Keimruhe
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DieKeimruhe ist eine Form derDormanz (Entwicklungsverzögerung), die sowohl bei Pflanzen als auch bei Tieren auftritt. Bei Säugetieren spricht man auch vonVortragezeit, während für Vögel der BegriffEiruhe verwendet werden kann.
Tierarten stoppen bei der Keimruhe die embryonale Entwicklung, zwischen der Befruchtung und der Geburt. Diese Keimruhe, während der dieTrächtigkeit pausiert, wird auch alsVortragezeit bezeichnet und tritt bei zahlreichen Wildtieren, wie z. B.Bären,Robben,Seelöwen undRehen auf.
Es wird zwischen einer optionalen bzw. fakultativen und einer obligaten Keimruhe unterschieden, die unabhängig von äußeren Bedingungen eintritt.
Keimruhe bei Tieren
[Bearbeiten |Quelltext bearbeiten]Ablauf und Gründe
[Bearbeiten |Quelltext bearbeiten]Bei Tieren bezeichnet Keimruhe das Phänomen, dass eine befruchteteEizelle eines Tieres sich nicht sofort kontinuierlich zumEmbryo weiterentwickelt. Diebefruchtete Eizelle (Zygote) nistet sich zwar in derGebärmutterschleimhaut ein, teilt sich aber zunächst nicht.
Erst nach der Keimruhe schreitet die embryonale Entwicklung normal fort. Die dadurch verlängerteTragzeit ermöglicht dieGeburt zu einer günstigerenJahreszeit mit besseren Nahrungsangebot, oder zu einem Zeitpunkt, wenn kein weiteres Jungtier mehr auf die Versorgung durch das Muttertier angewiesen ist.[1]
Beispiele für Tiere, die Keimruhe praktizieren
[Bearbeiten |Quelltext bearbeiten]Insgesamt ist von über 130 Säugetierarten bekannt, dass sie Keimruhe praktizieren, darunterBären,Robben,Seelöwen und mehrere Arten vonBeuteltieren.[1]
BeimReh etwa erfolgt die Befruchtung während einer viertägigen Phase zwischen Mitte Juli und Mitte August, nur gut zwei Monate nach der Geburt des Kitzes. Aber erst 5 Monate später, etwa im Dezember oder Januar, beginnt das embryonale Wachstum.[2] Dadurch verlängert sich die Tragzeit und die Kitze kommen im darauffolgenden Mai oder Juni zur Welt, so dass Mutter und Jungtier sofort von einem reichen Nahrungsangebot profitieren.[3]
InEuropa kommt die Keimruhe auch beimDachs,Marder,Hermelin,Seehund und beimBraunbär vor. Auch demeurasischen Fischotter wird bisweilen Keimruhe zugesprochen, doch basiert dies auf einer Verwechslung mit demkanadischen Flussotter.[4] Besonders lang im Verhältnis zur eigentlichen Tragzeit ist die Keimruhe beiBeuteltieren.
Keimruhe bei Pflanzen
[Bearbeiten |Quelltext bearbeiten]Bei Pflanzen des gemäßigten Klimas ist die Keimruhe (Dormanz) der ausgereiftenSamen die Regel. Durch diesen Schutzmechanismus der Pflanzen wird der klimatischen Saisonalität dahingehend Rechnung getragen, dass dieKeimung zu einer günstigen Jahreszeit erfolgt und derKeimling optimale Wachstumschancen vorfindet.
Die Zeitdauer der Keimruhe ist bei den einzelnen Pflanzenarten sehr unterschiedlich, ebenso wie die Faktoren, die zum Abbau der Keimruhe führen. Als Einflussfaktoren sind zu nennen: Feuchtigkeit, Temperaturschwankungen, Lichtverhältnisse und Nährmedium (Boden).
Die Keimruhe muss beendet sein, wennSaatgut in dasSaatbett ausgebracht wird. Während die Keimruhe beiRoggen nur wenige Tage nach der Reifung endet, beträgt sie beiWeizen undGerste mehrere Wochen,Apfelkerne keimen sogar erst nach einer winterlichen Frosteinwirkung. Der künstliche Abbau der Keimruhe wird in diesem Fall alsStratifikation bezeichnet.
Siehe auch
[Bearbeiten |Quelltext bearbeiten]Literatur
[Bearbeiten |Quelltext bearbeiten]- Ernst Klapp:Lehrbuch des Acker- und Pflanzenbaus. 5. Auflage. Parey, Berlin 1958.
Einzelnachweise
[Bearbeiten |Quelltext bearbeiten]- ↑abDie Tricks der Gebärmutter: Warum Tierbabys ein Wunder der Natur sindNational Geographic, abgerufen am 28. März 2023
- ↑V. A. van der Weijden, Susanne E. Ulbrich:Embryonic diapause in the European roe deer (Capreolus capreolus). In:Biosci. Proc., Band 10 (Proceedings of III International Symposium on Embryonic Diapause), 2020, S. 59–75,doi:10.1530/biosciprocs.10.004,(PDF).
- ↑Reh. Fakten. FortpflanzungDeutsche Wildtier Stiftung, abgerufen am 28. März 2023
- ↑Hans Kruuk:Otters: Ecology, Behaviour and Conservation. Oxford University Press, Oxford 2006,ISBN 978-0-19-856586-4,S. 186.