Jacob van Ruisdael, Holzschnitt mit SignaturB aus dem 19. JahrhundertMedaillon von Jacob Isaackszoon van Ruisdael an der Kunsthalle HamburgEichenwald an einem See,Gemäldegalerie BerlinSignatur Jakob van Ruisdaels, 1646
Über das Leben ist nur recht wenig überliefert, doch sein über die Museen und Sammlungen der Welt verstreutesŒuvre ist vergleichsweise groß. Er war der einzige Sohn des Landschaftsmalers und RahmenbauersIsaack van Ruisdael, bei dem er wahrscheinlich auch seine Ausbildung erhielt, sowie der Neffe vonSalomon van Ruysdael und der Vetter vonJacob Salomonsz. van Ruysdael (man beachte die unterschiedliche Schreibweise der Familiennamen!).
Seine Jugend verbrachte er also wohl in Haarlem, das bis zur Jahrhundertmitte eine prosperierende Stadt mit blühendem Bier- und Textilgewerbe war. Die Landschaftsmalerei hatte sich um 1600 unter anderem durchAdam Elsheimer undPaul Bril als eigenständige Gattung der niederländischen Malerei etabliert und wurde im wohlhabenden Haarlem besonders gepflegt (Vgl. den ArtikelNiederländische Landschaftsmalerei).
Bereits von 1646 stammen die ersten Gemälde des 17-Jährigen, nicht weniger als 13 signierte und datierte Landschaften sind aus diesem Jahr erhalten. Zunächst noch abhängig von der Manier seines Onkels und dessen Haarlemer Altersgenossen, z. B.Cornelis Vroom (* 1590) oderPieter de Molijn (1595–1661), findet Ruisdael schnell zu einem eigenen Stil. Ihn kennzeichnen dramatische Akzente durch kontrastreiche Lichtführung, kraftvolle Bildmotive und die differenzierte Wiedergabe von Naturformen. Genaue Naturbeobachtungen in der Wald- und Dünenlandschaft rund um Haarlem spiegeln sich in den erhaltenen Handzeichnungen, die, vor dem Motiv ausgeführt, zur Grundlage der malerischen Ausführung im Atelier dienten.
1648 trat er in die Malergilde seiner Heimatstadt ein. Mit seinem Haarlemer FreundNicolaes Berchem unternahm er um 1650 eine Reise nachBentheim, dessenBurg in der Folgezeit auf über 30 seiner Landschaften auftaucht. Seine Reisen, er war wahrscheinlich mehrfach im deutsch/niederländischen Grenzgebiet, führten ihn nicht nur nach Bentheim, sondern auch nach Burgsteinfurt, Gildehaus, Schüttorf, Neuenhaus und Singraven bei Denekamp (NL).
Seit den Reisen dieser Jahre, die ihn auch durch die Niederlande und an den Mittelrhein führten, wird der Bildaufbau in den Landschaften Ruisdaels nochmals kraftvoller: majestätische Baumpartien und imposante Wolkengebilde werden zu erhabenen Kompositionen gefügt. Um 1655 ging Ruisdael nach Amsterdam, wo er 1657 Mitglied derreformierten Kirche wurde. Am 15. Januar 1659 erwarb er das Bürgerrecht vonAmsterdam, daspoorterrecht.
In den 1650er und mehr noch 1660er Jahren zeigt er sich stark beeinflusst von den Wasserfall-Motiven, dieAllart van Everdingen, und vonSalomon van Ruysdael,Cornelis Vroom,Allaert van Everdingen (auch er ging in den 1650er Jahren von Haarlem nach Amsterdam) aus Norwegen mitgebracht und in seinen dramatischen, oft hochformatigen Landschaften verarbeitet hatte. Andere Bilder der späten Jahre bieten weite Sichten ins flache Land, wobei starke Lichtkontraste und aufgetürmte Wolken eine Stadtansicht inszenieren und die Vorstellung eines schönen, in die Natur eingebetteten, aber arbeitsamen Gemeinwesens (in den verschiedenen Ansichten derBleichwiesen vor Haarlem) hervorrufen können. Mehrere Fassungen eines düsterenWaldsumpfs oder desJudenfriedhofs zeigen auch einen melancholischeren Aspekt in der reichen Skala der Ausdrucksmöglichkeiten des Malers. Gewässer spielen in seinem Werk eine gewisse Rolle, wie schon Houbraken betonte, doch reineMarinebilder sind eher selten.Topographische Verlässlichkeit ist von Ruisdaels Ansichten nicht prinzipiell zu erwarten, sie ist in der Regel künstlerisch kompositorischen Zielen untergeordnet. Wie wirklichkeitsnah er jedoch im Detail arbeitete, zeigt ein (dem Kunstbetrachter in vielen Galerien möglicher) direkter Vergleich zwischen dem von Jakob präzise gemalten Blattwerk und dem summarisch getupften Bewuchs der Bäume seines Onkels Salomon. Der Bedeutungsgehalt seiner Motive geht immer wieder über das Gegenständliche hinaus, doch sind die möglichen Erklärungen (z. B. Wege als Lebenspfade, Mühlenflügel als Kreuzsymbole, patriotische Konnotation der kultivierten Landschaft), die etwa aus der zeitgenössischenEmblematik erschlossen werden können, wie häufig in der niederländischen Malerei, eher variable Optionen als eindeutig determinierte Festlegungen.[2]
1678 wird Ruisdael als inCaen promovierter Arzt erwähnt, Houbraken[3] bestätigt diese (sicher nur kurze) Berufsausübung. Einer seiner Auftraggeber war der AmsterdamerRegentCornelis de Graeff, welchen Ruisdael beim Einzug auf sein LandgutSoestdijk zeigt.[4] Am 8. Juli 1660 gab Ruisdael an, der MalerMeindert Hobbema sei einige Jahre sein Lehrling gewesen, 1668 war er dessen Trauzeuge. Am 23. Mai 1667 diktierte er einem Amsterdamer Notar sein Testament, bereits am 27. Mai desselben Jahres widerrief er es und setzte seinen Vater als Universalerben für seinen Todesfall ein; verheiratet war van Ruisdael offensichtlich nicht. 1671 war er Pate bei der Taufe zweier Kinder des MalersCornelis Kick. Wahrscheinlich starb Jacob van Ruisdael in Amsterdam und wurde posthum nach Haarlem gebracht und dort am 14. März 1682 begraben.
Ruisdaels Werk wurde zunächst inKupferstichen reproduziert und verbreitet; einige Blätter hat Ruisdael selbstradiert, auch sie dürften zum Nachruhm des Malers beigetragen haben, dessen Motive und Kompositionen die Landschaftsmalerei bis zum Ende des 19. Jahrhunderts einzigartig beeinflusst haben. Insbesondere beeinflusste er Maler wieWilliam Turner,John Constable,Roelof van Vries oder sogarVincent van Gogh.
Nils Büttner, Gerd Unverfehrt:Jacob van Ruisdael in Bentheim: Ein niederländischer Maler und die Burg Bentheim im 17. Jahrhundert. Bielefeld 1993.
Hermann Hagels:Die Gemälde der niederländischen Maler Jacob van Ruisdael und Nicolaas van Berchem vom Schloß Bentheim im Verhältnis zur Natur des Bentheimer Landes. In:Jahrbuch des Heimatvereins der Grafschaft Bentheim. 1968, S. 41 ff.
Edgar Preston Richardson:Ruisdael’s Landscape with a Water Mill. In:Bulletin of the Detroit Institute of Arts.
Helen Rosenau:The Dates of Jacob van Ruisdaels „Jewish Cemeteries“. In:Oud-Holland. LXXIII, 1958, S. 241 f.
Jakob Rosenberg:A Seascape by Jacob van Ruisdael. In:Bulletin of the Museum of Fine Arts. LVI. Boston 1958, S. 144 ff.
Jakob Rosenberg:Jacob van Ruisdael. Berlin 1928.
Helmut Schönrock:Ein Gildehaus-Motiv in Gemälden von Ruisdael. In:Bentheimer Jahrbuch 2000 (=Das Bentheimer Land. Band 147). Bad Bentheim, 1999, S. 79 ff.
Seymour Slive:Jacob van Ruisdael. A complete catalogue of his paintings, drawings, etchings. New Haven/London 2001.
Felice Stampfle:An early Drawing by Jacob van Ruisdael. In:Art Quarterly. XXII, 1959, S. 161 ff.
E. John Walford:Jacob van Ruisdael. New Haven 1991.
↑zurückgerechnet auf der Basis einer Aussage von ihm im Jahr 1661, er sei 32 Jahre alt. Nach Giltaji 1997
↑zuletzt Jochen Becker:„Een heuchelij vermaak … maar ook een heldre baak“ – zu verschiedenen Möglichkeiten, holländische Landschaften zu betrachten, in: Jacob van Ruisdael, Kat. Hamburg 2001, S. 144–152
↑Arnold Houbraken:De Groote Schouwburgh der Nederlandtsche Kunstschilders en Schilderessen, Den Haag 1718–1721, Band 3, S. 65f.