Hessenkrieg
Hessenkrieg | |||||||||
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Teil von:Dreißigjähriger Krieg | |||||||||
Datum | 1645 bis 1648 | ||||||||
Ort | Oberhessen (Schwerpunkt) | ||||||||
Casus Belli | Marburger Erbfolgestreit | ||||||||
Ausgang | Sieg Hessen-Kassels | ||||||||
Friedensschluss | April 1648 | ||||||||
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DerHessenkrieg (im weiteren Sinne, manchmal auch im Plural:Hessenkriege) war ein langjähriger, teils diplomatisch, teils militärisch ausgetragener Streit zwischen den Familienzweigen desHessischen Fürstenhauses, insbesondere derLandgrafschaft Hessen-Kassel auf der einen und derLandgrafschaft Hessen-Darmstadt auf der anderen Seite. Der Konflikt geht zurück auf eine Erbteilung nach dem Tod des letzten gesamthessischenLandgrafen Philipp I. im Jahre 1567.
Nach dem Aussterben der LinieHessen-Marburg im Jahr 1604 wurde ihr Gebiet von den Linien in Kassel und Darmstadt beansprucht, die sich auf unterschiedlichen Seiten imDreißigjährigen Krieg wiederfanden. Ein Vergleich sprach Darmstadt ganz Hessen-Marburg zu. Das in der Folge erstarkte Hessen-Kassel focht diese Regelung schließlich im eigentlichen Hessenkrieg von 1645 bis 1648 an und setzte sich militärisch durch. Im Friedensvertrag erhielt es ein Viertel Hessen-Marburgs mit der Stadt Marburg, der Rest blieb bei Hessen-Darmstadt.
Zusammenfassung
[Bearbeiten |Quelltext bearbeiten]Der Konflikt, der sich insgesamt über fast 80 Jahre und drei Generationen hinzog, verschärfte sich in den 1620er Jahren nach dem Aussterben der LinieHessen-Marburg und gipfelte ab 1645 imHessenkriegim engeren Sinne. Dieser offene Schlagabtausch begann mit der BelagerungMarburgs 1645 und endete im April 1648 (noch vor dem im selben Jahr geschlossenenWestfälischen Frieden, mit dem derDreißigjährige Krieg beigelegt wurde)[2] mit einem Sieg Hessen-Kassels. In der Folge wurdeOberhessen geteilt und fiel teilweise an das insgesamt erstarkte Hessen-Kassel.[3]
Auf europäischer Ebene steht der Hessenkrieg im größeren Zusammenhang mit dem Dreißigjährigen Krieg, in der dasreformierte Hessen-Kassel dieprotestantisch-schwedische, Hessen-Darmstadt trotz lutherischer Konfession diekatholisch-kaiserliche Partei ergriff. Im Laufe des Krieges kämpften hessische Söldnertruppen außer in den hessischen Stammlanden auch inWestfalen (Hochstift Münster undPaderborn), inObergeldern, amNiederrhein (Kurköln), imHerzogtum Braunschweig und an anderen Orten.
Übersicht der Konfliktbeteiligten
[Bearbeiten |Quelltext bearbeiten]Landgrafschaft Hessen | |||||||||||||||||||||||||||||
Philipp I. „Der Großmütige“ (1504–1567) | |||||||||||||||||||||||||||||
Hessen-Kassel Niederfürstentum Hessen (Niederhessen, heuteNordhessen) = ca. 50 % | Hessen-Marburg Oberfürstentum Hessen (Oberhessen, heuteMittelhessen) = ca. 25 % | Hessen-Rheinfels Niedergrafschaft Katzenelnbogen (heute Teil vonRheinland-Pfalz) = ca. 15 % | Hessen-Darmstadt Obergrafschaft Katzenelnbogen (heuteSüdhessen) = ca. 10 % | ||||||||||||||||||||||||||
Wilhelm IV. (1532–1592) | Ludwig IV. (1537–1604) †† Linie erloschen | Philipp II. (1541–1583) †† Linie erloschen | Georg I. (1547–1596) | ||||||||||||||||||||||||||
Moritz (1572–1632) abgedankt 1627 | Ludwig V. (1577–1626) | ||||||||||||||||||||||||||||
Wilhelm V. (1602–1637) ⚭Amalie Elisabeth | Georg II. (1605–1661) | ||||||||||||||||||||||||||||
Vorgeschichte und Verlauf
[Bearbeiten |Quelltext bearbeiten]Hessische Erbteilung
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Hintergrund des Konfliktes war dieTeilung des Erbes nach dem Tod Philipps des Großmütigen im Jahre 1567. Einem alten Hausgesetz im Hause Hessen folgend hatte dieser in seinemTestament eine Aufteilung der Landgrafschaft unter seinen vier Söhnen verfügt, wobei der Anteil am hessischen Territorium der Erbfolge nach abnahm:[4][5]
- Der älteste Sohn,Wilhelm, erhielt dasNiederfürstentum im Norden Hessens (im FolgendenHessen-Kassel genannt) mit der StadtKassel, insgesamt etwa die Hälfte Hessens.
- Der zweitälteste Sohn,Ludwig, erhieltOberhessen in der Mitte Hessens (im FolgendenHessen-Marburg genannt) mit der StadtMarburg und der FestungGießen, etwa ein Viertel Hessens.
- Der drittälteste Sohn,Philipp (der Jüngere), erhielt dieNiedergrafschaft Katzenelnbogen im Westen Hessens (im FolgendenHessen-Rheinfels genannt) mitRheinfels undKatzenelnbogen, etwas mehr als ein Achtel Hessens.
- Der jüngste Sohn,Georg, erhielt dieObergrafschaft Katzenelnbogen im Süden Hessens (im FolgendenHessen-Darmstadt genannt) mit der StadtDarmstadt, etwas weniger als ein Achtel Hessens.
Nach dem Aussterben der Linie Rheinfels im Jahre 1583 wurde Hessen-Rheinfels anteilig unter den drei Brüdern des verstorbenen Philipp II. aufgeteilt.[1]
Der Streit um das Marburger Erbe und der Dreißigjährige Krieg
[Bearbeiten |Quelltext bearbeiten]Marburger Erbstreit (ab 1604)
[Bearbeiten |Quelltext bearbeiten]Im Jahre 1604 starb LandgrafLudwig IV. von Hessen-Marburg kinderlos auf seinemSchloss in Marburg. Sein Testament sah vor, dass Hessen-Marburg zu gleichen Teilen zwischen den Söhnen seiner zuvor verstorbenen Brüder Wilhelm in Kassel und Georg in Darmstadt aufgeteilt würde, unter der Bedingung, dass derlutherische Glaube einheitlich in ganz Hessen-Marburg erhalten bliebe.
Es folgte zunächst ein Streit darüber, ob die Teilung hälftig zwischen den Linien oder anteilig nach der Anzahl der Neffen erfolgen sollte. Von letzterer Interpretation hätte Darmstadt profitiert, da Georg von Hessen-Darmstadt mitLudwig,Philipp (III.) undFriedrich mehr Söhne hinterlassen hatte als Wilhelm von Hessen-Kassel mit seinem alleinigen StammhalterMoritz. Der Streit wurde aber nach einer Anfechtungsklage durch Hessen-Darmstadt vomReichshofrat zugunsten von Hessen-Kassel entschieden, und Hessen-Marburg wurde hälftig geteilt.[1][5]
Der Streit um das Marburger Erbe entbrannte erneut, nachdem Landgraf Moritz von Hessen-Kassel, der sich seit seiner Regierungsübernahme 1592 immer mehr demcalvinistischen Glauben seiner EhefrauJuliane von Nassau-Dillenburg angenähert hatte, im Jahre 1605 in seinem Regierungsbereich einige calvinistisch geprägte Regelungen in Kraft setzte und im selben Jahr selbst zum Calvinismus konvertierte. In der Folge wechselten viele lutherische Pfarrer nach Hessen-Darmstadt und die lutherischen Theologen von derUniversität Marburg zumGymnasium illustre nach Gießen, welches ab 1607 ebenfalls den Status einer Universität innehatte. Da Moritz durch seinen Übertritt zum Calvinismus die lutherische Einheit Hessen-Marburgs beendete, verstieß er gegen das Testament seines Onkels, wodurch er nach Ansicht von Hessen-Darmstadt den Anspruch auf seinen Anteil von Hessen-Marburg verlor[5] (vgl.Konfessionsverhältnisse in der Landgrafschaft Hessen-Kassel). Darmstadt war zu diesem Zeitpunkt aber politisch und militärisch nicht stark genug, um seinen Anspruch auf ganz Hessen-Marburg auch durchsetzen zu können.
Vormarsch Hessen-Darmstadts bis zum Hauptakkord (1618–1627)
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Im Dreißigjährigen Krieg, genauer gesagt imKrieg um die Kurpfalz, verhielt sich Ludwig V. von Hessen-Darmstadt anfangs neutral, stand aber trotz der lutherischen Landesreligion tendenziell auf der Seite des katholischen Kaisers, während das calvinistische Hessen-Kassel auf Seiten derProtestantischen Union kämpfte. Nachdem der protestantische HerzogChristian von Braunschweig-Wolfenbüttel 1621 in Oberhessen einmarschiert war, verbündete sich Ludwig V. in der Hoffnung auf militärische Unterstützung offen mit dem Kaiser.
Dieses Kalkül ging mittelfristig zunächst auf: 1621 besetzte der kaiserliche FeldmarschallAmbrosio Spinola dieWetterau. Im Gegenzug griff der protestantische HeerführerErnst von Mansfeld im Auftrag desKurfürstenFriedrich von der Pfalz dieDarmstädter Obergrafschaft an. Dabei gelang es ihm, Ludwig V. von Hessen-Darmstadt und dessen SohnJohannes gefangen zu nehmen. Im Austausch für die Freilassung derGeiseln verlangte er die Übergabe derFestung Rüsselsheim.
Beim Abzug aus Rüsselsheim wurde Mansfeld dann aber am 10. Juni 1622 imGefecht auf derLorscher Heide vom kaiserlichen FeldherrenTilly besiegt. Wenige Wochen zuvor, am 27. April 1622 in derSchlacht bei Mingolsheim, hatte Mansfeld noch gegen Tilly gesiegt, aber keinen großen Vorteil daraus gezogen. Kurz darauf war Tilly durch seinen Sieg in derSchlacht bei Wimpfen am 6. Mai 1622 wieder erstarkt. Nach Mansfeld schlug Tilly am 20. Juni 1622 auch Herzog Christian von Braunschweig-Wolfenbüttel auf hessischem Gebiet beiHöchst am Main in derSchlacht bei Höchst, wodurch die protestantische Seite entscheidend geschwächt wurde. Tilly rückte weiter gegen Hessen-Kassel vor und besetzte ganz Niederhessen bis auf die Stadt Kassel, wodurch er den Vollzug einesReichshofratsurteils vom 11. April 1623 erzwang, das das gesamte Erbe von Hessen-Marburg (einschließlich aller Steuereinnahmen daraus, rückwirkend) sowie die Grafschaft Katzenelnbogen mit der FestungRheinfels und der PfandschaftRhens der Darmstädter Linie zusprach. Zudem besetzte Tilly einige niederhessische Ämter als Pfand. LandgrafMoritz von Hessen-Kassel erkannte das Urteil jedoch nicht an.
Ferdinand von Bayern,Kurfürst undErzbischof von Köln, der das Urteil vollstrecken sollte, ließ die Festung Rheinfels deshalb 1626 belagern. Während dieser Belagerung verstarb Landgraf Ludwig V. Sein Sohn Georg II. übernahm die Darmstädter Regierungsgeschäfte und führte den Kampf gegen Kassel fort. Nach schweren Kämpfen wurde Rheinfels am 2. September 1626 anHessen-Darmstadt übergeben.[6]
Wegen der militärischen Niederlagen und der desolaten Regierungsführung von Landgraf Moritz von Hessen-Kassel begannen dieniederhessischen Landstände, sich offen gegen Moritz aufzulehnen, und sie erzwangen 1627 seine Abdankung. Zudem verlor das Haus Kassel durch Moritzens Erbteilung auch noch dieRotenburger Quart. Derart geschwächt sah sich Moritz’ Sohn und Nachfolger, Wilhelm V., gezwungen, das Urteil des Reichshofrats von 1623 zu akzeptieren und auf die umstrittenen Gebiete zu verzichten.[7] Am 24. September 1627 wurde hierzu einVergleichsvertrag, der sogenannteHauptakkord, geschlossen. Ganz Oberhessen, die Niedergrafschaft Katzenelnbogen sowie dieHerrschaft Schmalkalden, eine hessische Exklave in Thüringen, gingen an Hessen-Darmstadt. Zudem wurden Hessen-Kassel und Hessen-Darmstadt in der Ordnung des Deutschen Reiches als ranggleich angesetzt. Im Gegenzug erhielt Hessen-Kassel die pfandweise besetzten Gebiete in Niederhessen zurück.
Durch dasRestitutionsedikt von 1629 wurde Hessen-Kassel auch noch dasStift Hersfeld genommen, welches seit 1604 unter niederhessischer Verwaltung gestanden hatte. Da Kurköln Hessen-Darmstadt in der hessischen Erbsache unterstützt hatte, veranlassteLandgraf Georg II. nun auch die Einlösung der mit der Grafschaft Katzenelnbogen an das Haus Hessen gekommenen kurkölnischen PfandschaftRhens, wo mit Unterstützung der Koblenzer Jesuiten noch im gleichen Jahr eine umfassende Rekatholisierung einsetzte.[6]
Vormarsch Hessen-Kassels imSchwedischen Krieg (1630–1634)
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Nachdem die völlige Niederlage des Hauses Hessen-Kassel durch den Hauptakkord abgewendet worden war, begann Wilhelm V. ab 1627 insgeheim, gedeckt durch den scheinbaren Verzicht, ein neues Söldnerheer aufzubauen.[7] Die Wende für Hessen-Kassel im Dreißigjährigen Krieg kam im Oktober 1630, als sich Wilhelm V. als erster deutscher protestantischer Fürst mitKönig Gustav Adolf II. von Schweden (ebenfalls ein Urenkel von Philipp I. und damit ein Großcousin von Wilhelm V.) verbündete. Nachdem das Bündnis am 22. August 1631 imVertrag vonWerben (im Nachgang zurSchlacht bei Werben) auch formal besiegelt worden war, stellte Hessen-Kassel sein Heer in die Dienste des schwedischen Königs.[8] Im Gegenzug stellte Gustav Adolf den Kasselern in Aussicht, ihr Territorium durch gewonnene Gebiete zu erweitern.
Mit politischer und militärischer Unterstützung der protestantischen Allianz unter Führung des schwedischen Königs und durch die geschickte Führung von Wilhelm V., der auch selbst als Feldherr mit in den Krieg zog, gelang es den niederhessischen Truppen in der Folgezeit, beträchtliche militärische Erfolge zu erringen. Als erstes gelang es, die kaiserlichen Besatzer aus Hessen-Kassel zu vertreiben. Am 24. August 1631 wurdeHersfeld, am 9. September 1631 das zuKurmainz gehörigeFritzlar erobert. Die Kaiserlichen wurden durch die Niederlage in derSchlacht bei Breitenfeld weiter geschwächt und unter Druck gesetzt. Durch Entlastungsangriffe auf mainzische Stellungen imTaunus unterstützte Hessen-Kassel den schwedischen Vormarsch überErfurt,Würzburg undHanau in RichtungFrankfurt undMainz.
Die niederhessische Hoffnung, als Gegenleistung für die Unterstützung der Schweden die verlorenen Gebiete in Oberhessen zurückzugewinnen, erfüllte sich nicht. Nachdem Georg II. von Hessen-Darmstadt mit dem schwedischen König verhandelt hatte, erreichte er durch den am 29. November 1631 geschlossenenVertrag von Höchst die Anerkennung der Neutralität Hessen-Darmstadts im Gegenzug für die Aufgabe der Festung Rüsselsheim, so dass Darmstadt seine Gebiete in Oberhessen behalten konnte. Stattdessen schenkte Gustav Adolf am 28. Februar 1632 Hessen-Kassel einige andere Gebiete außerhalb Hessens, die niederhessische Truppen zuvor in schwedischem Auftrag erobert hatten (darunter dasStift Fulda, dasBistum Paderborn und dasKloster Corvey) oder noch erobern sollten (Bistum Münster, später vom schwedischen KanzlerOxenstierna ersetzt durch Teile desHerzogtums Westfalen und desVests Recklinghausen).
Vormarsch des Kaisers gegen Hessen-Kassel ab 1634
[Bearbeiten |Quelltext bearbeiten]Nach derSchlacht bei Lützen im November 1632, in der die schwedisch-protestantische Seite große Verluste erlitt und König Gustav Adolf getötet wurde, wendete sich auch für die Protestanten, und damit auch Hessen-Kassel, das Kriegsglück. Nach der Niederlage in derSchlacht bei Nördlingen im September 1634 zerfiel die protestantische Allianz. Das calvinistische Hessen-Kassel konnte sich demPrager Frieden von 1635 aufgrund von überzogenen Forderungen von Darmstädter Seite, die die Annexion des ganzen Hessen-Kassels forderten, nicht anschließen. Wegen der kompromisslosen Politik des kaiserlichen Hofes nahm es bald darauf wieder auf schwedischer und auf französischer Seite am Kampf gegen den Kaiser und die Reichsfürsten teil. Auf der Gegenseite hatte Hessen-Darmstadt seine Neutralität aufgegeben und kämpfte wieder offen für den Kaiser. Beide Seiten erzielten Erfolge: so gewann Darmstadt dieGrafschaft Isenburg-Büdingen und daskurpfälzischeAmt Kaub, Kassel beendete am 13. Juni 1636 durch einen Sieg über den kaiserlichen HeerführerLamboy eine neunmonatige Blockade derFestung Hanau. Ein entscheidender Schlag gelang aber keiner Seite.
Als Reaktion auf seinen Sieg über die kaiserlichen Truppen bei Hanau und sein Bündnis mit Frankreich wurde Wilhelm V. von Hessen Kassel am 19. August 1636 vomKurfürstentag inRegensburg mit derReichsacht belegt. Sein Widersacher aus Darmstadt wurde zum Administrator über ganz Hessen bestellt. Wegen der militärischen Pattsituation blieb die Acht aber zunächst wirkungslos.
Da auch nach mehr als zwei Jahrzehnten kein Ende der Auseinandersetzung absehbar war und ganz Hessen unter den Folgen des Krieges stark, so stark wie kaum eine andere Region Deutschlands, gelitten hatte, organisierten dieLandstände aus allen Teilen Hessens im Februar 1637 einenLandtag, um eineSchlichtung zwischen ihren Landesfürsten zu erreichen.
Der Schlichtungslandtag war aber nicht erfolgreich, denn parallel hatte der neu gewählte KaiserFerdinand III., der auch König vonKroatien war, bereits mehrere Regimenter kroatischer Truppen nach Niederhessen entsandt, um die Acht gegen Wilhelm V. durchzusetzen. Die Kroaten verwüsteten während ihres Feldzuges große Teile von Niederhessen und drohten auch Kassel einzunehmen. In dieser Situation floh Wilhelm V. mit seiner Familie und einem großen Teil seines Heeres nachFriesland, wo ihmUlrich II. von Ostfriesland nach Vermittlung derGeneralstaaten Zuflucht gewährte. Dort, im Feldlager beiLeer, verstarb er im 21. September 1637 an einer Krankheit.[7]
Wiedererstarken Hessen-Kassels im Schwedisch-Französischen Krieg (ab 1637)
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Da Wilhelms SohnWilhelm VI. zum Zeitpunkt des Todes seines Vaters erst acht Jahre alt war, bestellte Wilhelm V. in seinem Testament seine EhefrauAmalie Elisabeth als Vormund für den minderjährigen Erben und somit als Regentin von Hessen-Kassel. In einem Handstreich ließ sie an Kaiser und Darmstadt vorbei das Land dem unmündigen Sohn, der nicht der Acht unterlag, huldigen. Amalie Elisabeth erwies sich als geschickte Taktikerin, der es gelang, trotz äußerst schwieriger Ausgangslage die Lage für Hessen-Kassel zu konsolidieren. Zunächst schloss sie zum Schein einen Waffenstillstand mit dem Kaiser und bewahrte so Kassel vor einer Eroberung durch die kaiserlich-kroatischen Truppen. Dann baute sie auf dem Grundstock der Truppen, die ihr Mann mit nach Friesland genommen hatte, wieder eine schlagkräftige Armee auf. Weiterhin schloss sie im August 1639 beiDorsten ein Bündnis mit Frankreich und Schweden.[9]
Mit ihren neuen Verbündeten im Rücken rückten die Truppen von Amalie Elisabeth ab 1640 verstärkt gegenKurköln vor, um bereits eroberte (und im Gegenzug zum Verzicht auf Oberhessen von den Schweden zugesprochene) kurkölnische Gebiete, insbesondere im Bereich desVests Recklinghausen, zu verteidigen und weitere hinzuzugewinnen. 1641 verlor Hessen-Kassel zwar nachmehrwöchiger Belagerung durch kaiserliche und kurkölnische Truppen die bereits 1633 eroberte vestische StadtDorsten, die wichtigste hessische Stellung am rechten Niederrhein. Nachdem aber die kaiserlichen Truppen teilweise abgezogen waren, um in anderen Regionen (insbesondere beiWolfenbüttel) zu kämpfen, unternahm Hessen-Kassel einen Feldzug ins linksrheinische kurkölnische Gebiet. In derSchlacht auf der Kempener Heide fügte Hessen-Kassel mit Unterstützung der französisch-weimaranischen Armee unterGuébriant den Kaiserlichen eine schwere Niederlage zu. In der Folge fielen weite Bereiche des nördlichen Kurkölns rund umNeuss und Teile des neutralenHerzogtums Jülich unter die Besatzung durch Hessen-Kassel.
Der Hessenkrieg im engeren Sinne (1645–1648)
[Bearbeiten |Quelltext bearbeiten]Durch die militärischen und diplomatischen Erfolge im Rheinland und in Westfalen beflügelt, fühlte Landgräfin Amalia Elisabeth von Hessen-Kassel sich ab 1644 stark genug, den Kampf um das Marburger Erbe wieder aufzunehmen. Sie ließ den Hauptakkordvertrag von 1627, in dem der Verzicht auf Oberhessen festgeschrieben war, durch ein juristisches Gutachten nachträglich für ungültig erklären und entsandte Ende 1645 ihre kampferprobten Truppen unter FührungJohanns von Geyso in Richtung Marburg. Nach kurzer Belagerung von Marburg und Butzbach und Kapitulation fiel der Großteil von Oberhessen Anfang 1646 wieder unter die Herrschaft Kassels.
Im Jahr 1647 gelang es einem kaiserlichen Heer unter Führung von GeneralMelander, der bis 1640 selbst in Diensten Kassels gestanden hatte, die Stadt Marburg – nicht jedoch das Schloss – zurückzugewinnen. Da aber kurz darauf die Stadt Darmstadt und die Obergrafschaft wiederum durch französische Truppen unter Führung von MarschallTurenne angegriffen wurden, war der Erfolg nur von kurzer Dauer. Bis Ende 1647 hatten die Truppen aus Kassel wieder den Großteil von Oberhessen und auch die Niedergrafschaft Katzenelnbogen besetzt. Anfang 1648 zogen Melanders Truppen aus Marburg ab.
Dauerhaft beigelegt wurde der Hessenkrieg endlich im Rahmen von Verhandlungen, die parallel zumWestfälischen Friedenskongress unter Vermittlung von HerzogErnst von Sachsen-Gotha geführt wurden. Sie wurden im April 1648, noch vor dem Westfälischen Friedensvertrag, in einem Einigungs- und Friedensvertrag besiegelt. Vor dem Westfälischen Friedensschluss kämpfte (und siegte) Kassel in derSchlacht bei Wevelinghoven im Rheinland zusammen mit anderen protestantischen Truppen ein letztes Mal gegen die kaiserliche Seite; Darmstadt war an dieser Schlacht allerdings nicht beteiligt.
Durch den Einigungsvertrag zwischen Kassel und Darmstadt wurden Oberhessen dauerhaft aufgeteilt. Darmstadt musste dabei zugunsten von Kassel auf einen beträchtlichen Teil Oberhessens mit Marburg sowie auf weitere besetzte Gebiete, darunter dieNiedergrafschaft Katzenelnbogen und dieHerrschaft Schmalkalden, verzichten.[2][1] Die Niedergrafschaft Katzenelnbogen mit der Festung Rheinfels fiel an die hessen-kasselische SekundogeniturHessen-Rheinfels-Rotenburg.
Literatur
[Bearbeiten |Quelltext bearbeiten]- Kurt Beck:Der hessische Bruderzwist: zwischen Hessen-Kassel u. Hessen-Darmstadt in d. Verhandlungen zum Westfäl. Frieden von 1644 bis 1648. Kramer, 1978,ISBN 3-7829-0201-7.
- Kurt Beck:Der Bruderzwist im Hause Hessen. In:Die Geschichte Hessens. Konrad Theiss, Stuttgart 1983.
- Erwin Bettenhäuser:Die Landgrafschaft Hessen-Kassel auf dem Westfälischen Friedenskongress 1644-1648. Wiku, Wiesbaden 1983.
- Günther Engelbert:Der Hessenkrieg am Niederrhein (1. Teil). In:Annalen des Historischen Vereins für den Niederrhein. Heft 161 (1959), 1959,S. 65–113.
- Eckhart G. Franz:Das Haus Hessen: Eine europäische Familie. W.Kohlhammer, Stuttgart 2005.
- Klaus Malettke:Frankreich und Hessen-Kassel zur Zeit des Dreissigjährigen Krieges und des Westfälischen Friedens. In: Klaus Malettke (Hrsg.):Veröffentlichungen der Historischen Kommission für Hessen: Kleine Schriften.Band 46, Teil 5. Elwert, 1999,ISBN 3-7708-1116-X.
- Friedrich Rehm:Handbuch der Geschichte beider Hessen. N. G. Elwert, Marburg/Leipzig 1842 (eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche).
- Alexander Ritter: Konfession und Politik am hessischen Mittelrhein (1527-1685). Darmstadt und Marburg 2007. (Quellen und Forschungen zur hessischen Geschichte; Band 153).
- Friedrich Uhlhorn et al.:Geschichtlicher Atlas von Hessen. Hessisches Landesamt für Geschichtliche Landeskunde, 1966 (Online-Version mit Karte.).
- Friedrich Uhlhorn,Fred Schwind:Die territoriale Entwicklung Hessens 1247 bis 1866. In:Geschichtlicher Atlas von Hessen (siehe auch die LAGIS-Karten im Abschnitt Weblinks). Hessisches Landesamt für Geschichtliche Landeskunde, 1966.
- Hans Heinrich Weber:Der Hessenkrieg. Dissertation zur Erlangung der Doktorwürde …Selbstverlag (Druck: Münchowsche Universitäts-Druckerei O. Rindt GmbH), 1935.
- Kerstin Weiand:Hessen-Kassel und die Reichsverfassung. Ziele und Prioritäten landgräflicher Politik im Dreißigjährigen Krieg (= Untersuchungen und Materialien zur Verfassungs- und Landesgeschichte.Band 24). Marburg 2009,ISBN 978-3-921254-84-4.
Einzelnachweise
[Bearbeiten |Quelltext bearbeiten]- ↑abcdKlaus Koniarek: Georg II. , Landgraf von Hessen-Darmstadt. Abgerufen am 27. Februar 2011.
- ↑abFrank-Lothar Kroll:Geschichte Hessens (= C. H. Beck’sche Reihe: Wissen.Band 2607). C. H. Beck, 2006,ISBN 978-3-406-53606-9,S. 34 (eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche).
- ↑Weber (siehe Literatur)
- ↑Jürgen Helbach:Die Niedergrafschaft Katzenelnbogen und der Hessenkrieg. In:Hansenblatt. Schriftenreihe des Internationalen Hansenordens e. V., St. Goar am Rhein. Jahrgang 15, Heft 30. St. Goar 1977,S. 1–4 (Volltext auf jhelbach.de [PDF]).
- ↑abcWolfgang Eichelmann:Hessische Münzen und Medaillen – Gedanken und Betrachtungen zu Münzen und Medaillen des Hauses Brabant. Verl.-Haus Monsenstein und Vannerdat, Münster 2010,ISBN 978-3-86991-060-4 (eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche).
- ↑abAlexander Ritter:Konfession und Politik am hessischen Mittelrhein (1527-1685). Hessische Historische Kommission Darmstadt und Historische Kommission für Hessen, Darmstadt und Marburg 2007.
- ↑abcKretzschmar: Wilhelm V., Landgraf von Hessen. In:Allgemeine Deutsche Biographie (ADB). Band 43, Duncker & Humblot, Leipzig 1898, S. 39–54.
- ↑Jens E. Olesen:Gemeinsame Bekannte: Schweden und Deutschland in der Frühen Neuzeit. Hrsg.: Ivo Asmus, Heiko Droste (= Publikationen des Lehrstuhls für Nordische Geschichte.Band 2). LIT-Verlag, Münster 2003,ISBN 3-8258-7150-9,S. 155 (eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche).
- ↑Karl Bernhardi: Amalie Elisabeth. In:Allgemeine Deutsche Biographie (ADB). Band 1, Duncker & Humblot, Leipzig 1875, S. 383–385.
Weblinks
[Bearbeiten |Quelltext bearbeiten]- „Hessen 1247-1567“. Geschichtlicher Atlas von Hessen. In:Landesgeschichtliches Informationssystem Hessen (LAGIS).
- „Hessen-Marburg 1567-1604“. Geschichtlicher Atlas von Hessen. In:Landesgeschichtliches Informationssystem Hessen (LAGIS).
- „Hessen-Kassel und Hessen-Darmstadt 1604-1638“. Geschichtlicher Atlas von Hessen. In:Landesgeschichtliches Informationssystem Hessen (LAGIS).
- „Hessen-Kassel 1567-1866“. Geschichtlicher Atlas von Hessen. In:Landesgeschichtliches Informationssystem Hessen (LAGIS).
- „Hessen-Darmstadt 1567-1866“. Geschichtlicher Atlas von Hessen. In:Landesgeschichtliches Informationssystem Hessen (LAGIS).