

Henry Dearborn (*23. Februar1751 inNorth Hampton,Rockingham County,New Hampshire Colony; † 6. Juni1829 inRoxbury,Massachusetts) war einUS-amerikanischer Arzt, Politiker undOffizier desAmerikanischen Unabhängigkeitskriegs sowie desKriegs von 1812.
Dearborn wurde in North Hampton geboren und wuchs inEpping (New Hampshire) auf. Er studierte Medizin und eröffnete 1772 eine Praxis inNottingham Square (New Hampshire). Bei Ausbruch des Unabhängigkeitskriegs organisierte er die Aufstellung einer lokalenMiliztruppe aus 60 Mann, übernahm deren Führung und marschierte mit dieser nachBoston, wo er alsHauptmann an derSchlacht von Bunker Hill teilnahm. Anschließend meldete er sich freiwillig zuBenedict Arnolds erfolgloser Expedition nachKanada, geriet durch die amerikanische Niederlage in derSchlacht von Québec am 31. Dezember 1775 in britische Gefangenschaft und verbrachte in dieser ein Jahr. Im Mai 1776 ließen ihn die Briten auf Ehrenwort frei; formell ausgetauscht wurde er erst im März 1777.
Daraufhin trat er wieder in die Armee ein, war 1777 an den Kämpfen umFort Ticonderoga und den Schlachten beiFreemans Farm undSaratoga beteiligt. Den Winter 1777/1778 verbrachte Dearborn – inzwischen im Rang einesOberstleutnants – beiGeorge Washingtons Hauptarmee inValley Forge. 1778 war er an derSchlacht von Monmouth beteiligt und nahm 1779 an GeneralmajorJohn Sullivans Expedition gegen dieIrokesen teil. 1781 trat Dearborn alsGeneralquartiermeister mit dem Rang einesObersts in Washingtons Stab ein und erlebte in dieser Funktion die Kapitulation der britischen Truppen unter GeneralCornwallis nach derSchlacht von Yorktown mit.

Nach dem Ende des Unabhängigkeitskriegs erhielt er im Juni 1783 seine Entlassung aus der Armee und ließ sich im damals noch zu Massachusetts gehörendenKennebec County nieder, wo er als ersterUS Marshal für denDistrict of Maine tätig war. Unter seiner Aufsicht fand 1790 die erste von der Bundesregierung angeordnete Hinrichtung statt.[1] Darüber hinaus vertrat er seinen Distrikt als Abgeordneter derDemokratisch-Republikanischen Partei von 1793 bis 1797 imRepräsentantenhaus der Vereinigten Staaten und erwarb den Rang eines Generalmajors der Miliz von Maine. 1801 berief ihn PräsidentThomas Jefferson alsKriegsminister in seinKabinett. Diesen Posten hatte er bis 1809 inne. Zwar gelangen ihm eine Reihe kleinerer Verbesserungen, doch änderte er nichts am grundsätzlich schlechten Zustand derUS Army, der durch mangelhafte Ausbildung und Disziplin, überalterte, korrupte oder unfähige Offiziere und politische Einflussnahme gekennzeichnet war. Von 1809 bis 1812 war er Zolleinnehmer – eines der wichtigsten lokalen Bundespolitischen Ämter – im Hafen vonBoston.
Beim Ausbruch desKriegs von 1812 mitGroßbritannien erhielt Dearborn vonPräsidentJames Madison den Rang desältestenGeneralmajors und denOberbefehl über die amerikanischen Truppen, die Kanada erobern sollten. Trotz seiner militärischen Erfahrungen aus dem Unabhängigkeitskrieg erwies sich Dearborn als völlig ungeeignet. Seine Soldaten gaben ihm den Spottnamen „Granny“ (Großmutter). Er versäumte es, die Verteidigung der Küsten zu organisieren und die Milizen der Staaten aufzubieten. Die Nachlässigkeit und Langsamkeit der Amerikaner erlaubte es den zahlenmäßig weit unterlegenen Briten unter SirIsaac Brock, zum Angriff überzugehen, bevor Dearborn seine Offensivpläne umsetzen konnte. Weil er es versäumt hatte, Vorkehrungen für mögliche britische Angriffe im Nordwesten zu treffen, konnten diese das strategisch wichtigeFort Mackinac überrumpeln. Da erBrigadegeneralWilliam Hull inDetroit seinem Schicksal überließ, sah sich dieser am 16. August 1812 genötigt, mit seinen 2000 Mann vor Brock zu kapitulieren.
Dearborn gelang es, den US-Truppen durch einen mit dem britischen Generalgouverneur SirGeorge Prevost abgeschlossenen Waffenstillstand eine dringend notwendige Atempause zu verschaffen. Bei der Wiederaufnahme der Angriffsoperationen amNiagara River wurden die Mängel der US-Armee erneut deutlich. Als der Dearborn unterstellte GeneralmajorStephen Van Rensselaer den Fluss zu überschreiten versuchte, erlitten die Amerikaner in derSchlacht von Queenston Heights vom 13. Oktober eine schwere Niederlage, bei der die schlechte Ausbildung der Soldaten, mangelhafte Disziplin, schlechte Organisation und offeneBefehlsverweigerung aus politischen Gründen eine wesentliche Rolle spielten. Ein erneuter Invasionsversuch unter van Rensselaers NachfolgerAlexander Smyth scheiterte durch die Niederlage in derSchlacht am Frenchman’s Creek vom 28. November ebenfalls. Gleichzeitig unternahm der nach den vorangegangenen Misserfolgen unter massivem Druck von Präsident Madison stehende Dearborn einen Angriff aufMontreal. Der mit 6.000 Mann nur halbherzig unternommene Vorstoß scheiterte bereits direkt an der Grenze durch die Niederlage in derErsten Schlacht bei Lacolle Mills vom 27. November 1812, in der sich amerikanischer Truppen aufgrund von Organisations- und Kommunikationsfehlern gegenseitig unter Feuer nahmen. Wiederholte Rücktrittsgesuche Dearborns lehnte Präsident Madison ab. Mit stark überlegenen Truppen und Unterstützung durch dieUS Navy gelangen ihm 1813 mit der Eroberung vonYork (heuteToronto) am 27. April und der Einnahme vonFort George am Niagara River am 27. Mai 1813 zwei kleinere Erfolge. Beide offenbaren jedoch mangelndes strategisches Verständnis: York wurde statt des wesentlich wichtigerenKingston (Ontario) angegriffen, die Eroberung von Fort George blieb ungenutzt, da die US-Truppen dort stehen blieben, statt ernsthaft in das Landesinnere vorzustoßen. Nach blamablen Niederlagen beiStoney Creek undBeaver Dams mussten die Amerikaner das kanadische Ufer des Niagara im Winter 1813 räumen. Dearborn wurde am 6. Juli 1813 abberufen und erhielt einen Verwaltungsposten inNew York. Später übernahm er den Vorsitz über das Kriegsgericht, das General Hull wegen der Kapitulation von Detroit zum Tode verurteilte, obwohl Dearborns Versäumnisse bei diesem Debakel eine wesentliche Rolle gespielt hatten. Am 15. Juni 1815 wurde Dearborn ehrenvoll aus der Armee entlassen. Er ist wesentlich dafür verantwortlich, dass die Amerikaner im Krieg von 1812 trotz erdrückender Übermacht ihr Ziel einer Eroberung Kanadas verfehlten und eine Serie von Niederlagen erlitten, die zu den blamabelsten der amerikanischen Militärgeschichte gehören.
Trotzdem nominierte Präsident Madison ihn erneut zum Kriegsminister. DerSenat lehnte ihn jedoch ab. PräsidentJames Monroe ernannte Dearborn zum Gesandten inPortugal, von wo er nach zwei Jahren 1824 auf eigenen Wunsch zurückgerufen wurde. Dearborn zog sich in sein Haus in Roxbury (Massachusetts) zurück, wo er fünf Jahre später starb. Beigesetzt ist er auf demForest Hills Cemetery in Boston.
Er war drei Mal verheiratet: mitMary Bartlett (1771), mitDorcas (Osgood)Marble (1780) und mitSarah Bowdoin, der Witwe des Politikers und IntellektuellenJames Bowdoin III (1813). Der Politiker und GeneralHenry Alexander Scammell Dearborn war sein Sohn aus zweiter Ehe.
Nach ihm wurden das ehemaligeFort Dearborn in Chicago[2] und die KüstenbefestigungFort Dearborn in New Hampshire[3] benannt.Lewis und Clark nannten denDearborn River inMontana 1803 nach Henry Dearborn.Dearborn County, Indiana,Dearborn in Michigan, Dearborn in Missouri sind nach ihm benannt. Die StadtAugusta in Maine wurde im August 1797 nach Henrys Tochter Augusta Dearborn benannt.
| Personendaten | |
|---|---|
| NAME | Dearborn, Henry |
| KURZBESCHREIBUNG | US-amerikanischer Arzt, Politiker und Offizier |
| GEBURTSDATUM | 23. Februar 1751 |
| GEBURTSORT | North Hampton, New Hampshire Colony |
| STERBEDATUM | 6. Juni 1829 |
| STERBEORT | Roxbury, Massachusetts |