Jakob Loewenberg (*9. März1856 inNiederntudorf beiSalzkotten (Provinz Westfalen); †7. Februar1929 inHamburg) war eindeutscher Schriftsteller undPädagoge.
Im Jahr 1856 wurde Jakob Loewenberg inNiederntudorf bei Salzkotten als neuntes Kind des Levi Loewenberg geboren. Seine Familie gehörte zum westfälischen Landjudentum, das als Handelsmänner (Kiepenkerle) sein Geld verdiente. Später schrieb Jakob Loewenberg über sein Heimatdorf und seine Familie:
Im Dorf wuchs Loewenberg in bescheidener, traditioneller Umgebung auf. Doch Ressentiments zwischen Juden und Christen erschwerten den Alltag:
Seit Jakob Loewenberg die Schule besuchte, stand für ihn fest, selbst Lehrer zu werden. In diesem Sinne trat er nach sechs Jahren Volksschule 1870 in das Lehrerseminar derMarks-Haindorf-Stiftung zuMünster ein. Die Marks-Haindorf-Stiftung war als jüdisches Bildungszentrum mit Elementarschule und Lehrerseminar überregional bekannt. Dort wurde den Lernenden sowohl der Geist der jüdischen Tradition als auch der despreußischen Patriotismus vermittelt.
1873 konnte Loewenberg die erste Elementarlehrerprüfung erfolgreich ablegen. Danach sammelte er Erfahrung an mehreren jüdischen Elementarschulen im Münsterland. 1877 bis 1879 folgten die zweite Elementarlehrerprüfung, die Mittelschullehrerprüfung und die Rektoratsprüfung. Zeitgleich nahm er bei einem katholischen Kaplan desBistums Münster Privatunterricht in Englisch und Französisch. 1881 hatte er sich durch gegebenen Nachhilfeunterricht Reisen nachLondon undParis leisten können.
Sein Tagebucheintrag vom 25. November 1881 aus London lautet:
Dies verdeutlicht die schwierige finanzielle Situation Loewenbergs in dieser Zeit.
1884 begann er ein Studium der Philosophie und der Sprachen an derUniversität Marburg. Dort wurde Loewenberg vom PhilosophenHermann Cohen unterrichtet, der ihn zutiefst beeindruckte und auch prägte. Dieser zeigte ihm,wie nahe Judentum und (protestantisches) Christentum, wie nahe also Juden und Deutsche, sofern sie sich selber nur recht verstehen, miteinander verwandt sind.
Danach ging Jakob Loewenberg nachHeidelberg, wo der teils unterschwellige, teils offeneAntisemitismus vielerBurschenschaften ihm zu schaffen machte. Dennoch genoss er selbst das Studium in einerStudentenverbindung, was er später in seinem GedichtZwischen grünen Bergen munter verarbeitete. 1886 promovierte er zum Dr. phil., noch im selben Jahr begann er seine Tätigkeit als Lehrer an der Realschule der Evangelischen Reformgemeinde in Hamburg.
Im folgenden Jahrzehnt erschienen die ersten literarischen Werke Loewenbergs, in denen er stets die Einheit vonDeutschtum undJudentum aussprach. (Auch der Bach, der aus zwei Quellen strömt, eint sein Wasser geruhig dem großen Meere.)
In den 1890er Jahren entstanden Jakob Loewenbergs erste literarische Werke, in denen er sich trotz aller antisemitischen Anfeindungen zur Einheit von Deutschsein und Judesein bekannte. 1891 trat Loewenberg der jungenLiterarischen Gesellschaft bei. Bereits nach wenigen Jahren als aktives Mitglied verließ er die Gesellschaft jedoch wegen antisemitischer Vorfälle.
1892 konnte Loewenberg die Leitung einer höheren Töchterschule in der Johnsallee 33 in Hamburg übernehmen. Die Privatschule liberaler Prägung im Geist desReformjudentums und desdeutschen Idealismus machte sich dieallseitige Entwicklung und harmonische Ausbildung der geistlichen und körperlichen Kräfte ihrer Schüler im Dienste des Reinmenschlichen, das zugleich das Göttliche ist, im Dienste des Wahren, Guten, Schönen zur besonderen Aufgabe.
Zwanzig Jahre später (1912) würdigte das Kaiserreich das pädagogische Werk Loewenbergs mit der Ernennung der Mädchenschule zumkaiserlichen Lyzeum. Von nun an wurde die Schule auch für christliche Schülerinnen attraktiv.
Jakob Loewenberg bekannte sich trotz des Gegenwindes in Form von antisemitischen Anfeindungen immer eindringlicher zumDeutschen Kaiserreich. Seine GedichtsammlungVom goldnen Überfluß (darin sein bekanntes LiedLaterne, Laterne) war mit mehreren hohen Auflagen ab 1902 sehr erfolgreich. Er äußerte sich dahingehend, dassdie Entwicklung der Menschheit langsam vorwärts (schreitet). Als Lessing vor etwa 160 Jahren sein kleines Lustspiel 'Die Juden' schrieb, meinte ein Kritiker, der Vorgang des Stückes sei kaum möglich, denn so einen anständigen oder edlen Juden, wie darin geschildert, gäbe es gar nicht. Dreißig Jahre später erschien der 'Nathan' und wurde schon geglaubt. (...) Und endlich vor 100 Jahren erhielten wir die Bürgerrechte. Nach abermals 100 Jahren – wir haben hoffen und warten gelernt – wird es vielleicht keinem einzigen Menschen mehr einfallen zu bezweifeln, dass wir Deutsche sind. (…) Nur dürfen wir unsere Menschenwürde nicht vergeben, nur müssen wir uns selber als Deutsche fühlen und als Deutsche wirken – trotz alledem.
Sein letzter Tagebucheintrag vor seinem Tod lautete:
Am 7. Februar starb Loewenberg infolge einer schweren Grippe. Er wurde auf demjüdischen Friedhof in Ohlsdorf beigesetzt. DiezionistischeJüdische Rundschau schrieb in einem Nachruf, Loewenberg sei eintypischer Vertreter einer vergangenen Generation gewesen, die in der Assimilation ihr höchstes Ideal sah. DerHamburger Senat schrieb im offiziellen Nachruf: „Er war ein vorbildlicher Erzieher der Jugend, ein feinsinniger Dichter, ein allzeit gütiger und hilfsbereiter Mensch.“
Die Werke Loewenbergs wurden bei derBücherverbrennung 1933 in Deutschland vernichtet. Kurz vor seinem Tod schrieb Jakob Loewenberg:Wenn ich jemals auf etwas stolz war, so war es darauf: Deutscher und Jude zu sein.
1952 ehrte ihn die Stadt Hamburg mit der Benennung derLoewenbergstraße im StadtteilIserbrook.
Loewenberg war seit 1895 mitJenny Stern verheiratet; das Paar hatte drei Kinder:Ernst Lutwin Loewenberg (1896–1987, ebenfalls Lehrer), Richard Detlev Loewenberg (1898–1954) und Annette Friederika Loewenberg[1].
Personendaten | |
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NAME | Loewenberg, Jakob |
KURZBESCHREIBUNG | deutscher Schriftsteller und Pädagoge |
GEBURTSDATUM | 9. März 1856 |
GEBURTSORT | Niederntudorf |
STERBEDATUM | 7. Februar 1929 |
STERBEORT | Hamburg |