Karl Otten (*29. Juli1889 inOberkrüchten; †20. März1963 inMuralto amLago Maggiore) war ein deutscherSchriftsteller.
Karl Otten war der Sohn einesZollbeamten. Von 1890 bis 1905 wuchs er auf inKöln, danach Dortmund, Bochum und Aachen (von 1907 an), dort war er Schüler desKaiser-Wilhelm-Gymnasiums, wo er einem Kreis literaturbegeisterter Gleichaltriger angehörte; weitere Mitglieder warenWalter Hasenclever undLudwig Strauss sowiePhilipp Keller undJulius Talbot Keller. Mit Hasenclever und J. Talbot Keller gab er 1910 den „Aachener Almanach“ heraus. In Aachen machte er Bekanntschaft mit densozialreformerischen Ideen des katholischen PriestersCarl Sonnenschein, des Begründers und Leiters des „Volksvereins für das katholische Deutschland“, die ihn stark beeinflussten.
1910 begann Otten – auf Empfehlung von Carl Sternheim, der in Aachen-Burtscheid zur Kur weilte und ihm einen Kontakt zuFranz Blei vermittelte – in München zu studieren, erst ein Studium derVolkswirtschaftslehre an derUniversität München; später wechselte er zurKunstgeschichte. Während seiner Studienzeit unternahm er Reisen nachFrankreich,Italien,Albanien undGriechenland. In München schloss er sich deranarchistischenGruppe Tat umErich Mühsam an und hatte Kontakt zu Autoren wieFrank Wedekind,Heinrich Mann und Franz Blei. 1913 setzte Otten sein Studium an derUniversität Bonn fort. Nachdem man ihn dort wegen eines Schmuggelvergehensrelegiert hatte, wechselte er 1914 ein weiteres Mal den Studienort und ging nachStraßburg.
Zu Beginn desErsten Weltkriegs wurde er wegen seiner anarchistischen undpazifistischen Einstellung zeitweise inTübingeninterniert und anschließend als „Arbeitssoldat“ bei einerBriefzensurstelle inTrier eingesetzt. 1918 wurde er nach dem Erscheinen seines GedichtbandesDie Thronerhebung des Herzens erneut verhaftet; erst nach Beginn derNovemberrevolution wurde er aus derFestungshaft inKoblenz entlassen.
Otten übersiedelte 1918 mit seiner ersten Ehefrau, der österreichischen Malerin und DesignerinMaria Rosalie Friedmann, genannt Mitzi,[1] mit der er seit 1916 verheiratet war, nachWien. Das Paar hatte einen Sohn, Hugo Julian.
Von Wien aus beteiligte sich Otten an mehreren Zeitschriftenprojekten, die denrevolutionären Umsturz in Deutschland propagierten. So gab er zusammen mitJulian Gumperz imMalik-Verlag dieBlätter zur Kritik der ZeitDer Gegner heraus, in dessen ersten Heft sein JugendfreundJulius Talbot Keller das PamphletWas sind Revolutionen? veröffentlichte.[2]Er hatte Kontakt zuJoseph Roth,Alfred Polgar,Robert Musil und zuSigmund Freud. Nachdem Otten sich von seiner Frau getrennt hatte, ging er 1922 nachBerlin, wo er alsJournalist für verschiedene republiktreue Zeitungen und Zeitschriften tätig war. Nach der nationalsozialistischenMachtergreifungemigrierte er am 12. März 1933, wobei er überParis nachBarcelona floh und von dort nachCala Ratjada aufMallorca, wo er am 27. März 1933 eintraf. Die beiden folgenden Winter, den Winter 1933/34 und 1934/35, hielt er sich in Paris auf. Ab 1935 war sein ständiger Wohnort das Fischerdorf Cala Ratjada.[3]
Nach dem Beginn desSpanischen Bürgerkriegs gelang ihm die Flucht vor der drohenden spanischenInternierung; über Frankreich gelangte er schließlich nachGroßbritannien. In den nächsten Jahren arbeitete er inLondon für dieBBC sowie für deutsch- und englischsprachige Zeitschriften. Nach seiner vollständigen Erblindung im Jahre 1944 war er bei der Fortsetzung seiner journalistischen Arbeit auf die Unterstützung seiner zweiten Ehefrau, der Übersetzerin Ellen Otten (1909–1999), geborene Kroner, die er 1930 kennengelernt und 1939 geheiratet hatte, angewiesen.[4] Ab 1947 war Ottenbritischer Staatsbürger. 1958 übersiedelte er nachMinusio beiLocarno imschweizerischenKanton Tessin, wo er seine letzten Lebensjahre verbrachte.
Karl Ottens Werk umfasst neben seinenjournalistischen ArbeitenRomane,Theaterstücke,Gedichte undEssays. Otten war ab 1914 Mitarbeiter der ZeitschriftDie Aktion; mit seinem ErzählungsbandDer Sprung aus dem Fenster schuf er ein bedeutendes Prosawerk des literarischenExpressionismus.
Im Laufe der 1920er-Jahre entstanden weitere erzählerische Werke, und im Anschluss an seine Flucht aus Spanien schrieb Otten mitTorquemadas Schatten einen wichtigenRoman über denSpanischen Bürgerkrieg. Während seinesExils in Großbritannien wurde er vor allem durch die englische Übersetzung seinersoziologischen Analyse desNationalsozialismus bekannt, die 1942 unter dem TitelA combine of aggression erschien (das deutsche Original wurde erst 1989 alsGeplante Illusionen veröffentlicht).
Nach demZweiten Weltkrieg war Otten vor allem alsHerausgeber vonAnthologien mit Texten der imDritten Reich unterdrückten jüdischen undexpressionistischen Autoren tätig, auf die er auch in Vorträgen und Essays unermüdlich aufmerksam machte.
Karl Otten war Mitglied derMainzerAkademie der Wissenschaften und der Literatur sowie derDeutschen Akademie für Sprache und Dichtung inDarmstadt. 1961 erhielt er denLeo-Baeck-Preis.
Der „Karl-Otten-Preis für Expressionismus und Exilforschung“ wird durch dasDeutsche Literaturarchiv in Marbach am Neckar verliehen.
Personendaten | |
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NAME | Otten, Karl |
KURZBESCHREIBUNG | deutscher Pazifist und Schriftsteller |
GEBURTSDATUM | 29. Juli 1889 |
GEBURTSORT | Oberkrüchten |
STERBEDATUM | 20. März 1963 |
STERBEORT | Locarno-Muralto |