Juan Manuel Fangio (ˈxwan maˈnwel ˈfaŋxjo; *24. Juni1911 inBalcarce; †17. Juli1995 inBuenos Aires) war einargentinischerAutomobilrennfahrer. Er prägte die Anfangsjahre derFormel 1 und wurde in dieser Klasse fünfmalWeltmeister – ein Rekord, der erst im Jahr 2003 vonMichael Schumacher übertroffen wurde. Nicht zuletzt deshalb gilt Fangio bis heute als einer der erfolgreichsten und besten Rennfahrer in der Geschichte des Grand-Prix-Sports. Bei 51 Grand-Prix-Starts gewann Fangio 24 Mal, womit er 47 % seiner Rennen siegreich beendete, was bis heute eine unerreichte Erfolgsquote innerhalb der Formel 1 ist.
Fangio war der Sohn von Don Loreto und Herminia Fangio. Während seiner Schulzeit wollte er am liebsten Arzt werden, allerdings begeisterte er sich immer mehr für Autos und nahm bald an einem öffentlichen Rennen teil.
Seine Schulzeit begann, als er sechs Jahre alt war, und endete, als er mit elf Jahren Auszubildender in einem Metallgeschäft wurde. Schon bald bekam er einen Job in einer Autowerkstatt, bei dem er das erste Mal Kontakt zu diesen „höllischen Maschinen“ aufnahm. Mit dem Reinigen und Reparieren der Teile erwarb er eine lebenslange Faszination für Automechanik. Mit 13 Jahren wurde er Schlosserlehrling. Zu seiner Freude bereitete dieser Betrieb auch Rennwagen vor. Auf diese Weise erweiterte er seine Kenntnisse in Mechanik um ein Vielfaches. Zu seinen Aufgaben gehörte es auch, mit Pick-Ups Auslieferungsfahrten in benachbarte Städte zu machen.
Fangio startete vor demZweiten Weltkrieg beiRallye-Veranstaltungen inSüdamerika, wobei bei einem Unfall sein Beifahrer Daniel Urrutia getötet wurde. Fortan fuhr er wenn möglich nur noch allein, auch beiSportwagenrennen in Europa.
1949 kam Fangio nach Europa und gewann1949 auf Anhieb denGran Premio di San Remo inItalien. Noch im selben Jahr bekam er einen Vertrag imWerksteam vonMaserati. Für den Hersteller ausModena fuhr er auf dem4CLT bereits nach kurzer Zeit Erfolge ein und wurde für dieSaison 1950, in der zum ersten Mal die Fahrerweltmeisterschaft ausgetragen wurde, vonAlfa Romeo engagiert. 1950 gewann Fangio drei Grands Prix und wurde hinterGiuseppe Farina Vizeweltmeister.
Schon bald stellte sich heraus, dass „El Chueco“ („Der Krummbeinige“) trotz seiner fast 40 Jahre der Konkurrenz an fahrerischem Können und taktischem Geschick überlegen war. So wurde Fangio1951 auf derAlfetta mit 37 Punkten zum ersten Mal Weltmeister. 1952 fuhr Fangio einige Rennen für das britischeB.R.M.-Team, erzielte aber mit dem komplizierten und unzuverlässigen, als Gemeinschaftsprojekt entwickeltenB.R.M. P15 keine Erfolge. Nachdem Fangio inMonza einen schweren Unfall erlitten hatte, fiel er für ein halbes Jahr aus.1953 fuhr er wieder für Maserati, konnte aber nur einen WM-Lauf für sich entscheiden. Sein schärfster Konkurrent in diesem Jahr warAlberto Ascari, der mit einem deutlich überlegenenFerrari 500 unterwegs war. Fangio wurde hinter Ascari Vizeweltmeister 1953. Imselben Jahr gewann er fürLancia dieCarrera Panamericana.
ZurSaison 1954 wurde Juan Manuel Fangio vonMercedes-Benz als Fahrer verpflichtet. Die neuen Rennwagen, mit denen das Werk in den Grand-Prix-Sport zurückkehren wollte, wurden jedoch erst zumGrand Prix von Frankreich fertig. Um die Chancen auf die Weltmeisterschaft nicht zu riskieren, fuhr Fangio die ersten Saisonrennen inArgentinien undBelgien für Maserati. Mit insgesamt sechs Saisonsiegen gewann er überlegen zum zweiten Mal die Weltmeisterschaft. Daraufhin wurde er alsArgentiniens Sportler des Jahres 1954 ausgezeichnet.[1]
Auch1955 fuhr Fangio einenMercedes-Benz W 196 und wurde mit 40 Punkten und vier Saisonsiegen ein drittes Mal Weltmeister. Zum Saisonende zog sich Mercedes zurück. Der Vorstand hatte die Entscheidung zum Rückzug am Jahresende schon im Frühjahr 1955 getroffen[2] und Fangio wechselte zurScuderia Ferrari.1956 wurde er mit diesem Team zum vierten Mal Weltmeister.
ZurSaison 1957 wechselte Fangio erneut zum Maserati-Team, mit dem er auf einem250F zum fünften Mal Weltmeister wurde. Im gleichen Jahr zeigte er seine wohl begeisterndste Leistung am 4. August 1957 beimGroßen Preis von Deutschland auf demNürburgring, als er einen durch einen verpatzten Boxenstopp verursachten scheinbar aussichtslosen Rückstand auf seine KonkurrentenMike Hawthorn undPeter Collins dadurch aufholte, dass er immer neue Rundenrekorde fuhr. Fangio beendete das Rennen als Sieger und sicherte sich so seinen fünften WM-Titel.
Am 26. Februar 1958 wurde Fangio aufKuba von derBewegung des 26. Juli (Fidel Castro) entführt. Statt an einem vom kubanischen DiktatorFulgencio Batista veranstalteten Sportwagen-Rennen inHavanna teilzunehmen, musste er die Zeit bei den Revolutionären verbringen. Nach seiner Freilassung am nächsten Tag berichtete er vor der Weltpresse von guter Behandlung.
Zurück in Argentinien, absolvierte Fangio 1961 die Fahrprüfung,[3][4] denn ungeachtet seiner Erfolge und seines Talents hatte Fangio während seiner gesamten Motorsportkarriere nie einenFührerschein besessen.[5]
Fangio blieb auch nach dem Abschluss seiner aktiven Rennkarriere der Marke Mercedes-Benz verbunden und baute in seinem Heimatland Argentinien ein Motorenwerk für dasStuttgarter Unternehmen auf. Ab 1974 war er als Präsident der Mercedes-Benz Argentina S. A. tätig und wurde 1984 als deren Ehrenpräsident auf Lebenszeit ernannt.
Am 17. Juni 1986 gründete Fangio gemeinsam mit seinem Freund Juan Manuel Bordeu die Stiftung (Fundación) Juan Manuel Fangio, die noch im selben Jahr dasMuseo Juan Manuel Fangio eröffnete, ein Museum mit der Zielsetzung, das sportliche Erbe Fangios zu pflegen und zu bewahren.[6]
Fangio im Mercedes-Benz W 196 bei einer Demonstrationsrunde 1977 auf dem Nürburgring
Etwa ab seinem 60. Lebensjahr musste Fangio mit einem zunehmend schlechteren Gesundheitszustand kämpfen. In den Jahren 1970 und 1981 erlitt er zwei Herzinfarkte. Im folgenden Jahr erhielt er fünfaortokoronare Venenbypässe (ACVB). Ende der 1980er Jahre wurde einchronisches Nierenversagen diagnostiziert, das ihn schließlichdialysepflichtig machte. Nachdem sich obendrein motorische Probleme und Bewusstseinsstörungen eingestellt hatten, zog er sich schließlich ganz aus der Öffentlichkeit zurück.
Im Juli 1995 erkrankte Juan Manuel Fangio an einerLungenentzündung, was nach einem zusätzlichenHerzinfarkt in einMultiorganversagen mündete. Als letztendliche Ursache seines Todes am 17. Juli 1995 wurde einNierenversagen angegeben. Fangio wurde auf der Familiengrabstätte des „Cementerio de Balcarce“ in seiner Heimatstadt Buenos Aires beigesetzt. Seine Sargträger waren sein jüngerer Bruder Ruben Renato („Toto“), die ehemaligen Formel-1-PilotenStirling Moss,Jackie Stewart,José Froilán González undCarlos Reutemann sowie der damalige Präsident von Mercedes-Benz Argentina, Axel Arent.[7][6] Die Trauerreden hielten Werner Lechner von Mercedes-Benz und Luis Barragan von der Stiftung (Fundación) Juan Manuel Fangio.
Juan Manuel Fangio war nie verheiratet und erkannte lebenslang keinerlei Vaterschaft an. Allerdings unterhielt er über zwanzig Jahre lang (bis 1960) eine Liebesbeziehung mit Andrea „Beba“ Berruet verh. Espinoza, die 1938 einen Sohn zur Welt brachte, Oscar Espinoza, der offiziell als Sohn von Berruets Ehemann Alcides Espinoza galt. Oscar Espinoza wurde ebenfalls Rennfahrer, trat jedoch zeitweilig unter dem Namen Oscar Fangio an, was Juan Manuel Fangio tolerierte. Da er aber stets die Vaterschaft bestritt, ging Oscar Espinoza gerichtlich gegen ihn vor, scheiterte jedoch in zwei Instanzen. Damit wurde ihm untersagt, den Zunamen Fangio zu führen.[8]
Im Jahr 2005 reichte der 1942 geborene Rubén Vázquez ebenfalls eine Vaterschaftsklage ein, nachdem ihm seine Mutter Catalina Basili mitgeteilt hatte, Fangio – der zugleich sein Taufpate war – sei sein Vater. Im Verlauf dieses Prozesses wurde schließlich dieExhumierung der Leiche Fangios zur Gewebeentnahme für eineDNA-Analyse gerichtlich angeordnet, was dann schließlich im August 2015 geschah. Tatsächlich bestätigte dieser Test, dass sowohl Espinoza als auch Vázquez mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit (99,99 % in beiden Fällen) Fangios Söhne sind.[9]
Schließlich wurde im Jahr 2021, ebenfalls über einen DNA-Test, nachgewiesen, dass Fangio noch einen dritten Sohn hat, nämlich den 1945 von der damals erst 16-jährigen Susana Rodríguez geborenen Juan Carlos Rodríguez.[10] Alle drei Söhne Fangios tragen nun dessen Zunamen und sind seine Erben.[11]
Bedeutende Formel-1-Fahrer zollten Fangio größten Respekt, darunterAyrton Senna[12],Michael Schumacher[13] undLewis Hamilton[14], welch Letztere seinen Rekord an Weltmeisterschaften schließlich übertrafen. Alle Genannten stuften seine Leistungen höher ein als ihre eigenen.
1980 wurde er von derInternational Racing Press Association zum „besten Rennfahrer aller Zeiten“ gewählt. Ähnliche Ergebnisse gab es auch bei späteren, vergleichbaren Umfragen und Untersuchungen.
Die britische ZeitschriftThe Economist unterzog die erfolgreichsten Formel-1-Piloten aller Zeiten im Jahr 2020 einemRating, bei dem ihre Leistungen in fünferlei Hinsicht beurteilt wurden: Erwartete Siege, Geschwindigkeit (unter Berücksichtigung der verschiedenen Epochen und Fahrzeuge), Agilität (Fähigkeit, sich auf Veränderungen wie z. B. neue Autos einzustellen), Dominanz (gegenüber ihren jeweiligen Rivalen) und Leistungskonsistenz. Hierbei erreichte Fangio die Spitzenposition vor Lewis Hamilton und Michael Schumacher.[15]
Schon zu Lebzeiten wurden Fangio zahlreiche Ehrungen in aller Welt zuteil. In Argentinien wird er von vielen als der größte Sportler gesehen, den das Land je hervorgebracht hat. Im Folgenden ist eine kleine Auswahl der Ehrungen aufgelistet:[6]
Bereits 1962 wurde er Ehrenpräsident desClub International des Anciens Pilotes deGrand Prix F1, des internationalen Clubs der ehemaligen Grand-Prix-Piloten.
1969 bekam er den Verdienstorden der italienischen Republik (Ordine al Merito della Repubblica Italiana) verliehen.
1972 wurde in seinem Geburtsort Balcarce eine Rennstrecke nach ihm benannt.
Im September 1989 wurde Fangio mit dem „Adler von Buenos Aires“ (Aguila de Buenos Aires) des St.-Martin-Ordens ausgezeichnet.[6]
DieFundación Renault der inCórdoba produzierenden argentinischenRenault-Tochter ernannte ihn 1990 zum Ehrenpräsidenten.
Zum 75. Geburtstag des Nürburgrings schuf derkatalanische Künstler Joaquim Ros Sabaté (* 1936) im Jahr 2002 eine lebensgroße und mehrere Tonnen schwere Bronzeskulptur; Auftraggeber waren Mercedes-Benz, die Fundación Juan Manuel Fangio (Balcare, Argentinien) sowie das spanische MineralölunternehmenRepsol. DiePlastik stellt Fangio neben seinem Mercedes-Benz W 196 dar, mit dem er 1955 Weltmeister wurde.[16] Drei originalgetreue Repliken dieser Skulptur befinden sich an europäischen Formel-1-Rennstrecken:Circuit de Barcelona-Catalunya (Montmeló,Spanien),Circuit de Monaco (Monte Carlo,Monaco) undAutodromo Nazionale di Monza (Monza, Italien); zwei weitere Kopien stehen amMercedes-Benz-Museum inStuttgart-Untertürkheim sowie in Buenos Aires.
Fangio – Der Mann, der die Maschinen zähmte. (Originaltitel:Fangio: El hombre que domaba las máquinas). 92 Min. Regie: Francisco Macri. Drehbuch: Luciano Origlio, Rodrigo H. Vila. Argentinien 2020.[17][18]
↑Anekdotische Tatsache erwähnt in „Fangio & Mercedes Benz – Bündnis der Besten“, Hartmut Lehbrin, Heel-Verlag, Text in Deutsch und Englisch, 192 Seiten, 200 Abbildungen,ISBN 978-3-86852-551-9
↑Seit 2015 hat die FIA beschlossen, eine neue Regel in der Formel 1 einzuführen: Fahrer müssen mindestens 18 Jahre alt sein und den Führerschein bestanden haben.
↑F1's greatest drivers - Juan Manuel Fangio. In:BBC Sport. (bbc.com [abgerufen am 8. Juni 2023]).
↑Schumi: Fangio was greater than me. 12. Oktober 2003 (bbc.co.uk [abgerufen am 8. Juni 2023]).
↑Press Association:Lewis Hamilton hails Formula One ‘Godfather’ Juan Manuel Fangio. In:The Guardian. 18. Oktober 2018,ISSN0261-3077 (theguardian.com [abgerufen am 8. Juni 2023]).