Nach Abitur und Zivildienst überzeugte er seine FreundeLeo Hiemer, Georg Veit und Fritz Günthner, beiSplatterversionen von Kinoklassikern mitzuwirken (so ‚Tarzan sieht rot‘ und ‚Der Meineidbauer‘, der 1977 beim Fest der jungen Filmer in Werl den ersten Preis gewann). Schließlich schlossen sich die vier zur Westallgäuer Filmproduktion (WAF) zusammen.
Ein langer Spielfilm über den Allgäuer Bauernkrieg entstand (Lond it luck <lasst nicht locker>, 1979), der auf einer Tour durchs Allgäu Tausende von Zuschauern in Mehrzweckhallen und Hinterzimmer lockte, aber auch zu heftigen Diskussionen über die Nachwirkungen auf heutige Zustände führte.
Es folgten zwei radikaleKleine Fernsehspiele für dasZDF (Land der Räuber und Gendarmen, 1982 undSchwestern, 1983, zusammen mit Susanne Lob).
1984 entstand zusammen mit Leo Hiemer sein bekanntester FilmDaheim sterben die Leut’, der, obwohl in westallgäuerischem Dialekt gedreht, mit Untertiteln versehen in der gesamten Republik ein Erfolg wurde und in seiner Heimatregion als „Kultfilm“ gilt. Nach 30 Jahren (2015) und kompletter Digitalisierung fand eine sehr erfolgreiche Wiederaufführung statt.
Er führte bei mehreren Folgen der FernsehreiheTatort Regie, für die er, wie auch für diverse andere Filme, das Drehbuch selbst verfasste.
Gietinger hat als Eisenbahnfan seit langem kein Auto mehr und nimmt seine Termine meist per Bahn wahr. Die Sanierungspläne und Stilllegungen der Deutschen Bahn betrachtet er auch in seinem FilmHeinrich der Säger kritisch.
Klaus Gietinger bei der Gedenkveranstaltung für ermordete Volksmarine-Soldaten in der Französischen Straße 32 (Berlin) am 11. März 2019
Er recherchierte zu den Hintergründen der Ermordung vonRosa Luxemburg. Seine These ist dabei, dass dieser politische Mord, wie auch der anKarl Liebknecht, mit Billigung des OberbefehlshabersGustav Noske (SPD) erfolgte. Gietinger stützt sich dabei auf Aussagen vonWaldemar Pabst. In weiteren politischen Texten arbeitete er das Thema des Aufstands und der Niederschlagung desKronstädter Matrosenaufstands durch die russischenBolschewiki auf. Sein BuchTotalschaden. Das Autohasserbuch führte zu diversen Auftritten in Talkshows. Sein Buch99 Crashes erzählt vom Unfalltod berühmter Persönlichkeiten und ist eine Absage an diverse Verschwörungstheorien.
2008–2012 verfasste er mit dem Drehbuchautor und RegisseurBernd Fischerauer zehn historische Fernsehspiele fürBR-alpha, produziert von derTellux-Film München. Außerdem führt Gietinger seit zehn Jahren auch Regie bei zahlreichen Folgen der KinderserieLöwenzahn (ZDF). 2016 war die TV-Premiere seines langen Dokumentarfilms über HitlersMein Kampf (mitDouglas Wolfsperger, Produktion Tellux/ARD-Alpha).
Infolge seines 2017 ausgestrahlten FilmsWie starb Benno Ohnesorg äußerte der Berliner JustizsenatorDirk Behrendt im TAZ-Interview, dass die darin aufgeführten Beweise darauf schließen lassen, dass die Erschießung vonBenno Ohnesorg am 2. Juni 1967 Mord war.[1]
Anlässlich des 100. Jahrestages derErmordung von Rosa Luxemburg und Karl Liebknecht am 15. Januar 2019 hat er sein BuchEine Leiche im Landwehrkanal – Die Ermordung der Rosa Luxemburg überarbeitet und hält dazu im gesamten Bundesgebiet Vorträge.[2]
Eine Leiche im Landwehrkanal – Die Ermordung der Rosa L. Decaton Verlag, Mainz 1993. Erweiterte und überarbeitete Neuauflage unter dem TitelEine Leiche im Landwehrkanal – Die Ermordung der Rosa Luxemburg. Nautilus, Hamburg 2009,ISBN 978-3-89401-593-0.
Inselkrimi Bahnhof Lindau: Vom Aufbruch zum Abbruch. 150 Jahre Ludwig Süd-Nord-Bahn. (mitWinfried Wolf u. a.), 2004
Chapeau – Das Westallgäu behütet die Welt. Die Geschichte der Hutproduktion in Lindenberg und Umgebung. Mit Georg Grübel und Manfred Röhrl, Kunstverlag Josef Fink, Lindenberg 2015,ISBN 978-3-89870-875-3.
mitWinfried Wolf:Der Seelentröster. Wie Christopher Clark die Deutschen von der Schuld am Ersten Weltkrieg befreit. Schmetterling, Stuttgart 2017,ISBN 3-89657-476-0.
↑Plutonia Plarre:Gedenken an Benno Ohnesorg in Berlin: „Ich erwäge eine Entschuldigung“. In:Die Tageszeitung: taz. 1. Juni 2017,ISSN0931-9085 (taz.de [abgerufen am 1. Juli 2022]).
↑Sie hat das Leben einer freien Frau geführt. (Ausführliches Gespräch mit Claus-Jürgen Göpfert über Rosa Luxemburg). In: Frankfurter Rundschau vom 4. März 2021, S. 18–19
↑Jens Becker: Rezension zu Klaus Gietinger:Der Konterrevolutionär. Waldemar Pabst – eine deutsche Karriere. Hamburg 2009, in: H-Soz-Kult, 11. August 2009.[1]