DerIrische Hungerstreik von 1981 bildete den Endpunkt eines fünf Jahre lang anhaltenden ProtestsrepublikanischerGefangener während desNordirlandkonflikts. In diesemHungerstreik starben zehn Mitglieder derProvisional Irish Republican Army (IRA) und derIrish National Liberation Army (INLA), darunterBobby Sands, der kurz vor seinem Tod ins britischeUnterhaus gewählt worden war.
Dem Hungerstreik von 1981 ging seit 1976 derBlanket Protest voraus, der später in denDirty Protest überging. Als dieser erfolglos blieb, kam es 1980 zu einem ersten Hungerstreik. Er endete mit einem Erfolg, da den Protestierenden zugesichert wurde, dass ihre fünf Streikforderungen erfüllt würden. Als sich herausstellte, dass die zentrale Forderung, das Tragen von Zivilkleidung, nicht erfüllt wurde, und damit verbunden ihr Sonderstatus – der so genannteSpecial Category Status – als politische Gefangene nicht anerkannt wurde, traten republikanische Gefangene im März 1981 erneut in den Hungerstreik.
Der Hungerstreik veränderte die politische Landschaft inNordirland: Nach 1981 erzielte die mit der IRA verbundene ParteiSinn Féin erhebliche Wahlerfolge. International stieß die unnachgiebige Haltung der britischen Regierung auf Kritik.
Hungerstreiks durch gefangene Republikaner in Irland gab es seit 1917. Bis zum ersten Hungerstreik von 1980 starben zwölf Gefangene, darunterThomas Ashe (1885–1917),Terence MacSwiney (1879–1920),Seán McCaughey (1915–1946),Michael Gaughan (1949–1974) undFrank Stagg (1942–1976).[1]
Im August 1971 wurden in NordirlandInternierungen ohne Gerichtsverfahren eingeführt. Dabei wurden Personen, die verdächtigt wurden, Mitglieder oder Sympathisantenparamilitärischer Organisationen zu sein, im Gefängnis vonLong Kesh (später inHM Prison Maze umbenannt) festgesetzt. Dort lebten die Internierten wie Kriegsgefangene unter ihren eigenen militärischen Kommandostrukturen; die Gefangenenparadierten mit nachgemachten Gewehren und hörten Vorträge zurGuerillataktik.[2] Im Juli 1972 traten 40 Internierte der IRA, unter ihnenBilly McKee, in den Hungerstreik und erkämpften einen Sonderstatus(Special Category Status). Dieser Sonderstatus bedeutete, dass die Gefangenen weder Gefängnisuniform tragen noch Gefängnisarbeit verrichten mussten und weitere Privilegien hatten.[2] Dieser Status kann mit dem der Kriegsgefangenen verglichen werden. 1976 hob die britische Regierung diesen Sonderstatus auf und wollte paramilitärische Gefangene wie Kriminelle behandeln. Die Verweigerung des Sonderstatus betraf Gefangene, die für nach dem 1. März 1976 begangene Straftaten verurteilt wurden.[3] Die Abschaffung des Sonderstatus wird teilweise als Teil einer „Kriminalisierungspolitik“ der britischen Regierung gesehen, mit der der Öffentlichkeit vermittelt werden sollte, dass es sich beim Nordirlandkonflikt nicht um einen Krieg, sondern um ein Problem von Recht und Ordnung handele.[4]
Auf die Statusänderung hin begann am 14. September 1976 derBlanket Protest, als der neu ins Gefängnis gekommenen 19-jährigenKieran Nugent sich weigerte, eine Gefängnisuniform zu tragen. DemBlanket Protest schlossen sich weitere Gefangene der IRA und INLA an. Sie legten sich entweder nackt oder in Decken gehüllt auf den Zellenboden.[5] Nachdem sie in Zellen ohne Waschmöglichkeiten und Toiletten verlegt wurden, kam es zu Misshandlungen, als sie die Zellen verließen.[6] Daraufhin verließen die Gefangenen ihre Zellen nicht mehr und entleerten ihre von ihrer Notdurft gefüllten Gefäße nicht, was alsslop out bezeichnet wurde. Als ihnen auch diese Gefäße weggenommen wurden, eskalierte der Konflikt in denDirty Protest, bei dem sie ihre Zellenwände mit ihrenExkrementen beschmierten.[7] Das Ziel dieser Proteste war die Wiederherstellung des Sonderstatus entsprechend der im Januar 1980 aufgestellten fünf Forderungen, den sogenannten “Five Demands”:
Anfänglich fand dieser Protest außerhalb des Gefängnisses wenig Beachtung, und sogar die IRA betrachtete ihn als nebensächlich, da sie ihre bewaffnete Kampagne für wichtiger hielt.[9][10] Erste öffentliche Beachtung fand der Streik, als im August 1978Tomás Ó Fiaich, der römisch-katholischeErzbischof von Armagh, die Gefangenen besuchte und die Verhältnisse, unter denen sie lebten, als unerträglich verurteilte.[11]
Bei derEuropawahl 1979 kandidierte die frühere Unterhaus-AbgeordneteBernadette Devlin McAliskey mit einem Programm, das die protestierenden Gefangenen unterstützte. Sie gewann 5,9 % der Stimmen in Nordirland, obwohl Sinn Féin zum Wahlboykott aufgerufen hatte.[12][13] Kurz darauf wurde dasNational H-Block/Armagh Committee auf einer breiten Basis formiert, das dieFive Demands der Gefangenen unterstützte und das McAliskey zu ihrer Sprecherin ernannte.[14][15]
Die Auseinandersetzungen im Gefängnis waren von Anschlägen begleitet, bei denen die IRA bis Januar 1980 18 Gefängniswärter erschoss. Viele von ihnen waren von den Gefangenen als besonders brutal benannt worden.[9][16] Loyalistische Paramilitärs erschossen eine Reihe von Aktivisten desNational H-Block/Armagh Committees. Im Januar 1981 wurden Bernadette McAliskey und ihr Ehemann bei einem Anschlag, für den dieUlster Defence Association verantwortlich gemacht wurde, schwer verletzt.[17][18]
Am 27. Oktober 1980 begannen die republikanischen Gefangenen desHM Prison Maze einen Hungerstreik. Zahlreiche Gefangene beteiligten sich kurzzeitig an diesem Streik und sieben schworen ein Durchhalten des Streiks auf die imOsteraufstand von 1916 proklamierte Verfassung Irlands. Diese Gruppe bestand aus den IRA-MitgliedernBrendan Hughes,Tommy McKearney,Raymond McCartney, Tom McFeeley, Sean McKenna, Leo Green und dem INLA-Mitglied John Nixon.[19] Am 1. Dezember begaben sich drei Gefangene desFrauengefängnisses sowie einige Dutzend Gefangene desHM Prison Maze in einen kurzzeitigen Hungerstreik. Während des Nervenkriegs zwischen der IRA-Führung und der britischen Regierung fiel McKenna als erster infolge seines Hungerstreiks insKoma.
Die sieben Gefangenen beendeten ihren Streik am 18. Dezember 1980 nach 53 Tagen,[20] als er auf dem Verhandlungsweg gelöst werden konnte. Die britische Regierung akzeptierte dieFive Demands in einem 30-seitigen Dokument, das der Unterhändler Hughes ausgehandelt hatte und inBelfast übergeben wurde. Durch diese Vereinbarung wurde der Streik beendet und das Leben von McKenna konnte gerettet werden.[8] Allerdings wurden von der britischen Regierung nicht alle Forderungen erfüllt; dies führte zu einem zweiten Hungerstreik 1981.


Im Januar 1981 erkannten die Gefangenen, dass ihre Forderungen nicht in Gänze akzeptiert wurden, als die Gefängniswärter Bekleidung verteilten. Die Gefangenen forderten das Recht zum Tragen ihrer eigenen Bekleidung ein und gaben am 4. Februar 1981 ein Statement ab, in dem sie die britische Regierung beschuldigten, dass sie den Konflikt fortsetze. Sie kündigten an, dass sie erneut in einen Hungerstreik eintreten werden.[21] Anders als den ersten Hungerstreik begannen die Gefangenen ihn nicht zu einem festen Zeitpunkt, sondern gestaffelt, um eine möglichst große öffentliche Wirkung zu erzielen. Zudem wollten sie ein Maximum an politischem Druck auf die britische PremierministerinMargaret Thatcher erreichen.[22] Der zweite Hungerstreik entwickelte sich zur Machtprobe zwischen den Gefangenen und Thatcher.
Am Tag, bevorBobby Sands seinen Hungerstreik begann, marschierten 3500 protestierende Anhänger der republikanischen Bewegung durch den Westen von Belfast, deutlich weniger als zum Zeitpunkt des ersten Hungerstreiks vier Monate vorher, wo es etwa 10.000 waren.[23]
Am 5. März starbFrank Maguire, der alsIndependent Republican Abgeordneter desWahlkreises Fermanagh and South Tyrone im britischen Unterhaus war. Interesse an einer Kandidatur bei der notwendigenNachwahl bekundetenAustin Currie von derSocial Democratic and Labour Party, Bernadette McAliskey sowie der Bruder des Verstorbenen, Noel Maguire. McAliskey kündigte an, ihre Kandidatur zugunsten eines von den Gefangenen bestimmten Kandidaten zurückziehen zu wollen. Die Führung von Sinn Fein nominierte am 26. März Bobby Sands; alle anderen nationalistischen Bewerber zogen ihre Kandidatur zurück.[20] Bei der Nachwahl am 9. April setzte sich Sands mit 30.492 zu 29.046 Stimmen gegenHarry West (Ulster Unionist Party) durch.[24]
Nach Sands’ Wahlsieg keimte die Hoffnung auf eine Verhandlungslösung auf, aber Margaret Thatcher war zu keiner Konzession gegenüber den Hungerstreikenden bereit und bekräftigte dies: “We are not prepared to consider special category status for certain groups of people serving sentences for crime. Crime is crime is crime, it is not political.” („Wir sind nicht bereit einen Sonderstatus für gewisse Gruppen von Menschen einzuräumen, die Strafen für kriminelle Taten verbüßen. Kriminalität ist Kriminalität und bleibt Kriminalität, und das ist kein Politikum.“)[25] Die Weltpresse kam nach Belfast und mehrere Vermittler suchten Sands auf, um eine Verhandlungslösung zur Beendigung des Hungerstreiks zu finden; dazu gehörtenSíle de Valera (Enkelin vonÉamon de Valera), der von PapstJohannes Paul II. beauftragte BischofJohn Magee und Offizielle desEuropäischen Gerichtshofs für Menschenrechte.[26][27] Sands war zum Hungertod entschlossen und auch die Haltung der britischen Regierung blieb unverändert.Humphrey Atkins, der damalige Nordirlandminister, erklärte: “If Mr. Sands persisted in his wish to commit suicide, that was his choice. The Government would not force medical treatment upon him.” („Wenn Mr. Sands an seinem Selbstmordvorhaben festhält, ist das seine Wahl. Die Regierung wird ihm keine lebenserhaltende medizinische Hilfe aufzwingen.“)[27]
Am 5. Mai starb Bobby Sands im Gefängniskrankenhaus am 66. Tag seines Hungerstreiks. Anschließend kam es zu Unruhen in Nordirland.[20] Zu seiner Beerdigung auf demMilltown-Friedhof, die sich unter militärischen Ehrenbezeugungen der IRA vollzog, kamen etwa 100.000 Menschen.
Humphrey Atkins erklärte, dass sich Sands zum Selbsttod entschlossen habe “under the instructions of those who felt it useful to their cause that he should die.” („unter den Instruktionen jener, die es für nützlich halten, wenn er stirbt.“)[28] Margaret Thatcher äußerte nach der Bekanntgabe seines Todes kein Bedauern und sagte im Unterhaus: “Mr. Sands was a convicted criminal. He chose to take his own life. It was a choice that his organisation did not allow to many of its victims.” („Mr. Sands war ein verurteilter Krimineller. Er entschied sich sein Leben zu nehmen. Es war eine Entscheidung, die seine Organisation vielen ihrer Opfer nicht zugestand.“)[27]
Nach dem Tod vonFrancis Hughes am 12. Mai nahmen die Unruhen in den nationalistischen Hochburgen Nordirlands, vor allem in Belfast undDerry, weiter zu. In Dublin versuchten 2000 Demonstranten, die britische Botschaft zu stürmen. In den zwei Wochen nach dem Tod von Sands starben weitere Hungerstreikende. Nach dem Tod der HungerstreikendenRaymond McCreesh undPatsy O’Hara am 21. Mai kritisierte ErzbischofTomás Ó Fiaich die Verhandlungstaktik der britischen Regierung im Hungerstreik,[20] denn Margaret Thatcher habe alle Lösungsvorschläge negiert.
Bei derWahl des irischen Parlaments im Juni 1981 kandidierten neun Gefangene.Kieran Doherty undPaddy Agnew, die sich nicht im Hungerstreik befanden, wurden gewählt.[29][30] Bei den Kommunalwahlen in Nordirland im Mai trat Sinn Féin nicht an. Einige kleine Gruppen und unabhängige Kandidaten, die den Hungerstreik unterstützten, konnten Mandate gewinnen: DieIrish Independence Party gewann 21 Sitze, während dieIrish Republican Socialist Party, der politische Flügel der INLA, und diePeople’s Democracy, einetrotzkistische Gruppe, je zwei Sitze gewannen. Ferner gewannen mehrere unabhängige Politiker, die den Hungerstreik unterstützten, Sitze.[31][32] Die britische Regierung beschleunigte die Verabschiedung eines Gesetzes im Unterhaus: Durch denRepresentation of the People Act 1981 sollte verhindert werden, dass bei der zweiten Nachwahl inFermanagh and South Tyrone ein weiterer Hungerstreikender kandidiert.[20]

Nach dem Tode vonJoe McDonnell undMartin Hurson beauftragten Familien der Hungerstreikenden den katholischen PriesterDenis Faul am 28. Juli mit einer Intervention. Faul traf sich am gleichen Tag mitGerry Adams. Dabei übte Faul Druck auf Adams aus, um einen Weg zur Beendigung des Hungerstreiks zu finden. Adams sicherte zu, dass er die Führung der IRA zu ihrer Bereitschaft zur Beendigung des Streiks konsultieren werde.[33] Am folgenden Tag traf sich Adams mit sechs Männern, die sich im Hungerstreik befanden, um eine Vereinbarung auszuloten, die sowohl für die britische Regierung als auch für die Streikenden akzeptabel gewesen wäre.[34] Die Streikenden lehnten jegliche Vereinbarung ab und meinten, dass sie nichts anderes akzeptieren können als eine vollständige Umsetzung der „Five Demands“, denn ein Abbruch sei eine Preisgabe der Opfer, die Bobby Sands und die anderen im Hungerstreik Verstorbenen gebracht hatten.[35]
Am 31. Juli begann die Streikfront abzubröckeln, als die Mutter vonPaddy Quinn auf eine medizinische Intervention bestand, um sein Leben zu retten. Am folgenden Tag starbKevin Lynch im Hungerstreik. Ihm folgtenKieran Doherty am 2. August,Thomas McElwee am 8. August undMichael Devine am 20. August.[36] Am Tag, als Devine starb, gewannOwen Carron, der Wahlkampfleiter von Bobby Sands gewesen war, die Nachwahl inFermanagh and South Tyrone und konnte dabei den von Sands erzielten Stimmenvorsprung ausbauen.[37] Am 6. September intervenierte die Familie vonLaurence McKeown und damit die vierte Familie, die medizinische Hilfe für ihren Familienangehörigen forderte. Der katholische BischofCahal Daly forderte die Gefangenen zum Ende des Hungerstreiks auf.
Eine Woche später wurdeJames Prior als Nachfolger von Atkins Nordirlandminister. Er traf sich mit Gefangenen, um über die Bedingungen zur Beendigung des Hungerstreiks zu verhandeln.[20] Liam McCloskey beendete seinen Hungerstreik am 26. September, nachdem seine Familie erklärt hatte, dass sie medizinische Hilfe anfordern werde, sobald sein Leben in Gefahr geraten werde. Damit wurde deutlich, dass die Familien intervenieren werden, sobald das Leben ihrer Angehörigen gefährdet war. Der Streik wurde am 3. Oktober um 3:15 Uhr für beendet erklärt.[38]
Am 6. Oktober kündigte Nordirlandminister Prior mehrere Veränderungen der Haftbedingungen an: So wurde den Gefangenen das Recht auf das Tragen eigener Kleidung unwiderruflich gestattet.[39] Die einzige der fünf Forderungen, die nicht erfüllt wurde, war das Recht auf Verweigerung von Gefängnisarbeit. Dies wäre der faktischen Anerkennung des Kriegsgefangenenstatus der republikanischen Gefangenen gleichgekommen. Nach einem Ausbruch von zahlreichen Gefangenen aus demMaze Prison 1983 und einem Sabotageakt wurde die Gefangenenwerkstatt geschlossen und damit auch die fünfte Forderung erfüllt, ohne dass dies einer formellen Anerkennung dieses Rechts durch die Regierung gleichkam.[40]
Zehn Gefangene starben im Sommer 1981. Ihre Namen, Organisationszugehörigkeit, Todesdaten und die Dauer ihrer Streikteilnahme sind nachfolgend aufgeführt:
| Name | Organisation | Streikbeginn | Todestag | Streiklänge | Grund der Verhaftung |
|---|---|---|---|---|---|
| Bobby Sands | IRA | 1. März | 5. Mai | 66 Tage | Besitz von Handfeuerwaffen |
| Francis Hughes | IRA | 15. März | 12. Mai | 59 Tage | Verschiedene Verstöße, einschließlich einer Ermordung eines Soldaten |
| Raymond McCreesh | IRA | 22. März | 21. Mai | 61 Tage | Mordversuch, Besitz eines Gewehrs, IRA-Mitgliedschaft |
| Patsy O’Hara | INLA | 22. März | 21. Mai | 61 Tage | Besitz einer Handgranate |
| Joe McDonnell | IRA | 8. Mai | 8. Juli | 61 Tage | Besitz von Handfeuerwaffen |
| Martin Hurson | IRA | 28. Mai | 13. Juli | 46 Tage | Mordversuch, Verwicklung in eine Bombenlegung, IRA-Mitgliedschaft |
| Kevin Lynch | INLA | 23. Mai | 1. August | 71 Tage | Diebstahl einer Schrotflinte, Teilnahme an einer Straferschießung |
| Kieran Doherty | IRA | 22. Mai | 2. August | 73 Tage | Besitz von Handfeuerwaffen und Sprengstoff, Entführung |
| Thomas McElwee | IRA | 8. Juni | 8. August | 62 Tage | Totschlag |
| Michael Devine | INLA | 22. Juni | 20. August | 60 Tage | Diebstahl und Besitz von Handfeuerwaffen |
Offiziellepathologische Berichte stellten als Ursache des Todes fest, dass er durch „self-imposed starvation“ (selbstverursachtes Verhungern) herbeigeführt worden sei. Später wurde dies, nach Einsprüchen von Hinterbliebenen, in „starvation“ (Verhungern) abgeändert. DerGerichtsmediziner berichtete, dass Urteile auch mit “starvation, self-imposed” begründet wurden.[41]
Während zehn Männer in diesem Hungerstreik starben, verweigerten im Streik weitere 13 Personen die Nahrungsaufnahme und brachen ihn nach der Intervention ihrer Familien aus medizinischen Gründen ab. Viele von ihnen leiden noch heute an den Folgen des Hungerstreiks, wie Beeinträchtigungen ihrer geschmacklichen, visuellen, physischen und neurologischen Wahrnehmung.[42][43]
| Name | Organisation | Streikbeginn | Streikende | Streiklänge | Grund des Streikendes |
|---|---|---|---|---|---|
| Brendan McLaughlin | IRA | 14. Mai | 26. Mai | 13 Tage | Perforation eines Geschwürs mit innerer Blutung |
| Paddy Quinn | IRA | 15. Juni | 31. Juli | 47 Tage | Beendigung durch Familienintervention |
| Laurence McKeown | IRA | 29. Juni | 6. September | 70 Tage | Beendigung durch Familienintervention |
| Pat McGeown | IRA | 9. Juli | 20. August | 42 Tage | Beendigung durch Familienintervention |
| Matt Devlin | IRA | 14. Juli | 4. September | 52 Tage | Beendigung durch Familienintervention |
| Liam McCloskey | INLA | 3. August | 26. September | 55 Tage | Seine Familie kündigte eine Intervention bei einsetzender Bewusstlosigkeit an. |
| Pat Sheehan | IRA | 10. August | 3. Oktober | 55 Tage | Ende des Hungerstreiks |
| Jackie McMullan | IRA | 17. August | 3. Oktober | 48 Tage | Ende des Hungerstreiks |
| Bernard Fox | IRA | 24. August | 24. September | 32 Tage | Erlitt ein Nierenversagen |
| Hugh Carville | IRA | 31. August | 3. Oktober | 34 Tage | Ende des Hungerstreiks |
| John Pickering | IRA | 7. September | 3. Oktober | 27 Tage | Ende des Hungerstreiks |
| Gerard Hodgkins | IRA | 14. September | 3. Oktober | 20 Tage | Ende des Hungerstreiks |
| James Devine | IRA | 21. September | 3. Oktober | 13 Tage | Ende des Hungerstreiks |
Unmittelbar nach dem Ende des Hungerstreiks beurteilte die britische Presse den Ausgang als Triumph für Thatcher: DerThe Guardian konzedierte: “The Government had overcome the hunger strikes by a show of resolute determination not to be bullied.” („Die Regierung besiegte den Hungerstreik durch das Zeigen resoluter Entschlossenheit, sich nicht schikanieren zu lassen.“)[44] Allerdings war dies einPyrrhussieg für Thatcher und ihre britische Regierung.[45] Thatcher wurde zu einer republikanischen Hassfigur von der Größe und Bedeutung einesOliver Cromwell.Danny Morrison beschrieb sie als „the biggest bastard we have ever known“ („den größten Bastard, den wir kennen“).[45] International stieß die Haltung der britischen Regierung auf Proteste: Die anglo-irischen Beziehungen waren, ähnlich wie während der Internment-Politik 1971 und nach demBloody Sunday von 1972, erheblich angespannt.[26] Der französische AußenministerClaude Cheysson erklärte, der Mut der Hungerstreikenden verdiene Respekt und bezeichnete ihren Tod als „höchstes Opfer“. Zudem bot Frankreich der irischen Regierung an, die königliche Hochzeit vonDiana Spencer undPrinz Charles zu boykottieren, was von Irland abgelehnt wurde.[46]Fidel Castro verglich die Behandlung der Hungerstreikenden mit derSpanischen Inquisition.[47]
Die IRA gewann verstärkt neue Mitglieder und war in der Lage, die Zahl ihrer Anschläge zu erhöhen.[45] Es gab eine Welle der Gewalt, nachdem es seit Ende der 1970er Jahre verhältnismäßig ruhig gewesen war. Es kam in Nordirland zu umfangreichen Unruhen.[20] Die Sicherheitskräfte verschossen 1981 29.695Gummigeschosse, die zu sieben Todesfällen führten. In den folgenden acht Jahren nach dem Ende des Hungerstreiks wurden etwa 16.000 Gummigeschosse abgefeuert, mit der Folge von vier Todesfällen.[48] Die IRA verfolgte ihre bewaffnete Kampagne weiter: Sie erschoss während des siebenmonatigen Streiks 13 Polizisten, acht Soldaten, fünf Mitglieder desUlster Defence Regiment und fünf Zivilisten. Die sieben Monate bildeten einen Höhepunkt des Nordirlandkonflikts; in denen insgesamt 61 Personen getötet wurden, darunter 34 Zivilisten.[22] Drei Jahre später wollte sich die IRA an der Person der Premierministerin Thatcher mit demBombenanschlag auf das Brighton Hotel rächen, als dort eine Konferenz derConservative Party abgehalten wurde. Dabei wurden fünf Personen getötet; Thatcher entging nur knapp dem Anschlag.[26]
Die Wahlerfolge während des Hungerstreiks ermutigten Sinn Féin, sich an Wahlen zu beteiligen und waren die Geburtsstunde derarmalite and ballot box strategy (Strategie mit Gewehr und Wahlzettel). Gerry Adams erklärte: “His [Sands] victory exposed the lie that the hunger strikers – and by extension the IRA and the whole republican movement – had no popular support.” („Sein [Sands] Sieg widerlegte die Lüge, dass die Hungerstreikenden – und damit die IRA und die gesamte republikanische Bewegung – keine öffentliche Unterstützung fanden.“)[49] Die Wahlerfolge in der Republik Irland trugen mit zur Niederlage derFianna-Fáil-Regierung unterCharles Haughey bei.[29] 1982 gewann Sinn Féin fünf Sitze in der Wahl zum nordirischen Abgeordnetenhaus; bei denbritischen Parlamentswahlen 1983 wurde Gerry Adams Sinn Féin-Abgeordneter fürWest Belfast.[50] Nach dem nordirischen Friedensprozess und demKarfreitagsabkommen von 1998 wurde Sinn Féin 2001 die stärkste nationalistische Partei Nordirlands.[39][51]
2005 wurde die RolleGerry Adams’ von dem früheren Gefangenen Richard O’Rawe, der für die Öffentlichkeitsarbeit während des Streiks zuständig war, hinterfragt. Laut Angaben in O’Rawes BuchBlanketmen hatte Adams den Hungerstreik verlängert, um ihn für Sinn Féin zu nutzen. Deshalb sei es Owen Carron gelungen, den Abgeordnetensitz von Bobby Sands zu gewinnen.[52][53] Diese Behauptung wurde von mehreren Hungerstreikenden undBrendan McFarlane bestritten.[54] McFarlane erklärte, dass die Version von O’Rawe konfus und fragmentarisch sei, und sagte: “We were desperate for a solution. Any deal that went some way to meeting the five demands would have been taken. If it was confirmed in writing, we’d have grabbed it … There was never a deal, there was never a ’take it or leave it’ option at all.” („Wir suchten verzweifelt nach einer Lösung. Jedes Angebot, das einiges dazu beigetragen hätte, die ‚Five Demands‘ zu erfüllen, wäre angenommen worden. Falls es schriftlich zugesichert worden wäre, hätten wir zugegriffen […] Es gab niemals ein Angebot, es gab keine Option ‚Nimm es oder lass es‘“[55])
Es gibt zahlreiche Mahnmale undWandgemälde zur Erinnerung an die Hungerstreikenden in Irland und Nordirland, unter anderem inBelfast,Dublin,Derry,Crossmaglen undCamlough.[56] Jährliche Gedenkfeiern für die Verstorbenen finden über Irland verteilt statt; ein Erinnerungsmarsch wird jedes Jahr in Belfast mit einer abschließenden Würdigung von Bobby Sands abgehalten.[57][58] Einige Ortschaften und StädteFrankreichs benannten nach Bobby Sands Straßen, darunterSaint-Denis undLe Mans.[26][59] Die Regierung desIrans benannte die Straße nach Bobby Sands, die an der britischen Botschaft inTeheran vorbeiführt; sie war zuvor nachWinston Churchill benannt.[60]
Ein Mahnmal für die während derIrischen Rebellion von 1798, im Osteraufstand und im Hungerstreik gestorbenen Männer befindet sich imWaverley Cemetery inSydney,Australien, der auch der Bestattungsort vonMichael Dwyer von derSociety of United Irishmen ist.[61][62] Im Jahr 1997 entschied die Bevölkerung vonHartford inConnecticut,USA, ein Monument für Bobby Sands und die anderen gestorbenen Hungerstreikenden zu errichten.[63] Das Monument steht amBobby Sands Circle, am Beginn derMaple Avenue beimGoodwin Park.[64]Am 20. März 2001 eröffnete der Vorsitzende vonSinn Féin,Mitchel McLaughlin, vom nationalenHunger Strike Commemoration Committee eine Ausstellung imEuropa Hotel in Belfast, in der drei Kunstwerke zum Hungerstreik von Belfaster Künstlern gezeigt wurden.[65] Die Ausstellung fand im folgenden Monat auch in Derry statt.[66]
Basierend auf den Ereignissen des Hungerstreiks wurden mehrere Filme gedreht:Some Mother’s Son mitHelen Mirren, der FilmH3, der von dem früheren Hungerstreikenden Laurence McKeown mitverfasst wurde, sowieHunger vonSteve McQueen.