
Karl von Hessen (*3. August1654 inKassel; †23. März1730 ebenda) war von 1670 bis 1677 unter Vormundschaft seiner Mutter und danach bis zu seinem Tod regierenderLandgraf vonHessen-Kassel.[1] Er entstammte demHaus Hessen und zählte zu den bedeutendsten Fürsten derBarockzeit. In seiner langen Regierungsperiode von 1677 bis 1730 gelang es dem Herrscher, derLandgrafschaft Hessen-Kassel eine geachtete Stellung imHeiligen Römischen Reich zu verschaffen.
Seine historische Bedeutung geht auf vier Bereiche zurück: Erstens war Karl einer der ersten deutschen Fürsten, der seit 1685 protestantische Glaubensflüchtlinge aus demKönigreich Frankreich, sogenannteHugenotten, zur Ansiedlung einlud.[2] Zweitens förderte er im Sinne desMerkantilismusManufakturen und Gewerbe, unterstützte die Verarbeitung einheimischerBodenschätze und beschränkte die Einfuhr von Konkurrenzprodukten.[1] Drittens schuf Karl einStehendes Heer und beteiligte sich bei der militärischen Verteidigung des Heiligen Römischen Reiches imSpanischen Erbfolgekrieg gegen das FrankreichLudwigs XIV. und imGroßen Türkenkrieg gegen dasOsmanische Reich. Viertens kennzeichneten bauliche Höhepunkte in der Residenzstadt Kassel wie derHerkules sowie dasMarmorbad und dieOrangerie Karls Herrschaftszeit. Die Maßnahmen Karls trugen dazu bei, dass sich die Landgrafschaft relativ schnell von den Folgen desDreißigjährigen Krieges (1618–1648) erholen konnte.
Karl entstammte einer bedeutenden Dynastie: Dielandgräfliche Familie war aufgrund ihrerHeiratspolitik mit den einflussreichsten protestantischen Fürstenfamilien in Nord- und Mitteleuropa verwandt. Besonders zu denKurfürstentümern Brandenburg undSachsen, aber auch den Königreichen Dänemark und Schweden bestanden enge Verbindungen. Höhepunkte des dynastischen Aufstiegs waren 1667 die Vermählung vonCharlotte Amalie, einer Schwester Karls, mit dem späteren dänischen KönigChristian V. und 1720 die Erlangung der schwedischen Königswürde durch ErbprinzFriedrich, einen Sohn Karls.[3]
Karl wurde am 3. August 1654 in Kassel geboren. Von 1659 bis 1668 erhielt er seine frühe Ausbildung durchNicolaus Prick.
Als zweiter von vier Söhnen des LandgrafenWilhelm VI. von Hessen-Kassel und dessen GemahlinHedwig Sophie von Brandenburg (1623–1683), einer Schwester desGroßen Kurfürsten, war Karl zunächst nicht für die Thronfolge bestimmt. Erbprinz war Karls älterer BruderWilhelm VII. Nach dem Tod Wilhelms VI. im Jahr 1663 übernahm Hedwig Sophie von Brandenburg die Regentschaft für den Thronfolger Wilhelm VII.[1] Als dieser jedoch 1670 bereits vor seiner Regierungsübernahme verstarb, wurde Karl Landgraf. Seine Mutter führte, unterstützt von Beratern, bis 1677 die vormundschaftliche Regierung für ihn. Am 21. Mai 1673 heiratete er als Achtzehnjähriger die neunzehnjährige Verlobte seines verstorbenen Bruders, seine CousineAmalia von Kurland.
Da er bereits 1677 im Alter von 23 Jahren die Regierungsgeschäfte selbst übernahm, entfiel für ihn die obligatorischeGrand Tour.[4] Diese Reise diente normalerweise der Knüpfung von Kontakten zu den Fürstenhöfen Europas, zur Vermittlung höfischer Umgangsformen und diplomatischer Kenntnisse, zur Erlernung von Fremdsprachen wie Französisch sowie dem Kennenlernen von Kunst, Architektur und Kultur anderer Länder. Möglicherweise hatten die Bedenken der MutterHedwig Sophie von Brandenburg dazu beigetragen, da sein älterer Bruder Wilhelm VII. auf einer solchen Reise verstorben war.
Der katholische König von Frankreich,Ludwig XIV. (Regierungszeit: 1643–1715), strebte neben der politischen Einheit auch die religiöse Einheit des Staates an.[5] Einer allmählichen Entrechtung der französischen Protestanten, der sogenanntenHugenotten, folgte ab 1679 offene Verfolgung. Dragoner des französischen Königs besetzten die Häuser der Hugenotten, um sie zwangsweise zumKatholizismus zu bekehren. Am 18. Oktober 1685 verkündete Ludwig XIV. dasEdikt von Fontainebleau. In zwölf kurzen Paragraphen beschloss das Edikt die Zerstörung protestantischer Kirchen, das Verbot privater Gottesdienste sowie dieGaleerenstrafe für Männer und Festungshaft für Frauen, die sich weigerten ihren Glauben zu wechseln. Mit dem Verlust ihrer Bürgerrechte konfrontiert, versuchten viele Hugenotten zu fliehen.
Mehrere deutscheReichsfürsten, darunter auch Landgraf Karl, boten den Religionsflüchtlingen aus religiöser Solidarität und wirtschaftspolitischen Erwägungen Aufnahme in den eigenen Ländern an. DieLandgrafschaft Hessen-Kassel hatte während desDreißigjährigen Krieges (1618–1648) in manchen Regionen bis zu zwei Drittel ihrer Einwohner verloren, ein Bevölkerungsrückgang, der die Wirtschaft vor schwere Probleme stellte und für den Herrscher einen erheblichen Verlust an Einnahmen bedeutete. Um die Ansiedlung der Flüchtlinge zu erleichtern, sicherte ihnen Karl Vergünstigungen und Unterstützungen zu.[5] Schon vor dem Edikt von Fontainebleau erließ er am 18. April 1685 die „Freiheits-Concession“. Darin versprach Karl den Hugenotten nicht nur eine befristete Steuer- undZunftfreiheit, sondern auch freie Religionsausübung mit Pfarrern ihrer Wahl. In Kirchen und Schulen durfte französisch gesprochen werden.

Die Landgrafschaft nahm ab 1685 mit etwa 3800 Hugenotten die nachBrandenburg-Preußen zweitmeisten Flüchtlinge auf.[6] Allerdings waren viele der Einwanderer mittellose Bauern oder Handwerker, von denen ein Teil unterstützt von staatlichen Hilfsmaßnahmen in 17 neu angelegten Dörfern angesiedelt werden musste. Erfolgreich produzierende hugenottische Spezialgewerbe, besonders im Textilbereich, entstanden vor allem in einigen Städten. Jedoch blieb die erhoffte Steigerung der Wirtschaftskraft des Landes weitgehend aus. Das zeigt sich auch in der Entwicklung der 1699 gegründeten StadtKarlshafen, die ihre zugedachte Funktion als Fabrik-, Handels- und Hafenstadt nur ansatzweise erfüllen konnte. Für einen zollfreien Warenverkehr plante der Landgraf einenKanal zwischen Karlshafen und Kassel. Damit wollte er das hannoversche Zoll- undStapelrecht inHannoversch Münden umgehen. Der Kanal versandete noch zu Lebzeiten Karls und wurde nach wenigen Kilometern eingestellt. Darüber hinaus fehlte es der Neugründung an finanziellen und technischen Mitteln. Nach dem Tod des Landgrafen geriet das Stadtprojekt Karlshafen endgültig ins Stocken.
Ab 1688 gründete der Landgraf die südwestlich an die Stadt Kassel angrenzendeOberneustadt.[7] Er warb mit weitreichendenPrivilegien: Alle Baustoffe wie Holz, Stein, Kalk und Sand sollten unentgeltlich angeliefert werden. Wer ein Grundstück bebaute, sollte 10 Jahre Abgabenfreiheit genießen. Ewige Steuerfreiheit wurde denjenigen versprochen, die Materialien auf eigene Kosten heranschafften und zum Bau ihrer Häuser 8.000 bis 10.000 Taler aufwandten. Die Privilegien enthielten aber auch Vorschriften für die äußere Gestaltung der Oberneustadt, z. B. für den Putz und Anstrich der Fassaden, die Kanalisation und die saubere Pflasterung der Straßen.
Mit einer staatlich gelenkten Wirtschaftspolitik, dem sogenanntenMerkantilismus, versuchten die Fürsten des 17. und 18. Jahrhunderts, die Leistungsfähigkeit ihrer Länder zu steigern. Zu den Maßnahmen gehörten etwa die Ausfuhr einheimischer Produkte und die Begrenzung der Einfuhr fremder Güter, z. B. durch Zölle. Nach zeitgenössischer Vorstellung verbliebe das Geld so im Wirtschaftskreis des Landes und steigere die Kaufkraft der Bevölkerung.[8] Mit dem Merkantilismus ging die Entwicklung sogenannterManufakturen einher. Hier wurden, anders als in den bis dahin überwiegend inZünften organisierten Handwerken, verschiedene Berufsgruppen zusammengebracht, um bestimmte Fertigprodukte an einem Ort und in größeren Mengen herzustellen.

In der Landgrafschaft Hessen-Kassel mit ihren reichenJaspisvorkommen und derGlashütte Altmünden boten sich vor allemSchmucksteinverarbeitung undGlasherstellung für Manfakturgründungen an. Für die Glasherstellung berief Karl den Schweizer GlaskristallschneiderChristoph Labhart und Glasmacher Franz Gondelach an seinen Hof.[9] Mit der Einrichtung einerSchleifsteinmühle im Schlossgraben erreichte derGlasschliff in Kassel seit Beginn der 1680er Jahre eine Blütezeit. Durch Karls Anwerbung von spezialisierten Handwerkern und Künstlern verbesserten sich auch die Verarbeitungstechniken in der Glashütte Altmünden. Zum Gießen und Pressen des Glases kamen eiserne Stempel und Modeln zum Einsatz, wodurch das Glas serienmäßig vorgeformt werden konnte und Material eingespart wurde. Hochwertige Luxuswaren wie Glas und Schmuckstein zeugten dabei von der Leistungsfähigkeit des Territoriums und trugen so zum politischen Ansehen des Landesherren bei.
Im Jahr 1680 gründete der Landgraf die vierte deutscheFayencemanufaktur.[10] Fayence war rötliche Keramik mit meist blau-weißer Glasur, die chinesisches Porzellan imitieren sollte. Es wurde für den höfischen Eigenbedarf oder als Geschenk für andere Fürsten gefertigt. Auf Dauer erwies sich die Manufaktur als unrentabel und blieb von der finanziellen Unterstützung der Landgrafen abhängig.
Im Auftrag des Landgrafen wurde 1679 derMessinghof errichtet, einer der ersten metallverarbeitenden Betriebe Hessens. Zwischen 1714 und 1717 fertigte der GoldschmiedJohann Jacob Anthoni hier die zweiundzwanzig Kupferplatten für dieHerkulesstatue imBergpark Wilhelmshöhe.[11]

Karls außenpolitische Handlungsspielräume waren reichsrechtlich begrenzt. Seit demWestfälischen Frieden von 1648 durftenReichsfürsten zwar Bündnisse zum eigenen Schutz eingehen, aber diese durften nicht gegen denrömisch-deutschen Kaiser und dasHeilige Römische Reich gerichtet sein.[12] Ein weiterer Grund für die kaisertreue Außenpolitik Karls war, dass er sich von KaiserJoseph I. eine Rangerhöhung zumKurfürsten erhoffte. Diese Aufwertung hätte ihm eine größere außenpolitische Souveränität verschafft. Da die Kurfürsten den Kaiser wählten, konnten sie im Vorfeld wichtige politische Forderungen stellen. Diese wertvolle Möglichkeit hatte Karl als Reichsfürst nicht. Durch die militärische Unterstützung des Kaisers glaubte der Landgraf, den Kaiser dazu bewegen zu können, ihm die Kurwürde zu verleihen.[13]
Ein schlagkräftigeres Heer schien aber auch geeignet, das Land vor einer Besetzung wie imDreißigjährigen Krieg zu bewahren. Aus diesen beiden Gründen baute Karl seit Beginn seiner Regierung einStehendes Heer auf. So konnte er 1688 imPfälzischen Erbfolgekrieg (1688–1697) derReichsarmee rund 9000 gut ausgebildete Soldaten zur Verfügung stellen.[14] Hintergrund des Konfliktes war, dass der französische KönigLudwig XIV. unter Berufung angeblicher Erbansprüche seiner SchwägerinLiselotte von der Pfalz einen Vorstoß gegen das Heilige Römische Reich unternahm.[15] Jahrelang führte Karl persönlich Teile seiner Armee im Kampf gegen die französischen Truppen an. Auch am militärischen Erfolg der Verteidigung derFestung Rheinfels gegen die französische Belagerung 1693 war er beteiligt. Dieses Ereignis ließ er später auf zahlreichen Medaillen glorifizieren.
Um die finanziellen Belastungen in Friedenszeiten ausgleichen zu können, verlieh er, wie auch andere Fürsten seiner Zeit, Soldaten gegen hoheSubsidiengelder an Krieg führende Mächte, so zum Beispiel im Jahr 1687 an dieRepublik Venedig zum Einsatz gegen dieOsmanen.[14] Ohne diese Option hätte Karl seine Armee nur in Kriegszeiten aufstellen können, aber selbst dann musste er die verbündeten Kriegsmächte Niederlande und England darum bitten, einen Teil der Heerkosten zu übernehmen. DerSoldatenhandel verbesserte zwar die Finanzen des Landgrafen, erhöhte aber nicht den Wohlstand der Bevölkerung, die von denRekrutierungen im Gegenteil sogar betroffen war. ImSpanischen Erbfolgekrieg sowie in den Feldzügen gegen das Osmanische Reich kämpfen hessische Truppen zum Teil unter der Führung von Karls Söhnen, von denen drei im Krieg starben. Der Landgraf selbst beteiligte sich nicht an den Feldzügen.
Zum Vorbild für Karl wurde ein anderes Ereignis: Im Jahr 1692 erhob der Kaiser denHerzog zu Braunschweig und Lüneburg,Ernst August, zumKurfürsten von Hannover. 1707, mitten im Spanischen Erbfolgekrieg, unternahm Karl erste konkrete Schritte, um die Kurwürde zu erlangen. Seine Gesandten versuchten mit Bestechungsgeldern dem Kaiser das sogenanntePrivilegium de non appellando abzuringen. Ein solches Privileg hätte bedeutet, dass Untertanen auf dem Gebiet der Landgrafschaft Hessen-Kassel nicht mehr an eine rechtsprechende Instanz des Reiches hätten appellieren können, die noch über dem Gericht des Landgrafen stand. Somit hätte sich beispielsweise derReichshofrat in Wien nicht mehr in innere Angelegenheiten der Landgrafschaft einmischen können. Der Reichsvizekanzler,Friedrich Karl von Schönborn, riet dem Kaiser davon ab, die Reichsjustiz weiter einschränken zu lassen. Damit scheiterte der Versuch Karls, zum Kurfürsten aufzusteigen, endgültig. Die Kurwürde für die Landesherren der Landgrafschaft Hessen-Kassel konnte erstWilhelm IX. im Jahr 1803 erreichen.[13]
Im Jahre 1685 überließ Karl seinem jüngeren BruderPhilipp alsParagium die ehemaligeVogtei Kreuzberg mit dem nach derReformation aufgehobenen Kloster Kreuzberg. Diese kleine Herrschaft wurde nach dem dann auf der Grundlage des ehemaligen Klosters von Philipp in Kreuzberg (heute:Philippsthal) erbautenSchloss Philippsthal als LandgrafschaftHessen-Philippsthal bezeichnet.
Alsabsolutistisch regierender Monarch musste Karl seinen Herrschaftsanspruch gegenüber auswärtigen Fürsten, Gesandtschaften und seinen Untertanen durch eine prunkvolleBarockarchitektur verbildlichen.[16] Er verzichtete dabei auf den Bau eines neuen Schlosses, obwohl es durchaus Pläne hierfür gab und das bestehendeStadtschloss Kassel teilweise neu ausgestattet wurde. Vielmehr aber lagen die Neubauprojekte Karls vor den Toren der Residenzstadt Kassel.

Ab 1696 begann der Landgraf oberhalb des altenJagdschlosses Weißenstein die Arbeiten an einer riesigen barocken Parkanlage, die sich mitVersailles, der Residenz des französischen Sonnenkönigs,Ludwig XIV., messen sollte.[17] Die Parkanlage am Karlsberg, der spätereBergpark Wilhelmshöhe amHabichtswald im Westen vonKassel, sollte von der politischen und wirtschaftlichen Bedeutung derLandgrafschaft Hessen-Kassel künden.
Um Anregungen für die von ihm am Karlsberg vorgesehenen Wasserspiele zu bekommen, begann Karl eine viermonatige Reise nach Italien. Da er, anders als an den europäischen Fürstenhöfen üblich, noch keineGrand Tour unternommen hatte, wollte der Landgraf im Dezember 1699 mit der Italienreise endlich sein großes Interesse an derAntike stillen. Der Landgraf besichtigte Kirchen, Kunstsammlungen, Paläste und Gärten.[18] Am 1. Februar 1700 sah Karl im römischenPalazzo Farnese die lebensgroße SkulpturHerkules Farnese. Die Figur sollte 14 Jahre später als Vorlage für denKasseler Herkules dienen. Die mythologische Figur desHerakles verkörperte seit derRenaissance die Tugenden eines gerechten, weisen und starken Herrschers. Indem Karl eine Sichtachse zwischen dem Herkules und dem Jagdschloss Weißenstein anlegen ließ, setzte er sich symbolisch mit dem griechischen Halbgott Herkules gleich, womit er seine besonderen Herrscherqualitäten hervorheben wollte. Eine solche Fürsteninszenierung war typisch für die Zeit desBarock. Gleichzeitig sollte das über die Kaskaden den Berg hinunterfließende Wasser die Herrschaft Karls über die Natur demonstrieren: Als absolutistischer Fürst zwinge er selbst der wilden und unberechenbaren Natur seine monarchische Ordnung auf. Im Jahr 1701 berief Karl den italienischen ArchitektenGiovanni Francesco Guerniero ausRom nach Kassel.[19] Guerniero entwarf Grottenanlagen und Kaskaden, die bis zum heutigenSchloss Wilhelmshöhe hätten reichen sollen. An dessen Stelle plante der Landgraf ein Schloss im italienischen Stil. Aus finanziellen Gründen konnte Karl das geplante Schloss nie verwirklichen. Lediglich das obere Drittel der Wasserspiele ging 1714 in Betrieb. Seit 2013 gelten die Wasserspiele mit Herkules und Oktogon alsWeltkulturerbe der UNESCO.


Unter Karls Herrschaft wurde die Moritzaue nahe der Stadt großflächig zur heute noch bestehendenKarlsaue erweitert und dieOrangerie erbaut. 1718 gab Karl dasMarmorbad in Auftrag. Die hierfür notwendigen Skulpturen sollte der bereits 1714 aus Rom nach Kassel berufene französische BildhauerPierre-Étienne Monnot anfertigen.[20] Der Landgraf verschaffte sich einen Eindruck von den künstlerischen Fähigkeiten Monnots, indem er diesen dazu aufforderte, ihm Wachsmodelle der geplanten Marmorreliefs vorzulegen. Erst nach der Fertigstellung und seiner persönlichen Begutachtung des Werkes im Jahr 1722 genehmigte Karl die kostspielige Überführung von Skulpturen des Bildhauers aus Rom nach Kassel, die Karl bisher nur als Skizzen zu Gesicht bekommen hatte. Der Repräsentationsraum des Marmorbades wurde nie zum Baden genutzt, sondern legte vom Kunstgeschmack und dem hohen Bildungsgrad Karls über antikeMythologie Zeugnis ab. Es diente wie der Herkules und die Wasserspiele allein der Selbstdarstellung Karls. 1729 führte Karl den englischen König undKurfürst vonBraunschweig-Lüneburg (Hannover)Georg II. in das Marmorbad.
Die heute nicht mehr vorhandenen Wohnräume des Landgrafen Karl im 1811 abgebranntenStadtschloss Kassel bestanden aus der im Barock üblichen Raumabfolge, zu der ein Vorzimmer, ein Schlafzimmer, eine Garderobe und das Kabinett gehörten. Im Rahmen des höfischen Zeremoniells kam ihnen eine abgestufte Bedeutung zu. Je weiter der Gesandte oder Fürst vorgelassen wurde, desto höher war sein Rang.[19] Das Vorzimmer war der öffentlichste, das Kabinett der exklusivste Bereich.
Um seinen Staatzentralistisch führen zu können, war der Landgraf auf ein gut qualifiziertes Beamtenwesen angewiesen. Zu diesem Zweck führte Karl am 1. Februar 1726 per Dekret dieallgemeine Schulpflicht in der Landgrafschaft ein. Lesen, Schreiben, Beten und Singen sollten gelehrt werden.[21] Auch wenn der Staat die Schulpflicht erst rund 100 Jahre später voll durchsetzen konnte, erhielt der Unterricht bereits derart starken Zulauf, dass weder Lehrer noch Schulräume dem Andrang gewachsen waren.
Auf Veranlassung des historisch interessierten Landgrafen begannen 1709 auf derMader Heide erste archäologische Ausgrabungen.
Als strenggläubigerCalvinist legte Karl Wert darauf, dass seine Untertanen am Sonntag den Gottesdienst besuchten oder an anderen religiösen Zeremonien teilnahmen. Aus diesem Grund erließ Karl am 28. Februar 1672 mit der sogenanntenSabbaths-Ordnung ein generelles Verkaufsverbot an Sonntagen, das für alle Plätze und Straßen in Kassel Gültigkeit hatte.[22] Allerdings belegen spätere Verordnungen desselben Inhaltes, dass die Einwohner sich die verordneten Eingriffe des Landgrafen in ihr Alltagsleben nicht gefallen ließen. Bereits am 21. Mai 1683 erließ Karl dieOrdnung gegen die Entheiligung der Bet-, Fest-, Feier-, Sabbath- und Sonntage.
| Moritz Landgraf von Hessen-Kassel (1572–1632) | |||||||||||||
| Wilhelm V. Landgraf von Hessen-Kassel (1602–1637) | |||||||||||||
| Agnes zu Solms-Laubach (1578–1602) | |||||||||||||
| Wilhelm VI. Landgraf von Hessen-Kassel (1629–1663) | |||||||||||||
| Philipp Ludwig II. von Hanau-Münzenberg (1576–1612) | |||||||||||||
| Amalie Elisabeth von Hanau-Münzenberg (1602–1651) | |||||||||||||
| Katharina Belgica von Oranien-Nassau (1578–1648) | |||||||||||||
| Karl Landgraf von Hessen-Kassel | |||||||||||||
| Johann Sigismund Kurfürst von Brandenburg (1572–1620) | |||||||||||||
| Georg Wilhelm Kurfürst von Brandenburg (1595–1640) | |||||||||||||
| Anna von Preußen (1576–1625) | |||||||||||||
| Hedwig Sophie von Brandenburg (1623–1683) | |||||||||||||
| Friedrich IV. Kurfürst von der Pfalz (1574–1610) | |||||||||||||
| Elisabeth Charlotte von der Pfalz (1597–1660) | |||||||||||||
| Luise Juliana von Oranien-Nassau (1576–1644) | |||||||||||||
Karl war verheiratet mit seiner CousineAmalia von Kurland (1653–1711), Tochter des HerzogsJakob Kettler von Kurland und Schwester seiner Mutter,Luise Charlotte von Brandenburg, und hatte mit ihr folgende Kinder:
Eine Nebenbeziehung unterhielt er nach dem Tod seiner Frau von 1713 an mitJeanne Marguerite de Frere, Marquise de Langallerie. Aus ihr ging ein Sohn hervor, Charles Frederic Philippe de Gentil, Marquis de Langallerie, der früh verstarb. Karl sicherte im selben Zusammenhang die finanzielle Existenz der Kinder, die dieMätresse mitbrachte.
Mätresse und Vertraute nach der Marquise de Langallerie warBarbara Christine von Bernhold (1690–1756), die unter Karls Sohn Wilhelm VIII. zurGroßhofmeisterin aufstieg und 1742 von KaiserKarl VII. zurReichsgräfin erhoben wurde.
| Vorgänger | Amt | Nachfolger |
|---|---|---|
| Wilhelm VII. | Landgraf von Hessen-Kassel 1670–1730 | Friedrich I. |
| Personendaten | |
|---|---|
| NAME | Karl |
| ALTERNATIVNAMEN | Hessen-Kassel, Karl von (vollständiger Name) |
| KURZBESCHREIBUNG | Landgraf von Hessen-Kassel |
| GEBURTSDATUM | 3. August 1654 |
| GEBURTSORT | Kassel |
| STERBEDATUM | 23. März 1730 |
| STERBEORT | Kassel |