Gyula Horn (2007)Treffen der AußenministerGenscher (links) und Gyula Horn (rechts) in Ungarn (1989)Gyula Horn bei der Verleihung des Memminger Freiheitspreises 1525 (2005)
Nach einer Mechanikerlehre beiSiemens in Budapest von 1946 bis 1949 studierte er von 1949 bis 1954 an der Hochschule für Finanzen inRostow (Sowjetunion).
Nach dem Studium bekleidete Horn bis 1959 verschiedene Posten im ungarischen Finanzministerium. BeimUngarischen Volksaufstand beteiligte er sich 1956 als Mitglied der „Steppjackenbrigade“ (ungarischpufajkások) an der Verfolgung Aufständischer. Die Brigade wurde zur Durchführung der Säuberungswellen nach dem Aufstand eingesetzt.
Horn wechselte 1959 in dendiplomatischen Dienst des Außenministeriums, wo er von 1969 bis 1982 Mitarbeiter, ab 1974 stellvertretender Leiter der Abteilung für auswärtige Angelegenheiten beimZK der MSZMP(Magyar Szocialista Munkáspárt) war. 1982 stieg er zum Leiter dieser Abteilung auf und wurde 1985 Staatssekretär des Äußeren.
1989 wurde Horn im Kabinett von MinisterpräsidentMiklós Németh Außenminister Ungarns. Am 18. April 1989 hatte Ungarn begonnen, die Grenzzäune zu Österreich abzubauen. Am 13. Juni begannen die Gespräche amRunden Tisch in Ungarn. Am 27. Juni durchschnitten Horn und sein österreichischer AmtskollegenAlois Mock den Grenzzaun in einem symbolischen Akt gemeinsam.[2] Am 19. August 1989 fand mit ungarischer Billigung dasPaneuropäische Picknick statt, bei dem einige hundertDDR-Bürger nach Österreich gelangten. Dies ermutigte in den Wochen darauf tausende weitere DDR-Bürger, gleiches an derGrenze Österreichs ebenfalls zu versuchen; Tausende reisten dafür aus der DDR an. Dazu verkündete Horn am 10. September im ungarischen Fernsehen, dass Ungarn den vielen DDR-Bürgern, die sich im Land aufhielten, die Ausreise gestatten werde; die Grenze nach Österreich werde geöffnet.[3] Zwei Monate später fiel dieBerliner Mauer und bald darauf wurden auch dieinnerdeutsche Grenze und dieGrenze zwischen Deutschland und der Tschechoslowakei geöffnet. Die ideologische Teilung Europas wurde schließlich überwunden,[4] nachdem es dann in allen mitteleuropäischen Staaten zu denRevolutionen von 1989 kam, der Ostblock zerfiel, derWarschauer Pakt und Ende 1991die Sowjetunion sich auflösten.
Nach der Abwahl von MinisterpräsidentMiklós Németh (23. Mai 1990) wurde Horn Abgeordneter imungarischen Parlament und Parteivorsitzender derUngarischen Sozialistischen Partei (MSZP). Von 1994 bis 1998 war er ungarischer Ministerpräsident. Seine Ministerpräsidentschaft war von radikalen Wirtschaftsreformen (vgl.Bokros-Paket) geprägt.
In einem Interview mit der deutschen ZeitschriftSuperillu sagte Horn 1999 auf die Frage, warum er mit dem Kommunismus gebrochen habe: „Das war ein langer Prozess. Dabei haben deutsche Politiker eine große Rolle gespielt. Wir hatten als erstes Ostblock-Land ab 1974 enge Kontakte zur SPD und anderen westeuropäischen sozialdemokratischen Parteien. Wir studierten, wie die soziale Marktwirtschaft und die Demokratie in der Praxis funktionieren. Und haben erkannt, dass das, was in Ungarn geschah, dem Land nicht nützt, nicht zum Aufschwung führt.“[5]
InWertheim am Main (Baden-Württemberg) gibt es seit 2001 eine nach ihm benannte Straße, obwohl in Deutschland nur selten Straßen nach noch lebenden Personen benannt werden.
Im Jahr 2003 war Gyula Horn einer der Mitgründer des vonMichail Gorbatschow initiiertenWorld Political Forum.
Mit Verweis auf Horns Teilnahme an den Steppjackenbrigaden nach dem Aufstand von 1956 verweigerte PräsidentLászló Sólyom ihm 2007 die Verleihung desGroßen Ungarischen Verdienstkreuzes anlässlich seines 75. Geburtstags.[6]
Nach den Feiern zu seinem 75. Geburtstag im Sommer 2007 erlitt Gyula Horn einen Zusammenbruch und wurde in einem Budapester Militärkrankenhaus behandelt.[7] Nach sechsjähriger Behandlung starb er im Juni 2013 in einem staatlichen Gesundheitszentrum.[8] Horn wurde in Budapest auf demKerepesi temető (deutschKerepescher Friedhof) beigesetzt.[9]