Hauptspiegel


DerHauptspiegel (auchPrimärspiegel) ist bei einemSpiegelteleskop oder einemkatadioptrischen Teleskop der erste optisch wirksameSpiegel, auf den das vom Objekt kommende Licht trifft. Meist ist er, wie beimNewton-Teleskop, alsParaboloid geschliffen, bei speziellen Optiken wie derSchmidtkamera auch alsKugelspiegel oder inhyperbolischer Form.
Bei Teleskopen füroptischeWellenlängen (Licht, UV, nahes Infrarot) bestehen Hauptspiegel heute meist ausGlas oderGlaskeramik. Bis etwa 1900 verwendete man überwiegendMetallspiegel, weil bei größeren Glasgussformen das Problem der Schlieren noch ungelöst war. Parabolspiegel lassen sich ebenfalls alsflüssiger Spiegel realisieren.[1]
InSpiegelreflexkameras wird alsHauptspiegel der ebene, teildurchlässige Spiegel bezeichnet, der das Licht in den Sucher lenkt, und beim Wegklappen auf den Film bzw. das CCD-Array. Hinter ihm befindet sich derHilfsspiegel für den Autofokus.
Geschichte
[Bearbeiten |Quelltext bearbeiten]In den Anfangsjahren der vonNewton erfundenenSpiegelteleskope wurden die Spiegel ausSpiegelmetall hergestellt. Weil das Metall jedoch schnell oxidierte, mussten diese Spiegel häufig nachpoliert werden. Dabei verschlechterte man leicht die hergestellte glatte Oberfläche und veränderte die genaue Oberflächenform. Deshalb kam man auf Glas als Träger, das man mit Silber verspiegelte.[2] Heutige Teleskopspiegel werden imHochvakuum mit einer dünnen Aluminiumschicht bedampft und zum Schutz gegen schnelles Erblinden mit einer Quarzschutzschicht versehen.[3]
Die riesigen Spiegel heutigerGroßteleskope (bis zu 10 Meter Durchmesser) werden nicht mehr ineinem Stück gegossen, sondern aus hunderten, computergesteuerten Segmenten zusammengesetzt. Die größten Einzelspiegel sind jene amMount Palomar, USA (5 Meter, 1947) und amSelentschuk-Observatorium, Russland (6 Meter, 1975/78).
Strahlverlauf und Abbildungsfehler
[Bearbeiten |Quelltext bearbeiten]Die Spiegel ganz kleinerTeleskope sindHohlspiegel in der Form reinerKugelflächen. Ein Kugelspiegel sammelt parallele Lichtstrahlen aber nicht genau in einem Punkt, sondern in einer räumlichen Ausdehnung entlang der Längsachse des Brennpunktes (sog.„Brennlinie“). Bei größeren Spiegeln wird deshalb einRotationsparaboloid hergestellt, das dieLichtstrahlen wirklich in einem Punkt sammelt. Sehr große Teleskope werden heutzutage meist alsRitchey-Chrétien-Teleskop gebaut, bei dem der Hauptspiegelhyperbolisch deformiert ist – derFangspiegel übrigens auch,zusätzlich zu der Hyperbelform, die er für seine Aufgabe imCassegrainsystem ohnehin benötigt.
Herstellung
[Bearbeiten |Quelltext bearbeiten]In derAmateur-Astronomie wird als Spiegelmaterial meistBorosilicatglas verwendet, das einen sehr geringenAusdehnungskoeffizienten besitzt. Die Glasrohlinge wurden früher durch Pressen oder Gießen in Metallformen hergestellt. Heute wird Borosilicat-Floatglas (z. B.Borofloat) mit 25 mm Stärke hergestellt, aus dem die Glasrohlinge ausgeschnitten werden.[4]
Diegroßen Spiegel der astronomischen Forschung werden heute dagegen meist ausGlaskeramik hergestellt. In speziellenDrehöfen werden die Spiegelrohlinge direkt aus Glasbruch in Form geschmolzen. Dabei rotiert der Ofen mit jener definierten Drehzahl, welche die gewünschteParaboloidform erzeugt. Bei der Abkühlung der Glasschmelze wird der Temperaturverlauf so geregelt, dass durch keramischeKristallisation eine Mischung aus 60 Prozent Keramik und 40 Prozent Glas entsteht. Der negative Ausdehnungskoeffizient der Keramik hebt sich mit dem positiven des Glases auf, sodass praktisch überhaupt keine Wärmeausdehnung mehr auftritt. Um Spannungsfreiheit zu erreichen und den Keramikanteil auszukristallisieren, dauert der Abkühlprozess entsprechend lange.[5][6][7]
Ist der Spiegel fertig ausgekühlt, kann die Endformgeschliffen und poliert werden. BeimPolieren muss eine Oberflächengenauigkeit unter Lambda/2 (die Hälfte der Wellenlänge, in der später beobachtet werden soll), meist aber besser Lambda/8, erreicht werden.[8] Professionell eingesetzte Spiegel werden auf bis zu 20 Nanometer genau gefertigt.
Kleine Hauptspiegel, die mit einem Verhältnis von Durchmesser zu Dicke von 10 : 1 hergestellt werden können, sind von sich aus formstabil. Ab 50 cm Durchmesser werden solche Spiegel allerdings recht schwer. Stellt man sie jedoch dünner her, so verbiegen sie sich bei Lageänderungen durch ihr Eigengewicht. Der Effekt ist zwar geringer als bei derLinsendurchbiegung, aber doch merklich.
Größere Spiegel wurden früher zur Gewichtsreduzierung von der Rückseite her ausgebohrt. Heute werden die Spiegel gleich mit einer Wabenstruktur auf der Rückseite gegossen, wodurch sich das Gewicht um über 60 % verringern lässt.Im Richard F. Caris Mirror Lab in Arizona[9] wird eine große Zahl der heute in Großteleskopen verwendeten Spiegel mit 8,4 m Durchmesser und Wabenstruktur hergestellt. Die Spiegel bestehen aus Borosilikatglas und werden unter Rotation gegossen, um als Oberfläche einen Paraboloiden zu erhalten, wodurch die Schleifbearbeitung reduziert wird.

Segmentierte Spiegel
[Bearbeiten |Quelltext bearbeiten]Massive Spiegel mit mehr als 6 m Durchmesser (wie zuletzt 1978 beimSelentschuk-Observatorium) werden wegen der Verformung durch ihr Eigengewicht nicht mehr hergestellt. Deshalb wurden in den 1980er-Jahren mehrere Spiegel mit 8 bis 10 Meter Öffnung zunächst aus dutzenden Segmenten hergestellt. Diesesechseckigen, bis 1,5 m großen Segmente wurden durch die Halterung (statisch) so positioniert, dass ein fehlerfreies Bild entsteht. Heute gibt esaktive Lagerungen, die den Spiegel dynamisch an vielen Auflagepunkten stützen und somit die Verbiegung durch sein Eigengewicht oder Montagefehler ausgleichen. Diese Korrektur ist auch abhängig vom jeweiligenHöhenwinkel des Teleskops. Zudem wurde dieadaptive Optik entwickelt, um Störeinflüsse durch dieLuftunruhe auszugleichen.
Literatur
[Bearbeiten |Quelltext bearbeiten]- Seb.Hoerner,Karl Schaifers:Optische Systeme. Kapitel 2.1 inMeyers Handbuch über das Weltall, Bibliogr.Institut, Mannheim 1960
- W. Jahn:Die optischen Beobachtungsinstrumente. S. 9–79 imHandbuch für Sternfreunde, Springer-Verlag 1981
- Rudolf Brandt:Das Fernrohr des Sternfreundes. Kosmos-Verlag, Stuttgart 1958
- Detlev Block:Astronomie als Hobby. Abschnitt Fernrohre (S. 144–156). Bassermann-Verlag, München/Tešin 2005
- Günter D. Roth:Kosmos Astronomiegeschichte – Astronomen, Instrumente, Entdeckungen. 190 S., Franckh-Kosmos, Stuttgart 1989,ISBN 978-3-440-05800-8.
- Bernhard Mackowiak:Die neuen Superfernrohre –Untertitel:Um immer tiefer in das Weltall blicken zu können, müssen die Teleskope immer größer werden. Doch bei den Linsen gibt es technische Grenzen. Die Teleskope der Zukunft sind aus vielen kleineren zusammengesetzt. Welt Online, 30. September 2006, Axel Springer, Berlin 2006.
Einzelnachweise
[Bearbeiten |Quelltext bearbeiten]- ↑Flüssige Teleskopspiegel. In:Spektrum der Wissenschaft. April 1994,S. 70 (spektrum.de).
- ↑Hohlspiegel, Grundlage moderner Teleskope (Memento desOriginals vom 15. Oktober 2012 imInternet Archive) Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäßAnleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/www.sternwarte-beelitz.de
- ↑Aluminium Bedampfung für Teleskopspiegel, Berliner Planetarium
- ↑Unterscheidung der Spiegelmaterialien
- ↑auf alluna-optics.de@1@2Vorlage:Toter Link/www.alluna-optics.de (Seite nicht mehr abrufbar, festgestellt im April 2018.Suche in Webarchiven) Info: Der Link wurde automatisch als defekt markiert. Bitte prüfe den Link gemäßAnleitung und entferne dann diesen Hinweis.
- ↑Leute:Physik und ihre Anwendungen in Technik und Umwelt, S. 385.
- ↑Jürgen Gobrecht, Erhard Rumpler:Werkstofftechnik – Metalle, S. 261.
- ↑Qualitätsspiegelfertigung auf alluna-optics.de (Memento desOriginals vom 11. Januar 2011 imInternet Archive) Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäßAnleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/www.alluna-optics.de
- ↑Richard F. Caris Mirror Lab (Memento desOriginals vom 19. April 2019 imInternet Archive) Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäßAnleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/mirrorlab.as.arizona.edu