Darmverschluss
Klassifikation nachICD-10 | |
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K56 | Paralytischer Ileus und mechanischer Ileus ohne Hernie |
K56.0 | Paralytischer Ileus |
K56.1 | Invagination |
K56.2 | Volvulus |
K56.3 | Gallensteinileus |
K56.4 | Sonstige Obturation des Darmes |
K56.5 | Intestinale Adhäsionen [Briden] mit Ileus |
K56.6 | Sonstiger und nicht näher bezeichneter mechanischer Ileus |
K56.7 | Ileus, nicht näher bezeichnet |
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ICD-10 online (WHO-Version 2019) |
DerDarmverschluss, fachsprachlich auch derIleus (latinisierte Form desgriechischenεἰλεόςileós, vonaltgriechischεἰλεῖνeilein, deutsch‚einschließen, zusammendrängen‘), ist eine Unterbrechung der Darmpassage. Als lebensbedrohlichesKrankheitsbild bedarf er im Allgemeinen einer sofortigen Krankenhauseinweisung und eventuell einer chirurgischen Intervention. Man unterscheidet beim Darmverschluss (Ileus) denmechanischen Ileus (Darmstenose) vomparalytischen Ileus (durch Lähmung der Darmmuskulatur,Darmlähmung), wobei der Übergang von einem mechanischen Ileus zu einem paralytischen Ileus fließend ist: Jeder unbehandelte mechanische Ileus wird nach gewisser Zeit zum paralytischen Ileus (dem sogenanntengemischten Ileus[1]).
Einteilung
[Bearbeiten |Quelltext bearbeiten]Einteilung nach der Ursache
[Bearbeiten |Quelltext bearbeiten]Hier unterscheidet man
- denmechanischen Ileus mit Behinderung der Darmpassage von außen her oder von innen (vomDarmlumen aus gesehen). Zusätzlich kann eine ungenügende Blutversorgung der Darmwand eintreten, besonders beim eingeklemmten Bruch (Inkarzeration), beimStrangulationsileus (auchStrangileus)[2] oder beimVolvulus.
- denfunktionellen Ileus mitLähmung der glattenMuskulatur, die für den Transport des Darminhalts verantwortlich ist. Es kommt zum Stillstand derPeristaltik. Diesbezüglich wird weiter differenziert zwischen
- dem vergleichsweise häufigenparalytischen Ileus, z. B. bei einerBauchfellentzündung,
- dem gefäßbedingtenvaskulären Ileus durch Verschluss der den Darm versorgenden Blutgefäße (durchEmbolie oderThrombose beistruktureller Gefäßverengung) und
- dem sehr seltenenspastischen Ileus[3] (z. B. bei einerBleivergiftung).
Einteilung nach dem Darmabschnitt
[Bearbeiten |Quelltext bearbeiten]Nach demDarmabschnitt, in dem der Verschluss auftritt, kann man inDünndarmileus undDickdarmileus unterteilen. Im Dünndarm kommt es vermehrt zu Strangulationen mit Gefäßbeteiligung, während im Dickdarm Obstruktionen überwiegen.
Einteilung nach dem Lebensalter
[Bearbeiten |Quelltext bearbeiten]Verschiedene Arten eines Ileus sind je nach Lebensalter unterschiedlich häufig:[4]
- beim Neugeborenen und Säugling
- Atresie vonPylorus,Duodenum,Jejunum,Ileum,Kolon,Analatresie
- hochgradige Stenosen infolge u. a.Pancreas anulare, Duodenalmembran
- Fehlanlagen wie upside-down-Magen, Ledd’sche Bänder
- erworben beiInvagination,Mekoniumileus, typisches Symptom derMukoviszidose
- beim Kind
- Volvulus, inkarzerierteHernie,toxisches Megakolon,Meckel-Divertikel
- in allen Altersgruppen
- postoperative Verwachsungen
- perforationsbedingt
- beim älteren Menschen
- Dickdarmileus durch ein Coloncarcinom
Einteilung nach den Symptomen
[Bearbeiten |Quelltext bearbeiten]Die Unterscheidung in Ileus undSubileus (Vorstufe des Ileus) richtet sich nach der Schwere des Aufstaus und der Symptomatik. Die Grenze zwischen den beiden Formen ist unscharf und nicht klar definiert, aber sie trennt aus pragmatischen Gründen beim mechanischen Ileus die Gruppe mitIndikation zur Operation von einer Gruppe mit konservativem Behandlungsversuch.
Ursachen
[Bearbeiten |Quelltext bearbeiten]Mechanischer Ileus
[Bearbeiten |Quelltext bearbeiten]


Ursachen für einen mechanischen Ileus können u. a. sein:
- mechanische Verstopfung (Obturation) durch:
- Mekonium (Mekoniumileus, siehe oben),Kotballen oderBezoar
- einenFremdkörper im Darm
- einen großenGallenstein. Ein derartiger Stein gelangt immer nur über eine entzündlicheFistel zwischen Gallenblase und Darmwand in das Darmlumen und kann den seltenenGallensteinileus verursachen.
- eine gewachsene oder entzündliche Verengung (Obstruktion) durch
- einenDarmtumor
- Morbus Crohn mit Darmstenose
- Verlegung, Abklemmung (Strangulation)
- ein Verwachsungsstrang (Bride) klemmt den Darm zu, führt zumBridenileus
- verklebte Abknickung des Darms(Adhäsionsileus) beiIleitis
- eineInkarzeration, d. i. ein eingeklemmterEingeweidebruch (Hernie)
- einVolvulus, d. i. eine Verdrehung des Darmes, schnürt das Lumen zu und die Blutversorgung ab
- eineInvagination, d. i. eine Einstülpung eines Darmteils in einen anderen, führt sowohl zur Verlegung, Einengung als auch zur Abklemmung der Blutversorgung des Darms
Paralytischer Ileus (Darmatonie)
[Bearbeiten |Quelltext bearbeiten]Ursachen für das Sistieren derPeristaltik und das Erschlaffen der Darmwand sind
- Entzündung in der Bauchhöhle (Peritonitis) oder von der Bauchhöhle benachbarten Räumen oder Organen
- beiDarmperforation
- als Komplikation nachchirurgischen Eingriffen in der Bauchhöhle (postoperativer paralytischer Ileus)
- Durchwanderungsperitonitis
- beiPankreatitis
- beiPneumonie mit septischer Streuung der Erreger
- Vergiftungen
- Durchblutungs-/Versorgungsstörungen des Darmes
- bei akuterDurchblutungsstörung des Darmes
- beimMesenterialinfarkt
- bei schwererHypokaliämie
- reflektorisch
- Kolik eines Bauchorgans auch außerhalb der Bauchhöhle,Nierenkolik,Gallenkolik,Ureterkolik
Symptome
[Bearbeiten |Quelltext bearbeiten]Die Symptome eines Darmverschlusses sind krampfartige Bauchschmerzen, ein aufgeblähter Bauch (Meteorismus),Erbrechen von Magen- und Darminhalt bis hin zum Koterbrechen (Miserere), Wind- und Stuhlverhalt bei gesteigerter Peristaltik („mechanische Darmgeräusche“ bei Auskultation). Typischerweise lassen sich die Schmerzen zu Beginn eindeutig lokalisieren, werden aber im Verlauf immer diffuser auf das gesamte Abdomen verteilt. Im späten Stadium treten die Symptome derPeritonitis hinzu, weil Keime die Darmwand durchwandern.
Diagnose
[Bearbeiten |Quelltext bearbeiten]Diekörperliche Untersuchung einschließlich rektaler Untersuchung ergibt mit lokalen Schmerzen,Abwehrspannung, Hernien (Eingeweidebrüche) undÜberblähung wichtige Hinweise. Zusätzlich erfolgenBlutentnahme zur Bestimmung von Laborwerten sowie Bildgebung mitSonographie und eventuellRöntgen desAbdomens.
Eine Unterscheidung zwischen mechanischem und paralytischem Ileus lässt sich in vielen Fällen sehr schnell durchAbhorchen des Abdomens herbeiführen. Während ein mechanischer Ileus sich durch Hyperperistaltik (verstärkte Darmtätigkeit und metallisch klingende Geräusche) bemerkbar macht, äußert sich der paralytische Ileus durch „Totenstille“ im Abdomen.

Bei Ileusverdacht liefert dieSonographie schnelle Hinweise: Man kann bei Vorliegen eines Ileus oft eine typischePendelperistaltik sehen, d. h., der Darminhalt pendelt hin und her. Auch findet man verbreiterte, übermäßig mit Luft oder Flüssigkeit gefüllte Darmschlingen. Man kann oft den Ort des Verschlusses eingrenzen. Darmabschnitte hinter einem mechanischen Hindernis sind kollabiert(Hungerdarm).[5]

Die Röntgenleeraufnahme des Bauchs im Stehen oder in Linksseitenlage zeigt beim typischen Ileus überblähte Darmschlingen mit Flüssigkeitsspiegeln als Hinweis auf den Ort eines Verschlusses. Je nach Befinden können durch einenEinlauf und/oder eine Passage mitKontrastmittel Ort und Ursache eingegrenzt werden.
Zusätzlich kann eineCT des Bauchs durchgeführt werden. Damit kann häufig die Ursache des Darmverschlusses gefunden werden.
Differentialdiagnose
[Bearbeiten |Quelltext bearbeiten]Von der langen Liste der Ileus-Ursachen müssen andere Krankheiten wie diePseudoobstruktionOgilvie-Syndrom, dasColon spasticum und Stoffwechselstörungen wiePorphyrie, toxischesMegacolon oderMorbus Crohn abgegrenzt werden.
Mitunter kann die Ursache eines Ileus nicht erkannt werden, sodass eine Bauchspiegelung erforderlich wird.
Pathologie
[Bearbeiten |Quelltext bearbeiten]Aufgrund des Verschlusses oder der fehlenden Peristaltik kommt es zu einer Distension des Darmlumens und Stuhlverhalt. Die fehlende Bewegung des Speisebreis und sein Aufstau führen zu einem vermehrten Bakterienwachstum, das zu einer Translokation in die Blutgefäße und einer Sepsis führen kann. Gleichzeitig kommt es zu einer massivenElektrolyt- und Wasserverschiebung bedingt durch die lokale Entzündungsreaktion in und um den Darm und insRetroperitoneum. Dies kann zu einem massiven Flüssigkeitsmangel führen, ähnlich dem bei einerPankreatitis.Bakteriengiftstoffe und die Flüssigkeitsverschiebungen können zumKreislauf- undMultiorganversagen führen. In seinen Auswirkungen auf den ganzen Körper spricht man von derIleuskrankheit.
Bleibt der Ileus unbekannt, kann es zu einer Perforation der Darmwand kommen. Dies bedingt eine kotigePeritonitis.
Behandlung
[Bearbeiten |Quelltext bearbeiten]Die Therapie richtet sich nach der zugrundeliegenden Ursache. Das gilt auch bei eventueller Operation für das anzuwendende Verfahren. Handelt es sich um einen paralytischen Ileus, kann mittelsProkinetika die Darmaktivität angeregt werden. Liegt ein mechanischer Ileus,[6] etwa durch eine Strangulation oder eine Bride, vor, ist eine zügige operative Intervention, mittelsLaparotomie[7] oder heute bevorzugt mittels minimalinvasiver Technik (Laparoskopie), indiziert.
Begleitende Maßnahmen dienen der Entlastung des Darmes wieMagensonde, eventuellparenterale Ernährung oderEinlauf. Zur raschen und ausreichenden Flüssigkeitstherapie ist die Anlage eines zentralen Venenkatheters in Erwägung zu ziehen. Zur Bilanzierung sollte ein Blasenkatheter gesetzt werden.
Siehe auch
[Bearbeiten |Quelltext bearbeiten]Literatur
[Bearbeiten |Quelltext bearbeiten]- Marcel Bettex, Noel Genton, Margrit Stockmann (Hrsg.):Kinderchirurgie. Diagnostik, Indikation, Therapie, Prognose. 2., neubearbeitete Auflage. Thieme, Stuttgart u. a. 1982,ISBN 3-13-338102-4.
- Friedrich Carl Sitzmann:Kinderheilkunde. Diagnostik – Therapie – Prophylaxe. 6., erweiterte und völlig neu bearbeitete Auflage. Hippokrates, Stuttgart 1987,ISBN 3-7773-0827-7.
- Martin Allgöwer,Jörg R. Siewert, Hubert J. Stein:Chirurgie. Mit integriertem Fallquiz – 40 Fälle nach neuer AO. 9., überarbeitete Auflage. Springer, Berlin u. a. 2012,ISBN 978-3-642-11330-7.
- Hans Adolf Kühn:Organische Störungen der Darmwegsamkeit und Motorik (Darmstenose und Ileus). InLudwig Heilmeyer (Hrsg.):Lehrbuch der Inneren Medizin. Springer-Verlag, Berlin/Göttingen/Heidelberg 1955; 2. Auflage ebenda 1961, S. 828–820.
Weblinks
[Bearbeiten |Quelltext bearbeiten]Einzelnachweise
[Bearbeiten |Quelltext bearbeiten]- ↑Hans von Haberer:Lebenswichtige, dringliche Operationen in der Bauchhöhle! 1953, S. 68.
- ↑Hans von Haberer:Lebenswichtige, dringliche Operationen in der Bauchhöhle! In:Münchener Medizinische Wochenschrift. Band 95, Nr. 1, 2. Januar 1953, S. 61–69, hier: S. 64.
- ↑Vgl. etwawww.pschyrembel.de.
- ↑Klaus-Dietrich Ebel,Eberhard Willich, Ernst Richter (Hrsg.):Differentialdiagnostik in der Pädiatrischen Radiologie. Band 2:Thorax, Mediastinum, Herz, große Gefässe, Abdomen, Urogenitaltrakt. Thieme, Stuttgart / New York 1995,ISBN 3-13-128101-4, S. 337 f.
- ↑Volker Hofmann, Karl-Heinz Deeg, Peter F. Hoyer:Ultraschalldiagnostik in Pädiatrie und Kinderchirurgie. Lehrbuch und Atlas. 3., völlig überarbeitete und erweiterte Auflage. Thieme, Stuttgart / New York 2005,ISBN 3-13-100953-5.
- ↑Hans von Haberer:Lebenswichtige, dringliche Operationen in der Bauchhöhle! 1953, S. 63–64.
- ↑H. Schramm:Die Laparotomie bei innerem Darmverschluss. In:Archiv für klinische Chirurgie. Band 30, 1884, S. 685 ff.