
Haushaltssaldo (auchFinanzierungssaldo oderBudgetsaldo) ist die Differenz derAusgaben undEinnahmen einesöffentlichen Haushalts mit Ausnahme derNettokreditaufnahme.
Ein Haushalt ist die zusammenfassende Darstellung deröffentlichen Finanzwirtschaft, ausgedrückt in Einnahmen und Ausgaben. In Deutschland sind haushaltsführende Stellen verpflichtet, einen formell ausgeglichenen Haushalt aufzustellen, (Art. 110 Abs. 1 Satz 2GG,§ 8BHO). Hiernach müssen die Ausgaben durch Einnahmen einschließlich der Nettokreditaufnahme gedeckt sein. Man bezeichnet dies alsformellen Haushaltsausgleich.
Der Haushaltssaldo entspricht der Nettokreditaufnahme mit umgekehrtem Vorzeichen: Übersteigen etwa die neu aufgenommenen Kredite die im selben Jahr geleisteten Tilgungen, ist die Nettokreditaufnahme positiv und der Haushaltssaldo negativ; ihre Summe ist stets gleich Null. Beimmateriellen Haushaltsausgleich sind die Nettokreditaufnahme und der Haushaltssaldo jeweils für sich genommen gleich Null.
Ein materieller Haushaltsausgleich ist schwierig zu erreichen, weil die Einnahmen auf Steuerschätzungen beruhen, während der größte Teil der Ausgaben bereits gesetzlich feststeht. Deckungsprobleme können sich somit beim Haushaltsvollzug ergeben, wenn die tatsächlichen Einnahmen geringer sind als die geplanten.[1]InArt. 109 Abs. 3 GG ist vorgeschrieben, dass die Haushalte vonBund undLändern grundsätzlich ohne Einnahmen aus Krediten auszugleichen sind. Demgegenüber verlangt die Forderung des Haushaltsausgleich gemäßArt. 110 Abs. 1 Satz 2 GG lediglich einen formellen Ausgleich.[2]
Ein kommunaler Haushalt ist dann ausgeglichen, wenn dieZuführung vomVerwaltungs- an denVermögenshaushalt mindestens der Höhe der planmäßigen Tilgungsleistungen entspricht. Ist der Zuführungsbetrag an den Vermögenshaushalt höher, verfügt die haushaltsführende Stelle über eine „freie Spitze“, fällt er geringer aus, weist der Haushalt ein Haushaltsdefizit auf. Der Haushaltsausgleich gehört zum Prinzip der Haushaltswahrheit und damit zu denHaushaltsgrundsätzen.
Ein positiver Haushaltssaldo heißt Haushaltsüberschuss (auch:Budgetüberschuss oderFinanzierungsüberschuss), ein negativer Haushaltssaldo heißt Haushaltsdefizit (auch:Budgetdefizit oderFinanzierungsdefizit). Weist ein kommunaler Verwaltungshaushalt einen Überschuss aus, ist dieser auf den Vermögenshaushalt zu übertragen, Defizite werden durch Auflösung vonRücklagen oder Veräußerungen im Vermögenshaushalt ausgeglichen. Diese Übertragungen zum oder vom Vermögenshaushalt führen in jedem Fall zu einem Ausgleich des Verwaltungshaushalts. Als „Freie Spitze“ bezeichnet man haushaltsrechtlich den positiven Saldo des Verwaltungshaushalts nach Abzug der planmäßigen Kredittilgungen, der an den Vermögenshaushalt abzuführen ist. Der Haushaltssaldo ist also das normierte Ergebnis, ausgedrückt in Haushaltsdefizit oder -überschuss („freie Spitze“). Die meisten Staaten weisen seit Jahrzehnten fast immer Haushaltsdefizite auf, was zu einer weltweit immer weiter zunehmendenStaatsverschuldung führt. Dies kann zu Krisen führen, z. B. dieStaatsschuldenkrise im Euroraum.

Ein Haushaltsdefizit muss – zwecks formal erforderlichen Haushaltsausgleichs – durch Rücklagen und/oder Kreditaufnahmen ausgeglichen werden. Rücklagen dienen nach § 103 HessGemO zum Ausgleich von Einnahmeschwankungen und zur Sicherung der Zahlungsfähigkeit. Steht eine Rücklage nicht zur Verfügung, bleiben Kreditaufnahmen als einzige Ausgleichsoption übrig. Das ist grundsätzlich auf Bundesebene der Fall, sodass dort ein Haushaltsdefizit mit einer Kreditaufnahme gleichzusetzen ist. Ein Defizit legt offen, dass Ausgaben nicht mehr durch laufende Einnahmen gedeckt werden können und deshalb Neukredite zur Finanzierung der Deckungslücke aufgenommen werden müssen.
Der BegriffFinanzierungssaldo wird überwiegend Synonym zu Haushaltssaldo verwendet. (§ 13 Abs. 4 BHO) sieht geringfügige Bereinigungen insbesondere um den Münzgewinn vor.
Betrachtet man verschiedene Staaten, ist ein Vergleich ihrer Haushaltssalden nicht sinnvoll, weil sich die verschiedenen Länder in ihrer Wirtschaftskraft voneinander unterscheiden. Eine für Vergleiche sinnvollevolkswirtschaftliche Kennzahl ist dieDefizitquote, die als Verhältnis von Haushaltsdefizit undBruttoinlandsprodukt definiert ist:[3]
Je stärker die Wirtschaftskraft eines Staates ist, umso mehrStaatsverschuldung kann er sich leisten. Denn der aus der Staatsverschuldung resultierendeSchuldendienst ist die Hauptursache für ein Haushaltsdefizit. Steigt dasZinsniveau – bei sonst gleichbleibenden Bedingungen – so verschlechtert sich die Defizitquote und umgekehrt. Geringere Staatsverschuldung hat eine Verbesserung der Defizitquote zur Folge und umgekehrt.
Analog berechnet man im Fall positiver Haushaltssalden dieÜberschussquote. DerStabilitäts- und Wachstumspakt untersagt grundsätzlich Defizitquoten von mehr als drei Prozent des Bruttoinlandsprodukts. Die nebenstehende Tabelle zeigt die Defizit- und Überschussquoten der europäischen Staaten in den Jahren 2000 bis 2011.
Im Falle eines Haushaltsüberschusses erwirtschaftet der Staat einen Überschuss der Einnahmen über die Ausgaben. Dieser Überschuss mindert den bestehenden Schuldenstand.
Bisher (Stand: 2020) ist ein Haushaltsüberschuss in der Bundesrepublik Deutschland seit den 1950er Jahren (sieheJuliusturm) in acht Jahren vorgekommen. Haushaltsdefizite waren die Regel. 1969 blieb für lange Zeit das letzte Jahr mit ausgeglichenem Haushalt.[4]Erst 2007 – fast 40 Jahre später – konnte in Deutschland wieder ein ausgeglichener Gesamtsstaatshaushalt erreicht werden.[4] Es folgten vier weitere Jahre mit einem Haushaltsdefizit. In den Jahren 2012 bis 2019 war der Gesamtsstaatshaushalt (bestehend aus den Haushalten auf Bundes-, Landes- und kommunaler Ebene sowie derSozialversicherung) wieder ausgeglichen, 2014–2019 auch derBundeshaushalt. Deutschland konnte von 2014 bis 2019 jährlich einen Überschuss des Gesamtstaatshaushaltes erzielen; für 2019 lag die Überschussquote bei 1,4 % desBIP.[5][6][7] Im Jahr 2020 hingegen war erneut ein Defizit im öffentlichen Gesamthaushalt zu verzeichnen – bedingt durch die Auswirkungen derCOVID-19-Pandemie das höchste Defizit seit derdeutschen Wiedervereinigung.[8]
Norwegen erzielt infolge seines Ölreichtums seit Jahren Haushaltsüberschüsse, die es teils imstaatlichen Pensionsfonds (mehrere hundert Milliarden Euro) einzahlt und verwaltet.[9]
Um das Postulat eines Haushaltsausgleichs durchzusetzen, sind gesetzliche Sanktionen für den Fall eines Haushaltsdefizits vorgesehen. Diese greifen jedoch nicht bei einem einmaligen und geringen Haushaltsdefizit, sondern erst bei dauerhaften und hohen Defiziten. InArt. 109 Abs. 3 GG ist vorgesehen, dass die Bundes- und Länderhaushalte im Regelfall ohne Einnahmen aus Krediten auszugleichen sind („Schuldenbremse“). Diese Forderung gilt als eingehalten, wenn das Haushaltsdefizit 0,35 % des nominalenBruttoinlandsprodukts nicht überschreitet (Art. 115 Abs. 2 Satz 2 GG). Damit ist ein materieller Haushaltsausgleich gemeint. NachArt. 126AEU-Vertrag sind übermäßige Defizite zu vermeiden, sodass Haushaltsdefizite europarechtlich nicht grundsätzlich verboten sind. Überschreitet das Defizit im Bundeshaushalt allerdings 3 % des Bruttoinlandsprodukts, so drohen die inArt. 126 Abs. 11 AEU-Vertrag aufgeführten Sanktionen. Da das nationale zulässige Haushaltsdefizit wesentlich niedriger ist als das europarechtliche, führt dessen Einhaltung automatisch auch zur Einhaltung der europarechtlichen Defizitgrenze.
Auf kommunaler Ebene ist die Verfehlung des Ziels eines Haushaltsausgleichs ebenfalls mit gesetzlichen Konsequenzen verbunden. Kann nämlich ein ausgeglichener Haushalt nicht vorgelegt werden, greift das so genannteHaushaltssicherungskonzept mit dem Ziel, künftig wieder einen ausgeglichenen Haushalt erreichen zu können (§ 76 GemO NRW). Es darf ein Drittel der Rücklage aufgebraucht werden, um einen ausgeglichenen Haushalt zu ermöglichen. Wird dieser Schwellenwert überschritten, wird das Haushaltssicherungskonzept ausgelöst. Dann wird vermutet, dass eine Verringerung der Rücklage in zwei aufeinanderfolgenden Haushaltsjahren auf strukturelle Haushaltsdefizite hinweist. Dabei wirkt im Wege der Genehmigung und Überwachung dieKommunalaufsicht mit.
Die Bedeutung von Haushaltsdefiziten wird in derVolkswirtschaftslehre kontrovers diskutiert, siehe dazu den HauptartikelStaatsverschuldung.