Imipramin
Strukturformel | ||||||||||||||||||||||
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Allgemeines | ||||||||||||||||||||||
Freiname | Imipramin | |||||||||||||||||||||
Andere Namen | 10,11-Dihydro-N,N-dimethyl-5H-dibenz-[b,f]azepin-5-propanamin (IUPAC) | |||||||||||||||||||||
Summenformel | C19H24N2 | |||||||||||||||||||||
Externe Identifikatoren/Datenbanken | ||||||||||||||||||||||
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Arzneistoffangaben | ||||||||||||||||||||||
ATC-Code | ||||||||||||||||||||||
Wirkstoffklasse | ||||||||||||||||||||||
Wirkmechanismus |
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Eigenschaften | ||||||||||||||||||||||
Molare Masse | 280,40 g·mol−1 | |||||||||||||||||||||
Aggregatzustand | fest | |||||||||||||||||||||
Schmelzpunkt | 174,5 °C[1] | |||||||||||||||||||||
pKS-Wert | 9,4[1] | |||||||||||||||||||||
Löslichkeit | sehr schwer in Wasser (18,2 mg·l−1 bei 24 °C)[1] | |||||||||||||||||||||
Sicherheitshinweise | ||||||||||||||||||||||
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Toxikologische Daten |
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Wenn nicht anders vermerkt, gelten die angegebenen Daten beiStandardbedingungen (0 °C, 1000 hPa). |
Imipramin zählt chemisch zur Klasse derDibenzazepine und ist einArzneistoff aus der Gruppe dertrizyklischen Antidepressiva.
Geschichte
[Bearbeiten |Quelltext bearbeiten]Imipramin war der erste moderne Arzneistoff zur Behandlung vonDepressionen überhaupt und wurde zum Prototyp einer ganzen Klasse vonPsychopharmaka. Er wurde unter derMarkeTofranil auf den deutschen Markt gebracht.[4] Entwickler und Hersteller war derSchweizerKonzern Geigy (heuteNovartis); die Markteinführung erfolgte 1958.
AlsAntidepressivum war es eine Zufallsentdeckung. Der PsychiaterRoland Kuhn wollte es im Jahre 1957 alsNeuroleptikum bei Schizophreniekranken einsetzen.[5] Bei der klinischen Erprobung stellte man fest, dass es für diesen Zweck untauglich war, jedoch gegen depressive Symptome gut wirkte. Imipramin ist strukturell ein Analogon desPromazins (verbrückt mit –CH2–CH2– statt –S–).
Gewinnung und Darstellung
[Bearbeiten |Quelltext bearbeiten]Eine zweistufige Synthese geht vom 10,11-Dihydro-5H-dibenz[b,f]azepin aus, welches zunächst mitNatriumamid deprotoniert und dann mit 3-Dimethylaminopropylchlorid umgesetzt wird.[3]

Indikationen
[Bearbeiten |Quelltext bearbeiten]Imipramin ist für dieTherapie aller Formen vondepressiven Erkrankungen zugelassen, beiPavor nocturnus undEnuresis nocturna, außerdem zur adjuvanten Therapie chronischerSchmerzen.
Eine Anwendung beiAngstzuständen undPhobien ist gängig, geschieht allerdings ohne entsprechende Zulassung und damitOff-Label, ebenso die Anwendung bei einerRetrograden Ejakulation.
Laut einer Studie von 2008 kommt es bei Patienten mit Panikstörungen, die Imipramin einnehmen und eine Kognitive Verhaltenstherapie (KVT) machen, häufiger zu Rückfällen als bei Patienten, die nur eine KVT machen.[6]
Imipramin wird auch beiNarkolepsie zur Therapie von Kataplexien eingesetzt.[7]
Wirkungen
[Bearbeiten |Quelltext bearbeiten]Imipramin hemmt imZNS die Rückaufnahme von Monoaminen aus demsynaptischen Spalt in die präsynaptischenVesikel und bewirkt so einen Konzentrationsanstieg derNeurotransmitterSerotonin undNoradrenalin im Plasma. Der bei Depressionen beobachtbare relative Mangel dieserBotenstoffe wird nun durch die erhöhte Verfügbarkeit ausgeglichen. Die so verbesserteneuronale Übertragung führt letztlich zu einer Milderung depressiverSymptome.
Imipramin greift in weitere Übertragungsprozesse imGehirn ein und wirkt z. B.anticholinerg (alsAntagonist bestimmterAcetylcholin-Wirkungen) undantihistaminisch. Es entstehen so die charakteristischenNebenwirkungen der trizyklischen Antidepressiva. Imipramin wirkt zudem alsFIASMA (funktioneller Hemmer der saurenSphingomyelinase).[8]
Die aktivierenden und dämpfenden Teilwirkungen halten sich in etwa die Waage. Stimmungsaufhellende Stoffe mit einer ähnlich antriebsneutralen Wirkung werden auch alsAntidepressiva vom Imipramin-Typ bezeichnet – mitunter selbst solche, die nicht zu den Trizyklika gehören.
Diesedierende Wirkkomponente vermindert sich meistens im Laufe der Anwendungsdauer; der stimmungsaufhellende Effekt tritt ebenfalls erst nach einer Einnahmedauer von circa 2–3 Wochen ein.
Darreichungsformen
[Bearbeiten |Quelltext bearbeiten]Imipramin existiert alsGenerikum und alsOriginalpräparat (u. a.Tofranil®) in Form vonTabletten oderDragees zuroralen Einnahme.
Schwangerschaft und Stillzeit
[Bearbeiten |Quelltext bearbeiten]Es gibt klare Hinweise für Risiken des menschlichen Fötus, aber der therapeutische Nutzen für die Mutter kann überwiegen. Neugeborene, deren Mütter bis zur Geburt Imipramin eingenommen hatten, zeigten in den ersten Stunden oder Tagen Symptome wie Atemstörungen, Lethargie, Koliken, Reizbarkeit, Hypotonie, Hypertonie, Zittern oder Krämpfe. Zur Vermeidung dieser Symptome sollte Imipramin – soweit vertretbar – mindestens 7 Wochen vor dem errechneten Geburtstermin abgesetzt werden. Imipramin und sein Metabolit Desmethylimipramin treten in kleinen Mengen in die Muttermilch über. Da über die klinische Relevanz für den Säugling nichts bekannt ist, sollte abgestillt oder das Medikament abgesetzt werden.[9]
Reaktionsbereitschaft
[Bearbeiten |Quelltext bearbeiten]Es können verschwommenes Sehen, Schläfrigkeit oder andere zentralnervöse Symptome auftreten. In diesem Fall sollten die Patienten kein Motorfahrzeug lenken, keine Maschinen bedienen und keine Tätigkeiten verrichten, die ihre volle Aufmerksamkeit erfordern.[9]
Unerwünschte Wirkungen
[Bearbeiten |Quelltext bearbeiten]Imipramin hat vorwiegendvegetative Nebenwirkungen:
- Durstgefühl, Mundtrockenheit
- Hypotonie,Tachykardie,Herzrhythmusstörungen
- Mydriasis,Akkommodationsstörungen
- Obstipation, aber auchDiarrhoe u. a. Magen-Darm-Probleme
- Miktionsstörungen bis zumHarnverhalt
- Libidoverlust,Erektile Dysfunktion (Impotenz)
Weiterhin können auftreten:
- Schwindelgefühle, Kopfschmerzen
- Unruhe, Ataxie,Tremor
- Gewichtszunahme
- Hautausschlag
- Blutbildveränderungen, z. B.Leukopenie oderAgranulozytose
- Erregungsleitungsstörungen amHerzen.
Psychische Störwirkungen sind Müdigkeit, aber auchaggressives Verhalten und Verwirrtheit (selten: pharmakogenesDelir). Imipramin kann beiBipolaren Erkrankungen ein Umschlagen einer depressiven in einemanische Phase bewirken.
Kritik
[Bearbeiten |Quelltext bearbeiten]Ein Forscherteam aus Großbritannien und den USA kam zu dem Ergebnis, dass der Arzneistoff Imipramin (sowie Paroxetin) für Kinder und Jugendliche weder wirksam noch sicher sei.[10]
Das oben genannte Team kam zum Ergebnis, dass das Mittel Paroxetin (sowie Imipramin) bei der Behandlung einer schweren Depression nicht wirksamer als die Gabe eines Scheinpräparates seien. Allenfalls erreiche sie bei dem Patienten einen Placebo-Effekt. Obendrein führe die Behandlung mit beiden Medikamenten zu starken Nebenwirkungen. So führe Paroxetin beispielsweise laut dem Forscherteam zu Verhaltensauffälligkeiten und Suizidneigung, Imipramin löste Herzrhythmusstörungen aus.
Genotoxisches Potential
[Bearbeiten |Quelltext bearbeiten]Im Versuch an derDrosophila führte Imipramin zu Erbgutschäden. Möglicherweise erhöht die Einnahme von Imipramin das Brustkrebsrisiko.[11] Laut der Fachinformation von Imipramin gibt es jedoch keine Hinweise darauf, dass der Wirkstoff das Erbgut schädigt oder Krebs auslöst.[9]
Handelsnamen
[Bearbeiten |Quelltext bearbeiten]Tofranil (D, CH) sowie ein Generikum (D)
Einzelnachweise
[Bearbeiten |Quelltext bearbeiten]- ↑abcEintrag zuImipramine in derChemIDplus-Datenbank derUnited States National Library of Medicine (NLM), abgerufen am 13. August 2022.(Seite nicht mehr abrufbar, Inhalt nun verfügbar via PubChem ID3696)
- ↑abDatenblattImipramine hydrochloride beiSigma-Aldrich, abgerufen am 5. April 2011 (PDF).
- ↑abcdefghiA. Kleemann, J. Engel, B. Kutscher, D. Reichert:Pharmaceutical Substances - Synthesis, Patents, Applications. 4. Auflage. Thieme-Verlag Stuttgart 2000,ISBN 1-58890-031-2.
- ↑Gustav Ehrhart/Heinrich Ruschig:Arzneimittel, 1968
- ↑Hans-Jürgen Möller, Gerd Laux, Arno Deister, Hellmuth Braun-Scharm:Psychiatrie und Psychotherapie. 4. Auflage. 2009,ISBN 978-3-13-128544-7, S. 14.
- ↑S. D. Raffa, J. A. Stoddard, K. S. White u. a.:Relapse following combined treatment discontinuation in a placebo-controlled trial for panic disorder. In:J Nerv Ment Dis. 196(7), Jul 2008, S. 548–555.PMID 18626295.
- ↑Narkolepsie, psychosoziale-gesundheit.net
- ↑J. Kornhuber, M. Muehlbacher, S. Trapp, S. Pechmann, A. Friedl, M. Reichel, C. Mühle, L. Terfloth, T. Groemer, G. Spitzer, K. Liedl, E. Gulbins, P. Tripal:Identification of novel functional inhibitors of acid sphingomyelinase. In:PLoS ONE.Band 6,Nr. 8, 2011,S. e23852,doi:10.1371/journal.pone.0023852.
- ↑abcFachinformation von Tofranil auf der Arzneimittelinformations-Publikationsplattform des schweizerischen Hilmittelinstitutes Swissmedic. Stand: Juni 2012. Abgerufen am 22. März 2014.
- ↑study329.org
- ↑C. R. Sharpe, J. P. Collet, E. Belzile, J. A. Hanley, J. F. Boivin:The effects of tricyclic antidepressants on breast cancer risk. In:British Journal of Cancer. Band 86, Nummer 1, Januar 2002, S. 92–97,doi:10.1038/sj.bjc.6600013.PMID 11857018,PMC 2746543 (freier Volltext).