum geriet der Korn abermals durch die Etablierung der kostengünstigen Kartoffelbrennerei unter Druck. 1909 wurde dann ein deutschlandweitesReinheitsgebot erlassen. Bedingt durch denErsten Weltkrieg verknappte sich die Produktion des Korns zunächst aufgrund der zunehmenden Nahrungsmittelknappheit, die schließlich in einem Verbot des Ausschanks von alkoholischen Getränken mündete. Wenngleich durch die Versorgung der Armee noch wenige Brennereien den Betrieb aufrechterhalten konnten, führte insbesondere die Konfiszierung des Kupfer-, Messing-, Rotguss- und Bronzeinventars zugunsten derRüstungsindustrie zu weiteren Schließungen. Sechs Jahre nach dem Ersten Weltkrieg, ab 1924, wurde das Brennen wieder erlaubt. Die ab 1929 einsetzendeWeltwirtschaftskrise, vor allem aber das ab 1936 in derZeit des Nationalsozialismus verhängte Verbot der Herstellung von Korn verhinderte jedoch vorerst eine Renaissance der Kornbrennerei. Erst die Aufhebung des Verbots in derBundesrepublik Deutschland im Jahr 1954 führte zu wachsenden Herstellungs- und Verbrauchsmengen und einer erhöhten Beliebtheit des Getränks. In den 1960er Jahren traten mitFruchtsaftaromatisierter Korn, deren bekanntester Vertreter derApfelkorn ist, auf den Markt. In den folgenden Jahrzehnten sank die Beliebtheit des Getränkes.[3] In jüngerer Vergangenheit sind einige edle Varianten auf den Markt getreten; zudem profitiert der Korn von der wieder zugenommenen Beliebtheit vonCocktails.[2]
Zum Stichtag am 1. Oktober 1986 lagen 205 der 429 westdeutschen Kornbrennereien im Bereich der ehemaligenLandwirtschaftskammer Westfalen-Lippe.[4]
Herstellung
[Bearbeiten |Quelltext bearbeiten]Das Getreide wird in Schrotmühlen vermahlen und anschließend mit heißem Wasserverkleistert: Es entsteht die sogenannte Sauermaische. Ihr wird enzymreichesMalz zugesetzt, um eine Verzuckerung der Getreidestärke zu erreichen. Die entstandene Süßmaische wird abgekühlt und mitHefe vergoren, es bildet sichEthanol (Trinkalkohol). Danach erfolgt der eigentlicheBrennvorgang. Der in Form von Dampf entweichende Alkohol wird einerMehrfachdestillation unterzogen, um unerwünschte Geruchs- und Geschmacksstoffe zu entziehen. Das entstandene hochprozentige Kornfeindestillat (Rohalkohol mit ca. 85% Vol.) wird mit Wasserverdünnt. Zur Abrundung und Harmonisierung ihres Buketts werden hochwertige Kornbrände über Eichenholz gelagert odertypisiert, anschließend auf Trinkstärke herabgesetzt und in Flaschen abgefüllt.
Die als Nebenprodukt beim Brennen anfallendeSchlempe dient als hochwertigesFuttermittel für Rinder, Schweine und Schafe.
Für den Geschmack des Getränkes gilt das zur Herabsetzung verwendete Wasser als mitentscheidend. Meist wirdQuellwasser verwendet.
Kornherstellung in Deutschland
[Bearbeiten |Quelltext bearbeiten]Die industrielle Kornherstellung konzentriert sich auf mehrere Regionen in Deutschland:Bad Oldesloe in Schleswig-Holstein (Oldesloer Korn), Nordhausen im nördlichen Thüringen,Haselünne im niedersächsischen Emsland sowieOelde in Westfalen. In Nordhausen stellt die Tochter derRotkäppchen-Mumm SektkellereienEchter Nordhäuser Spirituosen GmbH die Kornbrände der MarkeEchter Nordhäuser her. In Haselünne sind die BrennereienBerentzen,Heydt undRosche ansässig und mit gleichnamigen Produkten am Markt. In Oelde befindet sich der Stammsitz vonSchwarze & Schlichte, die seit 1664 Korn brennen. Ein weiterer bekannter Hersteller ist dieHardenberg-Wilthen AG (Hardenberger) im Süden Niedersachsens.
Zu den kleineren Brennereien gehören die 1707 erstmals urkundlich erwähnteFeinbrennerei Sasse in Schöppingen. Zudem die seit 1807 bestehende KornbrennereiJ. Hullmann inOldenburg, deren ProdukteHeydt vertreibt, und dieAlte Mackenstedter Kornbrennerei Hans Turner seit 1750 inGroß-Mackenstedt bei Bremen. Die Kornbrennerei Johann HeinrichSallandt in Burgsteinfurt/Westf. wurde 1739 gegründet. DieKornbrennerei Büchter inCastrop-Rauxel existiert seit dem Jahr 1880.[5] DieKornbrennerei Schmittmann inDüsseldorf besteht seit 1818. Die letzte bergische Kornbrennerei ist die FirmaHoffer Alter mit Sitz imRösrather OrtsteilHofferhof, die auch das älteste aktive Unternehmen in Rösrath ist. Dort werden auch die bergischen Spirituosen der Marken „Hoppenhaus“ und „Bruchhaus“ produziert. Im osthessischen Schlitz gibt es die 1585 gegründeteSchlitzer Korn- & Edelobstbrennerei. Im niedersächsischenGlandorf brennt die 1801 gegründete Brennerei Schierhölter Korn. Etwa zum gleichen Zeitpunkt (1802) beginnt im Schleswig-Holsteinischen Kreis Herzogtum Lauenburg die Hamfelder Dampf-Kornbrennerei ihre bis heute geführte Traditionsfabrikation[6]. Im münsterländischenRaesfeld befindet sich die 1832 gegründete Kornbrennerei J. Böckenhoff.[7]
Verwendung
[Bearbeiten |Quelltext bearbeiten]Korn wird meist pur alsKurzer getrunken. Populär ist er auch als Teil einesHerrengedecks, bei dem der Korn zusammen mit einemBier serviert wird. Schließlich wird Korn auch in Kombination mitCola alsCola-Korn getrunken. Eine weitere sehr verbreitete Zubereitungsart ist das sogenannte "Bachwasser" (in Baden auch "Bächlewasser"), welches aus einer Mischung von Korn, Wasser und Krümel-Tee besteht. Eher selten wird Korn als Grundlage von Cocktails verwendet; dennoch existieren diese, so beispielsweise derKorn Kir oder derJämmerling.[8] Zudem besteht die Möglichkeit, bei Cocktails aufWodkabasis letzteren durch Korn zu ersetzen.[9]
Marktüberblick
[Bearbeiten |Quelltext bearbeiten]
Der Anteil von Korn an der Gesamtmarktproduktion aller Spirituosenarten in Deutschland lag 2016 bei 8,6 %.[10] Der Anteil am Gesamtmarktangebot aller Spirituosenarten am Gesamtmarktangebot betrug – zusammen mit anderen klaren Spirituosen – 14,8 %.[11]
Der Gesamtumsatz mit Korn lag 2016 bei rund 115 Millionen Euro, der von Doppelkorn bei rund 72,5 Millionen Euro.[12]
Rechtliches
[Bearbeiten |Quelltext bearbeiten]Die rechtlichen Grundlagen zur Benennung von Korn und Kornbrand finden sich in derVerordnung über bestimmte alkoholhaltige Getränke (AGeV).[1] Die entsprechenden Vorschriften basieren wiederum wesentlich auf derVerordnung (EG) Nr. 110/2008 (Spirituosenverordnung), deren Gegenstand vornehmlich die Begriffsbestimmung, Bezeichnung, Aufmachung und Etikettierung von Spirituosen ist.
Gemäߧ 9a Abs. 1 AGeV müssen vier Bedingungen erfüllt sein, damit das Enderzeugnis die VerkehrsbezeichnungKorn oderKornbrand tragen darf:
- Die Herstellung, einschließlich die des Destillates, und die Herabsetzung auf Trinkstärke mit Wasser muss im Inland, in Österreich oder in derDeutschsprachigen Gemeinschaft Belgiens erfolgt sein
- Die Herstellung des Destillates erfolgte ausschließlich durch Destillieren von vergorener Maische aus dem vollen Korn vonWeizen,Gerste,Hafer,Roggen oderBuchweizen mit allen seinen Bestandteilenoder durch erneutes Destillieren eines der zuvor genannten Destillate
- Dem Erzeugnis sind keine Lebensmittel-Zusatzstoffe zugesetzt worden
- Der Alkoholgehalt der fertigen Spirituose beträgt
- im Falle von „Korn“ mindestens 32Volumenprozent
- im Falle von „Kornbrand“ mindestens 37,5 Volumenprozent.
Geschützt sind gemäߧ 9a Abs. 2 AGeV für Korn beziehungsweise Kornbrand zudem die Zusätze „Münsterländer“, „Sendenhorster“, „Bergischer“, „Emsländer“, „Haselünner“ und „Hasetaler“. Der frühere Begriff „Kornbranntwein“ ist nicht mehr zulässig, um Verwechselungen mit einer Spirituose aus Wein (sieheWeinbrand) zu vermeiden.
Wie alle Spirituosen unterlag Korn bis zum 31. Dezember 2017 in Deutschland derBranntweinsteuer.
Literatur
[Bearbeiten |Quelltext bearbeiten]- Helmut Arntz:Nordhäuser Weinbrand.Gesellschaft für Geschichte des Weines, Wiesbaden 1981 (Schriften zur Weingeschichte 59,ISSN 0302-0967).
- J. Dehnicke:Geschichte der deutschen Kornbrennerei. Herausgegeben von der Fachgruppe Kornbrennereien der Wirtschaftsgruppe Spiritusindustrie. Mitteldeutsche Verlags-AG., Erfurt 1936.
- Hermann Greve:Alte Mackenstedter Kornbrennerei. In:Von Tabakpflanzern und Trunkenbolden. Zur Geschichte von Bier, Branntwein und Tabak in Norddeutschland. Kreismuseum, Syke 2000, S. 73–77.
- Rainer Gries:Produkte als Medien. Kulturgeschichte der Produktkommunikation in der Bundesrepublik und der DDR. Leipziger Universitäts-Verlag, Leipzig 2003,ISBN 3-935693-96-6.
- Regina Hübner, Manfred Hübner:Trink, Brüderlein, trink. Illustrierte Kultur- und Sozialgeschichte deutscher Trinkgewohnheiten. Edition Leipzig, Leipzig 2004,ISBN 3-361-00575-2.
- Heinrich Kreipe:Getreide- und Kartoffelbrennerei. 3. neubearbeitete und erweiterte Auflage. Ulmer, Stuttgart 1981,ISBN 3-8001-5810-8 (Handbuch der Getränketechnologie).
- MediaReport Alkoholische Getränke. SevenOne Media, Unterföhring 2005.
Einzelnachweise
[Bearbeiten |Quelltext bearbeiten]- ↑abVerordnung über bestimmte alkoholhaltige Getränke (AGeV), gesetze-im-internet.de, abgerufen am 19. Januar 2018
- ↑abcdRoland Graf: Sieben Fakten über Korn. In: mixology.eu. Abgerufen am 19. Januar 2018.
- ↑abcdThomas Majhen:Die Barfibel: Getränke & Marken. epubli Verlag, Berlin (2015).
- ↑InIbbenbürener Volkszeitung vom 11. Mai 1987:"Jede 2. Kornbrennerei liegt in Westfalen"; abgerufen am 1. Februar 2019
- ↑Firmen Geschichte seit 1860 auf buechter-kornbrand.de, aufgerufen am 21. Februar 2012.
- ↑Likörfabrik E. Dreckmann
- ↑Die kleine Brennerei im Münsterland auf kornbrennerei-boeckenhoff.de, aufgerufen am 26. April 2019.
- ↑Frank Lorentz: Wilder Westen: Ein Prosit auf den Jämmerling. In: welt.de. 11. Dezember 2012, abgerufen am 25. Februar 2023.
- ↑Juliane Reichert: Korn – Eine Spirituose im Kommen oder im Koma? In: mixology.eu. Abgerufen am 20. Januar 2018.
- ↑Anteile der Spirituosenarten an der Gesamtmarktproduktion 2016. (PDF) In: Daten aus der Alkoholwirtschaft 2017. Bundesverband der Deutschen Spirituosen-Industrie und -importeure, 2017, abgerufen am 21. Januar 2018. , S. 7
- ↑Anteile der Spirituosenarten am Gesamtmarktangebot 2016. (PDF) In: Daten aus der Alkoholwirtschaft 2017. Bundesverband der Deutschen Spirituosen-Industrie und -importeure, 2017, abgerufen am 21. Januar 2018. , S. 8
- ↑Spirituosen-Hitparade im LEH 2015/2016 in Gesamtdeutschland (Umsatz). (PDF) In: Daten aus der Alkoholwirtschaft 2017. Bundesverband der Deutschen Spirituosen-Industrie und -importeure, 2017, abgerufen am 21. Januar 2018. , S. 28