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Isolationshaft

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DieIsolationshaft (Isolierungshaft) ist eine Form derFreiheitsentziehung, bei der einem bereits Inhaftierten innerhalb einesGefängnisses oder einer ähnlichen Einrichtung Kontakt zu anderen Mitgefangenen, zur Außenwelt, meistens auch zu Beschäftigungsformen und Objekten für die individuelle Haftraumausstattung verweigert wird.

Die Isolationshaft ist wegen ihrer Auswirkungen auf denHäftling umstritten und wird vonKritikern auch alsVernichtungshaft und als Form derFolter betrachtet.

Zu unterscheiden ist die Isolationshaft von derEinzelhaft, die aus Sicherheits-, Ordnungs- oder disziplinarrechtlichen Gründen über einen Strafgefangenen verhängt werden kann.

Auswirkungen

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Dieakuten und langfristigen, zum Teilchronischen Folgen von Isolationshaft sind je nach Länge, Art und Ausmaß sowie der psychischen Konstitution des Gefangenen unterschiedlich. In Untersuchungen von Häftlingen vor, während und nach außerordentlich langer Isolationshaft konnten u. a. folgende Auswirkungen als „klassische Erscheinungen der Isolationshaft im Sinne der sensorischen Deprivation und sozialer Isolation“ (Stöwsand in: Klusmeyer, 1985: 46) dokumentiert werden:

  • erhebliche Beeinträchtigung derWahrnehmung und derkognitiven Leistungsfähigkeit (was insbesondere im Hinblick aufGerichtsverfahren/Strafverteidigung Probleme schafft)
    • starke Störung der Verarbeitung von Wahrnehmungen
    • starke Störungen des Körpergefühls
    • starke allgemeineKonzentrationsschwierigkeiten
    • starke Schwierigkeiten bis hin zum Unvermögen zu lesen bzw. das Gelesene gedanklich zu erfassen, nachzuvollziehen und in einen sinnvollen Zusammenhang zu bringen
    • starke Schwierigkeiten bis hin zum Unvermögen zu schreiben bzw. Gedanken schriftlich zu verarbeiten (Agraphie/Dysgraphie)
    • starkeArtikulations-/Verbalisierungsschwierigkeiten, die sich besonders in den BereichenSyntax,Grammatik und Wortwahl zeigen und bis hin zuAphasie,Aphrasie undAgnosie reichen können
    • starke Schwierigkeit oder Unvermögen, Gesprächen zu folgen (nachgewiesenermaßen aufgrund einer Verlangsamung der Funktion des primären akustischen Kortex der Schläfenlappenanteile aufgrund von Reizmangel)

Insbesondere die Langzeitfolgen von Isolationshaft zeigen diverse Überschneidungspunkte mit denSymptomen des sogenanntenÜberlebenden-Syndroms, das bei vielen ehemaligen Gefangenen, die inKonzentrationslagern inhaftiert waren, beobachtet werden konnte. In den Vereinigten Staaten ist das SHU-Syndrom bekannt, das bei Gefangenen, die in den Isolationsabteilungen (Secure Housing Units) untergebracht waren, auftritt, und auffallende Ähnlichkeiten mit demposttraumatischen Stresssyndrom aufweist.

Therapie

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Die Behandlung von Menschen, die an Folgen einer zu langen Haft unter Isolationsbedingungen leiden, ist bei körperlichen Symptomen (sofern sie nicht in erster Linie in einerPsychosomatik begründet sind) teilweise durch Medikamente möglich. Psychische und psychosomatische Folgen bedürfen einerPsychotherapie bei einem auf die Behandlung psychischtraumatisierter Menschen spezialisierten Therapeuten.

Geschichte, Aufklärung und Widerstand

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Obgleich Isolation undDeprivation schon seit Jahrhunderten zu Bestrafungszwecken eingesetzt werden, wurde die Isolationshaft erst Anfang des 19. Jahrhunderts, etwa um 1821, als eine Form der Bestrafung innerhalb von Gefängnissystemen imUS-BundesstaatPennsylvania eingeführt und seitdem ständig neu erforscht und fortentwickelt. Die Gefangenen durften damals nicht arbeiten und als einzigen Besuch einen Geistlichen empfangen. Das System wurde zu dieser Zeit nochBußhaft genannt.

Freidenker undQuäker setzten sich damals für dasBußhaus als vermeintlichhumaneAlternative zurTodesstrafe,Verstümmelung undKörperstrafe ein.

Schon 1842 protestierte der SchriftstellerCharles Dickens gegen die Isolationshaft und bezeichnete sie, da sie körperlich keine deutlich sichtbaren Spuren hinterlässt, alsWeiße Folter und als grundsätzlich schlimmer als jegliche in erster Linie physischeFolter.

Fast fünf Jahre lang – von 1894 bis 1899 – erlitt der zu Unrecht wegenLandesverrat verurteilte und auf eine Insel verbannte französische OffizierAlfred Dreyfus – sieheDreyfus-Affäre – Isolationshaft.[1] Er konnte nach dieser Zeit zunächst kaum sprechen.

Eine eindrucksvolle literarische Darstellung von Isolationshaft und ihrer Auswirkungen findet sich in derSchachnovelle[2] von Stefan Zweig am Beispiel eines Gestapo-Häftlings.

Bereits seit 1983 ist in denUSA der Gefängnistyp desSupermax in Anwendung. Dieser sieht die Verwahrung der Gefangenen in vollkommener Isolationshaft 23 Stunden am Tag vor – zeitweise auch bei ständiger Beleuchtung. In einigen US-amerikanischen Haftanstalten existieren einzelne Abteilungen, die einen Supermax-Charakter aufweisen. Diese werden in der Regel alsSecure Housing Units (SHU) bezeichnet. Isolationshaft gab es unter anderem auch imnordirischen Bürgerkrieg gegen katholische Aktivisten in so genanntenH-Blocks.

In derTürkei kämpfen seit Jahren Gefangene und deren Angehörige gegen die Legalisierung der Isolationshaft durch die Einführung so genannterTyp-F-Gefängnisse, die die in Deutschland entwickelten Normen für Isolation von Gefangenen übernehmen.

In Lateinamerika und Spanien ist Isolationshaft primär unter dem BegriffIncomunicado (deutsch:Kontaktsperre) bekannt.

InBelarus wird Isolationshaft eingesetzt[3]; es gibt sogenannteIsolationszentren. Das bekannteste unter ihnen istOkrestino, welches international kritisiert wird.

Situation in Deutschland

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In Deutschland ist die Isolationshaft nicht ausdrücklich gesetzlich geregelt, sondern nur die klar eingegrenzteEinzelhaft (siehe u. a.§ 88 Abs. 2 Nr. 3,§ 89StVollzG).[4]

In Deutschland wurde der Begriff „Isolationshaft“ teilweise mit den Haftbedingungen von Mitgliedern derRote Armee Fraktion in den 1970er Jahren u. a. in derJustizvollzugsanstalt Stuttgart in Verbindung gebracht.

Bis heute wird in einzelnen Fällen die Isolationshaft über Jahre aufrechterhalten. Bekannt ist etwa der Fall eines Inhaftierten in derJVA Bruchsal, der zwischen 1996 und 2006 23 Stunden am Tag isoliert war. In derJVA Celle ist ein Fall dokumentiert, bei dem ein Inhaftierter über 15 Jahre von anderen Häftlingen isoliert war.[5]Dem Häftling wurde schließlich seine Ungefährlichkeit attestiert und er kam im November 2011 nach 16 Jahren aus dem Gefängnis.

Für Häftlinge, die wegenterroristischer Straftaten inhaftiert sind, erlaubt das deutscheKontaktsperregesetz eine Isolation in Form einer Kontaktsperre. Es wurde vomBundesverfassungsgericht 1978 einstimmig für verfassungskonform befunden.

In den vergangenen Jahren stieg die Isolation von Gefangenen in „besonders gesicherten Hafträumen“ an, insbesondere in Bremen, Würzburg und Augsburg-Gablingen.[6]

Situation in der Türkei

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In der Türkei darf die Polizei oder Gendarmerie einen Gefangenen verhören, ohne dass er Kontaktmöglichkeit zur Außenwelt hat.

Seit dem 2. Juli 2012 sind im Artikel 10 des Gesetzes 3713 (Gesetz zur Bekämpfung von Terrorismus, kurz: Anti-Terror-Gesetz, ATG) Regeln und Ausnahmen beschrieben. Hier bestimmt Absatz ç, dass bei Straftaten, die unter dieses Gesetz fallen, die maximale Dauer der Polizeihaft 48 Stunden beträgt. Absatz e bestimmt, dass diese Verdächtigen in den ersten 24 Stunden kein Recht auf anwaltlichen Beistand haben.[7]

Rechtliche Bewertung

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Die Isolationshaft als solche und damit auch ihre Rahmenbedingungen sindgesetzlich in der Regel nicht festgeschrieben. Die Unterbringung von Gefangenen unter Isolationsbedingungen wird international vonMenschenrechtsorganisationen geächtet und alsFoltermethode bezeichnet, vermutlich jedoch weltweit im offiziellen und inoffiziellen Justizvollzug ohneRechtsgrundlage eingesetzt.

Siehe auch

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Literatur

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  • Uwe Ahrens (Hrsg.):Machen Sie sofort die Schranktür zu! Zweiunddreißig Zeichnungen und eine Plastik zur Isolationshaft. Gezeichnet und modelliert nach Schilderungen ehemaliger Isolationshäftlinge. Berlin 1986.
  • Amnesty Internationals Arbeit zu den Haftbedingungen in der Bundesrepublik Deutschland für Personen, die politisch motivierter Verbrechen verdächtigt werden oder wegen solcher Verbrechen verurteilt sind: Isolation und Isolationshaft. amnesty international publications, Bonn 1980.
  • P. H. Bakker Schut (Hrsg.):Todesschüsse – Isolationshaft – Eingriffe ins Verteidigungsrecht. Berlin 1995.
  • A. Birck, C. Pross, J. Lansen (Hrsg.):Das Unsagbare – Die Arbeit mit Traumatisierten im Behandlungszentrum für Folteropfer Berlin. Berlin 2002.
  • Walter Bungard:Zur Validität der Forschung über soziale Deprivation. In:Gruppendynamik – Forschung und Praxis. Heft 3, Juni 1977, S. 170–185.
  • Alfred Engels:Sensorische Deprivation – Isolation gleich Folter oder Isolation gleich Therapie? In:Gruppendynamik – Forschung und Praxis. Heft 3, Juni 1977, S. 163–170.
  • J. Gross, L. Svab:Soziale Isolation und Sensorische Deprivation und ihre gerichts-psychologischen Aspekte. Prag 1967.
  • Gerhard Koenen:Vesper, Ensslin, Baader. Urszenen des deutschen Terrorismus. Köln 2003.
  • Komitee gegen Isolationshaft:Todesstrafe auf Raten. Eco-Verlag, Zürich 1976,DNB890774447.
  • Lars Richter:Die Geschichte der Folter und Hinrichtung : vom Altertum bis zur Jetztzeit. Wien 2001,ISBN 3-85492-365-1.
  • Kurt Oesterle:Stammheim – die Geschichte des Vollzugsbeamten Horst Bubeck.ISBN 3-453-62007-0.
  • Sjef Teuns:Isolation/Sensorische Deprivation – Die programmierte Folter. In: Klaus Eschen u. a.:Folter in der BRD – Zur Situation der Politischen Gefangenen (=Kursbuch. 32). Rotbuch-Verlag, Berlin 1973,OCLC246216942.

Weblinks

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Wiktionary: Isolationshaft – Bedeutungserklärungen, Wortherkunft, Synonyme, Übersetzungen

Einzelnachweise

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  1. Gabriel Eikenberg: Alfred Dreyfus (1859-1935). In: Lebendiges Museum Online. Deutsches Historisches Museum, 14. September 2014, abgerufen am 21. Oktober 2022. 
  2. Stefan Zweig:Schachnovelle. Hrsg.:Klemens Renoldner. Reclam, Stuttgart 2013,ISBN 978-3-15-018975-7,S. 167 (reclam.de). 
  3. Erhängt, ertrunken, erschossen – die seltsamen Todesfälle in Belarus. In: stern.de. Abgerufen am 11. September 2020. 
  4. ergänzend hierzu besondere Vollzugsmaßnahmen nachStVollzG.
  5. Kai Schlieter: Isolationshaft in Deutschland – Lebendig begraben. In: taz. 24. Februar 2011, abgerufen am 13. März 2011. 
  6. Sabrina Winter, Timo Stukenberg, Torben Becker: Gesundheitsversorgung im Gefängnis: „Irgendwann machen die Wärter meine Tür auf und ich bin tot“. FragDenStaat, 2. Dezember 2024, abgerufen am 14. Februar 2025. 
  7. Terörle Mücadele Kanunu. (Memento vom 23. August 2016 imInternet Archive; PDF; 210 kB) (Wortlaut des ATG) Seiten des Justizministeriums, magdur.adalet.gov.tr; abgerufen am 22. August 2016.
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