Kominform
Kominform ist die Abkürzung fürKommunistisches Informationsbüro (offiziellInformationsbüro derKommunistischen undArbeiterparteien), das von 1947 bis 1956 ein überstaatliches Bündnis verschiedener kommunistischer Parteien war, dominiert von derKPdSU unterJosef Stalin. Es trat an die Stelle der 1943 aufgelöstenKomintern, deren Apparat inoffiziell weitergeführt wurde.
Mitglieder
[Bearbeiten |Quelltext bearbeiten]Sitz des Kominform war anfangsBelgrad, nach dem Ausschluss Jugoslawiens 1948 wurde der Sitz nachBukarest verlegt.
Geschichte
[Bearbeiten |Quelltext bearbeiten]Seit 1946 versuchte Stalin, den Einflussbereich der Sowjetunion inOst- undSüdeuropa zu einer festen Einheit zusammenzufassen und den Führungsanspruch der KPdSU in ideologischer und politischer Hinsicht durchzusetzen. Nach mehrmonatigen Konsultationen wurden schließlich zunächst mit Ausnahme Albaniens, aber unter Beteiligung der Kommunistischen Parteien aus Frankreich und Italien die Führer der osteuropäischen Parteien für den 22. bis 27. September 1947 zur Gründungskonferenz des Kominform in den polnischen KurortSzklarska Poręba(Schreiberhau) eingeladen.
Die sowjetische Seite vertrat dabei die Auffassung, dass die Welt sich in zwei große Lager gespalten habe und die Beziehungen zwischen den kommunistischen Parteien im Interesse der Selbstbehauptung noch enger ausgestaltet werden müssten.
Die Gründung des Kominform erfolgte offiziell am 30. September 1947, nicht zuletzt als Reaktion der Sowjetunion auf denMarshallplan derVereinigten Staaten von Amerika. Das Kominform sollte die Zusammenarbeit aller moskauhörigen sogenannten kommunistischen und Arbeiterparteien weltweit organisieren. Insofern bildete es die Nachfolgeorganisation der 1919 auf InitiativeLenins gegründetenKomintern, die 1943 im Zuge desZweiten Weltkriegs aufgelöst worden war, gewissermaßen als Geste der Kooperationsbereitschaft der UdSSR mit dem Westen im Rahmen derAnti-Hitler-Koalition.[1] Das Kominform verfügte nicht über einen großen Apparat wie es bei der Komintern der Fall war. Es bestand eigentlich nur aus der mit etwa 50 Mitarbeitern zunächst inBelgrad und seit 1948 inBukarest ansässigen Redaktion des in verschiedenen Sprachen herausgegebenen ZentralorgansFür dauerhaften Frieden, für Volksdemokratie.[2]
Während des Krieges war die Sowjetunion mit den im Grunde ideologischen Gegnern USA undGroßbritannien militärisch in der sogenannten Anti-Hitler-Koalition verbündet und bildete zusammen mit ihnen und anderen Staaten die alliierten KriegsgegnerDeutschlands. Nach dem Krieg verschärften sich wieder die wirtschaftlichen, sozialen und politischen Interessengegensätze insbesondere zwischen den Großmächten USA und UdSSR, die ab 1946 in denKalten Krieg mündeten. Die Gründung des Kominform war eine sowjetische Reaktion auf diese Entwicklung. Während der Gründungsdebatte hieltAndrei Schdanow seine Rede zu der zuvor von US-PräsidentHarry S. Truman vertretenen Ansicht derZwei Lager. Als zwischenparteiliche Institution war das Kominform de facto eine Befehlszentrale der KPdSU, durch die eine weitgehende Konformität der neun Mitgliedsparteien erreicht werden sollte, so wie dies schon in der Komintern spätestens ab 1924/25 der Fall war, nachdem Josef Stalin die Macht in der Sowjetunion übernommen hatte. Albanien ersuchte am 26. Oktober 1947 ebenfalls um eine Mitgliedschaft.[3]
Das Gremium erfüllte jedoch nicht die in Moskau gehegten Erwartungen. Gegen den Versuch, die Organisation linientreu nach den Vorstellungen Stalins zu gestalten, sträubte sich Jugoslawiens ParteichefJosip Broz Tito vehement. Er beharrte auf dem Prinzip der Gleichberechtigung der zusammengeschlossenen Parteien. Am 28. Juni 1948 beschloss daraufhin eine Kominform-Konferenz auf sowjetischen Vorschlag den Ausschluss der jugoslawischenKommunisten.[4] Der Wert des Kominform sank, nachdem es nicht gelungen war, Jugoslawien im Sommer 1948 wieder der Autorität der Sowjetunion zu unterstellen und auch dieKommunistische Partei Chinas unterMao Zedong nicht beigetreten war. Eine im Dezember 1948 in Moskau weilende Delegation derSED stellte den Antrag, in das Kominform aufgenommen zu werden. Dieser wurde jedoch von Stalin mit der Begründung abgelehnt, dass die SED noch nicht reif genug sei.[5]
Am 29. November 1949 rief die Kominform ihre Mitglieder offen zum Sturz des jugoslawischen Staatschefs Tito und zum Kampf gegen denTitoismus auf. Nach Stalins Tod (1953) erfolgte im Zuge derEntstalinisierung unter dem neuen sowjetischen MinisterpräsidentenNikita Chruschtschow 1956 die Auflösung des Kominform.
Spätestens seit dem Sieg der Kommunisten imChinesischen Bürgerkrieg 1949 unterMao Zedong und der Gründung derVolksrepublik China hatte der Einfluss auch anderer kommunistischer Gesellschaftsentwürfe neben dem der Sowjetunion und auch in Konkurrenz zu ihr zugenommen. Der bestimmende Einfluss des Kominform war in der bisherigen Form nicht mehr aufrechtzuerhalten.
In Osteuropa und einigen anderenkommunistisch ausgerichteten Staaten bildeten andere Bündnisse zwischen jenen Staaten für die Sowjetunion zweckmäßigere Alternativen. So waren schon vor Auflösung des Kominform 1949 derRat für gegenseitige Wirtschaftshilfe (RGW) als wirtschaftliche Allianz und 1955 derWarschauer Pakt als militärische Allianz der entsprechenden Staaten entstanden.
Als in der Kominform-Zeitung „Für dauerhaften Frieden, für Volksdemokratie“ am 17. April 1956 in Bukarest die Auflösung der Organisation mitgeteilt wurde, bewegte das Ende des kommunistischen Parteienbündnisses die breite Öffentlichkeit nicht mehr sonderlich.[6]
Siehe auch
[Bearbeiten |Quelltext bearbeiten]Literatur
[Bearbeiten |Quelltext bearbeiten]- Karl-Heinz Gräfe:Kominform – die Konferenzen 1947 und 1948. (PDF; 73 kB) In:UTOPIE kreativ, H. 84, Oktober 1997, S. 51–60.
Einzelnachweise
[Bearbeiten |Quelltext bearbeiten]- ↑Manfred Görtemaker, in:Informationen zur politischen Bildung, 245/1994, S. 20.
- ↑Leo Schwarz:Zwei Lager, junge Welt, 23. September 2017.
- ↑Thomas Schreiber:Enver Hodja, Le sultan rouge. Éditions Jean-Claude Lattès, 1994, S. 109.
- ↑Kalenderblatt vom 28. Juni 2008. (Memento vom 25. Oktober 2008 imInternet Archive) In: mdr.de, abgerufen am 1. Juni 2016.
- ↑Wilfriede Otto, in:Ansichten der DDR, Band VII. 1997, S. 328.
- ↑Speerspitze im Kalten Krieg. Deutschlandradio Kultur, Kalenderblatt vom 17. April 2006.@1@2Vorlage:Toter Link/www.dradio.de (Seite nicht mehr abrufbar, festgestellt im März 2024.Suche in Webarchiven)