DieIsolationshaft (Isolierungshaft) ist eine Form derFreiheitsentziehung, bei der einem bereits Inhaftierten innerhalb einesGefängnisses oder einer ähnlichen Einrichtung Kontakt zu anderen Mitgefangenen, zur Außenwelt, meistens auch zu Beschäftigungsformen und Objekten für die individuelle Haftraumausstattung verweigert wird.
Die Isolationshaft ist wegen ihrer Auswirkungen auf denHäftling umstritten und wird vonKritikern auch alsVernichtungshaft und als Form derFolter betrachtet.
Zu unterscheiden ist die Isolationshaft von derEinzelhaft, die aus Sicherheits-, Ordnungs- oder disziplinarrechtlichen Gründen über einen Strafgefangenen verhängt werden kann.
Dieakuten und langfristigen, zum Teilchronischen Folgen von Isolationshaft sind je nach Länge, Art und Ausmaß sowie der psychischen Konstitution des Gefangenen unterschiedlich. In Untersuchungen von Häftlingen vor, während und nach außerordentlich langer Isolationshaft konnten u. a. folgende Auswirkungen als „klassische Erscheinungen der Isolationshaft im Sinne der sensorischen Deprivation und sozialer Isolation“ (Stöwsand in: Klusmeyer, 1985: 46) dokumentiert werden:
Insbesondere die Langzeitfolgen von Isolationshaft zeigen diverse Überschneidungspunkte mit denSymptomen des sogenanntenÜberlebenden-Syndroms, das bei vielen ehemaligen Gefangenen, die inKonzentrationslagern inhaftiert waren, beobachtet werden konnte. In den Vereinigten Staaten ist das SHU-Syndrom bekannt, das bei Gefangenen, die in den Isolationsabteilungen (Secure Housing Units) untergebracht waren, auftritt, und auffallende Ähnlichkeiten mit demposttraumatischen Stresssyndrom aufweist.
Die Behandlung von Menschen, die an Folgen einer zu langen Haft unter Isolationsbedingungen leiden, ist bei körperlichen Symptomen (sofern sie nicht in erster Linie in einerPsychosomatik begründet sind) teilweise durch Medikamente möglich. Psychische und psychosomatische Folgen bedürfen einerPsychotherapie bei einem auf die Behandlung psychischtraumatisierter Menschen spezialisierten Therapeuten.
Obgleich Isolation undDeprivation schon seit Jahrhunderten zu Bestrafungszwecken eingesetzt werden, wurde die Isolationshaft erst Anfang des 19. Jahrhunderts, etwa um 1821, als eine Form der Bestrafung innerhalb von Gefängnissystemen imUS-BundesstaatPennsylvania eingeführt und seitdem ständig neu erforscht und fortentwickelt. Die Gefangenen durften damals nicht arbeiten und als einzigen Besuch einen Geistlichen empfangen. Das System wurde zu dieser Zeit nochBußhaft genannt.
Freidenker undQuäker setzten sich damals für dasBußhaus als vermeintlichhumaneAlternative zurTodesstrafe,Verstümmelung undKörperstrafe ein.
Schon 1842 protestierte der SchriftstellerCharles Dickens gegen die Isolationshaft und bezeichnete sie, da sie körperlich keine deutlich sichtbaren Spuren hinterlässt, alsWeiße Folter und als grundsätzlich schlimmer als jegliche in erster Linie physischeFolter.
Fast fünf Jahre lang – von 1894 bis 1899 – erlitt der zu Unrecht wegenLandesverrat verurteilte und auf eine Insel verbannte französische OffizierAlfred Dreyfus – sieheDreyfus-Affäre – Isolationshaft.[1] Er konnte nach dieser Zeit zunächst kaum sprechen.
Eine eindrucksvolle literarische Darstellung von Isolationshaft und ihrer Auswirkungen findet sich in derSchachnovelle[2] von Stefan Zweig am Beispiel eines Gestapo-Häftlings.
Bereits seit 1983 ist in denUSA der Gefängnistyp desSupermax in Anwendung. Dieser sieht die Verwahrung der Gefangenen in vollkommener Isolationshaft 23 Stunden am Tag vor – zeitweise auch bei ständiger Beleuchtung. In einigen US-amerikanischen Haftanstalten existieren einzelne Abteilungen, die einen Supermax-Charakter aufweisen. Diese werden in der Regel alsSecure Housing Units (SHU) bezeichnet. Isolationshaft gab es unter anderem auch imnordirischen Bürgerkrieg gegen katholische Aktivisten in so genanntenH-Blocks.
In derTürkei kämpfen seit Jahren Gefangene und deren Angehörige gegen die Legalisierung der Isolationshaft durch die Einführung so genannterTyp-F-Gefängnisse, die die in Deutschland entwickelten Normen für Isolation von Gefangenen übernehmen.
In Lateinamerika und Spanien ist Isolationshaft primär unter dem BegriffIncomunicado (deutsch:Kontaktsperre) bekannt.
InBelarus wird Isolationshaft eingesetzt[3]; es gibt sogenannteIsolationszentren. Das bekannteste unter ihnen istOkrestino, welches international kritisiert wird.
In Deutschland ist die Isolationshaft nicht ausdrücklich gesetzlich geregelt, sondern nur die klar eingegrenzteEinzelhaft (siehe u. a.§ 88 Abs. 2 Nr. 3,§ 89StVollzG).[4]
In Deutschland wurde der Begriff „Isolationshaft“ teilweise mit den Haftbedingungen von Mitgliedern derRote Armee Fraktion in den 1970er Jahren u. a. in derJustizvollzugsanstalt Stuttgart in Verbindung gebracht.
Bis heute wird in einzelnen Fällen die Isolationshaft über Jahre aufrechterhalten. Bekannt ist etwa der Fall eines Inhaftierten in derJVA Bruchsal, der zwischen 1996 und 2006 23 Stunden am Tag isoliert war. In derJVA Celle ist ein Fall dokumentiert, bei dem ein Inhaftierter über 15 Jahre von anderen Häftlingen isoliert war.[5]Dem Häftling wurde schließlich seine Ungefährlichkeit attestiert und er kam im November 2011 nach 16 Jahren aus dem Gefängnis.
Für Häftlinge, die wegenterroristischer Straftaten inhaftiert sind, erlaubt das deutscheKontaktsperregesetz eine Isolation in Form einer Kontaktsperre. Es wurde vomBundesverfassungsgericht 1978 einstimmig für verfassungskonform befunden.
In den vergangenen Jahren stieg die Isolation von Gefangenen in „besonders gesicherten Hafträumen“ an, insbesondere in Bremen, Würzburg und Augsburg-Gablingen.[6]
In der Türkei darf die Polizei oder Gendarmerie einen Gefangenen verhören, ohne dass er Kontaktmöglichkeit zur Außenwelt hat.
Seit dem 2. Juli 2012 sind im Artikel 10 des Gesetzes 3713 (Gesetz zur Bekämpfung von Terrorismus, kurz: Anti-Terror-Gesetz, ATG) Regeln und Ausnahmen beschrieben. Hier bestimmt Absatz ç, dass bei Straftaten, die unter dieses Gesetz fallen, die maximale Dauer der Polizeihaft 48 Stunden beträgt. Absatz e bestimmt, dass diese Verdächtigen in den ersten 24 Stunden kein Recht auf anwaltlichen Beistand haben.[7]
Die Isolationshaft als solche und damit auch ihre Rahmenbedingungen sindgesetzlich in der Regel nicht festgeschrieben. Die Unterbringung von Gefangenen unter Isolationsbedingungen wird international vonMenschenrechtsorganisationen geächtet und alsFoltermethode bezeichnet, vermutlich jedoch weltweit im offiziellen und inoffiziellen Justizvollzug ohneRechtsgrundlage eingesetzt.