Isle of Man TT



DieIsle of Man TT (meist kurzTT fürenglischTourist Trophy) ist einMotorradrennen auf derIsle of Man, das seit 1907 veranstaltet wird. Die Renndistanz beträgt drei bis sechs Runden à 60,725km. Gefahren wird mit mehr oder weniger stark modifiziertenSupersportmotorrädern aus der Serienproduktion. Nur die Chassis der Seitenwagenmotorräder sind Spezialkonstruktionen für den Motorsport. Die Fahrer benötigen eine Rennlizenz und müssen sich vor dem Rennenqualifizieren. Zu der einwöchigen Serie von Wettbewerben, die im Rahmen der TT ausgetragen werden, strömen jährlich über 40.000 Rennsportfans auf die Insel, was etwa der Hälfte der Bevölkerung entspricht.[1] Die Tourist Trophy gilt als das älteste, gefährlichste und umstrittenste Motorradrennen der Welt.[2] Seit 1911 starben bei den offiziellen Trainings und Rennen 155 Rennfahrer.
Klassen
[Bearbeiten |Quelltext bearbeiten]In der Klasse Superbike wird wie in derSuperbike-Weltmeisterschaft mit modifizierten Supersportmotorrädern gefahren, in der Klasse Superstock mit Supersportmotorrädern im Serienzustand. In der Klasse Supersport wird wie in derSupersport-Weltmeisterschaft mit Sportmotorrädern der Mittelklasse gefahren, die umfassend modifiziert werden dürfen. Supertwin ist die neueste Klasse in der TT und Sportmotorrädern mit klassischemParallel-Twin vorbehalten, die umfangreich modifiziert werden dürfen. Die Chassis der Seitenwagen sind Spezialkonstruktionen für den Rennsport, wie sie auch in derSeitenwagen-Weltmeisterschaft eingesetzt werden.[3]
Klasse | Motortyp | Hubraumlimit | Leistung |
---|---|---|---|
Superbike | 4-Zylinder | 1000cm³ | über 200PS |
Superstock | 4-Zylinder | 1000 cm³ | etwa 200 PS |
Supersport | 4-Zylinder | 600 cm³ | etwa 130 PS |
3-Zylinder | 675 cm³ | etwa 130 PS | |
Supertwin | Parallel-Twin | 700 cm³ | 90 bis 100 PS |
Seitenwagen | 4-Zylinder | 600 cm³ | etwa 130 PS |
3-Zylinder | 675 cm³ | etwa 130 PS | |
Parallel-Twin | 900 cm³ | etwa 130 PS |
Rennstrecke
[Bearbeiten |Quelltext bearbeiten]Dieses älteste Motorradrennen der Welt findet auf dem Snaefell Mountain Course statt, der kein permanenterRundkurs ist, sondern aus normalen Straßen der Insel besteht. Diese werden während der Trainings und des Wettbewerbs für denIndividualverkehr gesperrt. Das Rennen ist eines der bedeutendstenStraßenrennen weltweit.
Start und Ziel der Strecke liegen inDouglas. Die 37,733 mi (60,725 km) lange Strecke stellt wie kein anderes Rennen Anforderungen an Mensch und Material. Es ist kaum möglich, sich jede Kurve und damit verbunden alle Bremspunkte zu merken.Siegfried Schauzu bemerkte dazu:
„Die Ideallinie um 10 cm zu verfehlen, kann den Weg ins Jenseits bedeuten.“
Beim Rennen gibt es kein gemeinsames Starterfeld, sondern die Kontrahenten starten einzeln zeitversetzt. Bei Boxenstopps wird die Zeit neutralisiert. Die Durchschnittsgeschwindigkeit bei der TT beträgt in den Rennen mit den schnellsten Maschinen über 130 mph (209 km/h). Zum Vergleich: auf den modernen Rennstrecken, auf denen Motorrad-Grand-Prix gefahren werden, wird ein Schnitt von ca. 160 km/h erreicht.
Fast jedes Jahr kommt es zu tödlichen Unfällen. Sturzräume und -auffangbereiche sind spärlich bis gar nicht vorhanden. Die Teilnehmer bewegen sich auf dem Asphalt zwischen Häusern, Steinwänden und Böschungen. Auch Fahrbahnkuppen, wie etwa bei Brücken, sind kaum entschärft oder erst in späten Jahren nivelliert worden.
Mad Sunday
[Bearbeiten |Quelltext bearbeiten]Zu jeder TT gehört auch derMad Sunday, bei dem die Strecke abgesperrt und in einer Richtung auch für Privatfahrer freigegeben wird. In neuester Zeit betrifft diese Einbahnregelung nur die Mountain Road von Ramsey bis Creg Ny Baa, dies jedoch an allen Tagen, an denen die Strecke freigegeben ist.[5]
Die erfolgreichsten TT-Fahrer
[Bearbeiten |Quelltext bearbeiten]Der erfolgreichste Solo-Fahrer der TT istMichael Dunlop mit 29 Siegen. In derGespannkategorie ist der EinheimischeDave Molyneux mit 17 Siegen der erfolgreichste Pilot. Der erste Rennfahrer in der Geschichte, der alle fünf Rennen für Solomotorräder im selben Jahr gewann, war 2010Ian Hutchinson.
Der aktuelle Rundenrekord wurde vonPeter Hickman 2023 aufgestellt, die Rundenzeit betrug 16:36,115 min – was einerDurchschnittsgeschwindigkeit von 136,358 mph (219,447 km/h) entspricht.[6] Zuvor war John McGuinness der erste Fahrer in der Geschichte der TT, der einen Schnitt von über 130 mph (209 km/h) erreichte.[7] Der erfolgreichste Fahrer aus Deutschland istSiegfried Schauzu, der auf der Isle of Man neunmal den Gesamtsieg bei denGespannen errang. Die erste Frau, die an diesem Rennen teilnahm, warInge Stoll im Jahr 1954. Die erste weibliche Solofahrerin war 1964Beryl Swain. 2010 wurden beide Rennen (5. und 10. Juni 2010) der Seitenwagen von dem ÖsterreicherKlaus Klaffenböck gewonnen, der damit der erste österreichische Sieger seitRupert Hollaus im Jahr 1954 ist. Den Rundenrekord in der Gespannklasse halten seit 2023 die GebrüderBirchall mit 120,645 mph (194,159 km/h).[8]
Geschichte
[Bearbeiten |Quelltext bearbeiten]Vorgeschichte
[Bearbeiten |Quelltext bearbeiten]Erst nach 1900 fanden die ersten Motorradrennen auf dem Kontinent unter dem NamenCoupe International abwechselnd im Land des letzten Siegers statt. Dabei wurde ein Reglement angewendet, ein Mindest-Gewicht der Maschine samt Fahrer vorzuschreiben. Zu dieser Zeit zeichnete sich bereits ab, dassEngland die Spitze im Motorradrennsport einnehmen würde. Allerdings erließ schon bald die britische Regierung eine Vorschrift, die Rennen auf nicht permanenten Rennstrecken verbot.
Die Reglementierung der Kontinentalrennen hinsichtlich Gewicht, das Veranstaltungsverbot in England und der Drang nach Fortschritt im Motorradrennsport brachte die Lösung in Form eines Rundstreckenrennens auf der Isle of Man, die nicht zum Vereinigten Königreich gehört, sondern alsautonomer Kronbesitz eine Sonderstellung hat und daher das Verbot nicht beachten musste.
Das erste Reglement der Tourist Trophy 1907 war einleuchtend und unkompliziert: Es gab keine Begrenzung für Motorhubraum oder Gewicht. Die Konkurrenten mussten mit einem Durchschnittsverbrauch von 3,1 Liter Benzin pro 100 km bei Einzylindermaschinen bzw. 3,8 l/100 km bei Zweizylindermaschinen auskommen (eineGallone/4,55 Liter für 90 mi (145 km) bzw. 75 mi (121 km).) Für das Rennen 1908 wurden die Werte auf 2,8 bzw. 3,5 l/100 km gesenkt.
Ebenso war ein Werkzeugsatz mitzuführen – er wurde auch wirklich gebraucht. Die Motorräder mussten gut funktionierende Auspuffanlagen, einen richtigen Sattel, Schutzbleche und Reifen mit zwei Zoll Breite haben. Eine andere wichtige Bestimmung schrieb Pedale vor, damit man mit ihnen den Vorwärtsdrang unterstützen konnte – bei der ersten TT war also Pedalieren erlaubt.[9] Bereits 1908 wurden die Pedale verboten.

Die Rennen auf der Isle of Man
[Bearbeiten |Quelltext bearbeiten]Am 28. Mai 1907 fand das erste Rennen auf der Isle of Man mit 25 Fahrern statt. Es ging damals über denSt. John’s Short Course, der vonSt. John’s überBallacraine,Kirk Michael undPeel führte. Die rund 25 km lange Strecke war zehnmal zu umrunden. Die ersten Sieger warenCharlie Collier aufMatchless bei den Einzylindern undRem Fowler aufNorton mitPeugeot-Motor bei den Zweizylindern. In den Jahren 1909 und 1910 wurde nur eine Klasse ausgeschrieben. Diese war sowohl für Einzylindermaschinen mit Hubräumen bis 500 cm³ als auch für Zweizylinder mit bis zu 750 cm³ offen.
1911 wurde erstmals der 60,7 km langeSnaefell Mountain Course befahren, den die Automobile schon seit 1904 nutzten. Außerdem gab es wieder zwei Kategorien, die bis heute noch namentlich existieren, dieJunior-Klasse mit bis zu 350 cm³ Hubraum und dieSenior-Klasse mit bis zu 500 cm³. ImSenior-Rennen gingen die ersten drei Plätze an die MarkeIndian. DerErste Weltkrieg brachte eine Unterbrechung der Rennen von 1915 bis 1919.
1920 brachte die erste Isle of Man TT nach dem Krieg eine neuerliche Erweiterung des Reglements:Lightweight 250 wurde als weitere Klasse eingeführt, fand aber erst 1922 offiziell Eingang in die Wertung. 1921 wurde dieSenior-TT zum ersten und einzigen Mal von einem Fahrer mit einer 350-cm³-Maschine gewonnen. Dies gelangHoward Dowies aufA.J.S. 1925 war erstmals die gesamte Streckeasphaltiert.
Im Jahr 1927 verunglückteArchie Birkin in einem der Trainingsläufe, die damals noch in den frühen Morgenstunden im laufenden Verkehr auf dem Snaefell Mountain Course abgehalten wurden, tödlich. Er prallte mit seiner 500-cm³-McEvoy in Rhencullen beim Versuch, einem Lieferwagen auszuweichen, der in Richtung Peel unterwegs war, gegen eine Mauer und war auf der Stelle tot. Die Kurve auf der A3 zwischen Kirk Michael und Bishopscourt trägt seither den Namen Birkin’s Bend. Ab 1928 wurden daraufhin die Trainings zur Isle of Man TT und zum Manx Grand Prix nicht mehr bei laufendem Verkehr abgehalten.
Beim Rennen 1931 lag die Durchschnittsgeschwindigkeit erstmals über 80 mph (129 km/h). 1935 gewann der IreStanley Woods aufMoto Guzzi seinen fünften TT-Titel, nachdem er vorher schon vier Mal aufNorton gewonnen hatte. 1937 holte zum ersten Mal ein Ausländer in derLightweight-TT, der 250er-cm³-Klasse, einen TT-Sieg:Omobono Tenni auf Moto Guzzi. Im folgenden Jahr gewannEwald Kluge aufDKW, ebenfalls in der 250er-Klasse, als erster Deutscher ein TT-Rennen. 1939 sicherte sichSchorsch Meier aufBMW als erster Ausländer die begehrte 500er-Trophäe.
Nach dem Zweiten Weltkrieg
[Bearbeiten |Quelltext bearbeiten]Nach demZweiten Weltkrieg zählte die Tourist Trophy von1949 bis1976 zurMotorrad-Straßen-Weltmeisterschaft derFIM. 1951 wurde das Programm um die 125-cm³-Klasse ergänzt. 1957, zumGoldenen Jubiläum, überwand der SchotteBob McIntyre auf seiner 500-cm³-Gilera erstmals die 100-mph-Grenze (ca. 161 km/h). 1958 gewannMV Agusta als erste Marke alle vier Soloklassen. 1959 schickteHonda zum ersten Mal ein Team zur TT und gewann auch gleich den Teampreis.[10] 1960 siegteJohn Surtees zum dritten Mal hintereinander in der Senior-TT.
1961 sicherteMike Hailwood Honda die ersten beiden Titel (in der 125er- und 250er-Klasse) und gewann auf Norton die Senior-TT. 1962 wurde – für sechs Jahre – das Reglement nochmals erweitert: die 50-cm³-Klasse (Ultralightweight-TT) kam hinzu. 1965 schaffteJim Redman zum dritten Mal hintereinander einen Doppelsieg.[11]
Boykott des Rennens und Veränderung des Status
[Bearbeiten |Quelltext bearbeiten]NachdemGilberto Parlotti in derWM-Saison 1972 in der Klasse bis 125 cm³ in Führung liegend tödlich verunglückt war, beschlossGiacomo Agostini, nie wieder auf dem gefährlichen Kurs zu fahren. Diesem Boykott schlossen sich Spitzenfahrer wiePhil Read,Barry Sheene undRodney Gould an, sodass bis zurWM-Saison 1976 die Rennen mehr oder weniger nur von Privatfahrern bestritten wurden. DieFIM nahm die Tourist Trophy Ende 1976 aus der Wertung der Straßen-WM.[12] 1977 wurde mit derFormula TT als Ersatz eine neue Serie geschaffen, die ebenfalls WM-Status hatte. Diese war in drei Kategorien (TT-F1 bis TT-F3) unterteilt und bestand bis 1989 als Weltmeisterschaft, die von der neu entstandenenSuperbike-Weltmeisterschaft abgelöst wurde. 1977 und 1978 war der TT-Sieger in der jeweiligen Klasse gleichzeitig Weltmeister, danach flossen weitere Rennen in die WM-Wertung ein.
Das Jubiläumsrennen der Veranstaltung fand 2007 in der Woche vom 2. bis zum 8. Juni statt. In den Jahren 2020 und 2021 wurde das Rennen wegen der weltweitenCOVID-19-Pandemie abgesagt.[13]
Kurioses
[Bearbeiten |Quelltext bearbeiten]Bei der Junior TT 1926 erschienGarelli mit dem stärksten Motorrad der damaligen Zeit. Die Rennmaschine hatte vierVergaser und leistete ca. 20 PS bei 4500 Umdrehungen pro Minute. Auf jeder Seite befanden sich zwei Vergaser, die so gekoppelt waren, dassnormal nur zwei in Betrieb waren, während die anderen zwei Vergaser erst dann arbeiteten, wenn der Fahrer den Gasgriff über einen bestimmten Punkt drehte. Bemerkenswert war auch, dass die Maschine über zwei Auslasskanäle verfügte. Die Fachleute vor Ort sprachen immer wieder von dem Riesenkrach, den der Zweitakter machte und vonErminio Visioli, der immer wieder beim Training aus der Kurve flog. Letztendlich schied er im Hauptrennen wegen eines Bruchs des Gasgestänges aus.[14]
DerAudi TT wurde nach der Isle of ManTourist Trophy benannt,[15] u. a. in Anlehnung an Ewald Kluges Sieg auf einer DKW.
Siegerliste
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Literatur
[Bearbeiten |Quelltext bearbeiten]- Ernst Leverkus:TT – Die Goldenen Jahre der Tourist Trophy: 1907–1976. Motorbuch/Schrader, Stuttgart 2001,ISBN 978-3-613-87222-6.
- Maria Keck:Isle of Man – Tourist Trophy Motorradfestival: Der Reise(ver)führer zu Insel und Rennen. Günter Keck, Stockstadt 2017,ISBN 978-3-9813268-4-0.
- Lenz Leberkern:Meine Isle of Man TT, STOAWOLDverlag, Krummennaab 2022,ISBN 978-3-00-071712-3.
Weblinks
[Bearbeiten |Quelltext bearbeiten]- Offizielle Website der Isle of Man TT (englisch)
- Alternative Website der Isle of Man TT (englisch)
Einzelnachweise
[Bearbeiten |Quelltext bearbeiten]- ↑Isle of Man TT visitor numbers up by 6 % for 2017 festival. BBC, 9. August 2017, abgerufen am 17. Juni 2019 (englisch).
- ↑MOTORRAD Revue, Ausgabe 1979, S. 100
- ↑TT Race Guide. Abgerufen am 2. April 2024.
- ↑MOTORRAD Revue, Ausgabe 1979, S. 103
- ↑100 Jahre Tourist Trophy: Insel in Schräglage. In:Spiegel Online, 29. Mai 2007 (abgerufen am 29. Oktober 2011)
- ↑https://iom-tt-races.s3.eu-west-1.amazonaws.com/2023-06-09-RL360+Superstock+TT+Race+2+-+9th+June+2023-Superstock-result.pdf
- ↑http://de.motorsport.com/roadracing/news/superbike-tt-isle-of-man-michael-dunlop-siegt-mit-mehrfachen-rekorden-743562/
- ↑https://iom-tt-races.s3.eu-west-1.amazonaws.com/2023-06-07-3wheeling.media+Sidecar+TT+Race+2+-+7th+June+2023-Sidecar-result.pdf
- ↑Beitrag auszugsweise aus dem Buch "Motorrad Sport" von Peter Carrick undHelmut Krackowizer aus dem Kapitel „Die Goldenen Zwanziger und Dreißiger Jahre“ mit freundlicher Genehmigung der Erben undInhaber des Copyrights
- ↑Traum vom Feuerzeug. In:Der Spiegel.Nr. 32, 1961 (online). „Zum erstenmal starteten japanische Rennmotorräder in der berühmten ‚Tourist Trophy‘ (TT) auf der englischen Insel Man.“
- ↑Oldtimer Markt, 6/2007, Seite 20–27.
- ↑MOTORRAD Revue, Ausgabe 1979, S. 102
- ↑Corona-Situation zu unsicher: Isle of Man TT fällt auch 2021 aus. In: www.motorsport-total.com. 30. November 2020, abgerufen am 2. Dezember 2020.
- ↑Erwin Tragatsch:Die schnellen Zweitakter von Garelli.
- ↑Der neue Audi TT im Detail: Internationaler Audi TT-Workshop im museum mobile
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