AlsKonkurrentenklage wird ein in der Regel verwaltungsrechtlicher Rechtsstreit bezeichnet, bei dem Private vor denVerwaltungsgerichten Schutz gegen ihre (wirtschaftlichen) Konkurrenten suchen. Bei Konkurrentenklagen im Verwaltungsrecht klagt zwar in der Regel ein Einzelner gegen denStaat, indirekt wendet er sich jedoch gegen einenDritten, mit dem er imWettbewerb steht (sog.Drittanfechtungsklage).
Man unterscheidet die Klagearten nach dem Kriterium der verschiedenen Stoßrichtungen der Konkurrentenklage in einem Dreiecksverhältnis. Eingebürgert hat sich, zwischen offensiven und defensiven Konkurrentenklagen einerseits und zwischen negativen und positiven Konkurrentenklagen andererseits zu unterscheiden.
Defensive Konkurrentenklagen zielen demnach darauf ab, die Abwehr einer staatlichen Maßnahme in Verteidigung der bestehenden Wettbewerbslage zu erreichen.
Offensive Konkurrentenklagen zielen demnach darauf ab, eine Veränderung der Wettbewerbssituation durch eine staatliche Maßnahme zu erreichen.
Negative Konkurrentenklagen sind demnach solche, bei denen ein Konkurrent mit einerAnfechtungsklage gegen eine staatliche Begünstigung des Konkurrenten vorgeht. Eine eigene Begünstigung kann der Kläger mit einer solchen Klage nicht erwirken.
Positive Konkurrentenklagen sind solche, die in Gestalt einer verwaltungsgerichtlichenVerpflichtungsklage anhängig gemacht werden. Es handelt sich um Fälle, in denen der Kläger nicht nur die Begünstigung des Konkurrenten verhindern, sondern selbst eine Begünstigung erreichen will. Die Anfechtung der Begünstigung des Konkurrenten ("negative Konkurrentenklage") ist in diesem Fall nicht zusätzlich erforderlich.[1] Das gilt auch, wenn die Verteilungsentscheidung notwendig die Verdrängung eines Konkurrenten aus der Begünstigung mit sich bringt.[2]
Juristische Probleme der Konkurrentenklage ergeben sich vor allem hinsichtlich der gemäß§ 42 Abs. 2VwGO erforderlichenKlagebefugnis. Danach muss der Kläger geltend machen können, in seinen Rechten verletzt zu sein, d. h. nach der sog.Möglichkeitstheorie, dass er die Möglichkeit der Verletzung seiner Rechte belegen können muss. Die Klage ist zudem nach§ 113 VwGO nur begründet, wenn der Kläger tatsächlich in seinen Rechten verletzt ist. Eine Rechtsverletzung ergibt sich aus einem Verstoß gegen eine Rechtsnorm, wenn die Rechtsnorm ein subjektiv-öffentliches Recht des Klägers vermittelt. Einsubjektiv-öffentliches Recht liegt nach derSchutznormtheorie im deutschen Recht nur dann vor, wenn ein zwingender Rechtssatz desöffentlichen Rechts zumindest auch den Schutz individueller Interessen bezweckt und dem Begünstigten die Rechtsmacht zur Durchsetzung der geschützten Interessen gegenüber derVerwaltung einräumt. Allein aus dem Umstand, dass eine Norm verletzt wird, die den Einzelnen nur im Sinne einer Reflexwirkung schützt, kann daher nicht auf die Verletzung eigener Rechte geschlossen werden (drittschützende Norm). Dies führt dazu, dass gerade die negativen Konkurrentenklagen häufig unzulässig sind. In vielen Fällen erscheint es jedoch auch nach derRechtsprechung als möglich, dass dasGrundrecht derBerufsfreiheit durch die angegriffene staatliche Maßnahme oder das staatliche Unterlassen verletzt wird. In diesem Fall kann sich eine Klagebefugnis dadurch ergeben, dass das einfache Gesetz im Lichte des Grundrechts als drittschützend ausgelegt wird (norminterne Wirkung der Grundrechte) oder indem die Klagebefugnis direkt aus dem Grundrecht gefolgert wird (normexterne Wirkung der Grundrechte).
Es lassen sich im Wesentlichen folgende Fallgruppen unterscheiden:
Konkurrenten um eine Stelle, die nachBeamtenrecht vergeben wird, versuchen oft, die Besetzung der Stelle mit einem Konkurrenten ob vermeintlicher Ungleichbehandlung auf demRechtsweg anzufechten. Wegen der im Interesse derÄmterstabilität bestehenden Formbedürftigkeit solcher beamtenrechtlicher Personalentscheidungen (Ernennung durchVerwaltungsakt) hat der unterlegene Stellenbewerber vor der Ernennung des Konkurrenten diese imeinstweiligen Rechtsschutz zu verhindern. Der Antrag an das Verwaltungsgericht ist in der Regel darauf gerichtet, die Ernennung des ausgewählten Beamten vorläufig abzuwenden. Es kann aber unter bestimmten Umständen bereits die Übertragung der Stelle an den Konkurrenten unterbunden werden. Die Konkurrentenklage im Hauptsacheverfahren ist regelmäßig nur auf die Aufhebung der Auswahlentscheidung, nicht aber auf die eigene Auswahl gerichtet. Eine solche Klage müsste darlegen, dass keine andere Auswahlentscheidung rechtmäßig wäre. Dies ist praktisch nie der Fall. Im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes muss der unterlegene Bewerber nicht plausibel machen, der geeignetere Kandidat für das zu besetzende Amt gewesen zu sein. Er muss nur nachweisen, dass das Auswahlverfahren an Fehlern gelitten hat und bei rechtmäßigem Verfahren auch er hätte ausgewählt werden können.[3]
Im Gefolge der Klagen des RichtersThomas Fischer im Jahr 2011 nahmen die Blockaden von Senaten der deutschen Bundesgerichte zu, so dass im Jahr 2015 überlegt wird, einen Spezialsenat beimBundesverwaltungsgericht einzurichten, der sich ausschließlich um Konkurrentenklagen kümmert, um damit die Verfahrensdauer zu beschleunigen und die Rechtssicherheit zu erhöhen.[4][5]
BundesjustizministerinChristine Lambrecht besetzte die bislang vakante Stelle des Präsidenten des Bundesfinanzhofs mitHans-Josef Thesling und die der Vizepräsidentin mitAnke Morsch.
Klaus Rennert kritisiert, dass hierbei von der Regel, den Senatsvorsitz von Bundesgerichten mit Mitgliedern des betreffenden Gerichts zu besetzen, abgewichen wurde.[6]
DerDeutsche Richterbund wirft der Bundesjustizministerin vor, dieUnabhängigkeit der Justiz zu gefährden.[7][8]
Drei Richter des Bundesfinanzhofs, die sich auf die Stelle des Vizepräsidenten beworben hatten, erhoben Konkurrentenklagen zumVerwaltungsgericht München. Der Posten des Vizepräsidenten bleibt deshalb vakant, solange nicht über sämtliche Konkurrentenklagenrechtskräftig entschieden wurde oder die Sache anderweitig endgültig erledigt ist. Da sich aber keine der Konkurrentenklagen auf die Stelle des Präsidenten bezog, wurde dieErnennungsurkunde für Hans-Josef Thesling von BundespräsidentSteinmeier unterzeichnet. Die endgültige Ernennung durch Übergabe der Ernennungsurkunde durch die Bundesjustizministerin Lambrecht erfolgte erst am 25. Januar 2022.
Hierbei handelt es sich um Fälle, in denen nicht berücksichtigte Bewerber sich gegen diese Nichtberücksichtigung bei der Zulassung bzw. Vergabe von zulassungspflichtigenBerufen wenden. Soweit an ihrer Stelle ein anderer zugelassen wurde, liegt eine negative Konkurrentenklage vor, wenn der Nichtberücksichtigte sich gegen diese Zulassung wendet und meint, er hätte stattdessen zugelassen werden müssen. Probleme ergeben sich etwa, wenn die Zulassungen kontingentiert sind. Hierbei sind insbesondere Fälle bei Zulassungen imGesundheitsbereich denkbar. Auch im Güterkraftverkehrsrecht und Personenbeförderungsrecht gab es häufig Konkurrentenklagen um Zulassungen. Ebenso versuchen sich imHandwerksrecht oft „Outsider“ gegen alteingesesseneHandwerksmeister verwaltungsgerichtlich zur Wehr zu setzen. Auch im Bereich der Sachverständigenbestellung sind verwaltungsgerichtliche Konflikte vorprogrammiert, wenn ein neuerSachverständiger neben den alten zugelassen wird und die alten Sachverständigen befürchten müssen, an diesen Umsatz zu verlieren.
Erfolgt die Zulassung zuöffentlichen Einrichtungen durch einenVerwaltungsakt und stößt die Kapazität an ihre Grenzen, dann kommt es häufig zu Konflikten zwischen erfolgreichen und erfolglosen Bewerbern um die Zulassung.
Im Rahmen derLeistungsverwaltung gewährt die öffentliche Hand unter anderem Leistungen, Beihilfen undSubventionen. Dies erfolgt nicht immer nach demGießkannenprinzip. Da die Empfänger dieser Leistungen jedoch häufig im Wettbewerb stehen, sind auch hier Prozesse zu erwarten, wenn ein Konkurrent gefördert wird, der andere aber nicht.
Häufig beteiligen sich insbesonderekommunale Unternehmen in Konkurrenz zu Privaten am Markt. Die Beteiligung der Kommunalunternehmen am Wettbewerb ist nach den Kommunalgesetzen nur eingeschränkt erlaubt. Insoweit sich die Kommunalunternehmen in rechtswidriger Weise wettbewerblich betätigen, versuchen die Privatunternehmer – in der Regel erfolglos – den Kommunalunternehmen verwaltungsgerichtlich die Betätigung untersagen zu lassen.
Ein weiteres Problemfeld sind die Streitereien um die meist lukrativen öffentlichen Aufträge. Diese Problematik wird durch dasVergaberecht geregelt.
Da wesentliche Rahmenbedingungen des Wettbewerbs durch dasSteuerrecht gesetzt werden und gerade im deutschen Steuerrecht häufig wirtschaftslenkende Aspekte das Steuerrecht prägen, gibt es auch Probleme, wenn ein Wettbewerber gegenüber dem anderen steuerrechtlich bevorteilt wird.Steuervergünstigungen bringen als „verdeckte Subventionen“ häufig dieselbe Problematik wie die Gewährung offener Beihilfen mit sich. Das Institut der „steuerrechtlichen Konkurrentenklage“ hat sich jedoch in der Praxis kaum durchsetzen können. Dies hat häufig damit zu tun, dass wegen desSteuergeheimnisses kein Überblick über die Besteuerung des Konkurrenten möglich ist. Dies könnte sich jedoch bald ändern, da derBundesfinanzhof nunmehr ausgesprochen hat, dass das Steuergeheimnis der Auskunftserteilung nicht entgegensteht.[9]
Konkurrentenklagen imKartellrecht werden nach dem zivilrechtlich ausgerichtetenGesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen (GWB) geregelt.
Eine wichtige Stellung nimmt die Konkurrentenklage im Rahmen vonuniversitären Berufungsverfahren ein. Sie dient nicht nur dem Individualrechtsschutz, sondern auch der Sicherstellung qualitativ hochwertiger Berufungen.[10] Hat hierbei einer der unterlegenen Mitbewerber Widerspruch eingelegt bzw. Vorläufigen Rechtsschutz gegen die bevorstehende Ernennung des von der Hochschule endgültig ausgewählten Bewerbers begehrt, bedeutet dies, dass die ausgeschriebene Stelle bis zur endgültigen gerichtlichen Klärung nicht besetzt werden kann. Kommt das Gericht im Rahmen der Konkurrentenklage zu dem Ergebnis, dass das Berufungsverfahren fehlerhaft ist, muss es wiederholt werden. Welche Elemente des Verfahrens wiederholt werden müssen, hängt hierbei von der Erheblichkeit der festgestellten Fehler ab.
Anders als in den benachbarten Staaten gibt es in Österreich keine Konkurrentenklage bei universitären Berufungsverfahren. Das österreichischeUniversitätsgesetz 2002 (UG) lässt überhaupt die Rechtsnatur des Berufungsverfahrens offen. Es handelt sich einerseits zweifelsfrei um ein verwaltungsrechtliches Verfahren, das aber in einen privatrechtlichen Vertrag mündet. Nach jahrelangem negativem Kompetenzkonflikt zwischen den ordentlichen Gerichten und den Gerichtshöfen des öffentlichen Rechts hat derösterreichische Verfassungsgerichtshof (VfGH) mit Erkenntnis vom 13. Juni 2017 (K I 1/2017-14) die diesbezügliche Gerichtsbarkeit den ordentlichen Gerichten zugewiesen.[11][12] Diese nehmen aber diese Gerichtsbarkeit de facto weiterhin nicht wahr. So hat der österreichischeOberste Gerichtshof (OGH) mit Beschluss vom 27. September 2018 (9 ObA 83/18y)[13] und nochmals mit Beschluss vom 28. November 2019 (9 ObA 122/19k)[14] entschieden, dass einem Bewerber, der Fehler in einem Berufungsverfahren rügt, ein Rechtsschutzinteresse fehle, um gegen den von der Universität mit einem anderen Bewerber geschlossenen Vertrag zu klagen, auch wenn die von ihm vorgetragenen Mängel im Berufungsverfahren (insbesondere Befangenheiten) zutreffen sollten. Es komme ihm kein Individualrechtsschutz zu.
Diesen rechtlichen Missstand hat dieösterreichische Volksanwaltschaft zur Kontrolle der öffentlichen Verwaltung und Einhaltung der Menschenrechte in dem am 24. April 2019 veröffentlichten Jahresbericht 2018 unabhängig bestätigt und kritisiert: Es gibt in universitären Berufungsverfahren in Österreich keinen effektiven Rechtsschutz, d. h. „keine Möglichkeit, eine verwaltungsgerichtliche oder zivilgerichtliche Überprüfung mangelhafter Berufungsverfahren herbeizuführen.“[15] Diese Tatsache ist sowohl verfassungswidrig als auch EU-rechtswidrig, weil ein diskriminierter Bewerber, soweit es sich um einen Unionsbürger handelt, mit seiner Bewerbung sein Recht auf Freizügigkeit gemäßArt. 45AEUV (Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union) geltend macht.[16] Er hat damit Anspruch auf eine effektive Bewerbung sowie auf ein rechtlich fehlerfreies Verfahren.[17] Das Recht auf Freizügigkeit verleiht sehr wohl Individualrechte. Befangenheiten verstoßen gegen den Grundsatz der guten Verwaltung und ihre Behebung ist damit ebenfalls unionsrechtlich geboten. Das Recht auf eine gute Verwaltung stellt einen allgemeinen Rechtsgrundsatz des Unionsrechts dar, vgl.Art. 41GRC (EU-Grundrechtecharta). Unionsbürger, die sich um eine Universitätsprofessorenstelle in Österreich bewerben, können sich auf dieEU-Grundrechtecharta (GRC) berufen und haben damit gemäßArt. 47GRC Anspruch auf einen wirksamen Rechtsbehelf. Da es sich hierbei um ein unmittelbar anwendbares Unionsrecht handelt, müssten die österreichischen Gerichte diese Regeln entsprechend unmittelbar anwenden, wobei allerdings die Verpflichtung derRepublik Österreich, das Universitätsrecht an die unionsrechtlichen Vorgaben anzupassen, aufrecht bleibt.
Solange diese Anpassung an das Unionsrecht nicht erfolgt, kann dieser EU-Rechtsverstoß über eine Vorlage beimEuGH (Europäischen Gerichtshof) im Wege eines Vorabentscheidungsverfahren (Höchstgerichte sind dazu verpflichtet) oder über ein autonomes Tätigwerden der EU-Kommission im Wege einesVertragsverletzungsverfahrens gerügt werden.