DasStaatsvolk umfasst über 56 Millionen Menschen und macht etwa 92,5 % der Einwohner Italiens aus. Hinzu kommen weltweit 15[1] bis 30[2] Millionen, nach einigen italienischen Angaben sogar 60 bis 70 Millionen[3][4][5] Italienischstämmige, hauptsächlich in Lateinamerika und in den Vereinigten Staaten.
Grabportrait der Etruskerin Velia, 4. Jahrhundert v. Chr.,Tomba dell’Orco
In derBronzezeit verdrängten indoeuropäischeItaliker,Veneter,Etrusker (nicht-indoeuropäisch[6]),Gallier undGriechen die Vorbevölkerung (zum BeispielLigurer). Während in der süditalienischenMagna Graecia Griechen die italischenSikeler verdrängten und bis heute eine griechische Minderheit lebt, gründete der italische Stamm derLatiner im 12. Jahrhundert v. Chr. die StadtAlba Longa. Dierömische Mythologie machte später den TrojanerAeneas zum legendären Stadtgründer, um sich bereits an eine ruhmreiche Vergangenheit anzusippen. Auch die venetische StadtgründungPadua beruft sich auf einen trojanischen Gründervater (Antenor). Die aus Alba Longa ausgezogenen ZwillingsbrüderRomulus und Remus wiederum sollen um 753 v. Chr. die Stadt Rom gegründet haben.
In zahlreichen Kämpfen gegeneinander und gegen die Etrusker unterwarfen die latinischen Stämme schließlich die übrigen italischen Stämme (Samnitenkriege), gegen die Griechen undKarthager entstand eine italische Wehrgemeinschaft unter Führung Roms. Nach demBundesgenossenkrieg wurden allen italischen und etruskischen Stämmen und schließlich auch den Veneternrömische Bürgerrechte gewährt. Spätestens mit der Vernichtung Karthagos und der Eroberung Griechenlands wurdeRom zum Zentrum eines gewaltigen Imperiums, das rund um das Mittelmeer weite Teile Europas, Asiens und Afrikas eroberte undromanisierte. Die Nordgrenze des eigentlichen Italien war zunächst derRubikon, erst später verlegten römische Kaiser ihre Residenzen nachMailand undRavenna.
Doch spätestens im 5. Jahrhundert unserer Zeitrechnung brach dieses Imperium während derVölkerwanderung zusammen, in Italien gründetenOstgoten (in Ravenna) undLangobarden (in Papia, heutiges Pavia) germanische Reiche.San Marino wurde unabhängig. Die Machtbasis der germanischenarianisch-christlichen Eroberer beschränkte sich jedoch auf eine nur wenige Hunderttausende zählende Militär- und Oberschicht (100.000 Ostgoten), denen fünf bis sieben Millionen katholische Römer (»Italier«) gegenüberstanden.[7] Ostgoten und Langobarden wurden daher ebenso von der römischen Zivilisation assimiliert und katholisch wie später die bereits romanisierten und francophonenNormannen Süditaliens (Neapel, Tarent, Palermo). Dennoch sind in Norditalien langobardische und in Süditalien normannische Siedlungsspuren und Spracheinflüsse nachweisbar. Römer und germanische Eroberer verschmolzen (nicht vor dem 11. Jahrhundert) zu Italienern, doch Unterschiede zwischen Florentinern und Neapolitanern, zwischen Genuesen, Mailändern, Turinern und Venezianern einerseits und Römern oder Sizilianern anderseits blieben bestehen.
Die Langobarden wurden im 8. Jahrhundert von denFranken verdrängt, den fränkischen Eroberern folgten nach denfränkischen Reichsteilungen im 9. Jahrhundert deutsche Eroberer, die im 10. Jahrhundert die letztenfränkisch-römischen Kaiser bzw. fränkisch-italienischenNationalkönige unterwarfen. 1027 trennte Kaiser Konrad II. zur Sicherung der wichtigen Brennerroute das Bistum Trient vom italienischen Reichsteil (dem ehemaligen Königreich der Langobarden) ab und gliederte es dem deutschen Reichsteil ein.
In ganz Italien kämpften fortanrömisch-deutsche Kaiser, Päpste und Partikularfürsten,Ghibellinen und Guelfen,Seerepubliken sowieCondottiere mit wechselndem Erfolg um Macht und Einfluss. Der in derSchlacht von Legnano 1176 errungene Sieg der imLombardenbund zusammengeschlossenen norditalienischen Städte über den Kaiser wurde später im Risorgimento zwar nationalistisch überhöht, festigte aber das bürgerliche, wenn auch nicht das nationale Selbstbewusstsein der rivalisierenden norditalienischen Stadtrepubliken.
DieSeerepubliken schafften es zu großem Reichtum: Insbesondere dieRepublik Venedig erlebte dank des Monopols über die Handelsrouten ins Byzantinische Reich eine außerordentliche Blüte.Genua undFlorenz entwickelten sich zu florierenden Bankzentren und finanzierten Kriege und Expeditionen zahlreicher europäischer Herrscherfamilien.
Um 1307 schuf der Florentiner Dichter und PhilosophDante Alighieri mit seinerGöttlichen Komödie ein Werk, welches für Italien eine ähnliche Bedeutung hatte wie Luthers Bibelübersetzung für Deutschland über 200 Jahre später. Aus dem toskanischen Dialekt desVulgärlatein undsizilianischen Einflüssen schufen Dante, der DichterFrancesco Petrarca sowie der AutorGiovanni Boccaccio die Grundlagen der modernen italienischen Sprache. DasLateinische blieb aber weiterhin die dominierende Sprache auf der Halbinsel.
Während derFriede von Lodi die Zersplitterung Italiens sowie ein stabiles Patt zwischen den damals fünf stärkstenitalienischen Staaten festigte (Venedig, Mailand, Florenz, Rom, Neapel), ergriff ausgehend von Florenz eine kulturelle Rückbesinnung auf Kunst und Wissenschaft, auf Ruhm und Größe der griechisch-römischen Antike Italien und ganz Europa (Renaissance).
NationalautorDante Alighieri wurde auf der 2-Euro-Münze verewigt
Der wirtschaftliche Niedergang Italiens begann nach derEntdeckung Amerikas, mit der Verlagerung des Handels in die Überseekolonien westeuropäischer Staaten, auch angesichts der osmanischen Kontrolle über das Mittelmeer. Die Halbinsel hatte ihre Bedeutung als Umschlagplatz zwischen Abend- und Morgenland verloren.
Politisch wurde Italien, dessen Teilstaaten ihre Unabhängigkeit bis dahin erfolgreich verteidigen konnten, zum Spielball fremder Mächte. Im 16. Jahrhundert kämpftenFrankreich undSpanien um die Vormachtstellung auf der Halbinsel (Italienische Kriege). DasTessin war schon 1512/1513 an dieSchweiz gefallen und die Vorherrschaft desPapsttums war durch die Plünderung Roms 1527 (Sacco di Roma) gebrochen worden. Florenz wurde nach dem Aussterben derMedici zum französisch-österreichischen Spielball. Im Norden gewann dasPiemont regierendeHaus Savoyen durch Lavieren zwischen Frankreich und Österreich immer weitere Gebiete und schließlichSardinien hinzu und konnte sich zum mächtigsten Teilstaat auf der Halbinsel entwickeln. Genua verkaufte die InselKorsika an Frankreich.
Vom 16. bis hinein ins 19. Jahrhundert stand der Großteil Italiens somit unter Fremdherrschaft, in Abhängigkeit von außeritalienischen Mächten oder unter der Herrschaft von Fürsten, die als zweitgeboreneösterreichische oder spanische Prinzen durch Vereinbarungen der europäischen Großmächte zur Herrschaft gelangt waren (sogenannteSekundogenituren). Dieses Erbe hat zu einem tief verwurzelten Obrigkeitsmisstrauen geführt, es hat dem Individualismus, der Gleichgültigkeit und dem Argwohn gegen den Staat Vorschub geleistet.[8]
Kulturell behielten Italiens Teilstaaten weiterhin eine herausragende Rolle. DieRenaissance und derManierismus haben ihre Wurzeln in Italien, ebenso dasBarock, das sich in Rom, dem Sitz des Papsttums, entwickelte. Später erfuhr derKlassizismus mitAntonio Canova eine Zeit der Blüte. Auch die geistige Strömung desRenaissance-Humanismus, die zuerst vonFrancesco Petrarca (1304–1374) angeregt wurde, hatte inFlorenz ein herausragendes Zentrum und breitete sich im 15. und 16. Jahrhundert über den größten Teil Europas aus. Während all dieser Epochen führte dieGrand Tour der Söhne des europäischenAdels und des gehobenen Bürgertums obligatorischerweise auch durch Italien und sorgte dadurch für die Verbreitung antiker und neuerer italienischer Kunstwerke, etwa durch dieVeduten vonPiranesi oder den Ankauf von Kunstwerken und ganzen Sammlungen, besonders in England, Frankreich und Deutschland. SeitWinckelmann entstand ein breites Forschungsinteresse zur antiken Kunst, mit zahlreichen Publikationen. GoethesItalienische Reise ist ein Zeugnis dieser Kunstbegeisterung. Über die Bevölkerung als Ganzes urteilt Goethe: „Von der Nation wüßte ich nichts weiter zu sagen, als daß esNaturmenschen sind, die unter Pracht und Würde der Religion und der Künste nicht ein Haar anders sind, als sie in Höhlen und Wäldern auch sein würden.“[9]
Der Geheimbund derCarbonari organisierte 1820/21 Aufstände in den italienischen Staaten, die von österreichischen Truppen ebenso niedergeschlagen wurden wie die Auswirkungen der französischenJulirevolution von 1830. Nach der Niederlage derRevolutionen 1848/1849 übernahm statt revolutionärer republikanische Kreise (zum BeispielGiuseppe Garibaldi) das Königreich Sardinien-Piemont die Führung im Kampf um die nationale Einigung. DieItalienischen Unabhängigkeitskriege führten 1861 schließlich zur Errichtung eines gesamtitalienischen Königreichs unter demHaus Savoyen. Durch denFrieden von Wien (1866) kamen auch Venetien und ein Großteil des Friauls zu Italien. Mit derAngliederung Roms (und dem Sturz des Papstes) 1871 war die nationale Einigungsbewegung zunächst vollendet. Die von Italienern besiedelten GebieteTrient,Triest undIstrien (das zusammen mitDalmatien bis 1797 zu Venedig und 1805–1809 zu Italien gehört hatte) waren außerhalb des Nationalstaats geblieben und bis auf weiteres ein Teil des Habsburger Reiches. Zudem hatte Sardinien-Piemont 1860Savoyen undNizza an Frankreich zurückgeben müssen. Diese Gebiete wurden Ziel derIrredenta-Bewegung.
Das junge Königreich Italien war zusätzlich mit wirtschaftlichen und sozialen Schwierigkeiten, dem Nord-Süd-Gegensatz und demBrigantenwesen im Süden konfrontiert. Es wurde versäumt, die Verhältnisse insbesondere im Süden durch eine Landreform und eine gerechte Besteuerung zu verbessern. Auch sprachlich war das Land nicht geeint: Gerade mal 2,5 % der Bevölkerung waren der hochitalienischen Schriftsprache mächtig.[10] Der PolitikerMassimo d’Azeglio beschrieb die Situation mit dem Ausspruch: „Fatta l’Italia bisogna fare gli italiani“ (Italien ist entstanden, die Italiener muss man erst noch erschaffen).[11]
Anlässlich des Jahrestages der Schlacht von Legnano entstand 1876 eine Gesellschaft zur Befreiung und Angliederung desunerlösten Italien (Italia irredenta). Die italienischen Regierungen neigten fortan dazu, vor inneren Krisen immer wieder propagandistisch in die Irredenta-Politik zu flüchten.[12] Die damit verbundene Konfrontation mit Österreich-Ungarn (und später Jugoslawien) wurde zurnationalen Frage und einem Hauptelement des italienischen Nationalismus.[13]
Wegen der erst späten Herausbildung eines ausreichend mächtigen Nationalstaats war Italien beim Erwerb von Kolonien zu spät bzw. zu kurz gekommen und strebte nun wie auch Deutschland, Japan oder die USA nach einerNeuaufteilung der Welt. Der BesetzungTunesiens war Frankreich 1881 zuvorgekommen, obwohl sich dort bereits italienische Siedler und italienisches Kapital zu verbreiten begonnen hatten. Daraufhin verbündete sich Italien mit Frankreichs Feind Deutschland und Österreich-Ungarn zumDreibund, wodurch die Irredenta-Bewegung vorerst blockiert und vonMinisterpräsident Crispi zeitweise sogar unterdrückt wurde. Bismarck, aber auch Großbritannien drängte Italien stattdessen zu Kolonialabenteuern. Ab 1882 begann Italien, sich in Ostafrika festzusetzen (Eritrea,Somalia), Deutschland verzichtete und gab seineAnsprüche auf die Somaliküste auf. Erste Versuche,Äthiopien zu erobern, scheiterten 1887 und 1896.
Die Niederlage in derSchlacht von Adua war für das italienische Nationalbewusstsein ebenso prägend wie sie es für das äthiopische Nationalbewusstsein wurde. Einerseits wurde die öffentliche Meinung für Jahrzehnte von nationalistisch-revanchistischen Racheforderungen beeinflusst, die republikanisch-demokratische und proletarisch-sozialistische Forderungen überschatteten. Andererseits hatte gerade die Niederlage die Ohnmacht und Unzulänglichkeit italienischer Kolonialpolitik aufgezeigt. Crispi wurde gestürzt, seine Nachfolger wandten sich wieder der naheliegenden Irredenta zu. Italien erkannte die französische Herrschaft in Tunesien an, Frankreich wiederum Italiens Ansprüche aufTripolitanien (Libyen), welches imItalienisch-Türkischen Krieg von den Osmanen abgetreten werden musste.
Am Vorabend desErsten Weltkriegs verlor der Liberalismus desGiovanni Giolitti gegenüber demIntegralen Nationalismus desGabriele D’Annunzio an Masseneinfluss. Nachdem Italien von den Entente-Mächten die Irredenta-Territorien zugesagt worden waren, trat es 1915 in den Krieg ein und erhielt 1919 imVertrag von Saint-Germain tatsächlich das Trentino, Triest und Istrien sowie die dalmatinische StadtZadar. Der Rest Dalmatiens fiel jedoch anJugoslawien und auch die StadtFiume sowieAlbanien oder Kolonialbesitztümer konnte Italien zunächst nicht erwerben. Es bekam zwar zusätzlich das deutschsprachige Südtirol, die Enttäuschung über denverstümmelten Sieg (vittoria mutilata) war jedoch groß. Diese lenktenBenito Mussolinis Faschisten in nationalistische Bahnen, die sie 1922 schließlich an die Macht brachten. Mussolinis Irredenta-Politik erstreckte sich nach der Zerschlagung Österreichs auch auf das Tessin und führte zu Konflikten mit der Schweiz und der „lateinischen Schwester“ Frankreich. In Frankreich lebten damals 850.000 Italiener, in Französisch-Tunesien weitere 100.000. Die deutsche und die slowenisch-kroatische Minderheit wurden ebenso Opfer einer rücksichtslosenItalianisierungspolitik wie die nichtitalienischen Minderheiten derAlpenromanen.
Doch Mussolinis überhitzter Nationalismus ging weiter. Aus einer Übersteigerung der Geschichte und gestützt auf altrömische Traditionselemente entwickelte er einen übernationalen Herrschaftsanspruch über ein großes Mittelmeerreich (Mare Nostrum). Dafür wurde ein totalitärer Führerstaat geschaffen, der militaristisch, zentralistisch und klerikalfaschistisch war (1929 Versöhnung mit dem Papsttum). Jeder einzelne Italiener hatte nur innerhalb der Gesamtheit und im Einsatz für den Staat einen Wert, regionalistische oder nebenstaatliche Strukturen (wie zum Beispiel dieMafia) wurden bekämpft.[14] Die Nation verstand Mussolini als Schicksalsgemeinschaft und Partnerschaft zwischen den Interessen der Besitzlosen und der Besitzenden.
Propagiertes Ziel war die Wiedererrichtung des Römischen Imperiums (Renovatio Imperii Romanorum). Ebenso wie etwa Frankreich oder Großbritannien sah sich auch Italien als Kulturnation und Zivilisationsbringer. Die allmählich erfolgreich indoktrinierten und faschisierten Massen wurden 1931 für die „Befriedung“Libyens, 1935/36 für dieEroberung Äthiopiens (das niemals zum Römischen Reich gehört hatte) und 1939 für die Besetzung Albaniens mobilisiert, doch italienische Siedler wollten sich in den Kolonien kaum niederlassen, und zwischen 1941 und 1943 brach das Imperium zusammen. Die Kolonien gingen nach dem Krieg alle verloren.
Die 1946 aus dem Königreich hervorgegangeneItalienische Republik zählt heute über 60 Millionen Einwohner, rund 4 Millionen davon sind Ausländer.
Bestimmender Grundsatz desitalienischen Staatsbürgerschaftsrechts ist das Abstammungsprinzip: Ist Mutter oder Vater Italiener, so erwirbt das Kind ebenfalls die Staatsangehörigkeit per Geburt. Der Erwerb der Staatsbürgerschaft durch Naturalisation ist an einen vierjährigen rechtmäßigen Aufenthalt für EU-Bürger beziehungsweise einen zehnjährigen rechtmäßigen Aufenthalt für Nicht-EU-Bürger gebunden. Eine mehrfache Staatsbürgerschaft ist grundsätzlich möglich.
Die italienische Sprache sowie die anderen romanischen Sprachen in Süd- und WesteuropaDie Sprachen und Dialekte Italiens
Auch nach der Einigung von 1861 hatten in Süditalien Anhänger der aus Neapel vertriebenen Bourbonen mit Hilfe regionalistischer und separatistischer Kräfte den Widerstand gegen Rom noch eine Zeitlang fortgesetzt, im Gegenzug vernachlässigte Rom lange Zeit die wirtschaftliche Hebung der widerspenstigen Regionen. Insbesondere dieSizilianer beanspruchten eine Sonderstellung in der Nation und erhielten aufgrund der starken Separatismusbestrebungen unmittelbar nach demZweiten Weltkrieg ein Autonomiestatut, noch bevor die gesamtitalienische Verfassung in Kraft trat. Danach folgte auch Sardinien, woeine der ersten Parteien Europas gegründet wurde, die sich für einen regionalen Föderalismus einsetzte.
Im Norden setzte sich Ende der 1980er Jahre dieLega Nord für die autonomistischen Bestrebungen der dortigen Bevölkerung ein. Die Partei befürwortete zwischenzeitlich sogar die Abspaltung der wirtschaftlich entwickelten und reichen Regionen Norditaliens. Zu diesem Zweck wurde die Idee einer eigenen Nation geschaffen,Padanien genannt, welche historische und sprachliche Besonderheiten der Po-Ebene gegenüber dem restlichen Italien unter der Herrschaft des „diebischen Rom“ (Roma ladrona) untermauern sollte.
Historische Ereignisse wie dieSchlacht von Legnano werden als Symbol des norditalienischen Widerstandes gefeiert. Die Lega Nord führt sogar den FreiheitskämpferAlberto da Giussano in ihrem Parteiwappen. Zudem betont sie, dass Staatsgebilde wie die Seerepublik Venedig über Jahrhunderte unabhängig blieben.
Sprachlich jedoch ist die vermeintliche Sonderrolle der Po-Ebene nicht fundiert. Dienorditalienischen, insbesonderegalloitalischen Dialekte, sind im Gegensatz zu den übrigenostromanischen Dialekte südlich derLa-Spezia-Rimini-Liniewestromanischen Ursprungs und weisen ein keltisches Substrat vor. Ob sie jedoch als eigenständige Sprachen angesehen werden können, ist umstritten. Sie sind verstärkt durch das Standarditalienische überlagert und mit ihm verschmolzen. Der Kunstbegriff Padanien wurde von der Lega Nord zudem auch auf Gebiete südlich der Linie liegenden und somit ostromanisch-italienischenMarken und der Toskana (aus dessen ostromanischen Florentiner Dialekt die italienische Standardsprache ja überhaupt erst entwickelt wurde) ausgedehnt.
In Italien sind germanische, romanische und slawische Sprachminderheiten ansässig.[15]
Zu den germanischen Minderheiten zählen neben den etwa 320.000 deutschsprachigenSüdtirolern auch 2.000Fersentaler und 1.000Zimbern im Trentino sowie 1.000Walserdeutsche im Aostatal und in der Provinz Verbania. Weitere 2.500 Deutschsprechende bevölkern die SprachinselnZahre undTischelwang sowie dasKanaltal im Friaul undPladen in Venetien.
Romanische Sprachminderheiten sind die 1.000.000Sardisch-sprechendenSarden auf der Insel Sardinien, die 500.000Friauler in Nordostitalien, die 90.000Frankoprovenzalen im Aostatal, Piemont und zwei süditalienischen Sprachinseln[16], die 30.000Ladiner in den Provinzen Bozen, Trient und Belluno, die 18.000Katalanen im sardischenAlghero.Okzitanen sind im Piemont und im kalabrischenGuardia Piemontese eine anerkannte Minderheit.
Alteingesessene italienischsprachige Minderheiten in Europa gibt es in der Schweiz (520.000),Frankreich (200.000),Kroatien (19.636)[17] undSlowenien (2.258).[18] Die meisten Italiener (200.000 bis 350.000) in der historischen RegionJulisch Venetien, die heute großteils zu Kroatien und Slowenien gehört, wurden nach dem Zweiten Weltkrieg vertrieben. Die meisten der knapp 1000 Einwohner desVatikanstaates sind Italiener.
Monegassen undSan-Marinesen sind italienischen Ursprungs und sprechen italienische Dialekte. Ethnisch sind sie Italiener, staatsrechtlich haben sie jeweils nichtitalienische Staatsbürgerschaften. Allerdings sind 16–19 % der Einwohner Monacos und 12–13 % der Einwohner San Marinos Einwanderer mit italienischer Staatsbürgerschaft. Auch die Einwohner derIonischen Inseln stammten großenteils aus Italien; durch Assimilierung und Auswanderung ist dieser Bezug kaum noch sichtbar.
In der französischen KolonieTunesien lebten zu Anfang des 20. Jahrhunderts noch über 100.000 Italiener und damit mehr als Franzosen, vor allem in den StädtenTunis,Bizerte,La Goulette,Sfax. Nach der Unabhängigkeit verließen die meisten das Land. Heute leben in Tunesien noch etwa 3000 Italiener.
Bis zu 70 Millionen außerhalb Italiens lebende Menschen sollen italienische Wurzeln haben.
Italien war aufgrund der schlechten Wirtschaftslage zwischen 1876 und 1915 von einer massiven Auswanderungswelle betroffen. Schätzungsweise 14 Millionen Italiener verließen damals ihre Heimat. 1913 war das Jahr mit der höchsten aufgezeichneten Auswanderung: Über 870.000 Menschen wanderten damals aus.[19]
Hauptziele warenBrasilien undArgentinien sowie dieUSA. Dort bilden sie und ihre Nachkommen alsItaloamerikaner mit 17.749.800 etwa 5,8 % der Bevölkerung,[20] doch nur noch 789.800 Italoamerikaner sprechen Italienisch als Muttersprache (0,3 % der Gesamtbevölkerung). Von diesen Muttersprachlern wiederum beherrschen nur 28,2 % Englisch.[21]
Nach dem Zweiten Weltkrieg richtete sich die Auswanderung verstärkt Richtung Westeuropa, viele Italiener wanderten insbesondere nachWestdeutschland, in die Schweiz und nach Frankreich aus.
Der Staat mit den meisten Pass-Italienern außerhalb Italiens ist Argentinien. Die meisten Auslandsitaliener leben aber in Europa (2.236.326), insbesondere in Deutschland und in der Schweiz. In Deutschland stellen sie nach den Türken die zweitgrößte Gruppe der Ausländer. LautStatistischem Bundesamt lebten 2005 in Deutschland 619.100 Menschen mit italienischemMigrationshintergrund.[35] Laut italienischem Außenministerium halten sich 648.453 italienische Staatsbürger in Deutschland auf, weitere 533.821 Italiener leben in der Schweiz. Viele von den in der Schweiz lebenden Italienern haben dank eines bilateralen Abkommens die doppelte Staatsbürgerschaft, daher zählen die schweizerischen Behörden nur 290.000 Italiener.[36] In Österreich leben 17.086 Menschen mit italienischer Staatsangehörigkeit.
↑Guillermo Spina: Historias de inmigrantes italianos en Argentina. Universidad Nacional de La Matanza, 14. November 2011, abgerufen am 15. Juli 2015 (spanisch): „al menos 25 millones están relacionados con algún inmigrante de Italia.“