GeografischeHerkunftsbezeichnungen,Herkunftsangaben oderUrsprungsbezeichnungen[1] sind Namen von Orten, Landschaften oder anderegeografische Angaben, welche die Herkunft einer Ware bezeichnen. Sie geben im Geschäftsverkehr dem Käufer und Verbraucher einen Hinweis darauf, in welcher Gegend die Ware hergestellt oder verarbeitet wurde. Solche Angaben findet man nicht nur beiLebensmitteln undlandwirtschaftlichen Erzeugnissen, sondern auch bei Industriegütern und prinzipiell auch Dienstleistungen. Viele geografische Herkunftsangaben sind markenrechtlich oder durch Gesetze und Verordnungen geschützt und werden in der Werbung mit Siegeln und Logos angepriesen. In derEuropäischen Union gibt es hunderte unionsweit nach einem einheitlichen System registrierte und geschützte Herkunftsangaben.
Aus manchen Bezeichnungen geht die Herkunft unmittelbar hervor, beispielsweise beimNürnberger Lebkuchen. In anderen Fällen wird eine Bezeichnung, die an sich keinen Ort benennt, gleichwohl gedanklich damit verbunden – wie derFeta mitGriechenland. In anderen Fällen ist die geschützte Herkunft auch bei einer Ortsangabe nicht unmittelbar ersichtlich, so beiParmigiano-Reggiano aus einem größeren Gebiet in Norditalien.
Herkunftsbezeichnungen konnten in vielen (nord-)europäischen Ländern auf nationaler Ebene lange Zeit wegen eines sogenannten Freihaltebedürfnisses nicht alsMarke eingetragen werden. Weil markenrechtlicher Schutz deshalb nicht möglich war, wurden manche Herkunftsbezeichnungen missbräuchlich, dabei oft für billige Imitate aus anderen Orten genutzt. So enthielt sogenanntesLübecker Marzipan, das bis zu Beginn der 1980er Jahre in Deutschland überwiegend südlich von Hannover produziert war, weit weniger Mandeln als das Original aus Lübeck, dafür mehr Zucker, wodurch es billiger herstellbar war.
Nationalstaatliche Vorbilder für den Schutz in EU waren beispielsweise das seit 1935 in Frankreich und seit 1997 in der Schweiz bestehendeAOC-Siegel, dieDOP-,DOC- undDOCG-Siegel in Italien oder dasDAC-Siegel in Österreich. Erster internationaler Vorläufer war 1951 dieKonvention von Stresa, die erste internationale Vereinbarung über Käsenamen, an der sich die sieben LänderÖsterreich,Dänemark,Frankreich,Italien,Norwegen,Schweden undSchweiz beteiligten.
Dem Bedürfnis nach Schutz örtlicher Erzeuger, vor allem aber der Harmonisierung desBinnenmarktes und derUnterrichtung derVerbraucher vor ihrer Wahl vonLebensmitteln und landwirtschaftlichen Erzeugnissen dienten die 1992 eingeführten Regeln „zum Schutz von geographischen Angaben und Ursprungsbezeichnungen für Agrarerzeugnisse und Lebensmittel“ derVerordnung (EWG) 2081/1992.[2] Diese wurden 2006 mit der Verordnung (EG) Nr. 510/2006[3] und 2012 mit der Verordnung (EU) Nr. 1151/2012[4] modifiziert und erweitert. Seit 13. Mai 2024 gilt die Verordnung (EU) 2024/1143,[5] welche die vorige Verordnung (EU) Nr. 1151/2012 ersetzt.
In dasUnionsregister der geografischen Angaben eingetragene Bezeichnungen sind vor jedemMissbrauch und gegen Nachahmung geschützt.[6] Das gilt auch, wenn in der Kennzeichnung oder Werbung daneben ein richtiger Herkunftsort genannt ist, bei Nennung in einer sprachlichen Übersetzung oder bei Anspielungen in Zusätzen wie „nach […]er Art“ oder „Typ...“.
2006 waren in der Durchführungsverordnung (EG) Nr. 1898/2006[7] neue grafische Zeichen, also Siegel oder Logos für in der EU geschützte Herkunftsbezeichnungen, festgelegt. Zunächst konnten sie als freiwilliger Hinweis auf diesen Schutz verwendet werden. Seit 2012 sind diese Zeichen verpflichtend auf den Waren zu ihrerKennzeichnung anzubringen. Ihr Text ist in allen24 Amtssprachen der EU veröffentlicht und ihre Bilder könnten über eine Netzseite der Europäischen Kommission als Druckvorlage heruntergeladen werden.[8]
Nach ihrer Aussage sind die Kennzeichnungen zweistufig, nämlich unterschieden ingeschützte Ursprungsbezeichnung (abgekürzt. g. U.) undgeschützte geographische Angabe (g. g. A.). Das in gleicher Verordnung geregelte EU-Qualitätssiegelgarantiert traditionelle Spezialität (g. t. S.) beschreibt hingegen ein traditionelles Herstellungsverfahren und keine Herkunft; es ist ohne geographische Herkunftsangaben. So wird das traditionell durch spontane Gärung gewonnene BierGueuze g. t. S. zwar regelmäßig nur in und umBrüssel produziert und diese Herstellungsmethode daher alsgarantiert traditionelle Spezialität (g. t. S.) geschützt. Es könnte und dürfte aber auch andernorts produziert werden.[8] Die Verfahren vom Antrag bis zur Vergabe des Siegels sowie dessen Registrierung in derDOOR-Datenbank sind allerdings so wie bei den Zeichen fürg. U. undg. g. A., mit denen es auch das äußere Grundmuster des Siegels teilt.
EU-Gemeinschaftszeichen für Produkte mitgeschützter Ursprungsbezeichnung (g. U.)[9]
Diegeschützte Ursprungsbezeichnung (g. U., engl. PDO) besagt, dass Erzeugung, Verarbeitung und Herstellung eines Produkts in einem bestimmten geographischen Gebiet nach einem anerkannten und festgelegten Verfahren erfolgen. Beispielsweise zählen dazuFeta- undManouri-Käse ausGriechenland, allefranzösischen AOP-Käse, alle italienischen DOP-Käse und anderen DOP-Produkte,AOC-Produkte wie Käse,Oliven,Schinken,Würste und einige regionalenBrot-Sorten oderParmaschinken, der nach neueren Urteilen sogar in der RegionParma geschnitten sein muss.
Andere Sprachen:
englischprotected designation of origin (PDO)
französischappellation d’origine protégée (AOP)
griechischπροστατευόμενη ονομασία προέλευσης (ΠΟΠ)Prostatevomeni Onomasia Proelefsis (POP)
EU-Gemeinschaftszeichen für Produkte mitgeschützter geografischer Angabe (g. g. A.)[9]
Für einegeschützte geografische Angabe (g. g. A.) reicht es bereits, wenn eine der Herstellungsstufen (Erzeugung, Verarbeitung oder Herstellung) im benannten Herkunftsgebiet erfolgt.[4]
Letztere nahm ab 1. April 2019 auch die Online-DatenbankeAmbrosia in Betrieb. Sie enthält Informationen über somit geschützte Weine, Spirituosen und sonstige Lebensmittel und ersetzte die bisherigen drei Datenbanken E-SPIRIT-DRINKS, DOOR und E-BACCHUS zum 31. Dezember 2019.
Geografische Herkunftsangaben sind in Deutschland durch Regelungen imMarkengesetz geschützt. Im 7. Teil des Markengesetzes wird der Schutz der geographischen Herkunftsangaben geregelt, welcher in drei Abschnitte unterteilt ist. Abschnitt 1 enthält die allgemeinen Schutzvorschriften (§§ 126–129 MarkenG). Abschnitt 2 enthält Vorschriften zur Umsetzung der Verordnung (EU) 2024/1143 (§§ 130–136 MarkenG). Der 3. Abschnitt enthält Regelungen über die Kompetenz, Rechtsverordnungen zu erlassen, die dem Schutz einzelner geographischer Herkunftsangaben dienen, sowie Verfahrensregelungen bei Anträgen und Einsprüchen nach der Verordnung (EU) 2024/1143 und Durchführungsbestimmungen zu dieser Verordnung (§§ 137–139 MarkenG). Weitere Vorschriften, die den Schutz von geographischen Herkunftsangaben betreffen, wie Straf- und Bußgeldvorschriften, sind im 9. Teil des MarkenG (§§ 143–151 MarkenG) zu finden.
Zeichen für Schweizer Lebensmittel mit geschütztem Ursprung
In der Schweiz gibt es zwei geschützte Herkunftsbezeichnungen:Appellation d’Origine Protégée (AOP, geschützte Ursprungsbezeichnung) undIndication géographique protégée (IGP, geschützte geografische Angabe). Beide sind offizielle, staatlich geschützte Bezeichnungen, die von einer unabhängigen Zertifizierungsstelle kontrolliert werden. Für jedes Produkt gibt es ein exaktes Pflichtenheft, in dem die Qualität und die regionstypischen Eigenschaften definiert sind. Am 7. Mai 2013 wurde die BezeichnungAppellation d’Origine Contrôlée (AOC) durchAppellation d’Origine Protégée (AOP) ersetzt.
Die beiden Herkunftsbezeichnungen werden in der Schweiz von derSchweizerischen Vereinigung der AOP-IGP[15] vertreten. Die Organisation verfolgt folgende Ziele:
den Schweizer Konsumenten die Grundlagen von AOP und IGP zu erklären
den Produzenten je ein AOP- und IGP-Logo anzubieten
alle von den geschützten Ursprungsbezeichnungen und geschützten geografischen Angaben profitierenden Branchenorganisationen in einem Forum zu vereinigen
die Wahrnehmung der Interessenvertretung der Branchen innerhalb der AOP-IGP-Politik
Die offiziellen Qualitätszeichen AOP und IGP sind landwirtschaftlichen Erzeugnissen mit einer engen und traditionellen Verbindung zu ihrem Ursprungsgebiet vorbehalten.
Offiziell zuständig für die Zulassung von Produkten und Führung desRegisters der Ursprungsbezeichnungen (GUB/AOP) und geografischen Angaben (GGA/IGP) ist dasBundesamt für Landwirtschaft.[16]
Die geschützte Ursprungsbezeichnung (GUB,französischAppellation d’Origine Protégée, AOP) darf nur für Qualitätsprodukte verwendet werden, die im Ursprungsgebiet erzeugt, verarbeitet und veredelt worden sind. AOP-Produkte der Schweiz sind:
Die geschützte geografische Angabe (GGA,französischIndication géographique protégée (IGP)) dient zur Auszeichnung von traditionellen und typischen Spezialitäten einer klar definierten Region. Ein Produkt muss im Herkunftsgebiet entweder erzeugt, verarbeitet oder veredelt werden. Beispielsweise darf das Fleisch für eine IGP-Wurst auch von Tieren stammen, die ausserhalb der Region aufgezogen wurden.[18] IGP-Produkte der Schweiz sind:[19]
Café de Colombia IGP,Kaffee ausKolumbien, wurde am 28. Mai 2013 als erstes ausländisches Produkt als geschützte geografische Angabe (IGP), gemäss Verfügung des Bundesamtes für Landwirtschaft, in das Register der Ursprungsbezeichnungen und geografischen Angaben eingetragen.[22][23]
In Italien gibt es 315 Produkte (Stand Mai 2021) sowie 405 Weine mit geschützten Bezeichnungen.[25][26] Zudem tragen weitere 5335 Produkte die nationale KennzeichnungProdotto agroalimentare tradizionale (PAT).[27]
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„Oscypki“ g. U. (geräucherter Schafskäse) aus der polnischenTatra
Karlovarské oplatky und Karlovarské trojhránky, deutsche Bezeichnung „Karlsbader Oblaten“, seit 2016 darf der Begriff „Karlsbader Oblaten“ nicht mehr für Waffeln verwendet werden, die der Spezifikation für „Karlovarské oplatky“ nicht entsprechen.[32]
Herkunftsbezeichnungen haben sich auch im Non-Food Bereich als Recht etabliert und werden von Gerichten in der gesamten EU anerkannt. So werden für Parfum, Duftwasser folgende Bezeichnungen als eingetragene Marken geführt.
↑Verordnung (EWG) Nr. 2081/92 des Rates vom 14. Juli 1992 zum Schutz von geographischen Angaben und Ursprungsbezeichnungen für Agrarerzeugnisse und Lebensmittel. 31992R2081, 24. Juli 1992 (europa.eu [abgerufen am 6. Juni 2021]).
↑Verordnung (EG) Nr. 510/2006 des Rates vom 20. März 2006 zum Schutz von geografischen Angaben und Ursprungsbezeichnungen für Agrarerzeugnisse und Lebensmittel. 32006R0510, 13. Dezember 2008 (europa.eu [abgerufen am 6. Juni 2021]).
↑abVerordnung (EU) Nr. 1151/2012 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 21. November 2012 über Qualitätsregelungen für Agrarerzeugnisse und Lebensmittel. 32012R1151, 14. Dezember 2012 (europa.eu [abgerufen am 6. Juni 2021]).
↑Verordnung (EU) 2024/1143 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 11. April 2024 über geografische Angaben für Wein, Spirituosen und landwirtschaftliche Erzeugnisse und über garantiert traditionelle Spezialitäten und fakultative Qualitätsangaben für landwirtschaftliche Erzeugnisse sowie zur Änderung der Verordnungen (EU) Nr. 1308/2013, (EU) 2019/787 und (EU) 2019/1753 und zur Aufhebung der Verordnung (EU) Nr. 1151/2012. 32024R1143, 11. April 2024 (europa.eu [abgerufen am 24. Juli 2024]).
↑Verordnung (EG) Nr. 1898/2006 der Kommission vom 14. Dezember 2006 mit Durchführungsbestimmungen zur Verordnung (EG) Nr. 510/2006 des Rates zum Schutz von geografischen Angaben und Ursprungsbezeichnungen für Agrarerzeugnisse und Lebensmittel. 32006R1898, 2. Dezember 2008 (europa.eu [abgerufen am 6. Juni 2021])., dort Anhang V.
↑abEuropean Commission: Quality schemes explained. In: ec.europa.eu. European Union, abgerufen am 27. Juli 2019 (englisch).
↑Maik Maschke: Änderungen von Gesetzen und Verordnungen Ausgabe 1/2011. (PDF 220 kB) Weitere deutsche Spezialitäten geschützt. In: Fachjournal Der Lebensmittelkontrolleur. Bundesverband der. Lebensmittelkontrolleure (BVLK), S. 6, abgerufen am 26. April 2019.
↑so insbesondere Art. 7 Abs. 1 a) VO (EU) Nr. 1109/2011.
↑Verordnung (EG) Nr. 583/2009 der Kommission vom 3. Juli 2009 zur Eintragung einer Bezeichnung in das Verzeichnis der geschützten Ursprungsbezeichnungen und der geschützten geografischen Angaben (Aceto Balsamico di Modena (g. g. A.)). 32009R0583, 4. Juli 2009 (europa.eu [abgerufen am 6. Juni 2021]).
↑Durchführungsverordnung (EU) Nr. 744/2011 der Kommission vom 28. Juli 2011 zur Eintragung einer Bezeichnung in das Register der geschützten Ursprungsbezeichnungen und der geschützten geografischen Angaben (Karlovarské oplatky (g.g.A.)). 28. Juli 2011 (europa.eu [abgerufen am 15. April 2024]).