Außersinnliche Wahrnehmung

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Schwarzweißaufnahme der Hellseherin Claire Reichart aus dem Jahr 1926
Die Hellseherin Claire Reichart (1926)

Außersinnliche Wahrnehmungen (AbkürzungASW; englischextrasensory perception, AbkürzungESP, oft auchÜbersinnliche Wahrnehmung)[1] oder als Aspekt deserweiterten Bewusstseinszustands,englischaltered state of consciousness (ASC), manchmal auchveränderter Wachbewusstseinszustand (VWB) oderaußergewöhnliche Erfahrung (AgE) zugeordnet,[2] ist einSammelbegriff für einehypothetische Art vonWahrnehmungen, die nicht durch bekanntesinnliche Erfahrungen oder Wissensquellen erklärbar sind. Es gibt keine wissenschaftlich bestätigten Nachweise für solche Wahrnehmungen.

DieWissenschaftsgemeinde lehnt ASW überwiegend ab. Gründe hierfür sind der Mangel einerevidenzbasierendenFaktenbasis und der Mangel einerTheorie, die ASW erklären könnte.

Inhaltsverzeichnis

Formen (Modalitäten)

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DieParapsychologie unterscheidet dreiModalitäten der außersinnlichen Wahrnehmung:[3]

  • Telepathie: Übertragungen von Informationen zwischen Lebewesen ohne Beteiligung der bekannten Sinneskanäle,
  • Hellsehen (oder seltener französischClairvoyance): außersinnliche Wahrnehmung von Tatsachen, die keiner beteiligten Person bekannt sind,[4]
  • Präkognition: die Erfahrung von zukünftigen Ereignissen.

Die auditive Form des Hellsehens ist dasHellhören, die außersinnliche Wahrnehmung von Worten oder Geräuschen ohne objektives akustisches Ereignis.[5] Die in die Vergangenheit gerichtete Form der Präkognition ist dieRetrokognition, das außersinnliche Erfahren eines vergangenen Geschehens.[6]

Außersinnliche Wahrnehmungen sollen sowohl im Wachbewusstsein als auch in anderen Bewusstseinszuständen auftreten, z. B. inTrance oder im Schlaf bzw.Traum. Der Intensität nach werden bei außersinnlichen Wahrnehmungen sichere Kenntnis, unbestimmtes Ahnen oder ein Pseudo-Sinneseindruck (Halluzination oder Traum, realistisch oder verschlüsselt) unterschieden.[3]

Das Phänomen der außersinnlichen Wahrnehmung soll auch bei Tieren möglich sein, etwa wenn Tiere vor einem Erdbeben Unruhe zeigen. Parapsychologen untersuchten unter anderem das Verhalten von Katzen, Hunden und Enten.[7] Inwieweit tierische außersinnliche Wahrnehmungen sich dabei vomInstinkt abgrenzen lassen, ist allerdings unklar.

In derScience-Fiction-Literatur werden Personen oderFiguren mit einer solchenWahrnehmung gelegentlich alsEsper oderMutanten bezeichnet.

Historisch überlieferte Berichte über ASW

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Bereits aus derAntike sind angebliche außersinnliche Wahrnehmungen überliefert worden. So soll, nach dem Bericht vonPhilostratos, der PhilosophApollonius von Tyana, in Ephesus weilend, die gleichzeitig in Rom stattfindende Ermordung des KaisersDomitian miterlebt und geschildert haben.[8]

Der heiliggesprochenePhilipp Neri soll sich nähernde Personen erspürt, Künftiges erahnt, die Gedanken vor ihm Stehender gelesen und diesen seine Gedanken schweigend mitgeteilt haben. Außerdem habe er regelmäßig das Ergebnis vonPapstwahlen zutreffend vorausgesagt.Goethe schreibt in einem Essay über ihn von „außerordentlichsten, zwischen den höchst geistigen und höchst körperlichen schwebend erscheinenden Naturgaben“.[9]

Der schwedische GelehrteSwedenborg soll 1756 in einer Vision inGöteborg einen gleichzeitig inStockholm stattfindenden Brand gesehen haben. Der deutsche PhilosophImmanuel Kant ließ diese Begebenheit durch einen Freund vor Ort in Schweden mit positivem Ergebnis überprüfen, wovon er in einem Brief vom 10. August 1763 berichtete[10] – jedoch begegnete Kant Swedenborgs angeblichen Visionen aus dem Geisterreich mit Spott und Ablehnung (in:Träume eines Geistersehers, 1766).

Rudolf Steiner, der Gründer derAnthroposophie, erhob für sich den Anspruch, hellsichtig zu sein, in die Zukunft sehen und in derAkasha-Chronik lesen zu können, einer Art ätherischem Weltgedächtnis, in dem alles Wissen über die Vergangenheit gespeichert sein soll. Diese Fähigkeit, die in jedem Menschen angelegt sei, könne durch systematisches Üben nach 'geisteswissenschaftlicher Methode' und unter Anleitung durch einen Geisteslehrer erreicht werden.[11][12] Im August 1923 hielt Steiner inTorquay Vorträge, die sich hauptsächlich mit anthroposophischem Hellsehen in Theorie und Praxis befassten.[13] Der schwedische Philosoph Sven Ove Hansson verweist allerdings darauf, dass kein anderer Anthroposoph bislang diese Fähigkeit erlangt habe; auch hätten sich Steiners Prophezeiungen, wonach die Naturwissenschaft seine auf übernatürlichem Wege erlangten Einsichten zurAtomphysik, zurSpeziellen Relativitätstheorie und zurSyphilistherapie bestätigen würde, nicht erfüllt.[12]

Der späterheiliggesprochene italienischePater Pio soll bei derBeichte den Gläubigen die verheimlichtenSünden vorgehalten haben. Ebenso wird ihm, neben derStigmatisation, dieBilokation (gleichzeitige Anwesenheit an zwei Orten) zugeschrieben.[14]

In einer 2011 veröffentlichten Studie legte der amerikanischeSozialpsychologeDaryl J. Bem Belege für naturwissenschaftlich unerklärliches Vorherwissen seiner Probanden und „Zeit-Umkehr“ (time-reversing) vor, etwa präkognitive Reaktion auf erotische Stimuli oder besseres Abschneiden in einem Wissenstest, für den die Teilnehmer erst nach derTestung lernten.[15] In späteren Überprüfungen konnten diese Ergebnisse jedoch nichtrepliziert werden.[16]

Literatur

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  • Eberhard Bauer,Michael Schetsche (Hrsg.):Alltägliche Wunder. Erfahrungen mit dem Übersinnlichen, wissenschaftliche Befunde (Grenzüberschreitungen; Band 2). 2. Aufl. Ergon-Verlag, Würzburg 2011,ISBN 978-3-89913-845-0.
  • Werner F. Bonin: ArtikelAußersinnliche Wahrnehmung. In: Ders.:Lexikon der Parapsychologie, München 1988, S. 49–51.
  • A. Hergovich:Der Glaube an Psi. Die Psychologie paranormaler Überzeugungen. 2., vollständig überarb. u. erg. Auflage. Bern: Huber 2005,ISBN 978-3-456-84190-8.

Weblinks

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Belege

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  1. Stanislav Grof,Christina Grof (Hrsg.):Spirituelle Krisen. Chancen der Selbstfindung. Kösel, München 1990,ISBN 3-466-34251-1, S. 12
  2. Liane Hofmann, Patrizia Heise:Spiritualität und spirituelle Krisen. Handbuch zu Theorie, Forschung und Praxis. Schattauer, Stuttgart 2017,ISBN 978-3-7945-6861-1, S. 3
  3. abBonin, Außersinnliche Wahrnehmung (siehe Literatur), S. 50.
  4. Joachim Schmidt:Parapsychologie. In:Christoph Auffarth, Jutta Bernard, Hubert Mohr (Hrsg.):Metzler-Lexikon Religion. Gegenwart – Alltag – Medien. Band 4, J.B. Metzler, Stuttgart/Weimar 2005, S. 11–14, hier S. 12.
  5. Werner F. Bonin: ArtikelHellhören. In: Ders.,Lexikon der Parapsychologie, München 1988, S. 224.
  6. Werner F. Bonin: ArtikelRetrokognition. In: Ders.,Lexikon der Parapsychologie, München 1988, S. 429.
  7. Werner F. Bonin: ArtikelTierparapsychologie. In: Ders.,Lexikon der Parapsychologie, München 1988, S. 491–493.
  8. Werner F. Bonin: ArtikelApollonios von Tyana. In: Ders.,Lexikon der Parapsychologie, München 1988, S. 31 f.
  9. Goethe:Philipp Neri, der humoristische Heilige (Text-Link).
  10. Werner F. Bonin: ArtikelSwedenborg, Emanuel. In: Ders.,Lexikon der Parapsychologie, München 1988, S. 475. Kants Brief an Charlotte von Knobloch isthier online
  11. Rudolf Steiner:Wie erlangt man Erkenntnisse der höheren Welten? (online, abgerufen am 19. Juni 2016); Helmer Ringgren:Anthroposophie. In:Theologische Realenzyklopädie, Band 3, De Gruyter, Berlin 1978, S. 12 (abgerufen überDe Gruyter Online).
  12. abSven Ove Hansson:Is Anthroposophy Science? In:Conceptus. 25 (1991), Heft 64, S. 40–47 (online, abgerufen am 17. Juni 2016).
  13. Miriam Gebhardt:Rudolf Steiner. Ein moderner Prophet. DVA, München 2011, S. 322.
  14. Werner F. Bonin: ArtikelForgione, Francesco. In: Ders.,Lexikon der Parapsychologie, München 1988, S. 184f.
  15. Daryl J. Bem:Feeling the future: Experimental evidence for anomalous retroactive influences on cognition and affect. In:Journal of Personality and Social Psychology. 100, Heft 3 (2011), S. 407–425.
  16. Sebastian Hermann:Steile Thesen, nichts gewesen. In:Süddeutsche Zeitung. 1. Dezember 2018, S. 35.
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