Hermann Ritzhaupt (*6. Januar1920 inErfurt; †31. Januar1991) inRostock war ein deutscher Fischereibiologe.
Ritzhaupt wurde als erstes von zwei Kindern desTheologen,Pfarrers[1] undErzählersAdam Ritzhaupt[2] und dessen Ehefrau Dorothea (Dora) Rupp, geboren.[3]
Er besuchte vier Jahre lang seit 1926 eineVolksschule und acht Jahre ab 1930 eineOberrealschule bzw.Oberschule inErfurt. Nach zwölfjährigem Schulbesuch legte er an derHumboldtschule – der Städtischen Oberschule für Jungen bzw. der „ehemaligen Oberrealschule mit Reformrealgymnasium“[4] – dasAbitur ab.
Danach studierte er an derUniversität JenaZoologie. Der UniversitätsprofessorEduard Uhlmann (1888–1974)[5] regte Ritzmann zum Schreiben einer Doktorarbeit[6] an und gab ihmRatschläge zur Abhandlung des von ihm gestellten Themas zurKöcherfliege.[7] Die Larven für „Untersuchungen im Institut derUniversität Jena“ beschaffte sich der naturverbundene Doktorand aus Tümpeln in der Umgebung von Jena.
An der 1925 gegründeten Mathematisch-Naturwissenschaftlichen Fakultät[8] derUniversität Jena verteidigte er seineDissertation am 2. August 1944 erfolgreich[9] und ihm wurde für dieInaugural-Dissertation die Doktorwürde der Mathematisch-Naturwissenschaftlichen Fakultät der Friedrich-Schiller-Universität zu Jena verliehen.
Der Gründungsdirektor desInstituts für Hochseefischerei und Fischverarbeitung Rostock-Marienehe (IfH),Diethelm Scheer, stellte den Zoologen Ritzhaupt für die aufzubauende Biologische Abteilung ein. In der Folgezeit wurde er Leiter der Biologischen Abteilung desIFH.[10] Er war als promovierter Naturwissenschaftler und Biologe[11] am 15. April 1953 bei der Gründung desInstituts für Hochseefischerei bereits dabei.[12] Anfangs gab es auf dem Territorium der DDR „nur eine unbedeutende Küstenfischerei“.[13] Institutsdirektor Scheer beauftragte seinen Abteilungsleiter Ritzhaupt, sich im Sommer 1955 inMurmansk mit „sowjetischen Wissenschaftlern und Technikern zu beraten.“[10]
Noch Mitte der 1950er Jahre war die von derDDR ausgehende Hochseefischerei auf dieBarentssee konzentriert und danach erweiterte sie sich auf denNordwestatlantik. An der laufenden biologischen Erschließung und biologischen Überwachung neuer Fanggebiete für die DDR-Fischfangflotte war der Meeres- und Fischereibiologe Ritzhaupt an Bord vonForschungsschiffen maßgeblich beteiligt.[14] In einem Zeitschriftenbeitrag zur „Wissenschaft und Praxis der Hochseefischerei“ schrieb der Meeresbiologe 1971, dass sich „durch Ausstreuen bestimmter Geruchstoffe Fischschwärme anlocken“ ließen.[15]
Er verfasste teils allein, teils gemeinsam mit Mitarbeitenden des IfH Forschungsberichte für die damaligeInternationale Kommission für die Fischerei im Nordwestatlantik (ICNAF). DieDDR war seit 1974 Mitglied der ICNAF.
Im Bericht für 1974 wurde z. B. die Gesamtfangmenge der DDR im Nordwestatlantik auf 131.281 Tonnen für das abgelaufene Jahr angegeben und betont, dass diese Fischmenge 53.961 Tonnen weniger betrug als im Jahre 1973.[16] Die ICNAF gehörte zu den ersten regionalen Fischereimanagementgremien der Welt im Rahmen derErnährungs- und Landwirtschaftsorganisation der Vereinten Nationen (FAO) und nahm eine führende Stellung bei der Bewertung und Bewirtschaftung von Fischbeständen außerhalb der küstenstaatlichen Gerichtsbarkeit ein.
ImVorläufigenIndex und Titelverzeichnis für damalige ICNAF-Veröffentlichungen und Tagungsdokumente wurden 1975 die Beiträge aus der DDR und derBundesrepublik erfasst, darunter von Ritzhaupt u. a. zur Bewertung des Bestandes derMakrelen im nordwestlichen Atlantik unter dem TitelBewertung des Makrelenbestandes im nordwestlichen Atlantischen Ozean in den Jahren 1974–1976 von Makrelenschwärmen gemessen mit Echoloten.[17]
Ritzhaupt veröffentlichte seine Forschungsergebnisse in Fachzeitschriften und als Beiträge für Bücher:
- Das Meer[18]
- Nahrung aus dem Meer, 1977[19]
- Ergebnisse einer fischereilichen Erkundung der Fischvorkommen auf dem Schelf vor der Küste der VR Angola im September und Oktober 1976 und der biologischen Untersuchungen an den häufigsten Nutzfischarten, 1983[20]
- Vorläufige Ergebnisse der Such- und Fangreise mit dem Fang- und Verarbeitungsschiff „Rudolf Leonhard“ (17. Juli bis 31. Oktober 1966) und der Untersuchungsfahrt mit dem „FFS Ernst Haeckel“ (3. Januar bis 5. April 1967) nachSüdwestafrika[21]
- Erkundung bis in den Südatlantik. Neue Fanggebiete werden systematisch erschlossen.[22][23]
- Las pesquerías de Cuba y algunas recomendaciones para su intensificación (Kubas Fischerei und einige Empfehlungen für ihre Intensivierung), 1965[24]
- Die Fischereigebiete der afrikanischen Küste, 1965[25]
- Fangmöglichkeiten an der westafrikanischen Küste, 1962[26]
- Ein Beitrag zur Biologie von Sadinelle aurita im Seegebiet vonTakoradi, 1961[27]
- Zur Frage der Beziehungen von Wassertemperatur und Fischvorkommen, 1957[28]
- Das Gehirn der Larve und Imago von Limnophilus flavicornis (Trichoptera, Limnophilida), 1944[29]
Er gehörte als Fischereibiologe zum zwölfköpfigen wissenschaftlichen Personal der Afrika-Forschungsexpedition vom 3. April bis zum 22. Juli 1964 mit dem FSProf. Albrecht Penck[30] unter Leitung des MeeresforschersRudolf Schemainda in denGolf von Guinea. Von den Teilnehmenden wurden Fotos angefertigt und später veröffentlicht, darunter auch vonDr. Hermann Ritzhaupt und seinem Kollegen vom Institut für Hochseefischerei (IfH), dem DiplombiologenUlrich Falk (* 1934).[31]Überwiegend kamen die Ozeanographen der wissenschaftlichenCrew aus dem Institut für Meereskunde (IFM) der damaligenDeutschen Akademie der Wissenschaften zu Berlin (DAW). Der ExpeditionsleiterRudolf Schemainda hatte bereits bis 1961 imInstitut für Hochseefischerei (IfH) mit Ritzhaupt unmittelbar zusammengearbeitet, bevor derGeograph und Ozeanograph zum IfM wechselte. Überdies hatten beide gemeinsam, dass sie u. a. in der Fischereibiologie inSaßnitz wissenschaftlich tätig waren. Dort gab es nach 1945 zeitweilig eine Außenstelle des im Wiederaufbau befindlichen kriegszerstörten ehemaligenInstituts der Preußischen Landesanstalt für Fischerei in Berlin-Friedrichshagen. Die Außenstelle wurde 1949 zur wissenschaftlichen Beratung der Fischerei geschaffen und Ende 1962 geschlossen.[32]
Bereits 1955 stellte Ritzhaupt seine Forschungsergebnisse zur Anfälligkeit von Fisch gegenüber Bakterien einem Ingenieur in Warnemünde zur Verfügung. Dieser verstand die Ergebnisse als eine Forderung nach einem speziellen Fischfangschiff. An Bord sollten die Fische unmittelbar nach dem Fang verarbeitet werden können, um sie vor Infektionsgefahren zu schützen und somit die Haltbarkeitsdauer verlängert werden.[33]
- ↑Pfarrerbuch der Kirchenprovinz Sachsen. Hrsg.:Verein für Pfarrerinnen und Pfarrer in der Evangelischen Kirche der Kirchenprovinz Sachsen e.V.ISBN 978-3-374-02139-0, Bd. 7, S. 203, Sp. 2 [Ritzhaupt, Adam]
- ↑Deutsches Literatur-Lexikon. Biographisch-Bibliographisches Handbuch. Begründet vonWilhelm Kosch. Dritte, völlig neu bearbeitete Auflage. 13. Band [Ritzhaupt, Adam],ISBN 978-3-317-01648-3
- ↑Das Evangelische Rheinland. II. Band:Die Pfarrer. Düsseldorf 1958, S. 378, Nr. 4393 [Ritzhaupt, Adam],OCLC64486670,DNB454196490
- ↑Einwohnerbuch der Stadt Erfurt 1939–1940, Teil II, S. XXIX, Sp. 2,OCLC1368962879
- ↑Wohnhaft in Jena, Maurerstraße,DFG-Viewer: Adressbuch Jena, Ausgabe 1941/42, S. 393 Sp. 2
- ↑Friedrich-Schiller-Universität JenaPromotionsakten (1944‒1944/45), darunter Hermann Ritzhaupt, Archivalien-Signatur: 38 Bestandssignatur: Bestandssignatur: N
- ↑Ritzhaupt, Hermann:Das Gehirn der Larve und Imago von Limnophilus flavicornis (Trichoptera, Limnophilida), S. 2,DNB571090311
- ↑Peter Hallpap:Gründung der Mathematisch-Naturwissenschaftlichen Fakultät an der Universität Jena, in:Chemiehistorische Notiz, 2/2015,mit Abbildung: Siegel der Mathematisch-Naturwissenschaftlichen Fakultät
- ↑Deutsche Nationalbibliographie. Ergänzung II. [Verzeichnis der Schriften, die infolge von Kriegseinwirkungen vor dem 8. Mai 1945 nicht angezeigt werden konnten. Bearbeitet und herausgegeben von der Deutschen Bücherei in Leipzig]. Verlag des Börsenvereins der Deutschen Buchhändler zu Leipzig 1949, S. 392 Nr. 5155 Ritzhaupt, Hermann („Nicht f. d. Austausch“),OCLC311113771
- ↑abOlaf Badstübner (1929–1995): „Reportage vom Fisch. Zweiter Reisebericht“, in:Neues Deutschland. 10. Juli 1955, S. 4, Sp. 6 [„Dr. Ritzhaupt, Leiter der Biologischen Abteilung“]
- ↑LautEinwohnerbuch der Stadt Erfurt 1950, 82. Ausgabe, S. 333, Spalte 3: „Ritzhaupt, Hermann, Dr., Biologe, Barfüßerstr. 18, T 2113“
- ↑Neues Deutschland, 31. Oktober 1963, S. 5 [Universität Weltmeer]
- ↑Bernd Schreiber:30 Jahre Institut für Hochseefischerei und Fischverarbeitung. In:Seewirtschaft, Berlin 15 (1983) Heft 4, S. 321,ISSN 0037-0886
- ↑H. Ritzhaupt:Erkundung bis in den Südatlantik. Neue Fanggebiete werden systematisch erschlossen. In:Neue Zeit, 8. Oktober 1967, S. 5
- ↑ZeitschriftWissenschaft und Fortschritt Oktoberheft 1971,OCLC643615384 zitiert nach H. C. in:Neues Deutschland, 19. November 1971, S. 4 [„Mit Geruch Fische anlocken?“]
- ↑DDR-Forschungsbericht, 1974, Doc. Nr. 75/29, Serien-Nr. 3545,Online-Ressource (PDF), abgerufen am 20. Februar 2024
- ↑Autoren-Index: Ritzdorf, H., Serial No. 5292, ICNAF Sum. Doc. 78/VI/33, S. 24, 35 u. 42
- ↑ Mit Beiträgen von weiteren Autoren u. a. vonErnst Albert Arndt, 3. verbesserte Auflage, Leipzig/Jena/Berlin 1974,DNB740572342
- ↑Mitverfasser: W.-H. Hahlbeck; S. Holzlöhner, Leipzig/Jena/Berlin,DNB790344009
- ↑Fischreiforschung, Neue Folge, Band 21, Heft 4/1983, S. 66–74,ISSN 0428-4984,OCLC183367993
- ↑Fischerei-Forschung, NF, Band 5, Heft 1/1967, S. 101–106 [„Eingegangen bei der Redaktion: April 1967“]
- ↑Neue Zeit, 8. Oktober 1967, S. 5
- ↑DFG-Viewer: Neue Zeit. Abgerufen am 12. März 2024.
- ↑OCLC35096342,CRL Library CatalogKatalog-Details
- ↑In:Schemainda, R./Ritzhaupt, H./Tülzner, H./Falk, U.:Die Fischerei der afrikanischen Küste, in: Fischerei-Forschung, Heft 1/1965, S. 19–53
- ↑ Fischerei-Forschung, Heft 1/1962, S. 3–6
- ↑Fischerei-Forschung, Heft 1/2 aus 1961, S. 26–29
- ↑Deutsche Fischereizeitung, Hrsg.Hans Helmuth Wundsch,Neumann Verlag, 4. Jahrgang, 8,ISSN 0012-0111,OCLC1367958509
- ↑Jena, Mathematisch-Naturwissenschaftliche Fakultät, (Hochschulschrift)DNB571090311,
- ↑ Die Geschichte des FSProfessor Albrecht Penck,„Curriculum vitae“. Zusammenstellung durch das Leibniz-Institut für Ostseeforschung Warnemünde
- ↑Abbildung in:Wolfgang Matthäus:Die Atlantikreise des Forschungsschiffes „Professor Albrecht Penck“ im Jahre 1964 zur Untersuchung des Äquatorialen Unterstroms im östlichen Atlantik. Historisch-meereskundliches Jahrbuch., Bd. 13, Stralsund 2007, S. 63–94, hier S. 75,Zusammenfassung
- ↑Hans-Jürgen Brosin:Die Zweigstelle für Ostseefischerei in Saßnitz, in:Meereswissenschaftliche Berichte. No. 17. Zur Geschichte der Meeresforschung in der DDR, Institut für Ostseeforschung, Warnemünde 1996, S. 42,OCLC1367918941
- ↑Otto Miethe:Trawler, Fang- und Verarbeitungsschiff oder nur Verarbeitungsschiff. In:Schiffbautechnik, 5. Jahrgang, Heft 6, Juni 1955, S. 172–174, hier S. 173,Rostocker Hochseefischerei,ISSN 0581-9695,OCLC263603052
- H. Ritzhaupt:Die Fischerei Kubas und einige Möglichkeiten ihrer Intensivierung. Bericht einer Studienreise nach Kuba vom 12. Juni bis 15. September 1962. IfH, Abt. Neue Fangplätze.Fischerei-Forschung, Neue Folge, Band 1 1963, Heft 3,OCLC183367993
- H. Ritzhaupt:Ergebnisse einer fischereilichen Erkundung der Fischvorkommen auf dem Schelf vor der Küste der VR Angola im September und Oktober 1976 und der biologischen Untersuchungen an den häufigsten NutzfischartenIn:Fischerei-Forschung, Neue Folge, Band 21, Online-Resscource, abgerufen am 19. Februar 2024
- DFG-Viewer: Adressbuch Erfurt, 82. Ausgabe (1950), Bd. 1, S. 333, Sp. 3: Ritzhaupt, Hermann, Dr., Biologe
- Archive in Thüringen. Findbuch enthält Promotionsvorgang zu Hermann Ritzhaupt
Personendaten |
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NAME | Ritzhaupt, Hermann |
ALTERNATIVNAMEN | Ritzhaupt, H. |
KURZBESCHREIBUNG | deutscher Naturwissenschaftler und Meeresbiologe |
GEBURTSDATUM | 6. Januar 1920 |
GEBURTSORT | Erfurt |
STERBEDATUM | 31. Januar 1991 |