Katastralgemeinde bezeichnet den Geltungsbereich eines Grundkatasters (Grundbuchs). In dieser Bedeutung wird er sowohl inÖsterreich als auch teilweise noch in den Nachfolgestaaten derHabsburgermonarchie (z. B. in den Autonomen ProvinzenBozen – Südtirol undTrient) verwendet. Es entspricht etwa der deutschenGemarkung, wobei in Deutschland historisch daneben auch der BegriffKatastergemeinde verwendet wurde.
Das WortKatastralgemeinde leitet sich vom BegriffKataster her, hier insbesondere aus der ZeitKaiser Franz I. zu Beginn des 19. Jahrhunderts, als mit demFranziszeischen Kataster eine erste konsistente Landesvermessung durchgeführt wurde.
In der Sache gehen Katastralgemeinden noch weiter zurück, aufJosef II. Er plante eineSteuer- undUrbarialregulierung, bei der Abgaben auf Basis einheitlich nach der Größe und der Ertragfähigkeit des gesamten bäuerlichen wie auch herrschaftlichen Grundbesitzes bemessen werden sollten. Joseph II. gab dazu eine neue Vermessung und Verzeichnung aller Gründe sowie die Bestimmung ihrer Erträge in Auftrag, dieJosephinische Landesaufnahme (angeordnet am 13. Mai 1764).
Man wollte kleine Verwaltungseinheiten schaffen, die alle Siedlungen, die gesamte Bevölkerung und die gesamte Landesfläche umfassten.[1] Zunächst wurden im Zuge einer Häuserzählung dieNumerierungsabschnitte (Konskriptionsgemeinden) geschaffen, die im Wesentlichen den heutigenOrtschaften entsprechen. Damit waren zwar die Häuser erfasst, aber noch nicht Grund und Boden. Für die Festsetzung der Grundsteuer wurde daher eine neue, räumlich begrenzte Gebietseinheit geschaffen, die Josefinische Steuergemeinde. Sie sollte sich an den Nummerierungsabschnitten bzw. Konskriptionsgemeinden, also den Ortschaften, orientieren. Wo Ortschaften zu klein waren, um die Aufgaben einer Steuergemeinde zu übernehmen, wurden mehrere Konskriptionsgemeinden zu einer Steuergemeinde zusammengefasst, so dass die allermeisten Steuergemeinden wenigstens 40 bis 50 Häuser umfassten; viele von ihnen waren deutlich größer. Sie wurden in ihren Grenzen vorrangig topographisch gezogen und in den Steuerkataster, dasJosephinische Lagebuch, eingetragen.[2] Im Gegensatz zur Bildung der Konskriptionsgemeinden nahm man jedoch beispielsweise in Kärnten bei der Ziehung der Grenzen der Steuergemeinden auch auf die Jurisdiktionsgrenzen Rücksicht. Dadurch wurden einige Orte, die bei der Bildung der Nummerierungsabschnitte noch als eine Ortschaft betrachtet worden waren, nun durch die Grenzen der Steuergemeinden zerschnitten.[3]
Die Josefinische Steuerreform wurde schon 1790 wieder aufgehoben.
Im französisch verwalteten Oberkärnten wurde die Grundsteuer ab 1810 wieder nach dem Josefinischen Kataster bemessen; und als Grundlage der dortigen Verwaltungsreform 1811 verwendete man die Grenzen der Steuergemeinde: Man bildete Arrondissements, die mehrere Steuergemeinden umfassten. Diese Einrichtung blieb, unter geändertem Namen, auch eine Zeit lang nach Ende der französischen Herrschaft bestehen:Bezirke bestanden aus mehrerenHauptgemeinden (Arrondissements); diese wiederum waren jeweils aus mehrerenUntergemeinden (die den Josephinischen Steuergemeinden entsprachen) gebildet.[4]
Franz I. ordnete im Jahr 1806 an, ein „allgemeines, gleichförmiges und stabiles Grundsteuerkatastersystem“ für die gesamte Monarchie auszuarbeiten. Dabei sollte insbesondere die Steuerbemessung von der Fläche abhängen und konstant („stabil“) bleiben, um Fleiß nicht zu bestrafen. Mit dem kaiserlichenGrundsteuerpatent vom 23. Dezember 1817 wurde die neuerliche Vermessung angeordnet.[5] Nur langsam setzte sich die BezeichnungKatastralgemeinde gegenüber den zunächst synonym verwendeten BegriffenGemeinde (bis zur Gemeindereform Mitte des 19. Jahrhunderts in Gebrauch) undSteuergemeinde (bis ins 20. Jahrhundert hinein in Gebrauch) durch.
Damit ist das System der Katastralgemeinden – im Raum der Habsburgermonarchie – mehrere Jahrzehnte älter als das derOrtsgemeinden (politischen Gemeinden), die erst nach derRevolution 1848/49 geschaffen wurden, als mit Aufhebung der Grundherrschaften und dem Ende der ständischen Verfassung auch eine Neugestaltung der politischen Verwaltung und der Gerichte vorgenommen wurde.
Die BezeichnungKatastralgemeinde oder die entsprechende Bezeichnung in der jeweiligen Landessprache wird auch heute in den Nachfolgestaaten größtenteils für solche Einheiten aus demGrenzkataster verwendet.
In folgenden Ländern wird die Bezeichnung auch heute verwendet:
In Österreich wird die Katastralgemeinde heute imVermessungsgesetz (VermG) geregelt. Dort wird sie folgendermaßen definiert:
Katastralgemeinden entsprechen dem Geltungsbereich des jeweiligen örtlichenGrundbuchs, für jede Katastralgemeinde wird ein Hauptbuch angelegt.[7] Damit ist die Katastralgemeinde die kleinstebundesrechtliche Gliederungseinheit (abgesehen vonWahlsprengeln). Das räumliche Gebiet (die Bestandteile an Grund und Boden) der Katastralgemeinden sind nur mehr eineEigentumsgliederung:Grundbuchskörper mitGrundstücken,[8] Benutzungsart und Benutzungsabschnitten (Parzellen).
Auch die Benennung und die Schreibweise wird im § 7 geregelt und obliegt demBundesamt für Eich- und Vermessungswesennach Anhörung der Gemeinde im Einvernehmen mit dem Präsidenten des zuständigen Oberlandesgerichtes.[9]
Bei Einführung der Katastralgemeinden wurde für jede damaligeSteuergemeinde ein Grundbuch (Hauptbuch) angelegt, wobei teilweise auch Grenzbereinigungen und Gebietszusammenlegungen stattfanden.[10]Gutsgebiete waren häufig als eigene Katastralgemeinden zusammengefasst. Eine (politische) Gemeinde kann aus mehreren Katastralgemeinden bestehen.
Die Grenzen der Katastralgemeinden und heutigen politischen Gemeinden dürfen sich per Gesetz nicht überschneiden, sodass weder ein Grundstück mit einer Grundstücksnummer noch eine Katastralgemeinde in die Verwaltungshoheit zweier Gemeinden fallen kann.[11]
Katastralgemeinden können bei Gebietsänderungen zeitweise auch in verschiedenen Gemeinden liegen, da die Gliederung der Katastralgemeinden durch dasBundesamt für Eich- und Vermessungswesen (BEV) erfolgt, die von Gemeinden jedoch durch die jeweiligeLandesregierung den jeweiligenLandtag, und die erforderlichen Verwaltungsverfahren unabhängig voneinander erfolgen. DasNachziehen der Grenzen oder eines Namens der Katastralgemeinde ist im § 7 des Vermessungsgesetzes vorgesehen. Demnach kann das BEV nach Anhörung der Gemeinde im Einvernehmen mit dem Präsidenten desOberlandesgerichts diese Änderungen durchführen.
Nicht zu verwechseln mit den Katastralgemeinden sind dieOrtschaften und die Orte. Ortschaften waren ursprünglich eine Ansammlung von Häusern, die durch eine gemeinsameKonskriptionsnummerierung zusammengefasst wurden (also Adressbereiche, auchKonskriptionsgemeinden; sieheNumerierungsabschnitt). Die Begründung einer Ortschaft – immer alsSiedlungsraum – kann Grundlage einer Katastralgemeinde sein, ist es aber nicht zwingend: In einer Katastralgemeinde können auch mehrere Ortschaften liegen, oder umgekehrt, oder die beiden Systeme keinen Zusammenhang haben. In manchen Bundesländern sind in weiten Bereichen Katastralgemeindegliederung und Ortschaftsgliederung bis heute übereinstimmend, in Niederösterreich etwa werden für die allgemeine Ortsgliederung vornehmlich die Katastralgemeinden angegeben, in anderen Bundesländern die Ortschaften. In Tirol und Vorarlberg bezeichnet man übereinstimmende Katastralgemeinden und Ortschaften meist alsFraktion.
Selbst wenn es in einer Katastralgemeinde nur eine Ortschaft gibt und beider Namen denselben Ursprung haben, können die Namen unterschiedlich geschrieben werden. Während die ursprüngliche, in den Grundbüchern definierte Schreibweise der Katastralgemeinde meist erhalten blieb, wurden die Ortsnamen oft an neue Rechtschreibregeln angepasst, beispielsweise in Ortsnamen mit dem WortWeiß wieWeissenbach (Katastralgemeinde) undWeißenbach (Ortschaft). Auch beiGebmanns in der KatastralgemeindeGöbmanns imBezirk Korneuburg oder beiSchwaighof in der KatastralgemeindeSchweighof imBezirk Hartberg-Fürstenfeld liegt diese Anpassung vor. Umgekehrt heißt etwa die KG der GemeindeOetz aberÖtz. Auch Namenserweiterungen der Gemeinde oder des Ortes, insbesondere Zusätze zur Unterscheidung gegenüber gleichnamigen Orten und Gemeinden, haben die Katastralgemeindebezeichnungen oft nicht mitgemacht.
Am 1. Jänner 2003 gab es in Österreich 7853 Katastralgemeinden, am 1. Jänner 2004 noch 7846 – mit dem 1. Jänner 2008 gab es aber 17.368 Ortschaften, mit 1. Jänner 2024 noch 17.011 Ortschaften.[12]
Vermessungsbezirke[13] sind die Sprengel der Vermessungsämter. Obwohl die Untergliederung des Vermessungswesens eng mit der territorialen Gliederung der Gerichtswesens zusammenhängt, deckten sich früher die Vermessungsbezirke häufig mit dem Umfang derpolitischen Bezirke. So waren im Jahr 1989 43 der damaligen 68 Vermessungsbezirke deckungsgleich mit den jeweiligen politischen Bezirken.[14] In den letzten Jahrzehnten wurde die Zahl derVermessungsämter jedoch sukzessive auf 41 reduziert.[15]
Die 5-stellige Katastralgemeindenummer (KGNR) identifiziert eindeutig eine Katastralgemeinde. Sie wird vomBundesamt für Eich- und Vermessungswesen (BEV) vergeben.[16]
Sie untergliedert sich in:
DieÜbersicht über die Katastralgemeinden kann jederzeit auf jedem Gemeindeamt durch Einsicht in das Grundbuch gewonnen werden.
Es wurde in den letzten Jahren dieDigitale Katastralmappe (DKM) und dieGrundstücksdatenbank (GDB) erstellt, die gegen Gebühr jedermann zugänglich sind. Außerdem bieten inzwischen einige der Länder-GIS (kostenfrei zugänglich über das Portalgeoland.at) sowohl die Ansicht wie die Suchabfrage nach Aspekten des Katastern an.
Die beiden Länder kennen die BezeichnungKatastralgemeinde aus Zeiten der Monarchie ebenfalls noch. Sie heißentschechischKatastrální území bzw.slowakischKatastrálne územie und haben exakt dieselbe Funktion wie in Österreich, also eine grundbücherliche Verwaltungsgliederung. Da beide slawische Bezeichnungen von dem Grundwortzemě („Land“) ausgehen, verdeutlichen sie besser als die deutschsprachige, dass es sich nicht um Formen der Selbstorganisation handelt.
Österreich: