Histidin
Strukturformel | ||||||||||||||||||||||
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Struktur vonL-Histidin, dem natürlich vorkommenden Enantiomer | ||||||||||||||||||||||
Allgemeines | ||||||||||||||||||||||
Name | Histidin | |||||||||||||||||||||
Andere Namen |
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Summenformel | C6H9N3O2 | |||||||||||||||||||||
Kurzbeschreibung | farblose Kristalle[1] | |||||||||||||||||||||
Externe Identifikatoren/Datenbanken | ||||||||||||||||||||||
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Arzneistoffangaben | ||||||||||||||||||||||
ATC-Code | ||||||||||||||||||||||
Eigenschaften | ||||||||||||||||||||||
Molare Masse | 155,16g·mol−1 | |||||||||||||||||||||
Aggregatzustand | fest | |||||||||||||||||||||
Dichte | 1,449 g·cm−3[2] | |||||||||||||||||||||
Schmelzpunkt | ||||||||||||||||||||||
pKS-Wert |
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Löslichkeit | schlecht in Wasser (38,2 g·l−1 bei 20 °C)[4] | |||||||||||||||||||||
Sicherheitshinweise | ||||||||||||||||||||||
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Toxikologische Daten | ||||||||||||||||||||||
Wenn nicht anders vermerkt, gelten die angegebenen Daten beiStandardbedingungen (0 °C, 1000 hPa). |
Histidin, abgekürztHis oderH, ist in der natürlichenL-Form eine bedingtessentielle,[5]proteinogeneα-Aminosäure und wurde 1896 unabhängig voneinander vonSven Gustaf Hedin undAlbrecht Kossel entdeckt.[6]
Histidin zählt gemeinsam mit denAminosäurenArginin undLysin zu denbasischen Aminosäuren, die man wegen ihrer sechs C-Atome auch alsHexonbasen bezeichnet. Basische Aminosäuren besitzen zusätzlich zur obligatorischen α-Aminogruppe eine weitere basische Gruppe. Im Histidin ist der Ring des heterocyclischenAminsImidazol die basische Gruppe, der gleichzeitig auch dieAromatizität des Histidins bedingt. Damit zählt Histidin auch zu denaromatischen Aminosäuren, ebenso wiePhenylalanin,Tyrosin undTryptophan.[7]
Isomere
[Bearbeiten |Quelltext bearbeiten]Histidin besitzt ein Stereozentrum, somit existieren zweichiraleEnantiomere. DieL-Form [Synonym: (S)-Histidin] kommt in der Natur als Proteinbestandteil vor.
In diesem Artikel betreffen die Angaben zur Physiologie alleinL-Histidin. Wenn in diesem Text und in der wissenschaftlichen Literatur ohne jeden ZusatzHistidin erwähnt wird, ist stetsL-Histidin gemeint.RacemischesDL-Histidin [Synonym: (RS)-Histidin] undenantiomerenreinesD-Histidin [Synonym: (R)-Histidin] sind synthetisch zugänglich und besitzen nur geringe praktische Bedeutung.
DieRacemisierung vonL-Aminosäuren kann zurAminosäuredatierung – einer Altersbestimmung für fossiles Knochenmaterial – herangezogen werden.[8]
Isomere von Histidin | ||
Name | L-Histidin | D-Histidin |
Andere Namen | (S)-Histidin | (R)-Histidin |
Strukturformel | ![]() | ![]() |
CAS-Nummer | 71-00-1 | 351-50-8 |
4998-57-6 (Racemat) | ||
EG-Nummer | 200-745-3 | 206-513-8 |
225-660-9 (Racemat) | ||
ECHA-Infocard | 100.000.678 | 100.005.922 |
100.023.328 (Racemat) | ||
PubChem | 6274 | 71083 |
773 (Racemat) | ||
DrugBank | DB00117 | − |
− (Racemat) | ||
FL-Nummer | 17.008 | - |
Wikidata | Q485277 | Q27077043 |
Q27103201 (Racemat) |
Eigenschaften
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Der Imidazolring von Histidin unterliegt einerTautomerie, genauer einerImin-Enamin-Tautomerie.
Diese Umlagerung ist reversibel und beide Tautomere stehen im Gleichgewicht. Hierbei kann das an eines der Stickstoffatome des Rings gebundene Wasserstoffatom zum anderen Stickstoffatom wechseln. Zugleich verschiebt sich die Doppelbindung zwischen beiden Stickstoffatomen im Ring.
Einisoelektrischer Punkt von 7,59[9] macht Histidin zu einer im physiologischen Milieu neutralen Aminosäure; ihrVan-der-Waals-Volumen beträgt 118, derHydrophobizitätsgrad −3,2. Histidin bildet mit einer geeignetenDiazo-Komponente einen orangenAzofarbstoff und lässt sich auf diese Weise mit derPauly-Reaktion qualitativ nachweisen.[10] Am Beispiel des Histidinsalzes wurde erstmals eine Anion-Anion-Wechselwirkung vom Typ Carboxylat-Tetroxid-Anion entdeckt.[11]
Vorkommen
[Bearbeiten |Quelltext bearbeiten]L-Histidin kommt in jungem Pflanzengewebe (gr. ἱστός: Gewebe) vor, daher leitet sich auch der Name ab.L-Histidin erfüllt eine wichtige Aufgabe alsBlutpuffer imHämoglobin (siehe auchFunktionen).
L-Histidin ist in proteinreichen Nahrungsmitteln enthalten. Die folgenden Beispiele geben einen Überblick über Histidingehalte und beziehen sich jeweils auf 100 g des Lebensmittels, zusätzlich ist der prozentuale Anteil von Histidin am Gesamtprotein angegeben:[12]
Lebensmittel | Protein | Histidin | Anteil |
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Rindfleisch, roh | 21,26 g | 678 mg | 3,2 % |
Hähnchenbrustfilet, roh | 21,23 g | 791 mg | 3,7 % |
Lachs, roh | 20,42 g | 549 mg | 2,7 % |
Hühnerei | 12,57 g | 309 mg | 2,4 % |
Kuhmilch, 3,7 % Fett | 3,28 g | 89 mg | 2,7 % |
Walnüsse | 15,23 g | 391 mg | 2,6 % |
Weizenkeime, getrocknet | 23,15 g | 643 mg | 2,8 % |
Weizen-Vollkornmehl | 13,70 g | 317 mg | 2,3 % |
Mais-Vollkornmehl | 6,93 g | 211 mg | 3,0 % |
Reis, ungeschält | 7,94 g | 202 mg | 2,5 % |
Sojabohnen, getrocknet | 36,49 g | 1097 mg | 3,0 % |
Erbsen, getrocknet | 24,55 g | 597 mg | 2,4 % |
Alle diese Nahrungsmittel enthalten praktisch ausschließlich chemisch gebundenesL-Histidin als Proteinbestandteil, jedoch kein freiesL-Histidin.
Es ist auch Bestandteil mancher Medikamente und Vitaminpräparate.
Synthese
[Bearbeiten |Quelltext bearbeiten]Im Stoffwechsel wirdL-Histidin ausPhosphoribosylpyrophosphat (PRPP) undATP in einer Abfolge von elfReaktionen, die von achtEnzymen katalysiert werden, über mehrere Zwischenprodukte, u. a. Imidazolglycerinphosphat, synthetisiert.
L-Histidin ist einVorläufer in der Biosynthese vonHistamin undCarnosin.
Abbau
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Für den Abbau inklusive Strukturformeln siehe Abschnitt Weblinks
L-Histidin kann zumbiogenen AminHistamindecarboxyliert werden.
DieDesaminierung (durch das EnzymHistidase) führt zuUrocaninsäure, der weitere Abbau nachHydratation durchUrocanase zu Imidazol-4-on-5-propionsäure.Imidazolonpropionase katalysiert dessen Umsetzung zuFormiminoglutamat (FIGLU), aus dem unter Einwirkung des bifunktionalen EnzymsFormiminotransferase-Cyclodesaminase dannL-Glutamat entsteht, eine andere Aminosäure.
Funktionen
[Bearbeiten |Quelltext bearbeiten]Der isoelektrische Punkt von Histidin befindet sich im Neutralbereich. Daher ist es die einzigeproteinogene Aminosäure, die unter physiologischen Bedingungen sowohl Protonendonator als auch Protonenakzeptor sein kann. Ein Beispiel hierfür ist seine Rolle in der „katalytischen Triade“ (Asp-His-Ser) vonSerinproteasen. Im Proteinanteil dessauerstofftransportierenden BlutfarbstoffsHämoglobin wie des sauerstoffspeichernden MuskelfarbstoffsMyoglobin sind das „distale“ und das „proximale“ Histidin der Peptidkette von besonderer Bedeutung für den Bindungsplatz desEisens derprosthetischenHäm-Gruppe. Histidin tritt auch als Ligand vonMetallionenkomplexen derElektronentransportketten auf in denMitochondrien (oxidative Phosphorylierung) und in denChloroplasten (Photosynthese).
In wässriger Lösung protolysiert Histidin entsprechend dem pH-Wert sowie seiner pKS-Werte (siehe Abbildung).

Verwendung
[Bearbeiten |Quelltext bearbeiten]Bestandteil von Infusionslösungen zurparenteralen Ernährung,peroral bei Gelenkrheumatismus und gegenrenaleAnämie.[13]
ImChemieunterricht kann Histidin als Ersatzstoff für giftige Amine gemäßRiSU zur Herstellung vonAzofarbstoffen verwendet werden.[10]
Weblinks
[Bearbeiten |Quelltext bearbeiten]Einzelnachweise
[Bearbeiten |Quelltext bearbeiten]- ↑abEintrag zuHistidin. In:Römpp Online. Georg Thieme Verlag, abgerufen am 21. Juni 2014.
- ↑abcEintrag zuHistidin in derGESTIS-Stoffdatenbank desIFA, abgerufen am 18. November 2022. (JavaScript erforderlich)
- ↑abcF.A. Carey:Organic Chemistry. 5th edition, The McGraw Companies 2001, S. 1059,Link
- ↑abDatenblattHistidin beiMerck, abgerufen am 25. Dezember 2019.
- ↑VergleicheProtein and amino acid requirements in human nutrition – Report of a Joint WHO/FAO/UNU Expert Consultation. (2007) In:WHO Techchnical Report Series. Band 935, Kapitel 8.1.8Histidine (PDF; 4,0 MB), S. 146 f.
- ↑Hubert Bradford Vickery, Charles S. Leavenworth:On the Separation of Histidine and Arginine. In:Journal of Biological Chemistry. 78. Jahrgang,Nr. 3, 1. August 1928,S. 627–635,doi:10.1016/S0021-9258(18)83967-9 (englisch,jbc.org [PDF]).
- ↑Jan Koolman, Klaus-Heinrich Röhm:Taschenatlas der Biochemie. 3. Auflage. Georg Thieme Verlag, 2003,ISBN 3-13-759403-0, S. 60.
- ↑Hans-Dieter Jakubke, Hans Jeschkeit:Aminosäuren, Peptide, Proteine. Verlag Chemie, Weinheim, 62, 1982,ISBN 3-527-25892-2.
- ↑P. M. Hardy:The Protein Amino Acids. In: G. C. Barrett (Hrsg.):Chemistry and Biochemistry of the Amino Acids. Chapman and Hall, 1985,ISBN 0-412-23410-6, S. 9.
- ↑abKlaus Ruppersberg et al.:Azofarbstoffe ohne giftige Amine und ohne Eiskühlung. In:CHEMKON.Band 25,Nr. 3. VCH Chemie, Weinheim Juni 2018,S. 121–122,doi:10.1002/ckon.201880371.
- ↑Anton P. Novikov, Alexey V. Safonov, Konstantin E. German, Mikhail S. Grigoriev:What kind of interactions we may get moving from zwitter to “dritter” ions: C–O⋯Re(O4) and Re–O⋯Re(O4) anion⋯anion interactions make structural difference between L-histidinium perrhenate and pertechnetate. In:CrystEngComm. 1. Dezember 2023,doi:10.1039/D3CE01164J.
- ↑Nährstoffdatenbank desUS-Landwirtschaftsministeriums, 22. Ausgabe.
- ↑S. Ebel undH. J. Roth (Hrsg.):Lexikon der Pharmazie. Georg Thieme Verlag, 1987,ISBN 3-13-672201-9, S. 66.