Hag

EinHag ist ein meist von einerHeckeeingehegtes bzw.eingefriedetes Gelände. Auch die Hecken für die Einhegung selbst wurden so bezeichnet.[1] Der Wortbestandteil-ha(a)g(en) weist als verbreiteterFlur- oderOrtsname auf diesesSiedlungselement im Mittelalter und der frühen Neuzeit hin.
Etymologie
[Bearbeiten |Quelltext bearbeiten]Hag leitet sich vongerm.*haga/*hagaz/*hagjô/*hagjôn „Umzäunung (siehe auchLandhege,Landwehr),Gehege“ ab. Der Begriff findet sich auch in der jagdlichenHege im zugehörigen Verbhegen und im WortBehaglichkeit.
Bis heute wird imSchweizerdeutschen und im Südwestdeutschen die Bezeichnung „Hag“ für eine Einzäunung eines Grundstückes oder einer Weide verwendet und ist das davon abgeleitete Verbhagen für «einen Zaun aufstellen» noch gebräuchlich.[2]
Das Wort steht zu der germanischen Wurzel*hag: „schlagen, stoßen, stechen“ und umfasst zwei Bedeutungsfelder:
- DieUmfriedung eines Geländes durch gekapptes Buschholz, eineHecke: Hierzu dienten dornige Sträucher wieHagedorn (Weißdorn),Hagerose (Hunds-Rose) undHagebutte, oder stark verwachsende Pflanzen wie dieHagebuche (Hainbuche),Weiden oderHaseln. ImGrimmschen Wörterbuch finden sich auch nochHagapfel (Westlicher Erdbeerbaum),Hageiche (fürRosskastanie),Hagtanne für eine kleineTannenart.
- Die Umfriedung eines Geländes durchStangenholz oderRuten alsZaun: Im ausgehendenMittelalter wurde rund um ein Gehöft etwa ein niedrigerErdwall mitPfählen angelegt, oft durchWeidengeflecht oder Haselgeflecht verbunden, um den Besitz vor Eindringlingen zu schützen und das Fortlaufen des Viehs zu verhindern (Wallhecken in Friesland).
Die zwei Bedeutungsfelder treffen sich in derSchneitelwirtschaft(Baumheu) als frühe Futterwirtschaft. Über dieNiederwaldwirtschaft spaltet sich in dermittelhochdeutschen Sprachschicht das WortHain als „kleiner Wald“ ab.
Auf dem umfriedeten Gelände befindet sich meist einHof (Hofstelle), einGehöft oder einWeiler. Daher ist die Wortwurzel in zahlreichentopographischen Bezeichnungen erhalten. In späteren Phasen des Mittelalters gilt diese Siedlungsform aber schon als ärmlich, undhagestalt bezeichnet ein kleines Anwesen,hagestut bezeichnet einen Kleinbauern, der sich keine eigene Familie leisten konnte, auchHagesatz,Hagestolz genannt. Heute noch in diesem Sinne verwendet wird das Adjektivhager.
AlsLandhag (Landwehr,Landheege) bezeichnet man in Folge Heckenanlagen alsSperrwerk oder Grenzbefestigung.
Der Hag bot auch Friedhöfen Schutz vor bösen Geistern, insbesondere wenn er ausEiben oderBuchsbaum bestand. Auch sind sowohl im mitteleuropäischen als auch im nordischen und englischenSagenkreis überraschende Durchlässe in Hecken als Übergang in einFeenreich oder dieUnterwelt zu finden. So leitet sich auchHexe (ahd.hecse, engl.hag, auchmnl.Hagetisse) aus demselben Wortstamm ab. Als alternative Bezeichnung findet sichZaunreiter/in.
Orte mit einem Hag
[Bearbeiten |Quelltext bearbeiten]Obwohl in Mittelalter und Früher Neuzeit viele kleinere Orte eine solche Befestigung besaßen, sind die Hage nur selten erforscht. Dies hängt mit der mangelnden Sichtbarkeit der ehemaligen Befestigungen zusammen. Eine damals sehr kleine Gemeinde warGroßrinderfeld in Franken, heute in Baden-Württemberg gelegen. In der Ortschronik von Behringer ist der Verlauf dieses Hags detailliert beschrieben. Er bestand aus einem Graben mit Holzzaun, bzw. einem Erdwall mit Holzzaun und umschloss die Ortschaft vollständig. Es gab zwei Einlässe, das Obere und das Untere Tor. Vom Nachtwächter wurden die beiden Tore morgens um 6 Uhr geöffnet und abends um 10 Uhr geschlossen.
Andere Hage sind vonVeduten bekannt, wie vom fränkischenHiltpoltstein auf Kupferstichen des späten 17. Jahrhunderts. Wissenschaftlich erforscht wurde der ehemaligeHag vonNeuses am Berg in Unterfranken. Hier wechselten sich Abschnitte mit einer steinernen Ummauerung mit solchen Bereichen ab, in denen nur Graben und Hecke das Dorf von seiner Umgebung abgrenzte.
Einer der wenigen Orte Deutschlands mit einem noch weitgehend erhaltenen Hagen ist der OrtsteilDörna der GemeindeUnstruttal inThüringen. An die ehemaligen Öffnungen erinnern noch Straßennamen wie Brückentor und Feldtor. Sowohl die Höfe, als auch die anschließenden Hausgärten sind durch den Hagen geschützt. Die Höfe wurden früher zusätzlich durch die reihenhausartig gebauten Scheunen zwischen Hof und Garten geschützt. Heute dominiert den Hagen ein gemischter Laubbaumbestand mit unterschiedlich stark ausgeprägtem Heckenbewuchs.
Ortsnamen
[Bearbeiten |Quelltext bearbeiten]Der Wortstammhag weist auf ein eingefriedetes Gelände unterschiedlicher Größe hin:
- vor allem imNiederdeutschen als-hagen häufig, insbesondere in Gebieten, die durch Waldrodung entstanden sind[3]
- imBairischen liegt es vermehrt in der FormHaag, -hag, -haag vor
- schwedisch undnorwegisch-hage,dänischhave, aus demAltnordischenhagi für eingehegtes Landstück oder Weideplatz
Bei vielenOrtsnamen ist der Zusatz-hag oder-hagen angehängt worden, wie inEckenhagen,Stadthagen,Den Haag (offiziell ’s-Gravenhage: ‚Grafenhagen‘),Fürstenhagen,Isernhagen,Stavenhagen,Altenhagen,Langenhagen,Obershagen,Neuenhagen,Steinhagen.Mancherorts gibt es darüber hinaus mehrere Orte mit Vornamen +-hagen, wohl nach einem Erstsiedler:Diedrichshagen,Gerdshagen,Hanshagen,Hinrichshagen,Karlshagen,Leopoldshagen,Meinerzhagen,Petershagen.
Andere Ortsnamen bestehen nur aus dem Wortteil, so wie beiHaag (GemeindeSelzach in der Schweiz) undHaag SG beiSennwald imSt. Galler Rheintal, oder fangen mitHag- an, wieHagen,Hagenow,Hagenbrunn.
Weitere Ortsnamen, die auf einen ehemaligen Hag hinweisen, enthalten den Wortteil -dörn- oder auch -dorn-, siehe z. B.Dörna.
Kunst, Literatur, Märchen und Fantasy
[Bearbeiten |Quelltext bearbeiten]- Die Dornenhecke im MärchenDornröschen weist ebenfalls auf einen Hagen hin.
- InJ. R. R. Tolkiens WerkenDer Herr der Ringe oderDie Abenteuer des Tom Bombadil kommt eine Hecke vor, die in der deutschen Übersetzung als „Hoher Hag“ bezeichnet wird (englischHigh Hay). Am südlichen Ende der 20 Meilen langen Hecke lag das Gebiet Hagsend an der Mündung der Weidenwinde.[4][5]
- Der himmlische Hag. Titel einer Sammlung geistlicher Volkslieder von Franz Peter Kürten.[6]
Siehe auch
[Bearbeiten |Quelltext bearbeiten]- Hagenhufendorf
- Verhau
- Landwehr, Landheege
- Etter
- Gatter
Literatur
[Bearbeiten |Quelltext bearbeiten]- Hag. In:Jacob Grimm,Wilhelm Grimm (Hrsg.):Deutsches Wörterbuch.Band 10:H, I, J – (IV, 2. Abteilung). S. Hirzel, Leipzig 1877 (woerterbuchnetz.de).
- Hagen, Hag. In: Deutsche Akademie der Wissenschaften zu Berlin (Hrsg.):Deutsches Rechtswörterbuch.Band 4, Heft 9 (bearbeitet von Hans Blesken u. a.). Hermann Böhlaus Nachfolger, Weimar,Sp. 1419–1420 (adw.uni-heidelberg.de – Erscheinungsdatum zwischen 1944 und 1951).
- Hag. In: Friedrich Kluge:Etymologisches Wörterbuch der deutschen Sprache. 22. Auflage, Walter de Gruyter, Berlin / New York 1989,ISBN 3-11-006800-1, S. 286 (Erstausgabe 1881, Nachdruck, Leseprobe,books.google.de)
- Hag. In: Wolfgang Pfeifer:Etymologisches Wörterbuch des Deutschen. Zentralinstitut für Sprachwissenschaft, dtv, 1995, (dwds.de).
Weblinks
[Bearbeiten |Quelltext bearbeiten]Einzelnachweise
[Bearbeiten |Quelltext bearbeiten]- ↑Vgl. Brockhaus, 19. Auflage.
- ↑ArtikelkHag imSchweizerischen Idiotikon.
- ↑Dietrich Rahn:Die Orts- und Flurnamen des Stadt- und Landkreises Greifswald. Ihre Entstehung und ihre Bedeutung für die Pommersche Heimatkunde. (zugleich Dissertation, Universität Greifswald 1923). S. 18.
- ↑Robert Foster:Das Große Mittelerdelexikon. Bastei Lübbe, Köln 2012,ISBN 978-3-404-20453-3, S. 321 und 357.
- ↑J. R. R. Tolkien:Der Herr der Ringe – Die Gefährten. Neuüberarbeitung und Aktualisierung der Übersetzung von Wolfgang Krege. Klett-Cotta, 2014,ISBN 978-3-608-10713-5 (books.google.de – Leseprobe).
- ↑Franz Peter Kürten:Der himmlische Hag. Geistliche Volkslieder nach alten Reimen gesungen. Buch- und Kunstdruckerei AG, Regensburg 1929.