Histidin

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Strukturformel
Struktur von L-Histidin
Struktur vonL-Histidin, dem natürlich vorkommenden Enantiomer
Allgemeines
NameHistidin
Andere Namen
SummenformelC6H9N3O2
Kurzbeschreibung

farblose Kristalle[1]

Externe Identifikatoren/Datenbanken
CAS-Nummer
EG-Nummer200-745-3
ECHA-InfoCard100.000.678
PubChem6274
ChemSpider6038
DrugBankDB00117
WikidataQ485277
Arzneistoffangaben
ATC-Code

V06DE00

Eigenschaften
Molare Masse155,16g·mol−1
Aggregatzustand

fest

Dichte

1,449 g·cm−3[2]

Schmelzpunkt

287°C(Zersetzung)[1]

pKS-Wert
Löslichkeit

schlecht in Wasser (38,2 g·l−1 bei 20 °C)[4]

Sicherheitshinweise
Bitte die Befreiung von derKennzeichnungspflicht für Arzneimittel, Medizinprodukte, Kosmetika, Lebensmittel und Futtermittel beachten
GHS-Gefahrstoffkennzeichnung[2]
keine GHS-Piktogramme

H- und P-SätzeH:keine H-Sätze
P:keine P-Sätze[2]
Toxikologische Daten

5110 mg·kg−1 (LD50Ratteoral)[4]

Wenn nicht anders vermerkt, gelten die angegebenen Daten beiStandardbedingungen (0 °C, 1000 hPa).

Histidin, abgekürztHis oderH, ist in der natürlichenL-Form eine bedingtessentielle,[5]proteinogeneα-Aminosäure und wurde 1896 unabhängig voneinander vonSven Gustaf Hedin undAlbrecht Kossel entdeckt.[6]

Histidin zählt gemeinsam mit denAminosäurenArginin undLysin zu denbasischen Aminosäuren, die man wegen ihrer sechs C-Atome auch alsHexonbasen bezeichnet. Basische Aminosäuren besitzen zusätzlich zur obligatorischen α-Aminogruppe eine weitere basische Gruppe. Im Histidin ist der Ring des heterocyclischenAminsImidazol die basische Gruppe, der gleichzeitig auch dieAromatizität des Histidins bedingt. Damit zählt Histidin auch zu denaromatischen Aminosäuren, ebenso wiePhenylalanin,Tyrosin undTryptophan.[7]

Inhaltsverzeichnis

Isomere

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Histidin besitzt ein Stereozentrum, somit existieren zweichiraleEnantiomere. DieL-Form [Synonym: (S)-Histidin] kommt in der Natur als Proteinbestandteil vor.

In diesem Artikel betreffen die Angaben zur Physiologie alleinL-Histidin. Wenn in diesem Text und in der wissenschaftlichen Literatur ohne jeden ZusatzHistidin erwähnt wird, ist stetsL-Histidin gemeint.RacemischesDL-Histidin [Synonym: (RS)-Histidin] undenantiomerenreinesD-Histidin [Synonym: (R)-Histidin] sind synthetisch zugänglich und besitzen nur geringe praktische Bedeutung.

DieRacemisierung vonL-Aminosäuren kann zurAminosäuredatierung – einer Altersbestimmung für fossiles Knochenmaterial – herangezogen werden.[8]

Isomere von Histidin
NameL-HistidinD-Histidin
Andere Namen(S)-Histidin(R)-Histidin
Strukturformel
CAS-Nummer71-00-1351-50-8
4998-57-6 (Racemat)
EG-Nummer200-745-3206-513-8
225-660-9 (Racemat)
ECHA-Infocard100.000.678100.005.922
100.023.328 (Racemat)
PubChem627471083
773 (Racemat)
DrugBankDB00117
− (Racemat)
FL-Nummer17.008-
WikidataQ485277Q27077043
Q27103201 (Racemat)

Eigenschaften

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Imin-Enamin-Tautomere vonL-Histidin

Der Imidazolring von Histidin unterliegt einerTautomerie, genauer einerImin-Enamin-Tautomerie.

Diese Umlagerung ist reversibel und beide Tautomere stehen im Gleichgewicht. Hierbei kann das an eines der Stickstoffatome des Rings gebundene Wasserstoffatom zum anderen Stickstoffatom wechseln. Zugleich verschiebt sich die Doppelbindung zwischen beiden Stickstoffatomen im Ring.

Einisoelektrischer Punkt von 7,59[9] macht Histidin zu einer im physiologischen Milieu neutralen Aminosäure; ihrVan-der-Waals-Volumen beträgt 118, derHydrophobizitätsgrad −3,2. Histidin bildet mit einer geeignetenDiazo-Komponente einen orangenAzofarbstoff und lässt sich auf diese Weise mit derPauly-Reaktion qualitativ nachweisen.[10] Am Beispiel des Histidinsalzes wurde erstmals eine Anion-Anion-Wechselwirkung vom Typ Carboxylat-Tetroxid-Anion entdeckt.[11]

Vorkommen

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L-Histidin kommt in jungem Pflanzengewebe (gr. ἱστός: Gewebe) vor, daher leitet sich auch der Name ab.L-Histidin erfüllt eine wichtige Aufgabe alsBlutpuffer imHämoglobin (siehe auchFunktionen).

L-Histidin ist in proteinreichen Nahrungsmitteln enthalten. Die folgenden Beispiele geben einen Überblick über Histidingehalte und beziehen sich jeweils auf 100 g des Lebensmittels, zusätzlich ist der prozentuale Anteil von Histidin am Gesamtprotein angegeben:[12]

LebensmittelProteinHistidinAnteil
Rindfleisch, roh21,26 g678 mg3,2 %
Hähnchenbrustfilet, roh21,23 g791 mg3,7 %
Lachs, roh20,42 g549 mg2,7 %
Hühnerei12,57 g309 mg2,4 %
Kuhmilch, 3,7 % Fett3,28 g89 mg2,7 %
Walnüsse15,23 g391 mg2,6 %
Weizenkeime, getrocknet23,15 g643 mg2,8 %
Weizen-Vollkornmehl13,70 g317 mg2,3 %
Mais-Vollkornmehl6,93 g211 mg3,0 %
Reis, ungeschält7,94 g202 mg2,5 %
Sojabohnen, getrocknet36,49 g1097 mg3,0 %
Erbsen, getrocknet24,55 g597 mg2,4 %

Alle diese Nahrungsmittel enthalten praktisch ausschließlich chemisch gebundenesL-Histidin als Proteinbestandteil, jedoch kein freiesL-Histidin.

Es ist auch Bestandteil mancher Medikamente und Vitaminpräparate.

Synthese

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Im Stoffwechsel wirdL-Histidin ausPhosphoribosylpyrophosphat (PRPP) undATP in einer Abfolge von elfReaktionen, die von achtEnzymen katalysiert werden, über mehrere Zwischenprodukte, u. a. Imidazolglycerinphosphat, synthetisiert.

L-Histidin ist einVorläufer in der Biosynthese vonHistamin undCarnosin.

Abbau

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Umwandlung vonL-Histidin zu Histamin durch dieHistidindecarboxylase

Für den Abbau inklusive Strukturformeln siehe Abschnitt Weblinks

L-Histidin kann zumbiogenen AminHistamindecarboxyliert werden.

DieDesaminierung (durch das EnzymHistidase) führt zuUrocaninsäure, der weitere Abbau nachHydratation durchUrocanase zu Imidazol-4-on-5-propionsäure.Imidazolonpropionase katalysiert dessen Umsetzung zuFormiminoglutamat (FIGLU), aus dem unter Einwirkung des bifunktionalen EnzymsFormiminotransferase-Cyclodesaminase dannL-Glutamat entsteht, eine andere Aminosäure.

Funktionen

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Der isoelektrische Punkt von Histidin befindet sich im Neutralbereich. Daher ist es die einzigeproteinogene Aminosäure, die unter physiologischen Bedingungen sowohl Protonendonator als auch Protonenakzeptor sein kann. Ein Beispiel hierfür ist seine Rolle in der „katalytischen Triade“ (Asp-His-Ser) vonSerinproteasen. Im Proteinanteil dessauerstofftransportierenden BlutfarbstoffsHämoglobin wie des sauerstoffspeichernden MuskelfarbstoffsMyoglobin sind das „distale“ und das „proximale“ Histidin der Peptidkette von besonderer Bedeutung für den Bindungsplatz desEisens derprosthetischenHäm-Gruppe. Histidin tritt auch als Ligand vonMetallionenkomplexen derElektronentransportketten auf in denMitochondrien (oxidative Phosphorylierung) und in denChloroplasten (Photosynthese).

In wässriger Lösung protolysiert Histidin entsprechend dem pH-Wert sowie seiner pKS-Werte (siehe Abbildung).

Protolysegleichgewichte von Histidin

Verwendung

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Bestandteil von Infusionslösungen zurparenteralen Ernährung,peroral bei Gelenkrheumatismus und gegenrenaleAnämie.[13]

ImChemieunterricht kann Histidin als Ersatzstoff für giftige Amine gemäßRiSU zur Herstellung vonAzofarbstoffen verwendet werden.[10]

Weblinks

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Wikibooks: Abbau von Histidin – Lern- und Lehrmaterialien
Wiktionary: Histidin – Bedeutungserklärungen, Wortherkunft, Synonyme, Übersetzungen

Einzelnachweise

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  1. abEintrag zuHistidin. In:Römpp Online. Georg Thieme Verlag, abgerufen am 21. Juni 2014.
  2. abcEintrag zuHistidin in derGESTIS-Stoffdatenbank desIFA, abgerufen am 18. November 2022. (JavaScript erforderlich)
  3. abcF.A. Carey:Organic Chemistry. 5th edition, The McGraw Companies 2001, S. 1059,Link
  4. abDatenblattHistidin beiMerck, abgerufen am 25. Dezember 2019.
  5. VergleicheProtein and amino acid requirements in human nutrition – Report of a Joint WHO/FAO/UNU Expert Consultation. (2007) In:WHO Techchnical Report Series. Band 935, Kapitel 8.1.8Histidine (PDF; 4,0 MB), S. 146 f.
  6. Hubert Bradford Vickery, Charles S. Leavenworth:On the Separation of Histidine and Arginine. In:Journal of Biological Chemistry. 78. Jahrgang,Nr. 3, 1. August 1928,S. 627–635,doi:10.1016/S0021-9258(18)83967-9 (englisch,jbc.org [PDF]). 
  7. Jan Koolman, Klaus-Heinrich Röhm:Taschenatlas der Biochemie. 3. Auflage. Georg Thieme Verlag, 2003,ISBN 3-13-759403-0, S. 60.
  8. Hans-Dieter Jakubke, Hans Jeschkeit:Aminosäuren, Peptide, Proteine. Verlag Chemie, Weinheim, 62, 1982,ISBN 3-527-25892-2.
  9. P. M. Hardy:The Protein Amino Acids. In: G. C. Barrett (Hrsg.):Chemistry and Biochemistry of the Amino Acids. Chapman and Hall, 1985,ISBN 0-412-23410-6, S. 9.
  10. abKlaus Ruppersberg et al.:Azofarbstoffe ohne giftige Amine und ohne Eiskühlung. In:CHEMKON.Band 25,Nr. 3. VCH Chemie, Weinheim Juni 2018,S. 121–122,doi:10.1002/ckon.201880371. 
  11. Anton P. Novikov, Alexey V. Safonov, Konstantin E. German, Mikhail S. Grigoriev:What kind of interactions we may get moving from zwitter to “dritter” ions: C–O⋯Re(O4) and Re–O⋯Re(O4) anion⋯anion interactions make structural difference between L-histidinium perrhenate and pertechnetate. In:CrystEngComm. 1. Dezember 2023,doi:10.1039/D3CE01164J. 
  12. Nährstoffdatenbank desUS-Landwirtschaftsministeriums, 22. Ausgabe.
  13. S. Ebel undH. J. Roth (Hrsg.):Lexikon der Pharmazie. Georg Thieme Verlag, 1987,ISBN 3-13-672201-9, S. 66.
ProteinogeneAminosäuren
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