Diekommunale Aufgabenstruktur beschreibt die verschiedenen Arten von Aufgaben derKommunen in Deutschland im Rahmen derkommunalen Selbstverwaltung. Hierbei ist zwischen eigenen (freiwilligen) und staatlichen (pflichtigen) Aufgaben zu unterscheiden. Bei eigenenSelbstverwaltungsaufgaben kann die Gemeinde frei entscheiden, ob und wie eine Aufgabe erledigt wird. Pflichtige Selbstverwaltungsaufgaben des Staates muss die Gemeinde entsprechend gesetzlicher Bestimmungen zwingend wahrnehmen, sie kann jedoch grundsätzlich selbst entscheiden, wie sie diese Verpflichtung gewährleistet. Das heißt, die Entscheidung über das "Ob" besitzt die Gemeinde bei Pflichtaufgaben nicht, allein über das "Wie" der Aufgabenwahrnehmung besteht teilweise ein Entscheidungsfreiraum.
In Deutschland haben sich zwei Grundtypen der kommunalen Aufgabenwahrnehmung herausgebildet: diedualistische (Bayern,Bremen,Mecklenburg-Vorpommern,Niedersachsen,Rheinland-Pfalz, demSaarland,Sachsen-Anhalt undThüringen) und diemonistische (Brandenburg,Baden-Württemberg,Hessen,Nordrhein-Westfalen,Sachsen undSchleswig-Holstein) Aufgabenstruktur.[1]
Nach derdualistischen Betrachtungsweise gibt es staatsfreie und originär den Gemeinden zuzuordnende Aufgaben. Daneben treten von der Gemeinde wahrgenommene Aufgaben, die vomStaat übertragen worden sind. Da hier ein umfassendes staatlichesWeisungsrecht besteht, liegt die Aufgabenzuordnung beim Staat.
| Dualistisches Aufgabenmodell | ||
|---|---|---|
| Selbstverwaltungsaufgaben: eigener Wirkungskreis (v. a. Angelegenheiten der örtlichen Gemeinschaft), Kommunalaufsicht in der RegelRechtsaufsicht | Staatsaufgaben (in der Regel als Auftragsangelegenheiten): übertragener Wirkungskreis, in der RegelFachaufsicht | |
| freie Selbstverwaltungsaufgaben (ob + wie) | pflichtige Selbstverwaltungsaufgaben (wie) | |
Entscheidungob die Gemeinde die Aufgaben wahrnimmt (Entschließungsermessen) und Entscheidungwie die Aufgabe wahrgenommen wird (Auswahlermessen).
Diemonistische Sichtweise sieht alle von der Gemeinde wahrgenommenen Aufgaben als kommunale Aufgaben an. Dementsprechend liegt auch bei Vorliegen umfassender staatlicher Weisungsrechte immer eine gemeindliche Aufgabenwahrnehmung vor.
| Monistisches Aufgabenmodell | ||
|---|---|---|
| Öffentliche Aufgaben (Aufgabenerfüllung in der Regel durch die Gemeinde in eigener Verantwortung) | ||
| freie Aufgaben | Pflichtaufgaben | Pflichtaufgaben zur Erfüllung nach Weisung Zwischenform; Ausgestaltung differiert je nach Bundesland |
AlleGemeindeordnungen lassen sich dem monistischen oder dem dualistischen Modell zuordnen.
Folgende Formen der Aufgabenwahrnehmung lassen sich zusammenfassen:
Selbstverwaltungsaufgaben, auch Selbstverwaltungsangelegenheiten, bedeuten, dassGemeinden ihre eigenen Angelegenheiten „in eigener Verantwortung“ regeln können. Also ob (bei freiwilligen Selbstverwaltungsaufgaben), wann und wie (bei allen Aufgaben) Selbstverwaltungsangelegenheiten erledigt werden, ist Sache der Gemeinden und im Rahmen der Gesetze möglich. Die kommunalen SVA bilden den eigenen Wirkungskreis der Gemeinden. Bei den SVA unterscheidet man zwischen:
Zu pflichtigen Selbstverwaltungsaufgaben ist die Gemeinde gesetzlich verpflichtet (durch Bundes- oder Landesgesetz oderRechtsverordnung).[2] Sie kann aber selbst entscheiden, wie sie dieser Verpflichtung nachkommt – sie hat keine Entscheidung über dasob aber über daswie, also über die Art und Weise wie Aufgaben erfüllt werden sollen. Zu pflichtigen Selbstaufgaben zählen:
Diese Regelung existiert in allen Bundesländern. Die Kommune trägt dabei die finanzielle Verantwortung. Die Rechtsgrundlage bildet in der Regel die Landesverfassung (zum Beispiel Art. 78 Abs. 3 Landesverfassung NRW in Verbindung mit § 3 Abs. 1 Gemeindeordnung: „den Gemeinden können durch Gesetz Pflichtaufgaben auferlegt werden“).[3]
Zu den freiwilligen Selbstverwaltungsaufgaben ist die Gemeinde nicht verpflichtet – ihr ist die freie Entscheidung über dasOb undWie möglich.[2] Zu den freiwilligen Aufgaben zählen:
Diese Regelung existiert in allen Bundesländern. Die freiwilligen Selbstverwaltungsaufgaben gehören zum eigenen Wirkungskreis der Gemeinden. Es gibt keine staatlichen Rechtsvorschriften oder Weisungen. Gemeinden entscheiden stattdessen eigenständig über solche Aufgaben. Die finanzielle Verantwortung liegt bei der Kommune. Der Umfang der freiwilligen SVA richtet sich nach der Leistungsfähigkeit der Gemeinden. Freiwillige SVA können in der Praxis auch von denKreisen übernommen werden, wenn die Gemeinde nicht leistungsfähig ist.
Die Rechtsgrundlage bildenArtikel 28 Abs. 2GG in Verbindung mit den entsprechenden Regelungen der Landesverfassungen (zum Beispiel Art. 78 LV NRW; Art. 69 & 71 LV BaWü).
Die Aufgabe wird demBund bzw. demBundesland zugeordnet, die Aufgabenwahrnehmung liegt bei den Kommunen – keine eigene Entscheidungskompetenz
Die Aufgabe wird der Gemeinde zugeordnet und auch von ihr wahrgenommen; die staatliche Ebene behält sich durch Gesetz einWeisungsrecht durch eine staatlicheSonderaufsicht vor – die Gemeinde übt die Aufgabe aus, kann aber über dasob und daswie nicht selbst entscheiden.[5]
Die rechtliche Einordnung der „Pflichtaufgaben zur Erfüllung nach Weisung“ ist umstritten. Diese werden als übertragene Aufgabe im neuen Gewand, als Mittelding oder als Selbstverwaltungsaufgabe eingestuft.[6] Für die letzte Sicht spricht, dass den Kommunen die Aufgabe zugeordnet und von diesen wahrgenommen wird und sich der Staat ein ausdrückliches Weisungsrecht gesetzlich vorbehält.
Aufgabenzuordnung und Aufgabenwahrnehmung liegt beim Staat. Dieser bedient sich der Kommunen lediglich zur Erledigung der Aufgabe.
Sonderfall ist die Bundesauftragsverwaltung nachArt. 85GG, wonach durchBundesgesetz die Kommunen ausnahmsweise zum Vollzug im Auftrag des Bundes verpflichtet werden können (Auftragsverwaltung). Die Bundesauftragsverwaltung durchbricht als Ausnahme die Gemeindeordnungen, die sich für das monistische Aufgabenmodell entschieden haben.
Politisch umstritten ist die Frage, inwieweit die staatliche Ebene bei der Übertragung von Aufgaben auf die Kommunen eine volle bzw. anteilige Finanzierung sicherstellen muss (vgl.Konnexitätsprinzip).Beispiele: DurchführungBundestagswahl,Zivilschutz,BAföG.