Harri Meier
Harri Meier (*8. Januar1905 inHamburg; †7. November1990 inBonn) war ein deutscherRomanist undEtymologe.
Leben
[Bearbeiten |Quelltext bearbeiten]Meier studierte Romanische Philologie in Hamburg (beiBernhard Schädel undFritz Krüger) und wurde dort 1927 mit der DissertationBeiträge zur sprachlichen Gliederung der Pyrenäenhalbinsel und ihrer historischen Begründung (erschienen Hamburg 1930)promoviert. Er war dannLektor inMurcia, später Assistent am Ibero-Amerikanischen Institut der Universität Hamburg, schließlich 1934 Assistent am Romanischen Seminar derUniversität Rostock. Dort habilitierte er sich 1935 beiFritz Schalk. Von 1937 bis 1940 war er Privatdozent in Rostock, dann bis 1941 in Leipzig.
Von 1941 bis 1945 war er zuerst außerordentlicher, dann (1943) ordentlicher Professor inLeipzig. Von 1943 bis 1950 war er Gastprofessor in Lissabon, 1944 Direktor des dortigen Deutschen Wissenschaftlichen Instituts. Von 1950 bis 1954 war er ordentlicher Professor inHeidelberg, von 1954 bis zu seiner Emeritierung ordentlicher Professor für Romanische Philologie inBonn.
Meier war korrespondierendes Mitglied derHeidelberger Akademie der Wissenschaften (1955).
Werk
[Bearbeiten |Quelltext bearbeiten]Die Impulse für sein sprachwissenschaftliches Forschen nahm Meier aus einem Verständnis von Wissenschaft, wonach erst die Einsicht in die Zusammenhänge der Zeit, des Raumes, der sprachlichen Ausdrucksformen und der Wissenschaftsgeschichte den Boden für die Fortentwicklung des Faches Romanistik bereitet.[1] Infolgedessen spielte für Meier auch im Rahmen von linguistischen Einzelstudien die gesamtromanische Perspektive eine wichtige Rolle. Dabei blieben die methodischen Rahmenbedingungen der romanischen Etymologie insgesamt relativ homogen, auch wenn sich markante Divergenzen bei den Forschungskonzepten dann ergaben, wenn prinzipielle Unterschiede bei der Einschätzung sprachlicher Entwicklungszusammenhänge bestanden. Dies machte sich nachhaltig bei dem Antagonismus zwischen Harri Meier, der grundsätzlich lateinische Etymologien favorisierte, undGerhard Rohlfs bemerkbar, der etymologische Erklärungen oft auf der Basis vorrömischer Substrat- oder germanischer Superstratwirkung suchte.[2]
Die Grundsätze von Meier liegen auch seiner Theorie zur Sprachentwicklung auf deriberischen Halbinsel zugrunde: Demnach gab es zweiRomanisierungsströme, die unterschiedlichen Routen folgten. Der erste verlief in etwa vonTarraco aus entlang demEbrotal nachKantabrien. Der zweite beginnt inBaetica in der Gegend des heutigenAndalusien, verläuft von dort aus nach Westen und biegt dann entlang derAtlantikküste nach Norden ab. Sein Ende findet er inGallaecia-Asturica, heuteGalicien undAsturien. Auf diese Weise lässt sich beispielsweise erklären, dass in Baetica ein gehobeneresLatein gesprochen wurde als inTarraconensis. Spuren dieses höherenSprachniveaus findet man heutzutage in derportugiesischen Sprache.[3] Mit der Theorie lässt sich auch der Unterschied zwischen demKatalanisch-Aragonesischen und demPortugiesisch-Asturisch-Leonesischen erklären. DemKastilischen kommt demnach eine Mittelstellung zu.
Meiers literarisches Interesse galt vor allem Cervantes, er hat aber auch über Mérimée, Dante, Gil Vicente, Camoes und Jorge Amado gearbeitet.[4] SeineSpanische Märchen hatten bereits 1977 eine Auflage von 75.000 erreicht.[5] Sie erschienen im Jahr 2000 sogar als Tonträger auf dem Markt.[6] Auch die in der ReiheDie Märchen der Weltliteratur erschienenenPortugiesische Märchen erreichten hohe Auflagen und wurden wiederholt aufgelegt.[7]
Meiers Schaffen zählt weltweit zu den ertragsreichsten Studien, die in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts auf dem Gebiet romanistischer etymologischer Forschung unternommen wurden.[8] Darüber hinaus gilt er als einer der großen Vertreter der Iberoromanistik.[9]
Meier war Mitglied inNS-Organisationen wie derSA[10]. Seine wissenschaftliche Haltung wurde gewürdigt.[11]
Aus Anlass seines 25. Todestags wurde im Sommer 2015 eine Ausstellung eröffnet, die das Museum derRheinischen Friedrich-Wilhelms-Universität Bonn, der Harri-Meier-Freundeskreis und das Romanische Seminar Harri Meier zu Ehren vorbereitet hatten.[12]
Weitere Werke
[Bearbeiten |Quelltext bearbeiten]- Die Entstehung der romanischen Sprachen und Nationen, Frankfurt 1941, Ann Arbor 1980
- Ensaios de filologia romanica, Lisboa 1948
- Die Onomasiologie der Dummheit, Heidelberg 1972
- Neue Beiträge zur romanischen Etymologie, Heidelberg 1975
- Primäre und sekundäre Onomatopöien und andere Untersuchungen zur romanischen Etymologie, Heidelberg 1975
- Neue lateinisch-romanische Etymologien, Bonn 1980
- Lateinisch-romanische Etymologien, Wiesbaden 1981
- Die Entfaltung von lateinisch vertere, versare im Romanischen : Beiträge zur Geschichte einer etymologischen Grossfamilie, Frankfurt 1981
- Aufsätze und Entwürfe zur romanischen Etymologie, Heidelberg 1984
- Notas criticas al DECH de Corominas, Santiago de Compostela 1984
- Prinzipien der etymologischen Forschung : romanistische Einblicke, Heidelberg 1986
- Etymologische Aufzeichnungen : Anstösse und Anstössiges, Bonn 1988
- (Hrsg.) (mit Hans Sckommodau)Wort und Text. Festschrift für Fritz Schalk, Frankfurt 1963
- Adjetivo e adverbio. In:Ensaios de Filología Românica. Lisboa 1948, S. 55–114
Literatur
[Bearbeiten |Quelltext bearbeiten]- Sprache und Geschichte : Festschrift für Harri Meier zum 65. Geburtstag, hrsg. vonEugenio Coseriu undWolf-Dieter Stempel, München 1971
- Romanica Europaea et Americana : Festschrift für Harri Meier, 8. Januar 1980, hrsg. vonHans Dieter Bork,Artur Greive undDieter Woll, Bonn 1980
- In memoriam Harri Meier : Reden gehalten am 8. Juni 1991 bei der Gedenkfeier der Philosophischen Fakultät der Rheinischen Friedrich-Wilhelms-Universität Bonn / vonHelmut Keipert u. a., Bonn 1992
- Harri Meier – Stationen seines Lebens und Wirkens; Hamburg – Rostock – Leipzig – Lissabon – Heidelberg – Bonn / Interviews mit Willi Hirdt, hrsg. vonHans Dieter Bork, Romanisches Seminar der Universität zu Köln, Köln 2005 (mit vollständigem Schriftenverzeichnis)
- Souvenirs : zum 100. Geburtstag von Harri Meier (1905 - 1990). Hrsg.: Harri-Meier-Freundeskreis. Schriftleitung: Horst und Wiltrud Bursch, Bornheim 2005
- Franz Josef Hausmann, Wider den Trend in der etymologischen Forschung. Zwei neue Bücher von Harri Meier, in:Göttingische Gelehrte Anzeigen 235, 1983, S. 103–116
- Dieter Woll in:Romanische Forschungen 102, 1990, S. 443–445
- Wolf-Dieter Stempel in:Archiv für das Studium der neueren Sprachen und Literaturen 227, 1991, S. XIII-XVI
- Horst Bursch in:Verba 18 (1991), S. 719–724
Weblinks
[Bearbeiten |Quelltext bearbeiten]- (mit Bild) Professorenkatalog Universität Leipzig
- Eintrag von Harri Meier imCatalogus Professorum Rostochiensium
- Literatur von und über Harri Meier im Katalog derDeutschen Nationalbibliothek
- Literatur von und über Harri Meier imSUDOC-Katalog (Verbund französischer Universitätsbibliotheken)
Einzelnachweise
[Bearbeiten |Quelltext bearbeiten]- ↑Vgl. Hans Dieter Bork/Artur Greive/Dieter Woll, S. 3 (Bibliographische Angaben oben unter „Literatur“)
- ↑Vgl. Wolfgang Schweickard, Etymologische und wortgeschichtliche Erforschung und Beschreibung der romanischen Sprachen: Italienisch und Sardisch. Etude et description étymologique et historique du lexique des langues romanes: l´italien et le sarde, in:Romanische Sprachgeschichte. Histoire linguistique de la Romania. Ein internationales Handbuch zur Geschichte der romanischen Sprachen. Manuel international d´histoire linguistique de la Romania. 1. Teilband. Tome 1, hrsg. von Gerhard Ernst/Martin-Dietrich Gleßgen/Christian Schmitt/Wolfgang Schweickard. Walter Gruyter: Berlin - New York 2003, S. 348
- ↑http://www.romling.uni-tuebingen.de/coseriu/publi/coseriu260.pdf
- ↑Vgl. im Einzelnen Peter Blumenthal:In memoriam Harri Meier. In:DRV-Mitteilungen (1991/1), S. 56
- ↑Vgl.Spanische Märchen, übersetzt von Harri Meier und Felix Karlinger. Nachwort von Harri Meier. Fischer, Frankfurt am Main 1977
- ↑Vgl.Spanische Märchen, gelesen von Engelbert von Nordhausen. Herausgegeben und übertragen von Harri Meier und Felix Karlinger. Johannisthal Synchron / Audio Books: Berlin 2000
- ↑Vgl.Portugiesische Märchen, hrsg. von Harri Meier und Dieter Woll. Diederichs, München 1993
- ↑Vgl. Steven N. Dworkin, University of Michigan/USA, in:Romance Philology. Volume XLII, Number 4, May 1989, S. 447
- ↑Vgl. Ramón Lorenzo, Universidade de Santiago de Compostela/Spanien, in:Verba 6, 1979, S. 415
- ↑Harri Meier, in Professorenkatalog Leipzig
- ↑Vgl.Frank-Rutger Hausmann:Vom Strudel der Ereignisse verschlungen. Deutsche Romanistik im „Dritten Reich“. Frankfurt/Main 2008, S. 379 et passim. Vgl. auchde.wikipedia.org Artikel "Westforschung" - Stand 17. Oktober 2015
- ↑uni-bonn.tv,https://www.youtube.com/watch?v=WWTLL-0LKbI&feature=youtu.be
Personendaten | |
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NAME | Meier, Harri |
KURZBESCHREIBUNG | deutscher Romanist und Etymologe |
GEBURTSDATUM | 8. Januar 1905 |
GEBURTSORT | Hamburg |
STERBEDATUM | 7. November 1990 |
STERBEORT | Bonn |
- Romanist
- Mitglied der Heidelberger Akademie der Wissenschaften
- Hochschullehrer (Lissabon)
- Hochschullehrer (Ruprecht-Karls-Universität Heidelberg)
- Hochschullehrer (Universität Leipzig)
- Hochschullehrer (Rheinische Friedrich-Wilhelms-Universität Bonn)
- Wissenschaft im Nationalsozialismus
- SA-Mitglied
- Deutscher
- Geboren 1905
- Gestorben 1990
- Mann