Hermann Ludwig Rudolph Duncker (*24. Mai1874 inHamburg; †22. Juni1960 inBernau bei Berlin) war eindeutscherKPD-Funktionär,marxistischerHistoriker undGesellschaftswissenschaftler sowie Dozent derArbeiterbildung. Er war Mitbegründer derMarxistischen Arbeiterschule und von 1949 bis zu seinem Tod Rektor derFDGB-Gewerkschaftshochschule „Fritz Heckert“.

Duncker wurde als Sohn eines Kaufmanns in Hamburg geboren. Nach dem geschäftlichen Bankrott und der Erkrankung des Vaters übersiedelte die Familie nachGöttingen, wo die Mutter als Lehrerin tätig war und ihrem Sohn den Besuch des Gymnasiums ermöglichte.[1] Er besuchte von 1883 bis 1891 dasGymnasium in Göttingen. Anschließend nahm er ein Musikstudium amKonservatorium zu Leipzig auf. 1893 wurde er Mitglied derSPD. Nach Abschluss des Musikstudiums legte er 1896 als Externist in Goslar das Abitur ab und begann ein Studium derNationalökonomie, Geschichte und Philosophie an derUniversität Leipzig, seine Lehrer waren u. a.Wilhelm Wundt,Karl Bücher undKarl Lamprecht. Duncker promovierte 1903 zumDr. phil., sein Dissertationsthema warDas mittelalterliche Dorfgewerbe.[2]

1898 heiratete er die damalige LehrerinKäte Döll, die ebenfalls Publizistin, SPD- und KPD-Funktionärin sowie Aktivistin der sozialistischen Frauenbewegung wurde. Ihre gemeinsame Tochter Hedwig (1899–1996) heiratete den Arzt Andres Kaltenhäuser (1905–1958) und wurde als Hedwig Klatenhäuser Ärztin mit eigener Praxis in Berlin-Charlottenburg[3]. Der erste SohnKarl Duncker (1903–1940) wurde Psychologe und einer der namhaftesten Vertreter derGestalttheorie; er nahm sich 1940 im amerikanischen Exil das Leben. Der jüngste SohnWolfgang Duncker (1909–1942) war ebenfalls Kommunist. Als AnhängerNikolai Bucharins wurde er jedoch Opfer derStalinschen Säuberungen (1937 verhaftet, 1942 imArbeitslager Workuta verstorben), die Eltern erhielten erst 1948 Gewissheit über seinen Tod. Wolfgangs Frau Erika Duncker (1907–2001) überlebte mit dem Sohn Boris (geb. 1937 in Moskau) als Arbeiterin in einer Panzerfabrik.[4] Sie kehrte mit ihrem zweiten Mann Felix Hartmann Ende 1945 nach Deutschland, in dieSBZ, zurück, zog jedoch 1947 weiter in die Schweiz.[5]

Ab 1900 unterrichtete Duncker inArbeiterbildungsvereinen, ab 1903 war er in der Redaktion der SPD-nahenLeipziger Volkszeitung tätig, die damals vonFranz Mehring geleitet wurde. 1904–05 leitete er dasArbeitersekretariat in Leipzig, dann bis 1907 in Dresden. Nach dem Mannheimer Parteitag der SPD arbeitete Duncker als „Wanderlehrer“ der Sozialdemokratie. Von 1912 bis 1914 war er an der Zentralschule der Partei tätig. Im Ersten Weltkrieg musste er 1915–18 Militärdienst leisten.
Hermann Duncker war Mitbegründer desSpartakusbundes. Er nahm an derNovemberrevolution 1918 teil und gehörte zu den Gründern der KPD, deren erster Zentrale (Vorstand) er 1919 angehörte. Von 1920 bis 1933 war er erneut als Wanderlehrer tätig, er leitete regionale und zentrale Parteischulen der KPD. 1923 übernahm er die Schulungsabteilung der Zentrale. Innerhalb der Partei gehörte er der eher gemäßigten „Mittelgruppe“ an, die für eineEinheitsfront mit der SPD eintrat. Er war 1925 Mitbegründer und anschließend Leiter der BerlinerMarxistischen Arbeiterschule (MASCH). 1927 bis 1928 war er Leiter der Bildungsabteilung desZentralkomitees der KPD. Parallel verfasste er zahlreiche Schriften, u. a. die Reihen „Elementarbücher des Kommunismus“ und „Kleine Lenin-Bibliothek“. Zudem hatte er ein ausgeprägtes Bedürfnis, Gedanken und Gefühle in Versen auszudrücken. Postum erschien 2022 unter dem TitelMenschheitsgedichte eine Sammlung seiner Gedichte (edition bodoni;ISBN 978-3-947913-35-0).
Da er dem „rechten“ Flügel der Partei nahestand, verlor er im Zuge der Radikalisierung der KPD nach 1929 seinen Einfluss.[6] Im Jahr 1932 wurde er Mitglied der Arbeitsgemeinschaft zum Studium der sowjetischen Planwirtschaft (ARPLAN), deren VorsitzFriedrich Lenz übernommen hatte und deren GeschäftsführerArvid Harnack war.[7]
Duncker war u. a. mitAuguste Lazar befreundet.
Kurz nach derMachtergreifung des NS-Regimes wurde Duncker im Februar 1933 in „Schutzhaft“ genommen. Er wurde inSpandau und imZuchthaus Brandenburg eingesperrt und im November 1933 entlassen.[8] Unter Polizeiaufsicht lebte er bis November 1936 im thüringischenFriedrichroda. Dannemigrierte er nach Dänemark zu seinem FreundMartin Andersen Nexø, 1937 weiter nach Großbritannien und 1938 nach Frankreich. Duncker war verzweifelt über die Verfolgung seines Sohnes Wolfgang sowie seines FreundesNikolai Bucharin während desGroßen Terrors in der Sowjetunion. Zudem geriet er aufgrund seiner Ablehnung desHitler-Stalin-Pakts in Konflikt mit der KPD-Führung in Moskau.[6] In Paris gab er Kurse an der Deutschen Volkshochschule, bis er vor demEinmarsch der Wehrmacht im Sommer 1940 weiter in die sogenannte freie Zone desVichy-Regimes in Südfrankreich floh.
Ende 1940 erreichte Käte Duncker, die bereits seit 1938 in den USA lebte, ein Visum, um ihren Mann nachzuholen. Im Mai 1941 reiste er vonMarseille nachCasablanca, wo ihn jedoch die Vichy-Behörden einige Zeit als „feindlichen Ausländer“ internierten. Erst im September 1941 traf er inNew York ein.[9] Er gehörte ab 1944 der deutschen ExilorganisationCouncil for a Democratic Germany an.
Im Mai 1947 kehrten Käte und Hermann Duncker aus den USA nach Deutschland zurück.[8] Dort trat er in dieSED ein. Im September 1947 wurde er ordentlicherProfessor für Geschichte der sozialen Bewegungen undDekan der Gesellschaftswissenschaftlichen Fakultät derUniversität Rostock.[10] Obwohl er fast erblindet war, wurde Duncker im Februar 1949 Rektor der FDGB-Bundesschule inBernau bei Berlin. Aus dieser ging 1952 dieGewerkschaftshochschule „Fritz Heckert“ hervor, die Duncker bis zu seinem Tod im Juni 1960 leitete. Von 1955 bis 1960 war er zudem Mitglied des FDGB-Bundesvorstands.[8]
Hermann Duncker wurde mit einem Staatsbegräbnis gewürdigt, seine Urne erhielt an der Ringmauer derGedenkstätte der Sozialisten in Berlin-Friedrichsfelde einen Platz.
Die Universität Rostock ernannte Hermann Duncker bei seinem Ausscheiden 1949 zu ihrem Ehrensenator.[10] Am 16. Juni 1953 erhielt er als eine der ersten Personen denKarl-Marx-Orden – die höchste staatliche Auszeichnung der DDR.[13] DieKarl-Marx-Universität Leipzig verlieh ihm 1954 die Ehrendoktorwürde, am 14. Juni 1955 folgte die Auszeichnung mit demVaterländischen Verdienstorden in Gold.[14]
DieDeutsche Post der DDR gab 1974 zu seinen Ehren eineSondermarke in der SeriePersönlichkeiten der deutschen Arbeiterbewegung heraus.
Nach Dunckers Tod wurden Mitarbeiter in wissenschaftlichen oder Einrichtungen des FDGB für „herausragende gewerkschaftliche Leistungen“ mit derHermann-Duncker-Medaille geehrt.


InBerlin-Karlshorst war zur DDR-Zeit (ab 1961) eine Straße nach ihm benannt; sie wurde 1992 inTreskowallee zurückbenannt.
In Leipzig-Neulindenau wurde 1960 die seit 1908 nach dem LeipzigerStifter Gustav Heinrich Duncker († 1882) benannte Dunckerstraße in Dr.-Hermann-Duncker-Straße umbenannt.[15][16] Das umgebende Gebiet wirdDunckerviertel genannt.
Eine Hermann-Duncker-Straße gibt es weiterhin in
Eine Hermann-Duncker-Straße gab es in:
Die jetzige evangelische Grundschule Berlin-Lichtenberg hieß zu DDR-ZeitenHermann-Duncker-Oberschule.
InSchierke im Harz gab es dasFDGB-Erholungsheim Hermann Duncker, ein solches auch inHeubach, Kreis Hildburghausen.
In derKlingenberger SiedlungAm Sachsenhof gab es die FDGB-BezirksgewerkschaftsschuleHermann Duncker.
In Halle/Saale wurde das zentrale Klubhaus des FDGB nach Duncker benannt.
Im Gothaer StadtteilSiebleben, zu DDR-Zeiten Gotha IV, trug die 1982 eröffnete Polytechnische Oberschule den NamenPOS Hermann Duncker. Nach derWende wurde sie nach dem Gothaer Verleger inJustus-Perthes-Oberschule umbenannt. Heute ist sie dieGrundschule Gotha-Siebleben.[20]
Ab 1972 hieß ein optischer Betrieb inRathenowVEB Augenoptik ‚Hermann Duncker‘, ab 1980 nach einem ZusammenschlussVEB Rathenower Optische Werke ‚Hermann Duncker‘.[21][22]
Im Jahr 1984 wurde aus dem ehemaligen Fla-Raketenregiment 16 die41. Fla-Raketenbrigade (FRBr) derNationalen Volksarmee (NVA) gebildet. Dieser Brigade wurde ebenfalls der EhrennameHermann Duncker verliehen.

In Berlin-Karlshorst befindet sich in einer kleinen Grünanlage in der Nähe desBahnhofs Karlshorst ein vom BildhauerWalter Howard angefertigtes und 1976 aufgestelltes Denkmal, das unter Denkmalschutz steht.[23] Als Ergänzung wurde im August 2021 eine Gedenktafel für Hermann undKäte Duncker eingeweiht.[24]
In Rostock erinnert ebenfalls ein Denkmal auf dem nach ihm benannten Platz an der Langen Straße an Hermann Duncker. Auch diese 1977 enthüllte Betonplastik wurde von Walter Howard gestaltet.
Im Garten der ehemaligen Bezirksgewerkschaftsschule des FDGBHermann Duncker in derKlingenberger Siedlung Am Sachsenhof steht eine Büste von ihm. Ein Bronzerelief mit Inschrift steht vor seiner letzten Wirkungsstätte in Bernau.
| Personendaten | |
|---|---|
| NAME | Duncker, Hermann |
| ALTERNATIVNAMEN | Duncker, Hermann Ludwig Rudolph (vollständiger Name) |
| KURZBESCHREIBUNG | deutscher KPD-Funktionär, marxistischer Historiker und Gesellschaftswissenschaftler, Rektor der Gewerkschaftshochschule „Fritz Heckert“ |
| GEBURTSDATUM | 24. Mai 1874 |
| GEBURTSORT | Hamburg |
| STERBEDATUM | 22. Juni 1960 |
| STERBEORT | Bernau |