Jagdschloss

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Jagdschloss Moritzburg in Sachsen

EinJagdschloss ist einSchloss, das ausschließlich oder überwiegend derJagd diente. Es liegt stets in oder nahe einemJagdgebiet,Jagdpark oderWildgehege. Jagdschlösser weisen je nach Bauzeit oder Nutzungszweck unterschiedliche Bauformen und Größen auf. Vom schlichterenJagdhaus unterscheiden sie sich durch ihre Größe, Baugestalt und repräsentative Ausstattung.

Inhaltsverzeichnis

Geschichte

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Kontext

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Die Entstehung von Jagdsitzen ist untrennbar verbunden mit der Entwicklung des Jagdregals (Jagdrechts). Die Jagdausübung gehört zu den ursprünglichsten Tätigkeiten in der Menschheitsgeschichte und ist älter als der moderneMensch.[1] NachJosé Ortega y Gassets berühmtem EssayMeditationen über die Jagd wurde diese schon seit derSteinzeit zugleich als Nahrungsmittelbeschaffung, Erlernen und Weitergeben von (Jagd-)techniken inklusive des Instinkthaften, Tier und Mensch unmittelbar Verbindenden, zur Körperertüchtigung (Spiel, Sport, Kampfsport) sowie als belohnende und beglückende Tätigkeit betrieben; auch seien Götter und Religionen seit der Prähistorie aufs engste mit ihr verbunden.[2] Die Jagd in jüngeren geschichtlichen Zeiten sei daher als „künstliche Rückkehr in ein ursprüngliches Menschsein“ zu verstehen. In diesem Lichte sei eine Unterscheidung zwischen „bäuerlicher Zweckjagd“ und „feudalem Jagdvergnügen“ obsolet, da beide derselben ur-menschlichen Natur seien. Allerdings sei der Zugang zur Jagd, das Jagdrecht, in verschiedenen Epochen unterschiedlich aufgeteilt worden. Durch nichts habe derFeudalismus weite Teile der Bevölkerung mehr erzürnt als durch die Monopolisierung des Jagdrechts.Niccolò Machiavelli sah in der Jagd – unter Bezug aufXenophon – „Bilder des Krieges“ und fand sie im Sinne des Trainings daher „für Männer von Rang ehrenhaft und notwendig“.[3] Es ist vor diesem historischen und philosophischen Hintergrund zu verstehen, dass die jeweils Mächtigen schon immer der Jagd viel Zeit, Aufmerksamkeit und Rechtsansprüche entgegenbrachten. In diesem Kontext entstanden die Jagdschlösser zugleich als Nutz- und Repräsentationsbauten von unterschiedlicher Gestalt während verschiedener Epochen.

Mittelalter

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Hauptartikel:Geschichte der Jagd in Deutschland

Im beginnendenFrühmittelalter wurde das Jagdrecht europaweit als jedermann zustehendes Nutzungsrecht an einer natürlichen Nahrungsmittelressource angesehen. In der damals durchgehend bäuerlichen Welt diente die Jagd zugleich auch dem Schutz menschlicher Ansiedlungen und Viehbestände (durch Dezimierung von Bären, Wölfen, Füchsen, Luchsen usw.). Sie wurde von den lokalen Bewohnern überall ausgeübt, meist mit Hilfe vonTierfallen.

Mit dem Aufkommen des mittelalterlichenLehenswesens und der Entwicklung der europäischenMonarchien änderte sich die Handhabung des Jagdrechts. Bis zum 18. Jahrhundert kann Europa in Länder unterschieden werden, bei denen die Jagd einkönigliches Regal wurde oder – seltener – ein dem Individuum zustehendes Recht blieb.[4] Ausgehend von der erstarkenden Macht derfränkischen Könige im 8. Jahrhundert kam es im Verlauf desMittelalters zu einer zunehmenden Ausweisung vonWildbannforsten – Gebieten, in denen der König das Jagdrecht für sich allein (und für seine örtlichen Vertreter) beanspruchte.[1] Daher hatten bereits viele der mittelalterlichenKönigspfalzen durch ihre bewusst gesuchte Nähe zu ausgedehntenReichswäldern, die als KönigsbesitzBannforsten waren, einen Bezug zur Jagd. Freilich dienten sie demReisekönigtum zugleich zur Ausübung der Regierungsgeschäfte, zum Empfang von Gesandtschaften, zur Abhaltung von Hof- und Reichstagen sowie der Rechtsprechung und waren damit keine ausschließlichen Jagdschlösser. Auf Reisen wie auch zur Jagd hielten sich die Könige auch oft in Klöstern auf, die über die Ressourcen zur Versorgung eines größeren Gefolges verfügten.

Castel del Monte, Apulien (erbaut 1240–50)

Unter denStauferkaisern ging im 13. Jahrhundert das Jagdregal in vielen Gebieten desHeiligen Römischen Reichs auf die deutschen Fürsten über. Unterschieden wurde dabei zwischen „Hoher Jagd“ – der dem Hohen Adel vorbehaltenen Jagd aufHochwild – und „Niederer Jagd“ aufNiederwild (kleinere Tiere wieHasen,Federwild sowieRehwild), die auch vom niederen Adel, niederen Klerus undfreien Bauern oder alsBürgerjagd von den Ackerbürgern der Städte ausgeübt werden durfte.[1] Ein besonderes Prestige hatte im Mittelalter und noch lange darüber hinaus die (bereits seit der Spätantike bekannte)Beizjagd, nicht nur wegen des dramatischen Schauspiels der „Luftkämpfe“, etwa zwischen Jagdfalken undReihern, sondern aufgrund der schwierigen Abrichtung und Führung der Greifvögel und ihres daraus resultierenden hohen Werts. Ein besonderer Experte (und Autor desFalkenbuchs, eines jahrhundertelang verwendeten Fachbuchs) der Falkenjagd war der StauferkaiserFriedrich II. Er schuf sich mit seinen – nach eigenen Plänen gebauten – Jagdburgen (darunter das berühmteCastel del Monte sowieGravina di Puglia) frühe Beispiele reiner Jagdschlösser, die architektonisch aber stets den Wehrcharakter der zeitüblichenKastellburgen behielten. Die zeitgleich entstehenden Jagdburgen der Fürsten im römisch-deutschen Reich dienten meist zugleich noch dem Landesausbau bzw. der Sicherung bestimmter Routen oder Regionen und erfüllten damit einen Doppelzweck; ländliche Wehr- oder Wachtburgen wurden zugleich zur Jagdausübung in den nahen Wäldern genutzt, etwa die wittelsbachischeBurg Grünwald bei München.

Neuzeit

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Zu unterscheiden sind verschiedene Bautypen nach ihrer Zweckbestimmung: Kleinere, intime Jagdschlösser dienten Adligen (mit wenigen Gästen oder Begleitern) etwa zur Ausübung derPirsch, derHatz oder der Beiz. Im Gegensatz zuLustschlössern waren für Jagdzwecke auchBlockhäuser oderFachwerkbauten sehr gebräuchlich; diese haben sich aus der frühenNeuzeit aber selten erhalten, sodass heute das Verständnis vom Jagdschloss eher von Steinbauten bestimmt wird. Ein erhaltenes frühes Beispiel aus dem 15. Jahrhundert ist etwa das„casino di caccia“ der FamilieEste inArquà Polesine. Ein noch existierender früher Fachwerkbau ist die Hunting LodgeHeinrichs VIII. amEpping Forest von 1542. Beide stellen eine Art Zwischenform von Jagdhaus und Jagdschloss dar; eher wegen ihrer fürstlichen Besitzer als aufgrund ihrer Bauweise können sie als Jagdschlösser gelten.

In diesen Jahrhunderten wurden allerdings auch bereits elegante Gesellschaftsjagden abgehalten, die meist von ländlichen Burgen ihren Ausgang nahmen. Der französische KönigFranz I. erweiterte um 1528 eine ältere Burganlage zumSchloss Fontainebleau, das dann jahrhundertelang jeden Herbst den Königen und ihrem gesamten Hofstaat als Jagdschloss diente.

Insbesondere im 17. und 18. Jahrhundert kam dieParforcejagd in Mode, die mit vielen Teilnehmern zu Pferde und mit Hundemeuten in sehr großräumigen Hochwildrevieren abgehalten wurde. Zu diesem Zweck wurden Wald und Flur durch neuartigesternförmige Schneisensysteme erschlossen, in deren Mittelpunkt oder Achse die Jagdschlösser oft lagen. Für diese mehrtägigen Hofjagden, die von Banketten, Bällen, Konzerten undHubertusmessen eingerahmt waren, und zu denen zahlreiche Gäste mit großem Gefolge anreisten, wurden entsprechend dimensionierte Jagdschlösser undJagdparks benötigt. So entstanden etwa die großen kursächsischen JagdschlösserAugustusburg (ab 1568),Moritzburg (ab 1542, erweitert ab 1723) undHubertusburg (ab 1721, erweitert 1733–1752).

Im 18. Jahrhundert entstanden auch kleine höfische Jagdschlösser wie etwaFalkenlust im Park Augustusburg inBrühl, dieAmalienburg im Schlosspark Nymphenburg bei München oderClemenswerth. Während letzteres isoliert in einem Waldgebiet liegt und demzufolge sein Bedarf an Wirtschafts- und Gästetrakten originell durch kreisförmig angeordnete Pavillons erfüllt wurde, lagen die beiden anderen inSchlossparks, in unmittelbarer Nähe zu großen ländlichenResidenzen, und bedurften daher keiner großflächigen Ergänzungsbauten. Falkenlust diente als Ausgangspunkt für die Falkenjagd, die Dachterrasse der Amalienburg als Hochstand für dieTreibjagd aufFasanen. Allen gemeinsam ist aber das auf die Jagd bezogene Ausstattungs- und Dekorationsprogramm, das ein Charakteristikum der meisten Jagdschlösser ist. Dies kann durch Geweihe und andere Trophäen geschehen, durch Jagdgemälde, Wandteppiche, Wandmalereien, Stukkaturen, aber auch durch die Verwendung von Holz oder anderen natürlichen Materialien, etwa geschnitzten Täfelungen. Auch Hundeboxen oder -zwinger sind häufig anzutreffen. In der Regel gehören zum Jagdschloss auchStallungen für Pferde und Hunde sowie Nutzbauten zur Unterbringung vonJagdzeug, Kutschen undGefolge sowie Küchen, Vorratsräume undEiskeller.

Das 19. Jahrhundert bevorzugte mittelgroße Jagdgesellschaften, was sich auch in der Dimensionierung der zumeisthistoristischen Jagdschlösser widerspiegelt, wieLetzlingen oderGelbensande, während kleinere Jagdhäuser oft als rustikale Holzbauten gestaltet wurden, was auch im 20. Jahrhundert üblich blieb. Die repräsentativen Aspekte des Jagens blieben über diverse Systemwechsel erhalten, bis hin zur Nutzung kaiserlicher Jagdschlösser durchHermann Göring undErich Honecker.[5]

Liste bekannter Jagdschlösser

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Dänemark

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Deutschland

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Jagdschloss Springe imSaupark Springe, Niedersachsen
Jagdschloss Granitz auf Rügen
Jagdschloss Letzlingen, Sachsen-Anhalt
Jagdschloss Gelbensande, Mecklenburg

Frankreich

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Schloss Chambord, Loire

Großbritannien

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Italien

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Niederlande

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Österreich

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Polen

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Tschechien

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Schloss Stern (Prag)

Literatur

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  • Monique Chatenet (Hrsg.):Maisons des champs dans l'Europe de la Renaissance. Actes des premières Rencontres d'architecture européenne, Château de Maisons, 10-13 juin 2003. Picard, Paris 2006,ISBN 2-7084-0737-6, (De Architectura 11).
  • Claude d'Anthenaise (Hrsg.):Chasses princières dans l'Europe de la Renaissance. Actes du colloque de Chambord (1er et 2 octobre 2004). Fondation de la Maison de la Chasse et de la Nature. Actes Sud, Arles 2007,ISBN 978-2-7427-6643-7.
  • Heiko Laß:Jagd- und Lustschlösser. Kunst und Kultur zweier landesherrlicher Bauaufgaben; dargestellt an thüringischen Bauten des 17. und 18. Jahrhunderts. Imhof, Petersberg 2006,ISBN 3-86568-092-5.
  • Michael Petzet (Hrsg.):Jagdschlösser Balthasar Neumanns in den Schönbornlanden. Ausstellung im Martin von Wagner Museum der Universität Würzburg (= Arbeitshefte des bayerischen Landesamtes für Denkmalpflege 68). München 1994.
  • Die Jägerey im 18. Jahrhundert. Colloquium der Arbeitsstelle 18. Jahrhundert, Bergische Universität, Gesamthochschule Wuppertal, Pommersfelden vom 29. Mai bis 1. Juni 1988. Heidelberg 1991.

Siehe auch

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Weblinks

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Commons: Hunting lodges (castles) – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien
Wiktionary: Jagdschloss – Bedeutungserklärungen, Wortherkunft, Synonyme, Übersetzungen

Einzelnachweise

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  1. abcJoachim Hamberger:Eine [sic!] kurzer Abriss der Jagdgeschichte – Von Hirschen und Menschen … In:LWF aktuell.Nr. 44, 2004,S. 27 (archive.org [PDF; abgerufen am 13. Dezember 2018]). 
  2. Meditationen über die Jagd vonJosé Ortega y Gasset (1943).
  3. Niccolò Machiavelli:Abhandlungen über die ersten zehn Bücher des Titus Livius (1513–1519)
  4. Jérôme Fromageau:Genèse du droit de la chasse dans les pays européens. In: Société française pour le Droit de l’environnement (Hrsg.):La chasse en droit comparé. L’Harmattan, Paris 1999,ISBN 2-7384-8176-0,S. 7–21. 
  5. Siehe etwaSpringe,Rominten,Hubertusstock
Normdaten (Sachbegriff):GND:4162669-2(lobid,OGND,AKS)
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