Henrich Focke


Henrich Focke (*8. Oktober1890 inBremen; †25. Februar1979 ebenda) war ein deutscherMaschinenbauingenieur undUnternehmer, der alsFlugzeug-Konstrukteur undHubschrauberpionier Bedeutung erlangte. Er gründete 1924 dieFocke-Wulf-Flugzeugbau AG in Bremen und 1937 dieFocke, Achgelis & Co. GmbH inHoykenkamp (Ganderkesee). Sein älterer BruderWilhelm Focke war ebenfalls ein Luftfahrtpionier.
Leben
[Bearbeiten |Quelltext bearbeiten]Herkunft und Jugendjahre
[Bearbeiten |Quelltext bearbeiten]Henrich Focke war ein Sohn desSenatssyndicusJohann Focke (1848–1922) und dessen Ehefrau Louise Focke geb. Stamer.[1] Sein Vater war der Gründer desFocke-Museums in Bremen. Seine Leistungen inMathematik waren sowohl in der Volksschule als auch auf demhumanistischen Gymnasium zunächst mäßig:[2]
„Ich bin von Natur kein Mathematiker; sichere und breite mathematische Kenntnisse zu haben, insbesondere auf dem Gebiet der höheren Mathematik, habe ich erst auf der Technischen Hochschule als absolut notwendig erkannt. Dort habe ich sie mir mit Aufwendung aller Energie aneignen müssen.“
Fockes Charakter war bis ins hohe Alter von einem ruhelosen Forscherdrang und einer Faszination für die technische Machbarkeit der Fliegerei gekennzeichnet. Er begann 1908 einMaschinenbau-Studium an derTechnischen Hochschule Hannover, das er kriegsbedingt erst 1920 mit der Diplom-Hauptprüfung abschließen konnte. Von 1908 bis 1921 baute er mitGeorg Wulf und anderen mehrere Flugzeuge.
1914 meldete er sich als Kriegsfreiwilliger, wurde jedoch wegen einer Herzerkrankung zunächst nicht eingezogen. Erst im Herbst 1914 wurde er zum Dienst imInfanterie-Regiment „Bremen“ (1. Hanseatisches) Nr. 75 verpflichtet. Bereits im Frühjahr 1915 wurde er mit Unterstützung eines Freundes zur Fliegertruppe versetzt.[4]
Ingenieurtätigkeit bis Ende 1945
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Zusammen mit Georg Wulf undWerner Naumann gründete er 1924 die Bremer Flugzeugwerke, die noch im gleichen Jahr alsFocke-Wulf AG in eineAktiengesellschaft umgewandelt wurden. Bis 1933 entstanden 29 verschiedene Flugzeugmuster, von denen insgesamt etwa 140 Flugzeuge gebaut wurden. Darunter war dieA 19Ente (auch „Focke-Ente“ genannt), einEntenflugzeug, das auf ein Patent aus dem Jahr 1908 zurückging, an dem auch sein BruderWilhelm Focke beteiligt war. Mit einem der beiden gebauten Exemplare verunglückte sein Partner Georg Wulf 1927 tödlich. Die Entenform hatte alle drei wegen der Überziehsicherheit lange Zeit beschäftigt.
Nach der Fusion von Focke-Wulf mit denAlbatros Flugzeugwerken (1931) begann Henrich Focke auf dem Gebiet derDrehflügler zu arbeiten. Zunächst sammelte er Erfahrungen beim Betrieb und Bau vonCierva-TragschraubernC.19 undC.30, für die das UnternehmenLizenzen erworben hatte. Ein Tragschrauber muss, ähnlich dem Flächenflugzeug, erst Fahrt aufnehmen, umAuftrieb zu erzeugen. Das System der Tragschrauber, bei dem der Rotor vom Fahrtwind durchAutorotation in Bewegung gesetzt wird, überzeugte ihn jedoch nicht.
Im Jahre 1931 ernannte der Senat der Stadt Bremen Henrich Focke zum Professor. Er hielt in der Folgezeit Vorlesungen an derTechnischen Staatslehranstalten Bremen. 1933 schied Focke auf äußeren Druck aus der Leitung der von ihm gegründeten Focke-Wulf AG aus, durfte aber den Bau von Drehflüglern weiter verfolgen. Als Ergebnis konnte am 26. Juni 1936 in Bremen der erste wirklich leistungsfähigeHubschrauber erstmals abheben, dieFw 61. Dieses Fluggerät konnte im Gegensatz zum Tragschrauber senkrecht starten und landen. Die Leitung derFocke-Wulf AG erkannte die Entwicklungsmöglichkeiten des Konzepts jedoch nicht. Stattdessen wurde Focke auf BetreibenKurt Tanks im Mai 1933 als Firmenchef abgesetzt[5] und zog sich schließlich ganz aus dem Unternehmen zurück. Stattdessen gründete Focke 1937 zusammen mit dem KunstflugweltmeisterGerd Achgelis das UnternehmenFocke-Achgelis in Hoykenkamp (Ganderkesee). Schon vor Kriegsbeginn wurde dort auch an der Entwicklung und dem Bau des LastenhubschraubersFa 223 „Drache“ gearbeitet, von dem auch eine zivile Ausführung mit der BezeichnungFa 266 geplant war. 1944 wurde das Unternehmen schließlich mit derWeser-Flugzeugbau GmbH vereinigt.
Nach 1945
[Bearbeiten |Quelltext bearbeiten]Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde Focke von 1945 bis 1948 alsKriegsgefangener in Frankreich zwangsverpflichtet. Er war bei der staatlichenSNCASE in Paris beratender Ingenieur beim Nachbau der Fa 223, der unter der Bezeichnung S.E. 3000 lief. Gleichzeitig baute er die einrotorigeS.E. 3101, den Vorläufer derAlouette.
Um 1948 eröffnete Focke ein Ingenieurbüro in Bremen. Da Flugzeugbau seitens derAlliierten in Deutschland nicht gestattet war, übertrug er seine Erfahrungen aus dem Flugzeugbau auf Schiffe, Boote und Bauwerke. Focke baute 1949 inHorn-Lehe sein Wohnhaus, eines der letzten noch erhaltenenMesserschmitt-Leichtbauhäuser in Deutschland. Von 1948 bis 1958 war er als technischer Berater im Hubschrauberbau für dasbritische Luftfahrtministerium tätig, 1950 war er Konstrukteur bei denNordwestdeutschen Fahrzeugwerken (NWF) in Wilhelmshaven. Er entwickelte 1951 in Amsterdam denConvertiplan, einen vier-rotorigen Senkrechtstarter. Von 1952 bis 1956 war er mit der Entwicklung und dem Bau des zweisitzigen LeichthubschraubersBeija-Flôr (deutschKolibri) in Brasilien tätig. Diese Tätigkeit mündete schließlich in die Gründung des mittlerweile weltweit viertgrößten Flugzeugherstellers, derbrasilianischenEmbraer. Focke kehrte 1956 aus Brasilien nach Bremen zurück.
Henrich Focke erhielt 1957 ein Patent auf denFocke Rochen, einen ringförmigenNurflügler mit zentralem Rotor, dessen Entwicklung bereits 1944 begonnen hatte. Bei denBorgward Automobilwerken in Bremen folgte dann die Entwicklung eines weiteren,Kolibri genannten Hubschraubers, wobei Focke sich auf die in Brasilien gewonnenen Erfahrungen stützen konnte. Der Erstflug fand 1958 statt. Wegen des Borgward-Konkurses im Jahr 1961 musste die Entwicklung abgebrochen werden.
Focke im Rentenalter
[Bearbeiten |Quelltext bearbeiten]Um 1960 baute der inzwischen siebzigjährige Focke in Bremens Innenstadt mit eigenen Mitteln in einem Hinterhofschuppen einenWindkanal, um mit seiner Hilfe die Flugeigenschaften von Hubschraubern zu verbessern. Hier erforschte er auch andere Probleme der Aerodynamik, unter anderem beim Langsamflug auftretende Strömungphänomene und dieNachstrompropulsion. DerFocke-Windkanal wurde erst 1997 wiederentdeckt und bildet heute das Kernstück eines kleinen Museums.
Bis 1965 war Focke als beratender Ingenieur bei denVereinigten Flugtechnischen Werken (VFW) in Bremen und beimDeutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt tätig. Am 25. Februar 1979 starb er in Bremen, hoch geehrt und vielfach ausgezeichnet. Sein Grab befindet sich auf demRiensberger Friedhof.
Ehrungen
[Bearbeiten |Quelltext bearbeiten]Unvollständige Liste
- Wehrwirtschaftsführer
- Großes Bundesverdienstkreuz (19. September 1960)[6]
Literatur
[Bearbeiten |Quelltext bearbeiten]- Harald Focke:Borgwards Hubschrauber. Kolibri, das Auto der Lüfte. (=Carl B. – Auto-Geschichte(n), Band 4.) Verlag Peter Kurze, Bremen 2014,ISBN 978-3-927485-84-6.
- Henrich Focke:Mein Lebensweg. Deutsche Gesellschaft für Luft- und Raumfahrt, Köln 1977 (Deutsche Luft- und Raumfahrt. Mitteilung 77, 01,ISSN 0070-4253), (Erweiterter Nachdruck: Kurze-Schönholz und Ziesemer, Bremen 1996,ISBN 3-931148-91-2)
- Henrich Focke:Wie die Möwe fliegt. In:Wunder des Möwenfluges. H. Bechhold, Frankfurt am Main 1937,S. 68–93.
- Michael Koppel:Horn-Lehe-Lexikon. Edition Temmen, Bremen 2012,ISBN 978-3-8378-1029-5.
TV-Dokumentation
[Bearbeiten |Quelltext bearbeiten]- Eike Besuden:Die Focke Brüder.Radio Bremen 2009[7]online
Weblinks
[Bearbeiten |Quelltext bearbeiten]- Literatur von und über Henrich Focke im Katalog derDeutschen Nationalbibliothek
- Lebenslauf von Henrich Focke (Windkanal-Focke)
- Henrich Fockes Windkanal in Bremen
- Henrich Fockes Windkanal beiMonumente Online
- Buten & Binnen Sondersendung über Henrich Focke und seinen Windkanal (Memento vom 19. Januar 2016 imInternet Archive)
- Zeitungsartikel über Henrich Focke in denHistorischen Pressearchiven derZBW
Einzelnachweise
[Bearbeiten |Quelltext bearbeiten]- ↑Focke:Mein Lebensweg. 1996, S. 6/10
- ↑Focke:Mein Lebensweg. 1996, S. 11.
- ↑FockeMein Lebensweg 1996
- ↑Focke:Mein Lebensweg. 1996, S. 18f.
- ↑Reinhold Thiel:Focke-Wulf Flugzeugbau. Hauschild, Bremen 2011,ISBN 978-3-89757-489-2, S. 65/66.
- ↑Auskunft Bundespräsidialamt
- ↑Die Focke Brüder (Memento vom 21. Juni 2015 imInternet Archive)
Personendaten | |
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NAME | Focke, Henrich |
KURZBESCHREIBUNG | deutscher Ingenieur und Unternehmer, Flugzeug- und Hubschrauberkonstrukteur |
GEBURTSDATUM | 8. Oktober 1890 |
GEBURTSORT | Bremen |
STERBEDATUM | 25. Februar 1979 |
STERBEORT | Bremen |
- Focke-Wulf
- Luftfahrtingenieur
- Luftfahrtpionier
- Unternehmer (Bremen)
- Erfinder
- Person (Flugzeugbau)
- Person (Horn-Lehe)
- Unternehmer (Luftfahrt)
- Unternehmer (20. Jahrhundert)
- Wehrwirtschaftsführer
- Borgward
- Träger des Großen Bundesverdienstkreuzes
- Träger des Ludwig-Prandtl-Ringes
- Deutscher
- Geboren 1890
- Gestorben 1979
- Mann