Kennzahl
EineKennzahl ist eine Zahl zur Quantifizierung eines naturwissenschaftlich-technischen, betrieblichen oder wirtschaftlichen Zusammenhangs.[1] Dabei existiert aber in der Literatur keine einheitliche Definition für den Begriff Kennzahl.[2] Vielfach werden mit derselben Bedeutung auch die BezeichnungenKenngröße,Kennwert oderKennziffer verwendet.
Allgemeines
[Bearbeiten |Quelltext bearbeiten]Kennzahlen sind quantifiziert angegebeneMerkmale zu einer im jeweiligen Zusammenhang wichtigen Bedeutung. Oft sind sie quantitative Angaben, die Sachverhalte durch Verdichtung des Wissens über die Realität darstellen.[3] Interessenten (Öffentlichkeit,Medien,Analysten,Experten) sollen sich aufgrund von KennzahlenMeinungen bilden,Beurteilungen abgeben,Rangfolgen herstellen, eine Auswahl oder andereEntscheidung treffen können.
Vielfach sind Kennzahlen gar keine (reinen) Zahlen, sondern mitEinheiten odertechnischen Daten versehen (beispielsweise Meter, Watt, Euro, Stunde). Für diese ist die Bezeichnung „Kenngröße“ besser geeignet in Analogie zur Festlegung derphysikalischen Größe.
Arten
[Bearbeiten |Quelltext bearbeiten]Grob lassen sich Kennzahlen gliedern in:[4][5][6]
- absolute Kennzahlen: z. B.Fahrzeit,Gesamtkosten,Betriebsgröße,Kapazität,Energieverbrauch;
- relative Kennzahlen (Verhältniszahlen[7]):
- mit Angabe einer Maßeinheit: z. B.Stückkosten, Spesen pro Tag, Umsatz pro Kunde,Temperaturausdehnungskoeffizient,
- ohne Angabe einer Maßeinheit: z. B.Krankenstand,Umsatzrendite,Preisindex,Absorptionsgrad.
- Hierzu gehören auch dieQuotienten aus zwei Größen mit derselben Einheit, z. B.Wirkungsgrad.
Naturwissenschaften/Technik
[Bearbeiten |Quelltext bearbeiten]In Physik und Chemie gibt es eine unübersehbar große Anzahl von Kenngrößen.
- Beispiele sind:Permeabilitätszahl,Brechungsindex,Massenanteil,Volumenkonzentration,Mach-Zahl. Diese Beispiele haben sämtlich dieEinheit Eins. Sie werden (vorzugsweise wenn kleiner als eins) auch inHilfsmaßeinheiten wieProzent,Promille,ppm angegeben.
Hinzu kommen Kenngrößen, die Bauteile oder Geräte spezifizieren.
- Beispiele sind: zulässigeelektrische Leistung einesWiderstands,Wellenwiderstand oder Leiterquerschnitt bei einerelektrischen Leitung,Wärmeübergangskoeffizient eines Fensters. Bei diesen Beispielen sind die Kenngrößen inphysikalische Einheiten anzugeben, hier konkret (ausgedrückt durchEinheitenzeichen)W,, mm2, W/(m2·K).
Materialwissenschaften
[Bearbeiten |Quelltext bearbeiten]Als Beispiele aus der großen Anzahl vonWerkstoffkennwerten seien genannt
- Elastizitätsmodul,Druckfestigkeit in der EinheitN/m2,
- Schmelzpunkt in der EinheitGrad Celsius,
- Bruchdehnung in der Einheit Eins.
Statistik
[Bearbeiten |Quelltext bearbeiten]In der mathematischenStatistik existieren verschiedene Kennzahlen. Mit diesen Kennzahlen gelingt es zum Beispiel in derdeskriptiven Statistik, sich mit wenigenquantitativen Daten bereits eine gute Übersicht überVerteilungen,Mittelwerte etc. zu verschaffen. Als Beispiele für statistische Kennzahlen seien genannt:
Wirtschaftswissenschaften
[Bearbeiten |Quelltext bearbeiten]- In derVolkswirtschaftslehre werdenökonomische Indikatoren zur Veranschaulichung gesamtwirtschaftlicher Entwicklungen verwendet, beispielsweise innerhalb derVolkswirtschaftlichen Gesamtrechnung; diese werden auchökonomische Kennzahlen genannt. Wichtigevolkswirtschaftliche Kennzahlen sind hierArbeitslosenquote,Bruttoinlandsprodukt oderStaatsschuldenquote. Volkswirtschaftliche Kennzahlen verdichten das in einerVolkswirtschaft anfallendeDatenmaterial.[8]
- In derBetriebswirtschaftslehre werdenbetriebswirtschaftliche Kennzahlen zur Beurteilung von Unternehmen sowie zur Festlegung vonUnternehmenszielen und zur Messung ihrer Erreichung verwendet. Kennzahlen werden unter anderem eingesetzt, umGeschäftsprozesse messbar (und damit steuerbar) zu machen. Sie werden in dieser Funktion auch von Normen (z. B.ISO/TS 16949) explizit gefordert und vorgeschrieben. Beispiele sindAnlagenintensität,Eigenkapitalquote oderGeschäftsvolumen. Betriebswirtschaftliche Kennzahlen verarbeiten dieUnternehmensdaten.[9]
- Bei der Bewertung vonWertpapieren werdenFinanzkennzahlen wieDividendenrendite,Kurs-Gewinn-Verhältnis (beiAktien) oderEmissions- undUmlaufrendite (Anleihen) eingesetzt.
- ImProzessmanagement vonRechenzentren und in derIT-Infrastruktur vonUnternehmen durchITIL wird die Qualität von Prozessen inKey Performance Indicators (d. h. Leistungskennzahlen) erfasst und bewertet. Demgegenüber gibt es noch eine weitere Kategorie – die Analysekennzahlen, die vor allem zur Detailanalyse im Abweichungsfall verwendet werden.
- In derBetriebswirtschaft gibt es einKennzahlensystem.
In denWirtschaftswissenschaften dienen die Kennzahlen zurFinanzanalyse oder als wesentlicheEntscheidungsvorbereitung fürEntscheidungsträger beiEntscheidungen (etwa alsMarktteilnehmer fürKauf-,Halte- oderVerkaufsentscheidungen überWirtschaftsobjekte).
Qualitätsmanagement
[Bearbeiten |Quelltext bearbeiten]ImQualitätsmanagement erstrebt man Verbesserungen von Prozessen und Ergebnissen. Dazu setzt manZiele und misst denZielerreichungsgrad mit Kennzahlen. Kennzahlen können je nach Ziel beispielsweise inWikipedia die Anzahl der Artikel oder besser die Zunahme der Anzahl der Artikel oder noch besser die Zunahme der Anzahl der lesenswerten Artikel sein. ImManagement kann beispielsweise dieArbeitszufriedenheit derMitarbeiter oder die Zahl erfolgreich umgesetzterVerbesserungsvorschläge eine Kennzahl sein.
Kritik, Fehlermöglichkeiten und Risiken
[Bearbeiten |Quelltext bearbeiten]Die Fokussierung auf eine Kennzahl – anstelle eines ganzheitlichen Kennzahlensystems – birgt die Gefahr von fehlerhafter Interpretation bis hin zu Fehlverhalten; als typisches Beispiel hierfür gilt derBody Count, der zum Beispiel imVietnamkrieg verwendet wurde. Die Verknüpfung der Kennzahl getöteter feindlicher Soldaten mit dem Zielerreichungssystem dermilitärischen Vorgesetzten führte zu Fehlinterpretationen wie der Einbeziehung ziviler Opfer bis hin zu Verstößen gegen das Kriegsrecht.[10]
Letztlich ist eine Kennzahl stets nur ein quantitativer Indikator, der einer qualitativen Überprüfung und Interpretation im Hinblick auf die Erreichung des angestrebten Zieles bedarf.
Weblinks
[Bearbeiten |Quelltext bearbeiten]- Literatur von und über Kennzahl im Katalog derDeutschen Nationalbibliothek
- Kennzahl bei Gablers Wirtschaftslexikon, abgefragt 25. September 2022
Einzelnachweise
[Bearbeiten |Quelltext bearbeiten]- ↑Stephanie Rapp-Fiegle:Ermittlung von Leitkennzahlen als Grundlage zur Optimierung siedlungswasserwirtschaftlicher Prozesse. Oldenbourg, 2006, S. 29.
- ↑Christian Bonack,Kennzahlen und Kennzahlensysteme in der modernen Unternehmung. GRIN Verlag, 2008, Kap. 2.1.
- ↑Torben Hügens,Balanced Scorecard und Ursache-Wirkungsbeziehungen. Gabler / GWV Verlag, 2008, S. 65.
- ↑Michael Standop,Die Nutzung von Kennzahlen für die Personalentwicklung großer deutscher Unternehmen. GRIN Verlag, 2007, S. 9.
- ↑Peter R. Preißler:Betriebswirtschaftliche Kennzahlen: Formeln, Aussagekraft, Sollwerte, Ermittlungsintervalle. Oldenbourg, 2008, S. 12f.
- ↑Peter R. Preißler:Betriebswirtschaftliche Kennzahlen: Formeln, Aussagekraft, Sollwerte, Ermittlungsintervalle. Oldenbourg, 2008, S. 12f.
- ↑Erich Hruschka:Aufdeckung und Beseitigung betrieblicher Verlustquellen.Carl Ernst Poeschel Verlag, Stuttgart 1966, S. 85.
- ↑Manfred Weber,Schnelleinstieg Kennzahlen, 2006, S. 9
- ↑Manfred Weber,Schnelleinstieg Kennzahlen, 2006, S. 9
- ↑Vietnam – Krieg ohne Fronten, Die Geschichte einer Apokalypse (Memento vom 21. September 2013 imInternet Archive), ZDF 2010.