Jiftach

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Die Richter Israels
Buch der Richter

1. Buch Samuel

Jiftach (hebräischיִפְתָּח, „Er wird öffnen“, auchJeftah,Jephtah oderJephta) war nach demBuch der Richter (Ri 11,1–12,7 EU) sechs Jahre lang einRichter inIsrael. Bekannt geworden ist er vor allem durch einGelübde gegenüberJHWH, dem Gott Israels, durch das er sich, ohne es zu ahnen, zur Opferung seiner Tochter verpflichtete und dieser Verpflichtung auch nachkam.

Inhaltsverzeichnis

Biblischer Bericht

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Jephthas Rückkehr,Giovanni Antonio Pellegrini

Jiftach, natürlicher SohnGileads und einerDirne, wird von seinen Stammesgenossen von seinem väterlichen Erbe vertrieben und führt ein Freibeuterleben im LandeTob. In der Bedrohung durch dieAmmoniter wird er jedoch von den Gileaditern zum Anführer gewählt (Ri 11,1–12,7 EU). Mit göttlichem Geist begabt, versucht Jiftach zunächst, mit dem König der Ammoniter zu verhandeln. Dieser wirft Israel vor, beimAuszug aus Ägypten sein Land besetzt zu haben. Jiftach hält ihm vor, dass JHWH selbst das Land den Israeliten gegeben habe. Da sich der Ammoniterkönig nicht darauf einlässt, kommt es zum Krieg. Zuvor gelobt Jiftach im JHWH-Heiligtum vonMizpa, nach einem Sieg das zu opfern, was ihm bei seiner Rückkehr als erstes aus seinem Haus entgegenkommt. Die Ammoniter werden geschlagen. Bei seiner Rückkehr kommt Jiftach seine Tochter, sein einziges Kind, tanzend entgegen. Er hält sein Gelübde und opfert seine Tochter. Doch dieEphraimiter sind eifersüchtig, dass Jiftach den Sieg ohne sie errungen hat, und greifen ihn an, was zu einem Massaker an den Ephraimiten am Ufer desJordans führt. Anschließend herrscht Jiftach für sechs Jahre als Richter über Israel (12,7).

Jiftachs Tochter

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Jepthe obtulit filiam suam dño (Jiftach brachte seine Tochter dem Herrgott dar).Speculum Humanae Salvationis, Westfalen oder Köln, um 1360

Als Heerführer gegen die Ammoniter gelobte JiftachJHWH im Fall des Sieges das zu opfern, was ihm bei der Rückkehr vor seiner Haustür zuerst begegnen würde: „Was zu meiner Haustür heraus mir entgegen gehet, wenn ich mit Frieden wiederkomme von den Kindern Ammon, das soll des HERRN sein, und will’s zum Brandopfer opfern“ (11,31). Dies war („mit Pauken und Reigen“) seine eigene Tochter, sein einziges Kind. Ihr Name ist nicht erwähnt. Die Begegnungsszene (11,35–37) schildert Jiftachs herzzerreißende Erklärung gegenüber der Tochter („ich kann’s nicht widerrufen“) und deren Einverständnis („so tue mir, wie es aus deinem Mund gegangen ist“). Sie erbittet sich allerdings eine zweimonatige Zeit „daß ich von hinnen hinabgehe auf die Berge und meine Jungfrauschaft beweine mit meinen Gespielen“ (11,37).[1] Nach ihrer Rückkehr „tat er ihr, wie er gelobt hatte“ (11,39). Die Passage endet mit der Mitteilung, dass alle Frauen Israels alljährlich die Tochter Jiftachs während einer viertägigen Klagezeit betrauern (11,40).

Die Irritation, die von diesem offenkundigenMenschenopfer ausgeht, hat die Auslegungsgeschichte jahrhundertelang geprägt. Viele Versuche wurden unternommen, das Anstößige der Geschichte abzumildern. Meist beruft man sich darauf, dass die Opferung selbst nicht ausdrücklich beschrieben wird. Darin kommt jedoch zum Ausdruck, welche Bedenken bereits im biblischen Traditionsprozess wirksam waren. An dem Faktum als solchem ändert es nichts.Luthers Erklärung ist abschließend: „Man wil / er habe sie nicht geopffert / Aber der Text stehet da klar. So sihet man auch beide an den Richtern vnd Königen / das sie nach grossen Thatten / haben auch grosse torheit müssen begehen / zuuerhüten den leidigen hohmut.“[2]

Der bereits im Text selbst erkennbare Widerstand gegen Jiftachs Gelübde ist biblisch verankert in dem Grundsatz desMosaischen Gesetzes, wonach JHWH die religiöse Opferung von Menschen als verabscheuungswürdige Tat brandmarkte (vgl.Lev 18,21 LUT; 20,2–5LUT;Dtn 12,31 LUT). Waren es doch gerade die zahlreichen Menschenopfer derKanaan bewohnenden Völker, die JHWH dazu veranlassten, den Israeliten, seinem auserwählten Volk, bei derLandnahme nach dem Auszug aus Ägypten aufzutragen, diese Nationen zu vernichten (Dtn 7,2 EU;Dtn 20,17 EU). Auch die lobende Erwähnung Jiftachs imBrief an die Hebräer (11,32LUT) steht der Annahme eines Menschenopfers entgegen.

Eine biblische Entsprechung hat die Erzählung im2 Kön 3,26–27 EU, wo der König derMoabiter als letzten Versuch während einer Belagerung seinen ältesten Sohn, den Thronfolger, seinem GottKemosch opfert und damit die Wendung herbeiführt. Anders als in der Geschichte von Isaaks Opferung durchAbraham (Gen 22,1–14 EU) greift JHWH bei Jiftach jedoch nicht ein und erlässt ihm das Opfer nicht.

DerTalmud lehrt, Jiftach habe nur den Erlös an Geld für die Tochter zu zahlen brauchen, verdammt aber allgemein ein derartiges gesetzwidriges Gelübde, während neuere Ausleger die „Opferung“ alsWeihe der Tochter zu jungfräulichem Leben verstehen wollen und andere einenMythos in der Erzählung sehen. Dass sie ihreJungfräulichkeit beweinte, wird von manchen Bibelauslegern so verstanden, dass sie aufgrund ihrer Verpflichtung für den Tempeldienst in derStiftshütte niemals heiraten durfte und daher keine eigenen Kinder haben konnte. Dies stellte sowohl für sie als auch für ihren Vater ein wirkliches Opfer dar, weil sie Jiftach einziges Kind war und Jiftach selbst als uneheliches Kind keine eigenen Familienbande besaß.[3]

Kampf gegen die Ephraimiten

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Efraim eröffnet den Kampf gegenGilead und seinen Heerführer Jiftach, da dieser allein gegen die Ammoniter gezogen war (Ri 12,1 EU). Efraim unterliegt den Gileaditern und Gilead besetzt daraufhin die Furten des Jordan nach Efraim, so dass die fliehenden Efraimiten nicht nach Hause zurückkehren konnten.

In der Überlieferung des Krieges gegen die Ephraimiten wird die Bedeutung derParole verdeutlicht. Sie lautete „Schibboleth“. Die flüchtigen Ephraimiten verrieten sich, indem sie dieses hebräische Wort alsSibboleth aussprachen. Dabei wurde die Zahl der Getöteten mit 42.000 beziffert (Ri 12,5–6 EU).

Entstehung der Erzählung

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Über die Entstehung des Jiftach-Zyklus herrscht keine Einigkeit. Die Einführung (10,6–16) wird meist alsdeuteronomistisch angesehen, die restliche Erzählung wird jedoch unterschiedlich beurteilt. Besonders der Bericht von Jiftachs Gelübde und der Opferung der Tochter wird häufig abgesondert betrachtet. Dass sich nahezu der gleiche Legendenverlauf auch in den griechischen Sagen vonIphigenie undIdomeneus findet, weist möglicherweise auf eine gegenseitige Beeinflussung der jüdischen und griechischen Sagenkultur hin, weshalb die Erzählung manchmal in diehellenistische Epoche datiert und damit als ein späterer Einschub in das Richterbuch angesehen wird.[4]Timo Veijola hält etwa die Geschichte von Jiftachs Tochter wie die von Isaaks Opferung für nachdeuteronomistisch.[5] DieÄtiologie des Festes wird daher folgerichtig vonThomas Römer für noch später gehalten und in Beziehung zurIphigenie in Aulis desEuripides gesetzt.[6]

Andere Forscher verweisen auf das archaische Element und sehen in dem Gedenkfest für Jiftachs Tochter einekanaanäische Tradition.[7] So ein Fest wird sonst nirgends imAlten Testament erwähnt. Es handle sich um einenÜbergangsritus („rite de passage“).[8] Dass die Tochter „mit ihren Gespielinnen“ nicht zu einem (JHWH-)Heiligtum, sondern in die Berge zieht, sei ein Hinweis auf einen weiblichenInitiationsritus, analog zur Iphigenietradition mit demArtemiskult inBrauron, wo heranwachsende Mädchen Initiationsriten unterworfen wurden.[8][9] Bei der Opferung von Jiftachs Tochter handle es sich um ein Überbleibsel aus dem früherenMatriarchat, als bevorzugt Töchter geopfert wurden.[10]In vorgeschichtlicher Zeit hätten sich die Misshandlungen der Initianden zu einem exemplarischenRitualmord entwickelt, bevor dieser durch einTieropfer abgelöst wurde. Der grausame Ritualmord an Jiftachs Tochter sei im biblischen Text nur deshalb erhalten geblieben, weil darin der Übergang vom Matriarchat zumPatriarchat (der Vater opfert die Tochter der Vatergottheit) festgeschrieben wird.[9]

Rezeption

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Der Stoff bildete die Grundlage für musikalische, literarische sowie Werke der bildenden Kunst:

Eine israelischePalmach-Brigade führte den Namen des Richters. Nach der Demobilisierung gründeten einige dieser Soldaten 1948 inObergaliläa den KibbuzJiftach.[11][12]

Siehe auch

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Literatur

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Weblinks

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Commons: Jephthah – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

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  1. Lutherübersetzung, Revision von 1912.
  2. Martin Luther: Randbemerkung b zuRichter XI, in:Die gantze Heilige Schrifft Deudsch. Wittenberg 1545. Transkription in 2 Bänden, Rogner & Bernhard, München 1972. Beizeno.org als Fußnote 2.
  3. David Marcus:Jephthah and his vow. Texas 1986, S. 50 f.; dort auch eine Auflistung weiterer Argumente für und gegen den Vollzug des Opfers.
  4. SoHeinz-Dieter Neef:Jephta und seine Tochter (Jdc XI 29–40). In:Vetus Testamentum 49, 1999, S. 206–217.
  5. Timo Veijola:Das Opfer des Abraham – Paradigma des Glaubens aus dem postexilischen Zeitalter. In:Zeitschrift für Theologie und Kirche 85, 1988, S. 129–164.
  6. Thomas Römer:Why would the Deuteronomist tell us? In:Journal of Biblical Literature 77, 1998, S. 27–38 & 28–30.
  7. Vgl. Andreas Scherer: Jeftah. In: Michaela Bauks, Klaus Koenen, Stefan Alkier (Hrsg.):Das wissenschaftliche Bibellexikon im Internet (WiBiLex), Stuttgart, 2006 ff.
  8. abMichaela Bauks:Traditionsgeschichtliche Erwägungen zur Namenlosigkeit von Jiftachs Tochter (Ri 11,29–40)
  9. abFritz Erik Hoevels:Mordfall Jephta: Die Spur führt nach Brauron. In:System ubw, Zeitschrift für klassische Psychoanalyse. 31. Jg./Heft 1. Ahriman-Verlag, Oktober 2013,ISSN 0724-7923,S. 44–66. 
  10. Hyam Maccoby:Der Heilige Henker. Die Menschenopfer und das Vermächtnis der Schuld. Jan Thorbecke Verlag, Stuttgart 1999,ISBN 3-7995-0096-0,S. 125 f. 
  11. Wolfgang Scheel:Lexikon biblischer Ortsbenennungen im modernen Israel. 5. Auflage. Concepcion Seidel, Hammerbrücke 2021,ISBN 978-3-933750-32-7, S. 12.
  12. Carta's Official Guide to Israel and Complete Gazetteer to all Sites in the Holy Land. 3. Auflage. Carta, Jerusalem 1993,ISBN 965-220-186-3, S. 478.
VorgängerAmtNachfolger
JaïrRichterIbzan
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