


Alsindustrielle Landwirtschaft (auchAgrarindustrie) wird im engen Sinne ein Typ vonLandwirtschaft bezeichnet, derindustriespezifische Produktionsweisen verwendet.
Kennzeichen landwirtschaftlicher Industriebetriebe sind ein hoherSpezialisierungsgrad, die Verwendungtechnischer Verfahren, ein hoherKapital- und Energieeinsatz, eine hoheProduktivität und der Übergang zu standardisierterMassenproduktion. Die Entwicklung zur industrialisierten Landwirtschaft betrifft nicht nur einige wenige dabei entstandene Agrarindustrie-Unternehmen, sondern auch Betriebe, die sich z. B. in Familienbesitz befinden.[1] In denVereinigten Staaten ist der Prozess für die Mehrzahl der Betriebe vollzogen.[2]
Im weiten Sinne werdenalle Agrarsysteme, bei denen Maschinen zum Einsatz kommen, alsIndustrielle Systeme bezeichnet. Sie stehen damit dentraditionellen Landwirtschaftsformen gegenüber, deren Arbeitsschritte ausschließlich durch menschliche und ggf. tierische Arbeitskraft bewältigt werden.[3]
Agrarindustrielle Betriebe sind grundsätzlich Großbetriebe. NachHelmut Klüter vom Institut für Geographie und Geologie derUniversität Greifswald liegen die Mindestgrößen bei:[4]
Eine industrielle landwirtschaftliche Produktionsweise ist mit einer Beeinflussung und Veränderung desÖkosystems verbunden. Es kommt zu einer Abnahme derArtenvielfalt und einer künstlichen, einseitigen Manipulierung des ökologischen Gleichgewichtes zugunsten der Nutzpflanzen und Nutztiere. Ursache sind die Anlage vonMonokulturen und der hohe Einsatz vonPestiziden.[5] Die Landschaft muss überdies „maschinengerecht“ geformt werden, so dass natürliche Strukturen (Weiher, Randstreifen, Streuobstwiesen) in weiten Teilen entfernt werden. SolcheAgrarlandschaften werden häufig als „Agrarsteppe“ bezeichnet.[6][7]
Als Gegenentwurf zur industriellen Landwirtschaft wird oft diebäuerliche Landwirtschaft genannt. Für eine bäuerliche Landwirtschaft ist die Existenz einerHofstelle typisch. Eine Hofstelle ist vor allem dadurch gekennzeichnet, dass der Landwirt meist auf dem Betriebsgelände wohnt.
Im Zuge derIndustrialisierung im 19. und 20. Jahrhundert hatten sich Gesellschaft und Wirtschaft Europas grundlegend verändert. Nach demZweiten Weltkrieg setzte die Hauptphase der industriellen Landwirtschaft in Europa ein, die in den USA schon in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts zu spüren war. Auf der einen Seite handelt es sich dabei um einen tiefgreifendenStrukturwandel durch konsequente Nutzung desagrartechnischen Fortschritts. Andererseits war die Entwicklung mit einer Vielzahl von Folgeproblemen behaftet, die mit Begriffen wieAgrarfabrik,Agribusiness oderAgrarindustrie assoziiert werden.[8] Die Erwerbstätigkeit in der profitorientierten Agrarindustrie geht oft einher mitprekären Beschäftigungsverhältnissen und einer vertieften Entfremdung der in der Landwirtschaft Tätigen von ihrerArbeit.
In derTierhaltung liefert das deutscheUmweltrecht Anhaltspunkte. Überschreitet der (geplante) Tierbestand in einem Betrieb der Tierhaltung einen bestimmten, vomGesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung (UVPG) vorgegebenen Schwellenwert, so entsteht eine Pflicht zu einerUmweltverträglichkeitsprüfung, wenn der Tierhalter seinen Betrieb vergrößern oder an einem neuen Standort Ställe bauen will. Betriebe, die den Schwellenwert überschreiten, gelten als „große gewerbliche Tierhaltungsanlagen“.[9]
§ 3b des UVPG (UVP-Pflicht aufgrund Art, Größe und Leistung der Vorhaben) bestimmt in Absatz 1:
„Die Verpflichtung zur Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung besteht für ein in der Anlage 1 aufgeführtes Vorhaben, wenn die zur Bestimmung seiner Art genannten Merkmale vorliegen. Sofern Größen- oder Leistungswerte angegeben sind, ist eine Umweltverträglichkeitsprüfung durchzuführen, wenn die Werte erreicht oder überschritten werden.“[10]
Eine UVP entfällt u. a. dann, wenn in einem Betrieb nicht mehr als 42.000 Hennen inIntensivhaltung, 84.000 Junghennen, 30.000 Stück Mastgeflügel in Intensivhaltung, 250 Rinder, 1000 Kälber, 1500 Schweine, 560 Zuchtsauen einschließlich dazugehöriger Ferkel oder 4500 Ferkel gehalten bzw. aufgezogen werden.

Mit der Industrialisierung der Landwirtschaft sind oftMonokulturen und eineIntensivierung verbunden.[11] Zu den ökologischen Auswirkungen gehören vor allemBodenverdichtung,Bodenerosion,Bodenversalzung sowie das Eindringen vonAgrarchemikalien in dasGrundwasser. Der umfangreiche Einsatz von Pflanzenschutzmitteln im Rahmen der industriellen Landwirtschaft schädigt in großem Ausmaß Ökosysteme und reduziert die biologische Artenvielfalt.[12] So ist der Einsatz von Pflanzenschutzmitteln mitverantwortlich für den Rückgang von(Wild)bienen und anderen Insekten, das Vogelsterben sowie die Belastung von Grundwasser und Böden.[13] Hinzu kommen im Zusammenhang mit derMassentierhaltung ungelöste Fragen desTierschutzes.[2]
Die 400 Wissenschaftler desWeltagrarberichts fordern ebenso wie dieUNCTAD, dieDeutsche Akademie der Naturforscher Leopoldina und viele weitere Fachgesellschaften, einen Wandel von der aktuell betriebenen und geförderten industriellen, energieintensiven Landwirtschaft hin zu kleinräumiger, ökologischer Landwirtschaft.[14][15][13]
Von anderen Kritikern wird für die industrielle Landwirtschaft die Gefahr gesehen, dass landwirtschaftliche Produkte mit industriellen Werkstücken auf eine Stufe gestellt werden, die in einer Fabrik amFließband oder mitRobotern zu jeder Zeit in gewünschter Menge hergestellt werden. Eine solche Auffassung führe zwangsläufig dazu, aus Rohstoffen, Ressourcen undNutztieren das Äußerste herauszuholen.[2]
Kritisiert wird auch die mit der industriellen Landwirtschaft in der Regel verbundene Weltmarktorientierung, die dieErnährungssicherheit gefährde, da die Abhängigkeit der Entwicklungsländer von unvorhersehbaren Preisschwankungen der von ihnen im- und exportierten landwirtschaftlichen Erzeugnisse verstärkt werde, während die Erzeugung von Grundnahrungsmitteln zugunsten der für den Export bestimmten Produkte zurückgehe.[16]
Umweltverbände werfen insbesondere demDeutschen Bauernverband vor, eineAgrarwende zu verhindern. Schon 2002 stellte eine Studie im Auftrag desNABU fest:
„Nur wenn es gelänge, die Einflüsse von innovationshemmenden Vertretern aus Bauernverbänden und Ernährungswirtschaft zurückzudrängen, hätte die Agrarwende eine Chance.“[17]