Der Gebrauch des Namens Kanaan ist noch unterSeleukos I. belegt, der sich selbst als „der L’dk’ in Kanaan“ nannte. Dierömische Besatzung ersetzte „Kanaan“ durch die BezeichnungSyria, dessen Grenzen weder mit der Ausdehnung des früheren Kanaan übereinstimmten noch mit den Grenzen des heutigenSyrien.
Die Bedeutung des Namens Kanaan bleibt unklar. In ägyptischen Texten ist er meist mit negativen Titulierungen belegt: „Räuber und Kanaanäer, rebellische Bewohner in Kanaan“.
Die Ableitung von der WurzelKN‘ der erst später belegtenaramäischen, hebräischen und arabischen Sprache ermöglicht Deutungen im Sinne von: „sich krümmend, gekrümmt, gedemütigt, unterworfen, zurückgezogen“.[1]
Die urbane Entwicklung der Region erfolgte deutlich nach jener in Ägypten und Mesopotamien. Ausnahmen warenJericho undEn Esur. Die ersten anderen Städte in der südlichenLevante dürften um 2100 v. Chr. gegründet und wieder aufgegeben worden sein, Handelsrouten zwischen den Hochkulturen blieben aber bestehen. Bereits zu diesem Zeitpunkt werden dieAmurriter insumerischen Quellen als Bewohner der Levante genannt.
Der älteste archäologische Fund, der Kanaan wortwörtlich erwähnt, ist die Statue vonIdrimi, dem König vonAlalach im heutigenHatay. Auf dieser wird die Lebensgeschichte Idrimis erzählt, der als politischer Flüchtling nach Kanaan zog. „In Kanaan liegt Ammija. In Ammija weilten auch Leute aus“ der Heimat Idrimis, die ihn zu ihrem Anführer ausriefen und schließlich nach Alalach segelten und die Stadt eroberten. Der König und die Inschrift werden allgemein auf rund 1450 v. Chr. datiert. Erwähnt als Bewohner Kanaans werden dieApiru.[2]
Eine wichtige Quelle für die Region sind dieAmarna-Briefe, die etwa 1350 v. Chr. unter König (Pharao)Echnaton (Amenophis IV.) von verschiedenen Gouverneuren verfasst wurden. Aus dem Raum Kanaan ist ein Brief von Labaju vonSichem, einem Vasallen des Pharaos, erhalten. Dieser schreibt: „Der König hat betreffs (der Auslieferung) meines Sohnes Botschaft gesandt. Ich wusste nicht, dass mein Sohn mit den ḫapiru-Männern herumzieht.“[3] (Brief EA 254) Die in den Briefen als „Gesetzlose“ bezeichneten Halbnomaden waren zu diesem Zeitpunkt eine schlagkräftige Truppe, die die Vasallenstadtstaaten des Pharaos bedrohten. Der Brief zeigt auch, dass die Vasallen mit den Apiru kooperierten, wenn es ihnen gerade gelegen erschien.
In Brief EA 8 fordert Burna-buriaš II. von Babylonien bei König Echnaton Schadenersatz für einen Überfall auf eine Handelsgesandtschaft, die in Kanaan überfallen worden sei, da dieses „zu Ägypten gehört“.[4]
Auch ausUgarit,Aššur undḪattuša sind Textzeugnisse über Kanaan bekannt, die erkennbar machen, dass die lokalen Herrscher Vasallen der ägyptischen Pharaonen waren.
Im 2. Jahrtausend v. Chr. befand sich Kanaan zum größten Teil unter ägyptischer Herrschaft, bis die Ägypter mit Auftauchen der „Seevölker“ ab dem 12. Jahrhundert v. Chr. nach und nach die Kontrolle über die Levante verloren. Den veränderten politischen Verhältnissen trug die damalige neue geografische Zuordnung durchÄgypten Rechnung. Während unter dem PharaoMerenptah Kanaan noch als eigenständiges Gebiet genannt wurde, erfolgte unterRamses III. die politische Zuordnung in die Oberhoheit derPhilister: „Bote nach Kanaan im Lande Palastu“.
Etwas zeitversetzt drangen dieAramäer aus Syrien nach Süden vor. Gleichzeitig traten in den ägyptischen Quellen „neue“ Gruppen in Kanaan selbst auf: dieIsraeliten (Landnahme) in Zentralisrael und andere Völker an der Peripherie des Kulturlandes wie dieMoabiter. In einer Zeit nachlassenden äußeren Drucks konnten sich mehrere einheimische Staaten ausbilden, was in der Folge mit einer ausgeprägtenEthnogenese verbunden war. Dem israelitischen Staat der frühen Könige steht bei denPhöniziern undPhilistern kein vergleichbarer Trend zum „Flächenstaat“ entgegen, hier bildeten weiterhinStadtstaaten die größten politischen Einheiten.
Zum ersten Mal in der Bibel taucht der Personenname Kanaan, hebräisch כְּנָֽעַן, in1. Mose 9,18 EU auf. Dort wird er als Sohn desHam erwähnt, der wiederum einer der drei SöhneNoahs gewesen sei. Ausdrücklich als Sohn Hams erscheintKanaan wieder inGenesis 10,6 EU. InGen 10,15–19 EU werden als seine „Nachkommen“ die phönizische StadtSidon, weiterhinHeth und neun weitere Völkernamen aufgezählt, wodurch eine Verbindung zwischen Kanaan und Phönizien nahegelegt wird.
Nach dem Bericht des 1. Buches Mose (Kapitel 12 ff.) bezeichnet das Land Kanaan dasAbraham und seinen Nachkommen versprochene Land (Gelobtes Land). Neben der summarischen BezeichnungKanaan für die nichtisraelitische Vorbevölkerung des Landes werden diese auch summarisch alsKinder Heths bzw.Hethiter (z. B.Gen 27,46 EU) oder alsAmoriter (z. B.Gen 15,16 EU) bezeichnet. Es werden inDeut 7,1 EU sieben Völkernamen zusammengestellt: die Hethiter,Girgaschiter, Amoriter, Kanaaniter (im engeren Sinne),Perisiter,Hiwiter undJebusiter, vgl. auch bereitsGen 15,19–20 EU.
Auf die an Abraham nach dem Bericht derGenesis inMesopotamien ergangene Verheißung folgte nach dem biblischen Bericht die friedliche Einwanderung der Vorfahren der Israeliten, die damit neben den Kanaanitern im Land gelebt haben (Gen 12,5–6 EU). Erst nach demAuszug aus Ägypten, also Jahrhunderte später, nahm das Volk Israel schließlich das Land ein und vertrieb die Kanaaniter, wenn auch nicht vollständig (Ri 1,27–33 EU), auf Geheiß Gottes. Gott hatte ihnen dieses Land verheißen und gegeben (Gen 17,8 EU). AuchPaulus berichtet davon:Und nachdem er sieben Nationen im Land Kanaan vertilgt hatte, ließ er sie deren Land erbenApg 13,19 EU.
Die Warnung vor denFruchtbarkeitsgöttern Kanaans, vor allemBa’al (Bel) in allen seinen Varianten, ihren Riten und Bildern, den in der Bibel erwähnten Kulthöhen, Stier- und Kalbsgötzen (Goldenes Kalb), durchzieht verschiedene Bücher desTanach. Für Israel in der ZeitSalomos ist die Verehrung der Liebesgöttin (Ascherat) belegt (siehe hierzu auch Kanaanitische bzw.Ugaritische Religion).
In der Bibel wird im 2. Buch Mose von Kanaan als dem Land gesprochen, in dem „Milch und Honig fließen“2. Mose 3,8 EU.
Wayne Horowitz, Takayoshi Oshima:Cuneiform in Canaan. Cuneiform Sources from the Land of Israel in Ancient Times. Israel Exploration Society, Jerusalem 2006,ISBN 965-221-062-5.
Israel Finkelstein:What the Biblical Authors knew about Canaan before and in the Early Days of the Hebrew Kingdoms. In: Wilfred Watson, Nicolas Wyatt (Hrsg.):Ugarit-Forschungen. Internationales Jahrbuch für die Altertumskunde Syrien-Palästinas. Band 48, Münster 2017, S. 173–198 (Digitalisat).
Dieter Vieweger:Geschichte der biblischen Welt, I. Band: Paläolithikum bis Bronzezeit, II. Band: Eisenzeit. Gütersloher Verlag, Gütersloh 2019,ISBN 978-3-579-01479-1.
↑Nadav Na'aman:Canaan in the 2nd millennium B.C.E. Eisenbrauns, 2005,ISBN 978-1-57506-113-9.
↑Siehe dazu die amurritischen Personennamen in altbabylonischen Texten aus Hazor, W. Horowitz, A. Shaffer:An Administrative Tablet from Hazor: A Preliminary Edition. In:Israel Exploration Journal. Bd. 42, 1992, S. 21–33.