Heide Simonis, geb.Steinhardt (*4. Juli1943 inBonn; †12. Juli2023 inKiel), war einedeutschePolitikerin (SPD).
Von 1988 bis 1993 war sieFinanzministerin und von 1993 bis 2005Ministerpräsidentin des LandesSchleswig-Holstein. Von 2005 bis 2008 war sie Vorsitzende vonUNICEF Deutschland.[1]
Sie stand als erste regulär ins Amt gewählte Frau an der Spitze einer deutschenLandesregierung[2] und gehört zu denEhrenbürgern Schleswig-Holsteins, als insgesamt sechste Person und erste Frau.[3]
Heide Simonis war die älteste von drei Töchtern von Horst und Sophia Steinhardt. Simonis’ Vater stammte aus einerKönigsberger Kaufmannsfamilie, ihre Mutter aus einer rheinischen Handwerkerfamilie. Nach seiner Kriegsrückkehr arbeitete der Vater bei der damaligenBundesanstalt für Arbeitsvermittlung und wurde Verwaltungsdirektor.[4] Ihre Mutter war kurzzeitig als zweite Sekretärin des damaligenBundeskanzlersKonrad Adenauer berufstätig. Ihren Vater bezeichnete Simonis als politisch „deutsch-national“, ihre Mutter als „noch weiter rechts“.[5]
Ab 1967 war Heide Simonis mit demVolkswirtUdo Ernst Simonis (* 1937) verheiratet, den sie während des Studiums inKiel kennenlernte und der alsProfessor fürÖkonomie an derTechnischen Universität Berlin und Direktor und Forschungsprofessor fürUmweltpolitik amWissenschaftszentrum Berlin für Sozialforschung tätig war.[6]
In ihrer frühen Kindheit litt Simonis an schweremAsthma, weswegen sie ab ihrem dritten Lebensjahr längere Zeiträume in Kinderheimen in Bad Soden,Freudenstadt,Garmisch-Partenkirchen und imWesterwald verbrachte, die sie sehr positiv in Erinnerung hatte.Bedingt durch den Umzug der Familie, zunächst nachHamburg, später nachNürnberg, besuchte sie verschiedene Schulen. IhrAbitur legte sie 1962 an einem evangelischen Mädchengymnasium in Nürnberg ab, an dem sieKlassensprecherin sowie stellvertretendeSchülersprecherin war.
Ursprünglich plante Simonis,Physik inMünchen zu studieren, entschied sich dann jedoch aufgrund von Zweifeln und Bedenken ihrer Mutter für ein Studium der Volkswirtschaftslehre an derFriedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg. Bedingt durch einen erneuten Umzug der Familie nachKiel, wo ihr Vater eine Anstellung als Direktor des Arbeitsamtes gefunden hatte, setzte sie ihr Studium an der dortigenChristian-Albrechts-Universität fort. 1967 legte sie ihr Examen ab und erlangte den akademischen Grad derDiplom-Volkswirtin.
Von 1967 bis 1969 lebte das Ehepaar Simonis in dersambischen HauptstadtLusaka, woUdo Simonis als persönlicher Berater des PräsidentenKenneth Kaunda tätig war und Projekte zur Landesentwicklung erarbeitete.[6] Heide Simonis gab währenddessen Deutschunterricht an der Universität Lusaka und arbeitete bei derZambian Airways. Sie beteiligte sich außerdem an von der Kirche initiierten Entwicklungsprojekten.
Nach ihrer Rückkehr nach Deutschland arbeitete Simonis zunächst als Sekretärin am Institut für Finanzen in Kiel. 1970 erhielt ihr Mann als einer von zwölf Wissenschaftlern weltweit ein Stipendium der Japanischen Gesellschaft für die Förderung der Wissenschaften, was ihm eine wissenschaftliche Tätigkeit am Institut für Entwicklungsländerforschung und an der Universität vonTokio ermöglichte. Auch dorthin begleitete Simonis ihren Mann. In Tokio arbeitete sie als Lektorin für Deutsch amGoethe-Institut und als Marketing Researcher fürTriumph International. Zurück in Deutschland war sie ab 1972 Berufsberaterin für Abiturienten und Hochschüler bei derBundesanstalt für Arbeit amArbeitsamt in Kiel.

Simonis überstand im Jahr 2002 eineBrustkrebs-Erkrankung. Im Jahr 2014 sprach sie erstmals öffentlich über ihreParkinsonerkrankung, an der sie seit 2012 litt.[7]
Zu ihrem 80. Geburtstag am 4. Juli 2023 erhielt Heide Simonis Glückwünsche unter anderem von MinisterpräsidentDaniel Günther sowie der SPD-LandesvorsitzendenSerpil Midyatli.[8] Acht Tage später starb sie in Kiel, wo sie zuletzt zurückgezogen von der Öffentlichkeit lebte.[9]
Simonis wurde am 28. Juli 2023 nach einer Trauerfeier in der KielerPetruskirche auf demKieler Südfriedhof beigesetzt.[10][11]
Ab 1969 war Simonis Mitglied derSPD. Von 1972 bis 1976 war sie Mitglied im Kreisvorstand der SPD in Kiel. Von 1988 bis 1991 und erneut von 1993 bis 2005 war sie Mitglied desSPD-Parteivorstandes.

Von 1972 bis 1976 war Simonis Mitglied der Kieler Ratsversammlung. 1976 wurde sie alsDirektkandidatin imWahlkreisRendsburg-Eckernförde zumMitglied des Deutschen Bundestages gewählt, wo sie u. a. die Position derfinanzpolitischen Sprecherin der SPD-Bundestagsfraktion einnahm. 1988 schied sie aus demBundestag aus.
Von 1992 bis 2005 war sieMitglied des Schleswig-Holsteinischen Landtags. Simonis war die zuletzt mit 59,8 % der Stimmen direkt in den Landtag gewählteAbgeordnete desWahlkreises (damals) 20 (Kiel-Ost). Am 27. April 2005 schied sie aus dem Landesparlament aus.
Nach dem Regierungswechsel in Schleswig-Holstein wurde Simonis am 31. Mai 1988 vonBjörn Engholm in das Amt derFinanzministerinSchleswig-Holsteins berufen. Nach dem Rücktritt vonGünther Jansen wurde sie am 10. März 1993 zusätzlich Stellvertreterin von Ministerpräsident Björn Engholm. Von August 1990 bis Mai 1993 war sie als Finanzministerin Vorsitzende der „Tarifgemeinschaft deutscher Länder“ (TdL). Hier wurde sie für ihre harte Hand bei den Tarifverhandlungen im öffentlichen Dienst 1992 bekannt, als sie die Forderung derÖTV von 9,5 % auf 5,4 % herunter handelte. Führende sozialdemokratische Politiker, wie der damalige niedersächsische MinisterpräsidentGerhard Schröder, hatten sie zuvor aufgefordert, sich nachgiebiger zu verhalten.
Nachdem Björn Engholm am 3. Mai 1993 zurückgetreten war, wurde Simonis am 19. Mai 1993 zu seiner Amtsnachfolgerin gewählt.[12] Sie war damit die erste und bis zur Wahl vonChristine Lieberknecht im Jahr 2009 inThüringen die einzige Ministerpräsidentin an der Spitze einesBundeslandes. Allerdings fungierteLouise Schroeder bereits 1947–1948 als Regierungschefin des späteren BundeslandesBerlin. Nachdem dieSPD bei derLandtagswahl von 1996 die absolute Mehrheit verloren hatte, bildete Simonis mit denGrünen eine Koalition, die auch bei derLandtagswahl 2000 bestätigt wurde. In ihrer Regierungszeit kam es 2002 zurLohmann-Affäre.
Nach dem Ergebnis derLandtagswahl vom 20. Februar 2005, aus der die CDU als stärkste Fraktion hervorging, war die Regierungsbildung unsicher. SPD und Grüne verfügten zusammen über 33,CDU undFDP gemeinsam über 34 Mandate. Eine Große Koalition unter der Führung der CDU schloss Simonis am 21. Februar 2005 in der TalkshowBeckmann mit den Worten „Und wo bleibe ich dabei?“ aus, was ihr den Namen „Pattex-Heide“ einbrachte.[13][14]Entscheidend war daher die Frage, wie sich die beiden Abgeordneten desSüdschleswigschen Wählerverbands verhalten würden. Nachdem sich der SSW zur Tolerierung einer rot-grünenMinderheitsregierung entschlossen hatte („Dänenampel“), galt die Wiederwahl von Simonis als sicher.
Bei der konstituierenden Sitzung des Landtages am 17. März 2005 stellte sich neben Simonis auch der CDU-LandesvorsitzendePeter Harry Carstensen zur Wahl. Beide konnten in vier Wahlgängen nicht die erforderliche Mehrheit der Stimmen auf sich vereinen. Mindestens ein Abgeordneter der verabredeten Koalition oder des SSW enthielt sich also bei dergeheimen Wahl der Stimme, obgleich die SPD- und Grünen-Fraktionen nach zwischenzeitlich abgehaltenen Sitzungen vermeldeten, in Probeabstimmungen habe es weder Stimmen gegen Simonis noch Enthaltungen gegeben. Bis heute ist unbekannt, wer ihr die Stimme verweigerte („Heide-Mörder“-Debatte). Nachdem die Stimmengleichheit auch im vierten Wahlgang unverändert geblieben war, zog Simonis ihre Kandidatur zurück (siehe auchWahl des Ministerpräsidenten von Schleswig-Holstein 2005). Bis zur Wahl von Peter Harry Carstensen im fünften Wahlgang am 27. April 2005 blieb sie alsgeschäftsführende Ministerpräsidentin im Amt. Danach legte sie auch ihr Landtagsmandat nieder und schied aus der aktiven Politik aus. Sie ist die am längsten amtierende Ministerpräsidentin in der Geschichte Schleswig-Holsteins.
Von 1999 bis 2002 war Simonis Mitglied im Beratungsgremium desWHO-Zentrums für Gesundheitsentwicklung inKōbe/Japan für die RegionEuropa. Der InitiativeSchüler Helfen Leben half Simonis in ihrer Entstehungsphase und ermöglichte der Initiative den erstenSozialen Tag in Schleswig-Holstein zu veranstalten. Sie war Mitglied im Stiftungskuratorium der Stiftung von Schüler Helfen Leben.
DerStark-Preis wurde von Heide Simonis 2001 ins Leben gerufen und danach jährlich verliehen.
Im Oktober 2005 wurde Simonis zur ehrenamtlichen Vorsitzenden vonUNICEF Deutschland gewählt. Sie widmete sich vor allem dem Projekt „Schulen für Afrika“. Auf diese Organisation war sie erstmals im Herbst 1995 zugegangen, um eine Hilfsaktion für die Kinder während derJugoslawienkriege zu unterstützen. 2001 unterstützte sie besonders die KampagneBringt die Kinder durch den Winter, um Kinder inAfghanistan mit dem Nötigsten zu versorgen. Im Januar 2002 reiste sie unmittelbar nach dem Sturz derTaliban nachKabul und besuchte UNICEF-Projekte in Schulen und Krankenhäusern. Im Mai 2005 wurde sie in den Vorstand des Deutschen Komitees für UNICEF und am 17. Oktober 2005 zur Vorsitzenden von UNICEF Deutschland gewählt. In die Amtszeit von Ex-Ministerpräsidentin Heide Simonis fällt ein Spendenskandal des Kinderhilfswerks.[15] Als Folge davon trat sie am 2. Februar 2008 als Vorsitzende von UNICEF Deutschland zurück.[1] Das in diesem Rahmen eingeleitete Ermittlungsverfahren gegen den damaligen Geschäftsführer des KinderhilfswerkesDietrich Garlichs wurde später eingestellt.
Im Frühjahr 2006 nahm Simonis zusammen mit dem TänzerHendrik Höfken am Fernseh-TanzturnierLet’s Dance des SendersRTL teil. Dies verstand sie als Teil ihres Engagements für das Kinderhilfswerk der UNICEF. Die BoulevardzeitungBild begleitete die Fernsehsendung mit mehreren Artikeln gegen Simonis (die darin „Hoppel-Heide“ genannt wurde).[16] Simonis trat unter Angabe gesundheitlicher Gründe von dem Tanzturnier zurück.
Von 2011 bis 2015 war Heide Simonis Präsidentin des Schleswig-Holsteinischen Sängerbundes.
| Personendaten | |
|---|---|
| NAME | Simonis, Heide |
| ALTERNATIVNAMEN | Steinhardt, Heide (Geburtsname) |
| KURZBESCHREIBUNG | deutsche Politikerin (SPD), MdL, MdB, Ministerpräsidentin von Schleswig-Holstein |
| GEBURTSDATUM | 4. Juli 1943 |
| GEBURTSORT | Bonn |
| STERBEDATUM | 12. Juli 2023 |
| STERBEORT | Kiel |