Im Jahr 1800 kauftenWilliam Hyde Wollaston undSmithson Tennant 5959 Feinunzen (etwa 185 Kilogramm) Platinerz ausKolumbien und untersuchten es, indem sie das Erz inKönigswasser lösten. Dabei löste sich ein Großteil des Erzes, es blieb aber auch ein unlöslicher Rückstand. Daraufhin teilten die beiden Chemiker die weitere Untersuchung. Wollaston untersuchte die löslichen Bestandteile und entdeckte darin 1803 die ElementeRhodium undPalladium.[11]
Tennant kümmerte sich dagegen um den in Königswasser unlöslichen Rückstand. Er erhitzte das schwarze Pulver mitNatriumhydroxid und löste die erhaltene Masse in Wasser. Dabei bildete sich eine gelbe Lösung und es blieb ein Rückstand. Aus der gelben Lösung konnte Tennant dasOsmium isolieren. Den unlöslichen Rückstand löste er inSalzsäure. Diese Lösung war zunächst blau, färbte sich dann grün und schließlich dunkelrot. Es gelang Tennant, aus dieser Lösung dunkelrote Kristalle zu erhalten, bei denen es sich wahrscheinlich umDinatriumhexachloroiridat handelte. Als er die Kristalle erhitzte, bildete sich ein weißes, metallisches Pulver, das er nicht schmelzen konnte und mit Metallen wieBlei oderKupferLegierungen bildete. Auf Grund der Farbwechsel beim Lösen in Salzsäure nannte Tennant das MetallIridium,altgriechischἰριοειδήςirio-eides „regenbogenartig“. Seine Entdeckungen stellte er 1804 vor.[12][13]
Gleichzeitig mit Tennant führten auch die französischen ChemikerLouis-Nicolas Vauquelin undAntoine-François de Fourcroy ähnliche Experimente mit Platinerz durch und entdeckten darin ein neues Element, das sieptène nannten. Dabei handelte es sich wahrscheinlich um eine Iridium-Osmium-Mischung. Dieser Name setzte sich jedoch nicht durch, Tennant gilt als Entdecker der beiden Elemente und seine Namen wurden beibehalten.[14][12]
Die erste Anwendung von Iridium entwickelte 1834John Isaac Hawkins. Auf Grund der großen Härte des Materials setzte er Iridium als Spitze fürFüllfederhalter ein. 1892 konstruierteWilliam Chandler Roberts-Austen einThermoelement aus Iridium und einer Iridium-Platin-Legierung, das auf Grund des hohen Schmelzpunktes des Elementes für Temperaturmessungen bis 2000 °C geeignet war.[15]
Nugget, das unter anderem Iridium und Iriarsit enthält
Iridium zählt auf der Erde zu den seltensten Elementen, seineHäufigkeit in der oberenkontinentalen Erdkruste beträgt nur etwa 0,022 μg/kg (ppb). Es ist damit zusammen mit den anderen Platinmetallen Ruthenium, Rhodium und Osmium sowie dem Rhenium eines der seltensten Elemente in der Erdkruste. Dies liegt darin, dass Iridium ein starksiderophiles (eisenliebendes) Element ist und daher bei der Entstehung der Erde große Mengen Iridium in denErdkern gelangt ist. Der Gehalt des Erdkernes an Iridium wird auf etwa 2,6 mg/kg geschätzt.[18]
Iridium ist immer mit den anderen Platinmetallenvergesellschaftet. Dabei gehört das Element zusammen mitOsmium undRuthenium zur Iridium-Gruppe der Platinmetalle (IPGE). Diese wirken inMagmaschmelzen imErdmantel alskompatible Elemente und werden daher bevorzugt in Mineralgitter eingebaut. Dadurch kommt es beim teilweisen Schmelzen von platinmetallreichen Gesteinen zu einer Entmischung der Elemente und zur Anreicherung von Iridium in bestimmten Erzen.[19] BesondersChromit begünstigt die Anreicherung von Iridium. Daneben findet man auch in sulfidischen Eisen-Nickel-Erzen wiePentlandit hohe Gehalte an Iridium.[20][21]
Im Vergleich zur Erdkruste enthaltenMeteoriten hohe Gehalte an Iridium. So enthaltenEisenmeteoriten durchschnittlich 2 ppm Iridium[23] InCI-Chondriten wurden durchschnittlich 462 μg/kg an Iridium gefunden.[24] Der hohe Gehalt von Meteoriten an Iridium konnte auch auf der Erde nachgewiesen werden. In derIridium-Anomalie konnten erhöhte Iridium-Gehalte in bestimmtenSedimentgesteinen, die vor etwa 66 Millionen Jahren an derKreide-Paläogen-Grenze entstanden waren, nachgewiesen werden. Als Auslöser hierfür gilt der Einschlag eines Himmelskörpers in denChicxulub-Krater zu dieser Zeit.[25]
Es sind dreiLegierungen des Iridiums alsMineral anerkannt. Dies sind zwei Legierungen mit Platinmetallen, einmalgediegenes Iridium, das alle Iridium-Osmium-Ruthenium-Legierungen umfasst, die Iridium als überwiegendes Element und einekubische Kristallstruktur besitzen und zum anderenRutheniridosmin, das ebenfalls überwiegend Iridium, aber einehexagonale Kristallstruktur besitzt.[26] Dazu ist die Iridium-Eisen-LegierungChengdeit als Mineral anerkannt.[27] Daneben sind noch einige sulfidische Iridiumminerale bekannt, von denenIrarsit (Ir,Ru,Rh,Pt)AsS das häufigte ist. Insgesamt sind 2025 17 Iridium-Minerale anerkannt.[28]
Wegen seinerHärte undSprödigkeit kann Iridium nur schwer bearbeitet werden. In der natürlich auftretenden Isotopenzusammensetzung ist Iridium nachOsmium das zweitdichteste Element.
Bei Rotglutoxidiert Iridium unvollständig zu schwarzemIrO2, das oberhalb 1140 °C wieder zerfällt. Auch ist Iridium wie Osmium in der Hitze und vor allem bei höherem Sauerstoffgehalt als Oxid IrO3 flüchtig. An kalten Stellen jedoch scheidet es sich im Gegensatz zum Osmium als Metall oder IrO2 wieder ab. In Pulverform ist es ein entzündbarer Feststoff, der durch kurzzeitige Einwirkung einer Zündquelle leicht entzündet werden kann. Die Entzündungsgefahr ist umso größer, je feiner der Stoff verteilt ist. In kompakter Form ist es nicht brennbar.[10] InMineralsäuren, auch inKönigswasser, ist es beständig. InChlorid-Schmelzen wird es jedoch bei Gegenwart vonChlor zu Doppelchloriden umgesetzt, z. B. Na2[IrCl6].
Es gibt zwei natürliche Isotope von Iridium, 34Radioisotope und 21Kernisomere, wovon das Kernisomer192m2Ir mit einerHalbwertszeit von 241 Jahren das stabilste ist. Es zerfällt durchinnere Konversion zu192Ir, das mit 73,831 Tagen Halbwertszeit das Isotop mit der längsten HWZ ist.192Ir zerfällt alsBetastrahler zum Platinisotop192mPt, die meisten anderen zuOsmium. Die restlichen Isotope und Kernisomere haben Halbwertszeiten zwischen 300 µs bei165Ir und 11,78 Tagen bei190Ir.
192Ir eignet sich wegen seiner Gammastrahlung mit Energien zwischen 200 und 600 keV (Kiloelektronenvolt) für dieDurchstrahlungsprüfung von Bauteilen. Bei Werkstücken mit einer Wanddicke von über 20 mm wird meistens auf dieses Isotop zurückgegriffen (normativ geregelt, siehe z. B. DIN EN ISO 5579).
Für die zerstörungsfreie Werkstoffprüfung (ZfP) ist der Iridiumstrahler meistens in Form einer 2–3 mm großen Tablette in einem Strahlerhalter eingeschweißt, und dieser ist in einem verschließbaren Typ-B-Arbeitsbehälter untergebracht, der zur Abschirmung der Gammastrahlung mit abgereichertemUran ausgekleidet ist.
Arbeitsbehälter für Iridiumstrahler haben folgende Abmessungen: 20 cm lang, 10 cm breit und 15 cm hoch. Das Gewicht beträgt auf Grund des Uranmantels je nach Aktivität etwa 13 bis 20 kg.
Iridium ist oft Bestandteil vonLegierungen, denen es Härte und/oder Sprödigkeit verleiht. Platin-Iridium-Legierungen setzt man bei Präzisionsmessungen, in derMedizin und demMaschinenbau ein.
Die Nachfrage nach Iridium hat sich in den letzten Jahren erhöht, da Iridium bei einigen aktuellen technologischen Entwicklungen eine wichtige Rolle spielt. So kommt Iridium als Katalysator bei der Gewinnung vonWasserstoff durch PEM-Elektrolyse zum Einsatz sowie bei der Elektro-Chlorierung zur Aufbereitung von Ballastwasser großer Schiffe (seit 2024 verpflichtend) und der Herstellung vonOLED-Displays.[29] Der Preis von Iridium ist darum in den letzten Jahren stark gestiegen. Lag er 2017 mit 900 US-$ proFeinunze noch leicht unter dem Preis von Platin, so war Iridium im Jahr 2020 mit 1600 US-$ pro Feinunze schon doppelt so teuer wie dieses.[30] 2021 kletterte der Preis auf 6200 US-$[29] empor und lag im Juni 2022 bei ca. 5000 US-$ pro Feinunze.[31]
in Form von Behältern und Tiegeln für Hochtemperaturanwendungen,
als elektrischer Kontakt,
inSchmuck alsPlatin-Iridium-Legierung (PtIr 800 und PtIr 900) für stark beanspruchte Teile (Trauringe, Krawattennadeln, Verschlüsse, Mechaniken und Federn),
bei der Messung derOberflächenspannung nach der Du-Noüy-Ringmethode, wo es in Legierung mit Platin wegen seiner optimalen Benetzbarkeit eingesetzt wird,
In Elektrodenmaterial von Elektro-Chlorierungssystemen zurBallastwasserbehandlung von Schiffen, mit dem Schiffe über 400 t bis 2024 verpflichtend ausgerüstet sein müssen.
Metallisches Iridium ist wegen seiner Beständigkeit ungiftig. Als Pulver oder Staub ist es leicht entzündlich, in kompakter Form nicht brennbar. Iridiumverbindungen müssen als toxisch eingestuft werden.
Viele Iridiumsalze sind farbig: MitChlor bildet es olivgrünesIridium(III)-chlorid oder dunkelblauschwarzes, nicht ganz definiertesIridium(IV)-chlorid. MitFluor reagiert es zu gelbem, leichtflüchtigemIridium(VI)-fluorid beziehungsweise gelbgrünemIridium(V)-fluorid. Die für Iridium bereits vor Jahren vorhergesagteOxidationsstufe +IX konnte 2014 durch das synthetisierte [IrO4]+ auch experimentell bestätigt werden.[9] Es handelt sich um das einzige Element, bei welchem diese Oxidationsstufe in einer Verbindung bekannt ist.[33] Neben den Oxiden und Halogeniden des Iridiums sind zahlreiche oktaedrische, diamagnetische Iridium(III)-komplexe, wie Aminkomplexe und Chlorokomplexe bekannt. Die Reduktion von Iridium(III)-chlorid in Alkohol in Gegenwart von π-Akzeptorliganden führt zu quadratisch planaren Iridium(I)-Komplexen, von denen derVaskas Komplex am besten untersucht ist. Durch Reduktion von Iridium(III)-chlorid mitKohlenmonoxid erhält man die Iridiumcarbonyle wie das kanariengelbe [Ir4(CO)12] und das rote [Ir6(CO)16]. Iridiumkomplexe können in der homogenen Katalyse, insbesondere bei Hydrierungsreaktionen, eingesetzt werden.[34]
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