
John Jay McCloy (*31. März1895 inPhiladelphia,Pennsylvania; †11. März1989 inStamford,Connecticut) war einUS-amerikanischerJurist,Politiker und Bankier. Während desZweiten Weltkrieges war erUnterstaatssekretär imUS-Kriegsministerium. Von 1947 bis 1949 war er Präsident derWeltbank. AlsHoher Kommissar der USA und somit deren höchster Vertreter in der neu gegründetenBundesrepublik Deutschland war er von 1949 bis 1952 maßgeblich am politischen und wirtschaftlichenWiederaufbauNachkriegsdeutschlands beteiligt. Von 1953 bis 1960 war er Vorstandsvorsitzender derChase Manhattan Bank, danach in verschiedenen Feldern der Wirtschaft und Politikberatung tätig.
John Jay Snader McCloy wurde am 31. März 1895 in Philadelphia als Sohn des Versicherungsangestellten John Jay McCloy und Anna May Snader McCloy geboren.[1] Als er vier Jahre alt war, starb sein Bruder William, zwei Jahre später der Vater. Er besuchte zunächst die QuäkerschuleMaplewood, von 1907 bis 1912 diePeddie School inNew Jersey, machte anschließend mit Hilfe eines Stipendiums seinen Studienabschluss auf dem renommierten privatenAmherst College und schrieb sich 1916 bei derHarvard University in die juristische FakultätHarvard Law School ein. Die Universitätsausbildung musste er durch denErsten Weltkrieg vorerst unterbrechen. 1917 wurde erLeutnant derUS-Armee, ein Jahr später wurde er zumHauptmann befördert. Von 1918 bis 1919 diente er demExpeditionskorpsAmerican Expeditionary Forces inFrankreich und Deutschland. Nach der Rückkehr in die USA setzte er sein Studium in Harvard fort und erlangte 1921 einenAbschluss der Rechtswissenschaften.
Nach seinem Studium begann McCloy im August 1921 seine Anwalt- und Bankerkarriere bei der 1792 gegründeten, ältesten Sozietät der USA, der prestigeträchtigenNew Yorker WirtschaftskanzleiCadwalader Wickersham & Taft inLower Manhattan. Im Dezember 1924 wechselte er zur ebenfalls angesehenen AnwaltskanzleiCravath, Henderson & de Gerssdorff.
Kurz nach seinem Eintritt in die KanzleiCravath, Henderson & de Gerssdorff beteiligte diese sich mit derJP Morgan Bank an einem 110-Mio.-Dollar-Kredit an die damalige deutsche Regierung. Er reiste für die Investmentbank häufig nach Frankreich, Italien und Deutschland, da JP Morgan wie auch andere Wall-Street-Häuser Interesse am Wiederaufbau Europas hatten.
Während McCloy mittlerweile als Sozius in der Pariser Dependance vonCravath, Henderson & de Gerssdorff arbeitete, heiratete er am 25. April 1930 die Deutsch-Amerikanerin Ellen Zinsser, eine Cousine vonKonrad Adenauers EhefrauAuguste Adenauer, geborene Zinsser. In den 1930er Jahren repräsentierte er als Firmenanwalt unter anderem die Rockefellers, den Gründer der US-ZentralbankFEDPaul Warburg sowie dieJP Morgan Bank, bei der sein Schwager John Zinsser mittlerweile im Vorstand saß.
Anschließend lebte er für ein Jahr inItalien und versorgte das diktatorische Regime des italienischen StaatsführersBenito Mussolini mit Krediten. Hauptaufgabe zu dieser Zeit war die Vergabe von umfangreichen Krediten an die Regierungen in Deutschland und Italien, bei der er in Verbindung mit deren faschistischen Führern stand. Neben Morgan und Rockefeller finanziertenDuPont,General Motors,IBM undFord diese Länder und viele Kredite gingen direkt an das seinerzeit weltgrößte ChemieunternehmenI.G. Farben mit Hauptsitz inFrankfurt am Main. Die I.G.-Farben-Vertretungen in Nordamerika waren Kunden vonCravath Henderson & de Gerssdorff und McCloy war der Verbindungsmann nach Europa.[2]
Zwischen 1931 und 1939 bearbeitete McCloy denBlack-Tom-Fall, einen Sabotagefall aus dem Ersten Weltkrieg. McCloy erbrachte den Beweis, dass deutsche Geheimagenten für den Fall verantwortlich waren, woraufhin dasHaager Schiedsgericht Deutschland zu einer Schadensersatzzahlung von 26 Millionen US-Dollar verurteilte. Während der mehrjährigen Recherche zur Klärung des komplizierten Sachverhalts reiste McCloy durch ganz Europa und verhandelte dabei auch persönlich mit Größen des NS-Regimes wieRudolf Heß undHermann Göring.[3] Bei seinen Ermittlungen zu der Affäre erlangte er auch tiefen Einblick in die Arbeit der Nachrichtendienste und wurde 1940 als Experte fürSpionageabwehr insUS-Kriegsministerium berufen.[4]

Zwischen 1941 und 1945 diente er alsUnterstaatssekretär (Assistant Secretary) im US-Kriegsministerium unter MinisterHenry L. Stimson. McCloy war durch seinen MentorElihu Root an Stimson vermittelt worden.[5] Von diesem wurde er mit einer Vielzahl unterschiedlicher Aufgaben betraut. Unter anderem beaufsichtigte McCloy die Planung desVerteidigungsministeriums der Vereinigten Staaten und verhandelte mit der US-Regierung über die Genehmigung dieses Projekts, er regelte die administrativen Einzelheiten des Ausbildungsprogramms derUS-Army und half, die Abteilung zu schaffen, die später die japanischen Geheimcodes entschlüsselte. Als Stimsons Verbindungsmann zum US-Außenministerium und zu denJoint Chiefs of Staff hatte er Einfluss auf die Außenpolitik sowie auf die Planung der meisten militär-strategischen Operationen an beiden Fronten. McCloy besuchte alle Kriegsschauplätze und arbeitete eng mit GeneralGeorge C. Marshall zusammen. McCloy sah die Aufhebung derRassentrennung in den US-Streitkräften zwar nicht als vorrangiges Ziel, unterstützte aber den afroamerikanischen BundesrichterWilliam H. Hastie bei der Abschaffung einer Reihe diskriminierender Maßnahmen. Der von ihm geleitete „Beratende Ausschuß für Farbige in der Truppe“, meist kurz nurMcCloy Committee genannt, empfahl im März 1944, vermehrt Einheiten mit schwarzen Soldaten an den Fronten einzusetzen, da McCloy von deren „kämpferischen Potential“ überzeugt war.[6][7]
InAlgerien wirkte er bei der Gründung des französischen Komitees für die nationale Befreiung mit. Zu seinen Zuständigkeiten gehörte auch das Programm zurInternierung von 120.000 US-Amerikanern japanischer Herkunft nach demAngriff auf Pearl Harbor. Noch in seiner Funktion als Staatssekretär gehörte McCloy zu einem kleinen Kreis von Personen, die von der Absicht der US-Regierung erfuhr,Atombomben in Japan einzusetzen. Er sprach sich dafür aus, die japanische Bevölkerung vor denAtombombenabwürfen zu warnen, konnte sich jedoch nicht durchsetzen.[8] McCloy verfasste anschließend die Kapitulationsartikel für Japan.
Im November 1944 sprach sich McCloy gegen eine von jüdischer Seite gewünschte Bombardierung desKZ Auschwitz-Birkenau aus, da aufgrund Reichweite nur schwere viermotorige Bomber den Auftrag hätten ausführen können und dafür rund 2000 Meilen über Feindgebiet ohne Jagdschutz hätten zurücklegen müssen. Für präzises Zerstören der Vernichtungsanlagen besser geeigneteJagd- oderSturzkampfbomber hatten nicht die erforderliche Reichweite. Der Einsatz der strategischen Luftstreitkräfte zur Zerstörung des feindlichen Industriepotentials sei vordringlich und ein möglichst schneller Sieg über Deutschland löse auch das Problem der Lager, so dass man alle Mittel darauf konzentrieren müsse.[9]
Roosevelt wollte McCloy 1945 alsHohen Kommissar nach Deutschland entsenden. Doch McCloy lehnte ab und schlug seinerseits den erfahrenen GeneralLucius D. Clay für diesen Posten vor.[6] Ab April 1945 war McCloy als Leiter der „Abteilung für Zivilangelegenheiten“ (engl.Civil Affairs Division) im Kriegsministerium an der Besetzung Deutschlands beteiligt. McCloy nahm als Unterhändler an den Konferenzen vonCasablanca,Kairo,San Francisco undPotsdam teil.

Im Anschluss an die Zeit als Staatssekretär kehrte er in seinen zivilen Beruf zurück und wurde 1945 Teilhaber der AnwaltskanzleiMilbank, Tweed, Hadley & McCloy. Für die Kanzlei war er bis zu seinem Tode im Jahre 1989 hauptsächlich als Lobbyist im Ölgeschäft tätig.
Von 1947 bis 1949 wurde McCloy Nachfolger des erfolglosenEugene Meyer als Präsident der 1946 gegründetenWeltbank, um den Ruf der Bank an derWall Street zu etablieren und sie zu einem wirkungsvollen Instrument der Wirtschaftsdiplomatie derRegierung Truman aufzubauen. Als Weltbankpräsident stand er in ständigem Kontakt mit den Problemen der Nachkriegswirtschaftspolitik. Europas Industrie und Handel sollten wieder aufgebaut werden, Anreize zur Modernisierung gesetzt werden und es galt Kreditprobleme zu vermeiden.[10]
McCloy war vom 2. September 1949 bis 1. August 1952 amerikanischerHochkommissar in Deutschland und damit Nachfolger desMilitärgouverneurs GeneralLucius D. Clay. In dieser Position, die seine Talente als Diplomat und Manager forderte, residierte er zunächst noch inBad Homburg vor der Höhe, später in derVilla Cappell inBad Godesberg.[11] McCloy förderte in dieser Funktion die Umsetzung desMarshallplans und die Integration der Bundesrepublik in den Westen. Wie bereits bei der Weltbank brachte McCloy sein Team von Experten mit nach Deutschland. Chauncey Parker, früher Anwalt beiCravath, Swaine & Moore und Weltbank-Berater wurde die Aufgabe übertragen, den Stab des Militärgouverneurs neu zu organisieren und zu reduzieren. Innerhalb weniger Monate schrumpfte das „Schattenkabinett“ auf einen kleinen Kreis von Beratern in den Schlüsselfragen Wirtschaft, Politik, Nachrichtendienste, militärische Sicherheit, Verwaltung und Recht zusammen. Einer der wichtigsten Berater war der Bankier und langjährige Freund McCloysBenjamin Buttenwieser, der zum „stellvertretenden Hochkommissar mit besonderer Verantwortung für finanzielle Fragen“ ernannt wurde. Leiter der Rechtsabteilung wurde der Professor derHarvard Law School Robert Bowie. Das „Amt für Arbeitsfragen“ übernahm der GewerkschaftsfunktionärHarvey Winfield Brown. Das „Amt für Öffentlichkeitsarbeit“ wurde 1950Shepard Stone übertragen, einem renommierten Journalisten derNew York Times.[12]
Der Kriegsveteran McCloy, der im Ersten Weltkrieg kurz vor dem Waffenstillstand an Gefechten in der Gegend vonKoblenz teilgenommen hatte, war nun erneut Teil einer amerikanischen Besatzungsmacht in Deutschland und sagte über diese Zeit: „Viele von uns, die während des Ersten Weltkriegs an der Besetzung Deutschlands beteiligt waren (…) hatten erfahren, wie bitter diese Besetzung war. Und wir alle hatten noch gut die Reparationsfrage, die Wiederbesetzung der Ruhr, die Schikanen, die Agitation und die Irritationen in Erinnerung, aus denenHitler, als er an die Macht kam, so Kapital schlagen konnte.“ McCloy hatte die Vision, dass das vom Krieg verwüstete Deutschland eines Tages seine Rolle als starke europäische Macht wieder einnehmen werde und dieses neue Deutschland unter einer ordentlichen politischen Führung in der westlichen demokratischen Werteordnung neu erblühen werde. McCloy traf bei seiner Ankunft in Deutschland auf moralische und physische Trümmerfelder und so begann er schnell, seine Vision in die Tat umzusetzen. Seine Aufgabe war es, wie esMarion Gräfin Dönhoff formulierte, „tagtäglich Entscheidungen zu treffen, die auf Jahre hinaus die Entwicklung bestimmten“. Der mit der Befreiung zurückgekehrte deutsch-jüdische BankierEric M. Warburg plädierte gegenüber McCloy dafür, dass die Demontage der deutschen Industriebetriebe völlig eingestellt werden müsse, denn sonst könne nichts Gutes aus Nachkriegsdeutschland erwachsen. Dieser reagierte zunächst ablehnend, verfügte aber schließlich doch den Demontage-Stopp für zwölf deutsche Industriekonzerne.[13]
McCloy setzte sich bereits früh fürordentliche Strafverfahren anstattStandgerichte gegen die deutschen Hauptkriegsverbrecher ein und wurde so ein Wegbereiter derNürnberger Prozesse. Als höchster Vertreter der Alliierten begnadigte er allerdings wieder 89 der verurteilten Kriegsverbrecher, was zu heftigen Kontroversen führte, von Seiten McCloys jedoch als „Geste der Versöhnung“ ausgelegt wurde. Am 31. Januar 1951 gab er die endgültigen Entscheidungen für die Gnadengesuche der in Nürnberg verurteilten Kriegsverbrecher bekannt. Nach Beratungen mit demAdvisory Board on Clemency, dem sogenannten „Peck Panel“ entschied sich McCloy in mehreren Fällen für eine drastische Verkürzung der Haftstrafen der Kriegsverbrecher, darunterFriedrich Flick,Alfried Krupp von Bohlen und Halbach undFritz ter Meer, wasEleanor Roosevelt dazu veranlasste, McCloy zu fragen „wieso wir so viele Nazis befreien“. Zudem erhielten Flick und Krupp von Bohlen und Halbach auf Vorschlag des Peck Panel hin ihre 1945 konfiszierten Firmenvermögen zurück. Dies war vor allem vor dem Hintergrund problematisch, dass diese unter anderem mit Rüstungsproduktion undBeschäftigung von Zwangsarbeitern und KZ-Insassen erwirtschaftet worden waren. Nach Einschätzung des Panel wäre die Enteignung zumindest im Falle Krupps jedoch nicht mit den Grundsätzen amerikanischer Rechtsprechung vereinbar gewesen.[14]
Im Fall vonKlaus Barbie, der alsGestapo-Chef inLyon für Morde, Deportationen und Massenfolterungen verantwortlich war, tat sich ein Dilemma auf: Einerseits forderte Frankreich, das Barbie bereits 1947 in Abwesenheit zum Tode verurteilt hatte, von der Bundesrepublik seine Auslieferung, andererseits stand Barbie seit dem gleichen Jahr im Dienst der amerikanischen SpionageabwehrCounter Intelligence Corps (CIC) und war dabei nicht nur mit Suche nach anderen NS-Kriegsverbrechern und der Infiltrierung derKPD betraut, sondern auch mit nachrichtendienstlichen Aktivitäten gegen Frankreich bzw. diedortige KP. Die Auslieferung hätte also die Beziehungen zu den französischen Alliierten noch mehr belastet als die Nichtauslieferung, so dass der CIC McCloy gegenüber wahrheitswidrig behauptete, man arbeite nicht mehr mit Barbie zusammen und kenne auch seinen Aufenthaltsort nicht. Der Hochkommissar lehnte daraufhin die Auslieferung ab. Französische Stellen betrieben diese auch nur halbherzig, da Barbie über umfangreiches Wissen zufranzösischen Kollaborateuren verfügte. 1951 gelang ihm über dieRattenlinie die Flucht nach Südamerika.[15]
Abseits dieses Kapitels wurden die deutsch-amerikanischen Beziehungen geprägt von McCloys Verständnis für die Aufgaben, die Deutschland in einer neuen Ära der Versöhnung und des Wiederaufbaus erwarteten. McCloy erkannte die entscheidende Bedeutung der BeziehungDeutschlands zuFrankreich und Westeuropa und die Chance der Vereinigten Staaten, friedliche und florierende transatlantische Beziehungen aufzubauen. Er entwickelte ein gutes Arbeitsverhältnis zu den deutschen Nachkriegspolitikern BundeskanzlerKonrad Adenauer und dem SPD-VorsitzendenKurt Schumacher.
In Folge zäher Verhandlungen mit dem Hamburger BürgermeisterMax Brauer undWilhelm Kaisen, Bürgermeister vonBremen, wurde am 4. April 1951 der deutsche Schiffbau freigegeben. Ab diesem Zeitpunkt war es der Bundesrepublik gestattet, ohne Einschränkung Schiffe aller Größen und Geschwindigkeiten zu fertigen. McCloy beschrieb die Verhandlungen, die zu dieser Entscheidung führten, in einemBonmot:„Wenn ich Dante wäre, hätte ich die Hölle folgendermaßen beschrieben: Links von mir Mr. Kaisen, rechts von mir Mr. Brauer, und dann ein 24-Stunden-Gespräch über den deutschen Schiffbau.“[16]
McCloys Einsatz war insbesondere deshalb so effektiv, weil er das Vertrauen desUS-Präsidenten genoss und ein ausgezeichnetes Verhältnis zu den US-Streitkräften sowie zumMarshallplan-DirektorW. Averell Harriman hatte. Er nutzte seine Machtfülle, um in Deutschland Demokratie und die Wiederbelebung der Wirtschaft voranzubringen, auch wenn es dabei wie zum Beispiel bei der Begnadigung von Kriegsverbrechern aus dem Wirtschaftsleben zu Zielkonflikten kam. Während seiner Amtszeit trug er dazu bei, den Grundstein für „normalere“ Beziehungen zu legen, die die souveräne deutsche Regierung später mit der neuen US-Botschaft in Bad Godesberg fortführen sollte.
Kultur undBildung waren andere wichtige Anliegen McCloys. Unter seiner Führung widmete die Hohe Kommission jungen Menschen in Deutschland besondere Aufmerksamkeit.Während McCloys gesamter Amtszeit setzte er sich für ihre Entwicklung zu westeuropäischen Staatsbürgern ein, die über die Vereinigten Staaten gut informiert sein sollten. Die deutschen Universitäten, die in das nationalsozialistische System und seine Ideologie mit hineingezogen worden waren, bedurften aus amerikanischer Sicht einer gründlichen Neuausrichtung. Viele der Rektoren wurden aus ihren Ämtern entfernt und die Lehre auf allen Ebenen fand unter amerikanischer und britischer Anleitung statt.Shepard Stone, ein Freund und Kollege McCloys, hatte ein besonderes Interesse an der Reform des deutschenBildungswesens und die Hohe Kommission unterstützte besonders dieFreie Universität Berlin mit finanziellen Mitteln. Für die Gründung derHochschule für Gestaltung Ulm (HfG) waren, vermittelt durchWalter Gropius, amerikanische Stiftungen zentrale Geldgeber und Förderer. McCloy unterstützte die Initiative zur HfG-Gründung alsProject No. 1. Die HfG sollte einenCollege-ähnlichen Campus nach US-Vorbild erhalten, damit die Hochschulangehörigen in freier Gemeinschaft Lehrender und Lernender zusammenleben konnten. John McCloy überreichte GründungsmitgliedInge Scholl kurz vor seinem Abschied als Hochkommissar im Jahre 1952 einen Scheck über eine Million DM.[17] Ebenfalls kurz vor Ende seiner Amtszeit spendete er derUniversität Bonn eine halbe Million DM für den Bau desCarl-Schurz-Collegs.[18]
Nach seiner Amtszeit als Hoher Kommissar war McCloy entscheidend daran beteiligt, eine ganze Reihe von Stipendien und Fellowships ins Leben zu rufen, die dazu beitragen sollten, über Jahrzehnte hinweg die deutsch-amerikanischen Beziehungen zu festigen. DieHarvard University und dieColumbia University waren an akademischen Fellowship-Programmen beteiligt. Weiterhin gab es Stipendien desAmerican Council on Germany, einer Organisation, an deren Gründung McCloy und seine Frau Ellen McCloy beteiligt waren. Beide lebten von 1949 bis 1952 imHaus im Walde inBad Homburg vor der Höhe.
Ebenso wichtig war, dass McCloy den ihm freundschaftlich verbundenen Gründervater derEuropäischen GemeinschaftenJean Monnet dazu ermutigte, Deutschland wieder in die westliche Staatengemeinschaft einzugliedern. McCloy initiierte Deutschlands Beitritt zurNATO, was nur ein Jahrzehnt nach dem Ende des verheerenden Krieges die Wiederbewaffnung Deutschlands bedeutete. Er setzte sich auch nachdrücklich für die amerikanische Zustimmung zumSchuman-Plan ein, der zur Bildung derMontanunion, derEuropäischen Gemeinschaft und schließlich zurEuropäischen Union führte.[19]

Im Anschluss an seine Zeit als Hochkommissar gründete er 1952 mit Warburg und anderen denAmerican Council on Germany und zeitgleich dessen deutsche Schwesterorganisation, dieAtlantik-Brücke.
Von 1952 bis 1965 war er zunächst Berater, dann ab 1953 Vorsitzender derFord Foundation für Friedensfragen. Von 1953 bis 1960 war McCloyVorstandsvorsitzender derChase Manhattan Bank. In der Zeit von 1954 bis 1970 war er Vorstandsmitglied desCouncil on Foreign Relations. Von 1972 bis 1987 war er Vorsitzender desAmerican Council on Germany.[20]

1961 wurde er vonJohn F. Kennedy als Sonderberater für Abrüstungsfragen berufen. Mit dem sowjetischen Unterhändler und ehemaligen Botschafter in der Bundesrepublik,Walerian Sorin, kam es zum Abschluss desMcCloy-Sorin-Abkommens, das im Dezember 1961 von derUNO-Vollversammlung einstimmig angenommen wurde. Das Abkommen wurde in der Folge im Artikel VI desAtomwaffensperrvertrags kodifiziert.
Ab 1962 beriet er allesieben großen amerikanischen Öl-Unternehmen. Insbesondere vermittelte er zwischen ihnen, damit sie als informellesKartell der wachsenden Bedeutung derOPEC etwas entgegensetzen konnten, ohne in Konflikt zur strengen Anti-Kartell-Gesetzgebung der USA zu geraten.[21]
McCloy war einer der sogenannten sechsWise Men. Zwei Diplomaten, zwei Bänker und zwei Anwälte, die als Außenpolitikberater für die Präsidenten vonFranklin D. Roosevelt bisLyndon B. Johnson arbeiteten. Die sechsWeisen waren:Dean Acheson,W. Averell Harriman,George F. Kennan,Robert A. Lovett und John McCloy.McCloy arbeite als Präsidentenberater fürJohn F. Kennedy,Lyndon B. Johnson,Richard Nixon,Jimmy Carter undRonald Reagan.
Von Präsident Johnson wurde er 1963 auch zum Mitglied derWarren-Kommission ernannt, die die Hintergründe desAttentats auf John F. Kennedy untersuchen sollte. Während er anfänglich erhebliche Zweifel an der Theorie des Einzeltäters anmeldete, die Verzögerungen bei den Ermittlungen und andere Unstimmigkeiten bemängelte, ließ er sich schließlich doch unter dem starken Einfluss vonAllen W. Dulles dazu umstimmen, den abschließenden Bericht zu unterzeichnen. DenWest-Berlin-Besuch Kennedys 1963 initiierte McCloy, nachdem er mit Chruschtschow Gespräche geführt hatte. Während derKuba-Krise war er Mitglied des entsprechenden Koordinationskomitees.
1979 überzeugte McCloy zusammen mitDavid Rockefeller,Henry Kissinger und anderen den US-PräsidentJimmy Carter davon, den schwer krebskranken ehemaligenSchah von Persien ins Land zu lassen, damit er sich imNewYork-Presbyterian Hospital behandeln lassen konnte. Diese humanitäre Geste wurde vomChomeini-Regime zu antiamerikanischer Agitation instrumentalisiert, so dass wenig später iranische Studenten die US-Botschaft in Teheran stürmten und für444 Tage 52 US-Diplomaten als Geisel nahmen.[22]
John Jay McCloy verstarb kurz vor seinem 94. Geburtstag. Zu seiner Begräbnisfeier in der Presbyterianerkirche an New YorksPark Avenue nahmen zahlreiche seiner Zeitgenossen teil. Unter ihnenRichard Nixon,David Rockefeller,Henry Kissinger,Cyrus Vance,Paul Volcker,Charles Mathias,James Baker,McGeorge Bundy, sowie die ehemaligen deutschen PolitikerHelmut Schmidt undKarl Carstens.[23]
McCloy und seine Ehefrau hatten zwei Kinder.
| Personendaten | |
|---|---|
| NAME | McCloy, John Jay |
| KURZBESCHREIBUNG | US-amerikanischer Jurist und Politiker, Hoher Kommissar seines Landes in Deutschland (1949–1952) |
| GEBURTSDATUM | 31. März 1895 |
| GEBURTSORT | Philadelphia,Pennsylvania |
| STERBEDATUM | 11. März 1989 |
| STERBEORT | Stamford,Connecticut |